Gemeinsamer Ministerrat, 12. 2. 1868
I. Vortrag des Grafen Taaffe wegen Bewilligung des Truppenkontingentes
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_z13.pdf.
Nr. 13 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 12. 2. 1868 71 treffend die Regierungsvorlage wegen Bewilligung des Kontingentes - er¬ stattet haben werde. Fürst Auersperg, Graf Taaffe und Graf Andrässy soll¬ ten daran Anteil nehmen und wären dabei im Detail festzustellen, zu wel¬ chem Zeitpunkte das Kontingent zu verlangen sei.6 Die Angelegenheit des Wehrgesetzes sei noch zu ajoumieren, bis die Militärkommission ihr Gut¬ achten erstattet habe, dann sei im engsten gegenseitigen Einvernehmen vor¬ zugehen und die bezügliche Vorlage zu entwerfen.7 Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 16. Februar 1868. Franz Joseph. Nr. 13 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 12. Februar 1868 RS. (und RK.) Gegenwärtige: der Reichskanzler Freiherr v. Beust, der Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke (17. 2.), der Reichskriegsminister [FML.] Freiherr v. Kuhn (o. D.), der k. k. Mi¬ nisterpräsidentenstellvertreter und Landesverteidigungsminister Graf Taaffe, der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy. Protokollführer: Sektionschef v. Hofmann. Gegenstand: Vortrag des Grafen Taaffe wegen Bewilligung des Truppenkontingentes. KZ. 585 -RMRZ. 13 Protokoll des zu Wien am 12. Februar 1868 abgehaltenen Ministerrates für gemeinsame Angelegenheiten unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers. Seine Majestät der Kaiser geruhten die Beratung mit dem Bemerken zu eröffnen, daß Minister Graf Taaffe den Vortrag wegen Bewilligung des Truppenkontingentes bereits erstattet habe. Es erscheine als zweckmäßig, daß dieselbe Vorlage gleichzeitig in Ungarn eingebracht werde.1 Die Möglichkeit eines solchen Verfahrens sei nunmehr zu erörtern. Minister Graf Taaffe: Der Gegenstand sei bereits in der Ministerkonferenz zur Sprache gekommen und man dabei zu dem Resultate Der Ministerrat unter dem Vorsitz des Kaisers: GMR. v. 12. 2. 1868, RMRZ. 13. Aufgrund der Stellungnahme der Militärkommission verfertigte Kriegsminister Kuhn am 11. 4. 1868 die neuen Entwürfe für Wehrgesetz, Landwehr und Landsturmstatute. Wagner, Die k. (u.) k. Armee - Gliederung und Aufgabenstellung 490. Der Vortrag von Taaffe war nicht auffindbar. <pb/>72 Nr. 13 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 12. 2. 1868 gelangt, daß es im hohen Grade wünschenswert sei, denselben hier gleich¬ zeitig wie in Ungarn zur Beratung zu bringen.2 Ministerpräsident Graf Andrässy: Ziffer und Mo¬ dus seien schon früher zwischen dem Kriegsminister und dem ungarischen Landesverteidigungsminister festgestellt worden, aber es habe die Zeit zur Vorlage gefehlt. Auch ihm erscheine es als sehr ersprießlich, wenn letztere hier und in Pest zugleich erfolgen könnte. Es frage sich aber, zu welchem Zeitpunkte dies tunlich sei? Die Zusammenberufung des ungarischen Reichstages sei nicht möglich, solange die ungarische Delegation tage. Der Schluß der letzteren werde aber kaum vor Anfang März zu bewirken sein. Mit den nötigen Vorarbeiten werde nicht gezögert und gehe die Rekru¬ tierung in Ungarn schneller vor sich als hier. Die Beratung der militärischen Expertenkommission habe bei einigen Mitgliedern des ungarischen Reichsrates den Gedanken aufkommen lassen, es seien vorderhand gar keine Rekruten zu bewilligen, sondern es sei so¬ gleich in die Beratung des Wehrgesetzes einzugehen.3 Dies sei jedoch ab¬ surd. Schon