- I. Feststellung des Armeefriedensbudgets und der für außerordentliche notwendige Anschaffungen erforderlichen Summen
- II. Beratung über die Quote, welche Ungarn von den Auslagen für gemeinsame Angelegenheiten zu übernehmen hat und derjenigen Maßnahmen, welche geeignet sein dürften, das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herzustellen
Zusatz GMR, 31. 7. 1867
I. Feststellung des Armeefriedensbudgets und der für außerordentliche notwendige Anschaffungen erforderlichen Summen
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II. Beratung über die Quote, welche Ungarn von den Auslagen für gemeinsame Angelegenheiten zu übernehmen hat und derjenigen Maßnahmen, welche geeignet sein dürften, das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herzustellen
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Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 401 erhöhte Vorsicht erheischt, jene ausnahmsweise Vollmacht und Hilfsmittel gewähren werden, ohne welche die Bewältigung der zahlreichen und ern¬ sten Schwierigkeiten des Überganges eine Unmöglichkeit wäre. Wir erwar¬ ten schließlich, daß, gleichwie Wir fest entschlossen sind, die Verfassung des Landes gegen jeden Angriff zu schirmen und unversehrt aufrechtzuer¬ halten, ebenso auch die treuen Völker Unseres geliebten Königreiches Un¬ garn eine kräftige Stütze Unseres königlichen Thrones und in Zeiten der Gefahr entschlossene Verteidiger der territorialen Integrität der Länder der ungarischen Krone, gleichwie auch Unserer Monarchie bleiben werden. Denen Wir übrigens mit Unserer kaiserlichen königlichen Huld und Gna¬ de bleibend gewogen bleiben. Gegeben in Unserer Reichshaupt- und Residenzstadt Wien am 17. Febru¬ ar 1867. Franz Josef m. p. Ladislaus v. Kärolyi m. p. Johann v. Barthos m. p.1 Nr. II Ministerrat, Wien, 31. Juli 1867 RS. Gegenwärtige: der Reichskanzler Freiherr v. Beust, der kgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), der k. k. Ministerpräsidentenstellvertreter Graf Taaffe (3. 8.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay (o. D.), der k. k. Finanzminister v. Becke (3. 8.), der k. k. Justizmi¬ nister Ritter v. Hye (13. 8.), der k. k. Kriegsministerstellvertreter FML. Freiherr v. Rossbacher (14. 8.). Protokollführer: Ritter v. Meyer. Gegenstand: I. Feststellung des Armeefriedensbudgets und der für außerordentliche not¬ wendige Anschaffungen erforderlichen Summen. II. Beratung über die Quote, welche Ungarn von den Auslagen für gemeinsame Angelegenheiten zu übernehmen hat und derjenigen Ma߬ nahmen, welche geeignet sein dürften, das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herzustellen. Das königliche Reskript haben Vizekanzler Graf Läszlö Kärolyi und der Hofrat in der Hofkanzlei Jänos Barthos gegengezeichnet. Kundmachung im Abgeordnetenhaus am 18. 2. 1867. Der Text in ungarischer Sprache: A közös viszonyok rendez£s£re vonat- kozö okmänytAr 194--196; in deutscher Sprache: Regelung der gemeinsamen Verhält¬ nisse mit den österreichischen Erbländern 118-121. <pb/>402 Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 KZ. 2421 - MRZ. 168 Protokoll des zu Wien am 31. Julius 1867 abgehaltenen Ministerrates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.1 I. Als Zweck der heutigen Besprechung geruhten Seine Maje¬ stät folgendes zu bezeichnen: Es handle sich erstens um die Feststellung eines Normalbudgets für die Armee, berechnet auf den für dieselbe im Frie¬ den erforderlichen Stand, und sodann noch um Ausmittlung derjenigen Summen, welche erforderlich sind, um außerordentliche, aber für die Schlagfertigkeit der Armee notwendige Anschaffungen damit zu bestreiten. Zweitens werde sodann die Frage zu erörtern sein, welche Mittel ergriffen werden sollen, um sowohl diesen als überhaupt den finanziellen Bedürfnis¬ sen des Staates zu genügen. Was vorerst das Armeefriedensbudget betreffe, so sei es Aufgabe der beiden Regierungen, noch vor dem Zusammentritt der Deputationen2 sich über dessen Höhe zu einigen8. Dabei kommen zwei Rücksichten wesentlich in Betracht: es sei Aufgabe der Regierungen, bei dem üblen Stand der finan¬ ziellen Verhältnisse des Reiches den Finanzen die möglichste Schonung angedeihen zu lassen. Anderseits aber dürfe man nicht aus dem Auge ver¬ lieren, daß durch den Stand und die Schlagfertigkeit der Armee die Macht¬ stellung der