Zusatz GMR, 30. 8. 1867
I. Vereinbarung zwischen den Finanzministern bezüglich des finanziellen Ausgleiches
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_zusatz3.pdf.
II. Vereinbarung in der indirekten Besteuerung
Siehe PDF-Daten https://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/serie-2/oe_hu_mrp_I1/pdf/oe_hu_mrp_I1_zusatz3.pdf#page=6.
Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 413 scheine ihm aber noch nicht gekommen zu sein. Werde der Friede erhalten, und greife man energisch zum Mittel der Ersparnis in allen Zweigen der Staatsverwaltung, so sei die Hoffnung vorhanden, nach und nach einen Zu¬ stand der Finanzen herbeizuführen, welcher die Aussicht auf eine Herstel¬ lung des Gleichgewichtes zwischen Einnahmen und Ausgaben eröffne. Ent¬ stehe Krieg, dann sei der Bankrott unvermeidlich. Es sei nicht Aufgabe ei¬ ner Regierung, einen Bankrott zu machen; sie dürfe sich nicht auf einen Boden stellen, wo sie als der treibende Faktor erscheint, welcher einen Bankrott herbeiführt. Die Verhältnisse müssen ihn bringen, und wenn es durch diese unvermeidlich geworden, wird er auch da sein. Seine Majestät geruhten zum Schlüsse der Beratung Sich da¬ hin zu erklären: Der Finanzkalamität müsse Abhilfe verschafft und die Mit¬ tel angewendet werden, die hiezu führen. Solange noch Hoffnung vorhan¬ den, diese Mittel in dem eigenen Reichtum des Reiches zu finden, sei es Aufgabe der Regierung, diesen Weg zu betreten. Seine Majestät beauftragte sodann den Leiter des Finanzministeriums im Einvernehmen mit dem unga¬ rischen Finanzminister, erstens mit aller Beschleunigung seine Anträge über Deckung des für das kommende Jahr in Aussicht stehenden Defizits zu stellen und zweitens ebenso mit gleicher Beschleunigung die Pläne über die von ihm angedeutete Reform mehrere Zweige der Steuergesetzgebung und über Konsolidierung der Staatsschuld auszuarbeiten.6 Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Ischl, 9. Oktober 1867. Franz Joseph. Nr. III Ministerrat, Wien, 30. August 1867 RS. Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Ministerprä¬ sidentenstellvertreter Graf Taaffe (o. D.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay (o. D.), der k. k. Minister Freiherr v. Becke (o. D.). Protokollführer: Ritter v. Hueber. Gegenstand: I. Vereinbarung zwischen den Finanzministem bezüglich des finanziellen Ausgleiches. II. Vereinbarung in der indirekten Besteuerung. Der Vorschlag der beiden Finanzminister zur Deckung des Deflzites des kommenden Jahres, zur Steuerreform und zur Konsolidierung der Staatsschuld: MR. v. 30. 8. 1867, MRZ. 173. Vereinbarung zwischen den Ministerien der im Reichsrat vertretenen König¬ reiche und Länder und dem kgl. ung. Ministerium über die Behandlung der im Sinne des XII. Gesetzartikels vom Jahre 1867 dem gemeinschaftlichen Einvernehmen der beiden Ministerien vorbehaltenen Gegenstände v. 12. 9. 1867 [die sog. Vöslauer Vereinbarung; Abschrift] FA., Pr./1869 (Fase. 7.1/1) Nr. 4145. <pb/>414 Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 KZ. 2426-MRZ. 173 Protokoll des zu Wien am 30. August 1867 abgehaltenen Ministerrates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.1 I. Seine Majestät geruhten den Minister Freiherr v. Becke aufzufordern, über den Stand der Verhandlungen zwischen den beiden Fi¬ nanzministem bezüglich des finanziellen Ausgleiches Vortrag zu halten. Minister Freiherr v. Becke referierte, daß nach ge¬ genseitigem Meinungsaustausch eine Vereinbarung über nachstehende Grundsätze getroffen worden sei: 1. Für die Auslagen der im Sinne des un¬ garischen Gesetzes nach