wegen der Details der Ausführung, auch wenn eine Einigung über das Prinzip bereits vorläge, sei die Berücksichtigung eines solchen Vorschlages rein unmöglich. Seine Majestät der Kaiser geruhten hervorzuheben, daß das Heeresgesetz nicht schnell genug zustande kommen könne, um das Hinausschieben einer Rekrutierung als zulässig erscheinen zu lassen. Die Rekruten müßten votiert werden. Graf Andrässy: Es werde sich eine Partei in Pest organisieren, welche von dem Grundsätze ausgehen werde, keine Rekruten vor dem Wehrgesetze zu geben. Vortragender zähle indessen auf eine große Mehr¬ heit für die gegenteilige Ansicht. Ob die Zustimmung aber den nämlichen Tag wie hier erfolgen werde, vermöge er nicht zu versprechen. Ministerpräsidenten Stellvertreter Graf Taaffe: Unter diesen Verhältnissen erscheine es besser, den Gegenstand hier noch nicht einzubringen, denn man werde jedenfalls zögern, ihn früher in Ver¬ handlung zu nehmen, als dies in Pest geschehe. Seine Majestät der Kaiser: Allerdings sei es besser, noch auszuwarten, wichtig sei es aber, genau zu wissen, wann der ungari¬ sche Reichstag wieder zusammentreten könne. Ministerpräsident Graf Andrässy: Das Nationali¬ tätengesetz müsse einige Abänderungen erleiden, und hiedurch sei der Zusammentritt des ungarischen Reichstages etwas verzögert. Von hoher Bedeutung sei für ihn, darüber ins klare zu kommen, wann die Delegation für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder ihre Arbeit been¬ det haben werde. 2 GMR. v. 9. 2. 1868, RMRZ. 12. 3 Über die Beratung der militärischen Expertenkommission siehe GMRProt. v. 9. 2. 1868, RMRZ. 12. Anm. 4. <pb/>Nr. 13 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 12. 2. 1868 73 Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke hebt hervor, daß dies vor Ende Februar keinesfalls möglich sein werde, worauf Ministerpräsident Graf Andrässy erklärte, daß drei¬ vier Tage später jedenfalls die ungarische Delegation auch zum Abschlüsse gelangen müsse. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn ging hierauf in eine längere Erörterung der Unmöglichkeit ein, die 5 Millionen, welche sich als Ausfall wegen der Preissteigerung ergeben, in die Reduzierung der Gesamtsumme einzubeziehen. Man habe ihm übrigens Virements überall, nur nicht bei der Verpflegung bewilligt, was er so auffas¬ se, als biete man ihm dadurch eine Handhabe, allfällige Überschreitungen in diesem Punkte später zu rechtfertigen und dafür einen Nachtragskredit zu begehren. Ministerpräsident Graf Andrässy: Aufgrund ihm zugekommenen Daten müsse er sich erlauben, die Richtigkeit dieser Anschauungsweise zu bestreiten. Nicht eine Konzession, sondern eine neue Beschwernis würde aus einem solchen Vorgänge erwachsen. Reichskanzler Freiherr v. Beust: Das Prinzip einer schwankenden Basis in bezug auf die Verpflegung sei nicht durchführbar. Man könne den Präsenzstand nicht von reinen Zufälligkeiten abhängig ma¬ chen. Eine feststehende Norm in dieser Richtung sei dringendes Bedürfnis. Es frage sich, mit welchem Gelde sei die nicht ausreichende Natural¬ verpflegung zu bestreiten? Wolle man den Mannschaftsstand nicht bis ins unzulässige verringern, so müßte man - seien Virements nicht zulässig - entweder das Geld nehmen, wo man es finde, oder man habe gar keines. Virements seien also auch hier unerläßlich, man müßte denn auf einen Nachtragskredit rechnen können. Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke: Da die Delegationen sich in diesem Jahre ausnahmsweise noch einmal versam¬ meln, so sei eine Nachtragsbewilligung im Bereiche der Möglichkeit. Nachdem noch mehrere der Herrn Minister die Notwendigkeit betont hat¬ ten, an der ursprünglich vereinbarten Ziffer von 76 Millionen festzuhalten, geruhten Seine Majestät die Diskussion auf ihren Ausgangs¬ punkt zurückzuführen und hervorzuheben, daß vor halben März an die Vor¬ lage - betreffend die Rekrutenbewilligung - nicht zu denken sei. Es ergebe sich hiedurch eine Verzögerung im Vergleiche mit bisheriger Gepflogen¬ heit. Reichskriegsminister Freiherr v. Kuhn: In militärischer Beziehung empfehle sich der Monat Oktober für die Einberu¬ fung der Rekruten, auch militärische und ökonomische Rücksichten spre¬ chen dafür. Seine Majestät der Kaiser geruhten hierauf den Be¬ schluß dahin zu fassen, daß Minister Graf Taaffe den bezüglichen Entwurf vorzubereiten, in betreff des Zeitpunktes aber sich mit dem Ministerpräsi- <pb/>74 Nr. 13 Gemeinsamer Ministerrat, Wien, 12. 2. 1868 denten Grafen Andrässy ins Einvernehmen zu setzen habe. In der Motivie¬ rung des Vortrages sind einige Abänderungen vorzunehmen, welche Mini¬ ster Graf Taaffe mit Reichskriegsminister Freiherm v. Kuhn zu beraten hat. Seine Majestät der Kaiser geneigten hierauf die Verhandlungen zur Spra¬ che zu bringen, welche augenblicklich im Schoße der militärischen Expertenkommission geführt werden, und sich dahin auszusprechen, daß es zu einem gedeihlichen Resultate erforderlich sei, die Landesverteidigungs¬ minister beizuziehen. Die betreffenden Beratungen hätten gemeinsam statt- zufinden. Als Grundlage sei ein Militärbudget von 80 Millionen angenom¬ men.4 Ministerpräsident Graf Andrässy drückte den Wunsch aus, ein paar Tage früher von der Zusammenberufung Kenntnis zu erhalten, um sich gehörig vorbereiten zu können. Es folgte nunmehr eine Erörterung über die Höhe dieser Ziffer, wobei Freiherr v. Becke hervorhob, daß bei Bemessung des Budgets von zwei Methoden ausgegangen werden könne. Entweder könne man sa¬ gen, soviel können wir geben oder soviel brauche man. Ein fixierter Locostand sei vor allem dringend erheischt. Seine Majestät der Kaiser hatten hierauf die Gnade, die Mitteilung zu machen, daß Allerhöchstdieselben geruhen würden, dem Vizeadmiral von Tegetthoff die Leitung der Marine zu übertragen. Es werde dabei der Modus beabsichtigt, daß die Vertretung des Marinebudgets in der Delegation, bei dem Kriegsminister als dafür verantwortlich, zu verbleiben hätte.5 Derselbe habe daher auch darauf zu achten, daß das bezügliche Bud¬ get eingehalten werde. Im übrigen solle die Verwaltung der Marine eine selbständige sein. Reichskanzler Freiherr v. Beust, Reichsfinanzminister Freiherr v. Becke und Ministerpräsident Graf Andrässy erklärten sich mit dieser Modalität vollkommen einverstanden, worauf die Sitzung geschlos¬ sen wurde. Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 23. Februar 1868. Franz Joseph. 4 Vgl. GMR. v. 14. 1. 1868, RMRZ. 6. Dieser Ministerrat einigte sich im übrigen aufMili¬ tärausgaben von 76 Millionen. 5 Wilhelm Freiherr von Tegetthoff (1827-1871), Chef der Marinesektion im Kriegs¬ ministerium 1868-1871. Gemäß der Ah. Entschließung v. 23. 2. 1868 wird der Reichs¬ kriegsminister und seine Stellvertreter für Marineangelegenheiten hinsichtlich der Schlagfertigkeit und Seetüchtigkeit der Flotte Mir im gleichen Maße verantwortlich bleiben, während den Delegationen gegenüber die Verantwortlichkeit für alle Amts¬ handlungen und insbesondere für die Überwachung des Marinebudgets meinem Reichs¬ kriegsminister obliegen wird. KA., KM., Präs. 40-2/1/1868. <pb/>