der pragmatischen Sanktion als gemeinsam zu be¬ trachtenden Angelegenheiten wird von den beiden Deputationen die Bei¬ tragsquote festgesetzt.2 Wie hoch diese Quote festzusetzen sei, darüber be¬ stehe noch eine Meinungsverschiedenheit, die Ziffer, die er anstrebe, 70 für Cisleithanien gegen 30 für Ungarn, könne noch nicht als fix gelten, weil der Reichskanzler und das Gesamtministerium hierüber noch nicht gehört wor¬ den sind,3 und in letzter Auflösung Seine Majestät hierüber den Ah. Schiedsspruch machen werden.4 2. Bezüglich der Staatsschuld wird vorerst den nicht ungarischen Ländern ein Präzipuum5 von 30 Millionen fix zur Last gerechnet. Dies habe seinen Grund darin: a) weil verschiedene Posten der Staatsschuld sich nur auf Cisleithanien beziehen, wie die Daz- und Lau- demial-Entschädigungskapitalien, die Domestikalschulden usw., von denen sich wegen der erfolgten Konvertierungen ein großer Teil gar nicht mehr verfolgen lassen kann; b) weil die nicht ungarische Administration viel kostspieliger als die ungarische ist, und weil, um ins Gleichgewicht zu kom¬ men, in Straßen-, Telegrafen-, Eisenbahn- und Kanalbauten viele Investi¬ turen in Ungarn nötig sind, und c) weil die freie Rente von Staatsobliga¬ tionen, Industriepapieren usw. sich zum überwiegend größeren Teile im Be- 1 Teildruck'. Redlich, Das österreichische Staats- und Reichsproblem, Bd. 2 840-844. 2 Darüber berät MR. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168. 3 Beim Ministerrat sind die gemeinsamen Minister, d. h. Reichskanzler Beust und Kriegs¬ minister John, nicht anwesend. Beust weilt gerade in Gastein und formuliert ein Memorandum über die Voraussetzungen der Bildung einer österreichischen parlamenta¬ rischen Regierung. Vgl. Redlich, Das österreichische Staats- und Reichsproblem, Bd. 2 654 ff. Der Ministerrat ist eigentlich eine gemeinschaftliche Konferenz der Minister der beiden Staaten. Der wirtschaftliche Ausgleich wird auch später in so zusammengesetz¬ ten Ministerräten behandelt. Vgl. Somogyi, Der gemeinsame Ministerrat der österrei¬ chisch-ungarischen Monarchie 1867-1906 229-232. 4 GA. XII/1867 §§20, 21. 5 Csengery schreibt, Andrässy nenne Präcipuum jenes Ideal, von dem die Deutschen sa¬ gen von vorne weg abstreichen. Dieses Ideal erörtert Andrassy ausführlich am 6. Sep¬ tember in der Deputationssitzung. Csengery, Hätrahagyott iratai 6s feljegyzesei 137- 139. <pb/>Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 415 sitze diesseitiger Staatsbürger befindet. 3. Der Rest der Staatsschuldenlast wird nach der Quote für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten verteilt. Baron Becke bemerkte, daß er heute mit dem Präsidenten des Abge¬ ordnetenhauses Dr. Giskra, einem Manne des Vertrauens bei dem Minister Grafen Taaffe, eine Konsultation im Gegenstände gepflogen und daß Giskra gewarnt habe, über die Ziffer des Präzipuums in der Deputation seitens der Regierung einen Ausspruch zu machen, bevor man sich nicht der Geneigt¬ heit der Mitglieder derselben darauf einzugehen vergewissert habe. Nach seinem Dafürhalten wäre es klüger, sie derart vorzubereiten, daß sie selbst auf diese Ziffer kommen. Auf die Anfrage Seiner Majestät, auf welcher Basis über¬ haupt die Abrechnung von der Staatsschuld zu geschehen hätte, meinte Baron Becke, daß dieselbe nach seinem Anträge im Verhältnisse von 70 : 30, nach der Ansicht des ungarischen Ministeriums aber im Ver¬ hältnisse von 72 : 28 zu erfolgen hätte. Bei einer Verteilung der Reichsaus¬ lagen unter Annahme der Quote von 70 : 30 für die pragmatischen Auslagen, und die Staatsschuld mit einem Präzipuum von 30 Millionen fr. zu Lasten der nicht ungarischen Länder würde sich nachstehendes Resultat ergeben: Betrag der pragmatischen Auslagen Ministerium des Äußern 3 000 000 fr. Reichsfinanzministerium 1 000 000 fr. Subventionen 2 000 000 fr. Pensionen 1 500 000 fr. Reichskriegsministerium 80 000 000 fr. Zusammen 87 500 000 fr. hievon ab das Zollerträgnis 11 000 000 fr. bleibt 76 500 000 fr. hievon entfielen auf die nicht auf Ungarn ungarischen 22 950 000 fr. Länder 36 780 000 fr. 59 730 000 fr. 53 550 000 fr. Staatsschuld Zinsen der Staatsschuld 127 600 000 fr. hievon ab die Kuponsteuer 6 500 000 fr. bleibt 121 100 000 fr. hiezu die Amortisation pro 1868 23 000 000 fr. Münz-, Wechselverlust, Buchzinsen 8 500 000 fr. 152 600 000 fr. hievon entfielen voraus als 30 000 000 fr. Präzipuum 85 820 000 fr. und vom Reste In summa daher 169 370 000 fr. <pb/>416 Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 Die nicht ungarischen Länder können leisten 130 Millionen. Das Defizit für dieselben würde also betragen 39 370 000 fr., die ungarischen Länder dagegen können leisten 50 Millionen, es würde daher für sie das Defizit sich herausstellen mit 9 730 000 fr., das Defizitsverhältnis wäre daher 80,16 : 19,84. Von der Staatsschuld übernähme Ungarn 24,8 %, in toto aber 26,48 %. Bei Annahme des Quotenverhältnisses 72 :28 und des Präzipuums von 30 Millionen für die nicht ungarischen Länder ergäbe sich folgendes Resultat: Pragmatische 76 500 000 fr. auf Ungarn Auslagen wie vome die nicht 21 420 000 fr. hievon entfielen auf ungarischen 34 328 000 fr. Länder 55 748 000 fr. Staatsschuld das Präzipuum 55 080 000 fr. von dem Reste 152 600 000 fr. Zusammen 30 000 000 fr. 88 272 000 fr. 173 352 000 fr. Von der Staatsschuld übemäme Ungarn 21,84 %, in toto 24,31 %. Die weiteren Grundsätze, welche einen Gegenstand der Vereinbarung bilden, sind, wie Baron Becke in seinem Referate fortfuhr, folgende: 4. Für das Übergangsjahr 1868 wird das Defizit durch eine Emission der schwe¬ benden Schuld - Salinenscheine - gedeckt, so weit nicht der eine oder ande¬ re Reichsteil durch Erhöhung der Steuereingänge, Veräußerung des Staats¬ eigentums etc. sein Decouvert vermindert. 5. Für die Zukunft wird eine Ver¬ mehrung der Staatsschuld nur mit Zustimmung beider Vertretungen stattfin¬ den,6 und wird dann die neue Last nach dem Quotenverhältnisse getragen werden. Will einer oder der andere Teil zur Deckung seines Anteiles an den Reichsauslagen zum Kredite auf Reichsrechnung Zuflucht nehmen, so kann er dies nur mit Zustimmung des anderen Teiles tun, aber auch dann nur so, daß er die neue Zinsenlast als Präzipuum auf seine Rechnung übernimmt. 6. Bezüglich der Unifizierung der Staatsschuld, Änderungen in der Kupon¬ steuer usw. sind abgesonderte Verabredungen Vorbehalten.7 7. Die seiner- Vgl. RGBl. Nr. 146/1867 § 3: Die Entscheidung über die Frage, ob ein gemeinsames Anlehen aufzunehmen ist, bleibt jedoch der Gesetzgebung jeder der beiden Reichs¬ hälften Vorbehalten. GA. XII/1867 § 56: Jedoch wird die vorläufige Bestimmung des¬ sen, ob irgendein Anlehen gemeinsam aufgenommen werden soll, in betreff Ungarns in jedem einzelnen Falle dem ungarischen Reichstage zustehen. 7 Vgl. auch MR. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168 und Beilage IVa zum Ministerratsprotokoll v. 15. 9. 1867, MRZ. 175. <pb/>Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 417 zeitige Refundierung der Staatsnotenschuld geht auf Reichsrechnung nach dem Quotenverhältnisse im Einverständnisse beider Vertretungen. 8. Be¬ züglich der Reichsgarantie für Eisenbahnen gilt die Haftung des Reiches subsidiarisch, sonst subventioniert jeder Reichsteil im eigenen Territorium. Hinsichtlich der Südbahngarantie wird eine eigene Verabredung Vorbehal¬ ten. 9. Die notwendigen Reichsaktiva werden zur Fundierung der schwe¬ benden Schuld angewiesen. Auf Anfrage Seiner Majestät, ob die Annahme des Betrages von 30 Millionen als Präzipuum bei der Staatsschuld für die nicht ungari¬ schen Länder eine arbiträre sei, oder ob ihr eine Basis zugrunde liege, be¬ merkte Graf Andrässy, daß hiefür allerdings Anhaltspunkte vor¬ handen seien. Wenn man den österreichischen Staat als ein Ganzes nimmt und es sich um die Frage handelt, wie das Defizit, welches aus allen Staats¬ auslagen zusammen resultiert, verteilt werden soll, könne man nicht eine Rubrik, z. B. die Staatsschuld, herausnehmen, und das Defizit darauf wäl¬ zen. Die Administration der ungarischen Länder mit 15 Millionen Seelen koste 30 Millionen fr., jene der nicht ungarischen Länder mit 19 Millionen Seelen dagegen 70 Millionen fr. Wenn nun bei einem Kalkül die Admi¬ nistrationsauslage des wohlfeileren Teiles (Ungarn 2 fr. für eine Seele) als Cinosur angenommen wird, so dürften die Administrationsauslagen für die nicht ungarischen Länder für 19 Millionen Seelen nur 38 Millionen fr. er¬ heischen, sie erfordern aber einen Betrag von 70 Millionen fr. Der Unter¬ schied beträgt daher 32 Millionen fr., für welchen das Präzipuum rund mit 30 Millionen fr. angenommen wurde. Seine Majestät geruhten hierüber zu äußern, daß das Präzi¬ puum wohl nie ziffermäßig sicher wird eruiert werden können, je mehr Gründe die Minister aber für den angenommenen Betrag werden aufstellen können, desto leichter werde es sein, denselben den Deputationen palpabel zu machen. Auf die Bemerkung des Baron Becke, daß in bezug auf die Staatsschuld geeignete Maßregeln insbesondere in Absicht auf die Unifi¬ zierung derselben werden ergriffen werden müssen, meinte der ungari¬ sche Ministerpräsident, daß man sofort daran gehen könn¬ te, die Zinsenlast etwas erträglicher zu machen, unter andern ließe sich eine mäßige Erhöhung der Kuponsteuer z. B. von 7 auf 9 % rechtfertigen, denn es läge gewiß keine Ungerechtigkeit darin, wenn ein Staatsgläubiger, der seine Metalliques um 50 fr. in Händen hat und 5 fr. Zinsen dafür bezieht, um 2 % mehr Steuer zahlt. Baron Becke entgegnete, daß nach Art. 6 der vereinbarten Grundsätze, Änderungen der Kuponsteuer einer abgeson¬ derten Verabredung Vorbehalten wurden, und daß, wenn seine Idee bezüg¬ lich der Einkommensteuer durchgehen sollte, er damit auch den Obliga¬ tionenbesitzer treffen werden. Auf die Anfrage Seiner Majestät, daß das Defizit pro 1868 durch eine Vermehrung der schwebenden Schuld gedeckt werden wolle, ob <pb/>418 Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 aber auch dafür vorgedacht worden sei, mit welchen Mitteln das voraus¬ sichtliche Defizit vom darauffolgenden Jahre gedeckt werden könne, be¬ merkte Baron Becke, daß zwei Jahre nach einem so verderblichen Kriege das Erscheinen eines Defizits wohl erklärlich sei, daß jedoch, falls Österreich nicht in einen neuen Krieg verwickelt würde, durch Hebung der Produktion, die schon derzeit einen außerordentlichen Aufschwung genom¬ men habe, durch Vereinfachung der Administration, durch Steuerreform und Unifizierung der Staatsschuld jedenfalls ungleich bessere Budget¬ resultate zu erwarten sein dürften. Der ungarische Finanzminister bemerkte, daß in dem unter dem Ah. Vorsitze Seiner Majestät am 31. Juli 1. J. abgehaltenen Mi¬ nisterrate8 auf Basis der Steuerfahigkeit, welche die gerechteste sei, und ohne deren Zugrundelegung die Maßregel eine verfehlte wäre, das Quoten¬ verhältnis für die gemeinsamen Angelegenheiten pro foro interno der bei¬ derseitigen Regierungen mit 72 : 28 beschlossen worden sei, was das Mi¬ nisterratsprotokoll nachweisen wird. Infolgedessen habe er alle Wege in der ungarischen Deputation danach eingerichtet und es bewirkt, daß die Quote, die früher ungarischerseits noch niedriger angenommen werden wollte, mit 28 festgestellt wurde. Es gehe daher nicht mehr an, hinterher ein anderes Ergebnis erzielen zu wollen, wobei noch zu bedenken ist, daß das Land Ungarn eine höhere Quote zu den gemeinsamen Auslagen nicht er¬ schwingen könnte. Baron Becke meinte, daß in dem erwähnten Ministerrat von dem Quotenverhältnisse 72 : 28 nur incidentaliter die Rede gewesen sei, und daß es vor allem darauf ankomme, was praktisch durchführbar sei. Wie er die Absichten der cisleithanischen Deputation kenne, könne er auf weniger als 30 % für Ungarn insbesondere ohne früher die Meinung des Reichskanzlers Baron Beust gehört zu haben, sich nicht engagieren. Überhaupt sei es heute noch zu früh, über den Quotensatz schlüssig zu werden. Er nähme übrigens keinen Anstand, den Quotensatz für Ungarn von 28 zu akzeptieren, wenn derselbe auch für die Staatsschuld als gültig angenommen werden würde. Offen gestehen müsse er aber, daß es höchst bedauerlich wäre, wenn wegen einer Differenz von 2 %, die 4 Millionen fr. ausmacht, die ungarischerseits mehr getragen werden müßte, der ganze Ausgleich scheitern würde. Dies wäre schon aus dem einen Grunde zu beklagen, weil dann die Stellung des Reichskanzlers Baron Beust zu einer unhaltbaren sich gestalten würde. Minister v. Lönyay meinte, daß die Staatsschuldenfrage eine äußerst schwierige sei und ein tiefes Eingehen in die Finanzzustände Österreichs erheische. Er möchte daher beantragen, daß den Deputationen für das Jahr 1868 bezüglich der Zinsen der Staatsschuld ein provisorischer MR. V. 31. 7. 1867, MRZ. 168. <pb/>Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 419 Kompromiß vorgeschlagen und zur definitiven Lösung der Frage die Ein¬ setzung einer gemeinschaftlichen Kommission in Antrag gebracht werde. Baron Becke meinte, daß ein Ergebnis der Beratungen einer sol¬ chen Kommission nicht vor Jahren zu erwarten stünde; die übrigen Konferenzmitglieder warnten vor einer Vertagung der Staatsschuldenfra¬ ge, und auch Seine Majestät geruhten eine solche Vertagung für sehr bedenklich zu befinden. Der Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe war der Ansicht, daß das diesseitige Ministerium nur etwas zugestehen kön¬ ne, bezüglich dessen es Aussicht habe, dasselbe in der Deputation und im Reichsrate durchzubringen, es sei daher angezeigt, nicht vor der Zeit den Deputationen eine Vorlage zu machen, wohl aber dieselben vorzubereiten, vor Anhörung des Baron Beust über die Quote keinen Beschluß zu fassen und die Ziffern in den Vorlagen offen zu lassen. Wenn Graf Andrässy übri¬ gens der Ansicht sei, daß Ungarn nicht mehr leisten könne, so gebe er zu bedenken, daß wenn die diesseitige Hälfte dieselbe Prozedur wie die Un¬ garn einschlagen würde, nämlich nur das leisten zu wollen, was sie bequem leisten könne, eine Differenz verbleibe, die dann ein dritter bezahlen müßte, daher erübrige wohl nichts anderes, als daß die beiden Paciscenten diesen Rest wieder teilen. Nach längerer Debatte gelangte die Konferenz zu der Ansicht, daß es am zweckmäßigsten sei, in der Vorlage an die Deputationen keine bestimmte Ziffer auszusprechen, sondern es den beiden Deputationen zu überlassen, selbst über den Ziffersatz eine Vereinbarung zu treffen, wobei jedoch von den beiderseitigen Ministem auf ihre Deputation gewirkt werden soll, um eine Annäherung auf gemeinschaftlichen Prinzipien zu erreichen. Da werde es aber auch notwendig sein, auf die cisleithanische Deputation Einfluß wegen der Annahme des Präzipuums zu nehmen. Seine Majestät geruhten das Ah. Einverständnis mit dieser Ansicht unter spezieller Ah. Annahme der Idee des Präzipuums dem Grundsätze nach unter Offen¬ haltung der Ziffer des Betrages derselben auszusprechen und die Minister zu beauftragen, dahin zu trachten, daß die Deputationsmitglieder hierin mit ihren Meinungen einander näher gebracht werden. Über den modus procedendi, insbesondere ob Baron Beust jetzt schon von dem Ergebnisse des heutigen Ministerrates in Kenntnis gesetzt werden solle oder ob dies bis zu dessen Rückkunft verschoben werden könne, ge¬ ruhten Seine Majestät - nachdem Graf Andrässy die Notwendig¬ keit einer beschleunigten Pression betont hatte - dem Minister Baron Becke den Auftrag zu erteilen, zur Information des Baron Beust unverweilt nach Gastein zu reisen. II. Seine Majestät geruhten zu eröffnen, daß Allerhöchst- dieselben von den Vereinbarungen der Minister in der indirekten Be¬ steuerung rücksichtlich des Branntwein, Lotto, Salz, Tabak und Rübenzuk- <pb/>420 Nr. IV Ministerrat, Wien, 15. 9. 1867 ker Kenntnis genommen und gegen die Vorlagen nichts zu erinnern finden.9 Nachdem sowohl das ungarische Ministerium als auch die diesseitigen Mi¬ nister mit den diesfalligen Ausarbeitungen einverstanden sind, fanden Sei¬ ne Majestät die von dem ungarischen Finanzminister gewünschte Beratung dieser Vorlagen im großen Rate des Gesamtministeriums nicht für notwen¬ dig, dagegen geruhten Seine Majestät die Minister zu ermächtigen, diese Vorlagen den Deputationen vorläufig zur Kenntnis zu bringen. Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Ischl, 26. September 1867. Franz Joseph. Nr. IV Ministerrat, Wien, 15. September 1867 RS. Gegenwärtige: der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Minister¬ präsidentenstellvertreter Graf Taaffe (21. 9.), der k. k. Kriegsminister FML. Freiherr v. John (22. 9.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lonyay, der k. k. Minister Freiherr v. Becke (23. 9.). Abwesend: der Justizminister Ritter v. Hye. Protokollführer: Ritter v. Hueber. Gegenstand: Note des Finanzministers an den Obmann der cisleithanischen Deputation mit den Propositionen bezüglich des finanziellen Ausgleiches. KZ. 2428-MRZ. 175 Protokoll des zu Wien am 15. September 1867 abgehaltenen Minister¬ rates unter dem Vorsitze des Reichskanzlers Grafen Beust.1 Der Minister Freiherr von Becke las den beiliegen¬ den Entwurf einer Note an den Obmann der cisleithanischen Deputation Kardinal Rauscher ab, mit welchem demselben das Ergebnis der Vereinba¬ rungen der beiderseitigen Ministerien bezüglich des finanziellen Ausglei¬ ches als Regierungsproposition für den Abschluß der diesbezüglichen Ver¬ handlungen der Deputationen mitgeteilt werden soll.2 Die Verhandlungen und Vereinbarungen der beiden Regierungen die Einhebung der Verzehrungssteuer von gebrannten geistigen Flüssigkeiten, Bier und Zucker, dann die Verwaltung das Tabak- und Salzmonopol betreffend: FA., 2545-Pr./1867 (Fase. 11/8) Nr. 5083. Teildruck: Redlich, Das österreichische Staats- und Reichsproblem, Bd. 2 844-845. 2 Der Text der Note gedruckt als Beilage Nr. IVa. Joseph Othmar v. Rauscher (1787- 1875) wurde als Mitglied des Herrenhauses zum Präsidenten der Quotendeputation des Reichsrates gewählt. Siehe MRProt. v. 31. 7. 1867, MRZ. 168. Anm. 5. <pb/>