Monarchie bedingt sei, und in der Erhaltung dieser die Erspar¬ nisse ihr Ziel zu finden haben. Was die außerordentlichen Ausgaben für neue Anschaffungen betreffen, so habe Er dem Kriegsministerium den Auftrag erteilt, eine vollständige Übersicht dessen, was an materiellen Armeebedürfnissen fehle oder auch als wünschbar sich herausstelle, zu entwerfen und dafür unter dem Titel als Extraordinarium für das nächste Jahr die erforderlichen Summen in das Kriegsbudget aufzunehmen. Deswegen könne an dieser Summe leicht eine Streichung bei der Ausmittelung der Quote, die Ungarn von den Auslagen für die ge¬ meinsamen Angelegenheiten zu übernehmen hat, davon wesentlich abhängt. Über den Ablauf des Ministerrates Lönyays Tagebuch, Könyi, Deäk Ferenc beszedei, Bd. 5 145. Die Feststellung des gemeinsamen Budgets ist die Aufgabe der Delegationen. Vgl. GA. XII/1867 § 40: Die Feststellung des gemeinsamen Budgets wird den jährlichen wiederkehrenden wichtigsten Teil der Aufgabe dieser Beschlüsse [nämlich Ausschüsse der beiden Häuser des Reichstages bzw. Reichsrates] bilden. Deputationen des Reichs¬ tages bzw. des Reichsrates bestimmen die Proportion, nach welcher die beiden Staaten die Lasten und Kosten der gemeinsam anerkannten Angelegenheiten tragen. Vgl. RGBl. Nr. 146/1867 §36; GA. XII/1867 §§18, 19. Über die Aussendung der Deputation verhandelt der ungarische Ministerrat am 16. Juni. OL., Sektion K-27, Nr. 26/1867. <pb/>Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 403 Reduktion nach Maßgabe der Finanzlage vorgenommen werden. Seine Ma¬ jestät forderte sodann die Versammlung auf, sich vorerst über die erste Fra¬ ge - das Armeefriedensbudget und die außerordentlichen Militärauslagen - auszusprechen. Der Stellvertreter des Kriegsministers,3 welcher durch Unwohlsein ver¬ hindert war, in der Sitzung zu erscheinen, FML. Freiherr v. Rossbacher ergriff hierauf das Wort und gab folgende Auskünfte: Bei der Zusammenstellung des Normalbudgets für die Armee habe man zur Richtschnur genommen, nur solche Auslagen in dasselbe aufzunehmen, welche als unvermeidlich angesehen werden müssen, wenn man den Kriegsstand der Armee auf 800 000 Mann annehme. Ein Abhandeln von den verlangten Summen sei daher nicht möglich, wenn die Armee auf dem gegenwärtigen Friedensstand und einem eventuellen Kriegsstand von 800 000 Mann erhalten werden wolle. Der gegenwärtige Friedensstand der Armee bestehe - Kombattanten und Nichtkombattanten - in 351 000 Mann in runder Zahl mit 51 700 Pferden. Die Zahl der Kombattanten betrage 231 000 Mann mit 43 000 Pferden. Die Kavallerie bestehe aus 39 311 Mann mit 33 229 Pferden und die Artillerie aus 26 596 Mann mit 7900 Pferden. Um einen solchen geringen Präsenzstand zu erreichen, sei man mit den Reduktionen und Beurlaubungen bis an die äußerste Grenze gegangen. Die Präsenz bei den Infanteriekompagnien, welche im Kriege in 180 Mann be¬ stehe, sei gegenwärtig 70 Mann, bei den Jägern 100 Mann. bDie Batterien sind ohnedem auf die Hälfte des Kriegstandes, nämlich mit vier Geschützen und zwei Munitionskarren bespannt, aufgestellt.b Auch an dem Präsenz¬ stand der Kavallerie lasse sich wenig mindern. Die Auslagen nun für einen solchen Friedensstand der Armee werden berechnet auf 83 Millionen, die Auslagen für das Extraordinarium seien mit 54 Millionen angesetzt worden. Hiezu kommen noch ordentliche und au¬ ßerordentliche Auslagen für die Marine, welche sich mit circa 9 Millionen beziffern. Hievon wären die eigenen Einnahmen der Militärverwaltung in Abzug zu bringen, welche auf ungefähr 8 Millionen angesetzt werden können. Er könne nur wiederholen, abmarkten lasse sich nichts von diesem Erfordernis für das Friedensbudget, wenn der Kriegsstand der Armee mit 800 000 Mann festgehalten werde. Dieser Kriegsstand sei aber notwendig b_b Korrektur wahrscheinlich Rossbachers aus bei der Artillerie nehme man auf 1000 Mann drei Geschütze, da man aber die Batterien von acht Geschützen auf die Hälfte, auf vier Geschütze reduziert habe, so treffe es auf 1000 Mann kaum zwei Geschütze. 3 Im Kriegsministerium gibt es zwei systemisierte Ministerstellvertreterposten, einer für die militärische, der andere für die administrative Abteilung. Am 13. 9. 1866 ernennt der Herrscher auf Vorschlag von Kriegsminister John an die Spitze der militärischen Abteilung FML. RudolfFreiherr v. Rossbacher. <pb/>404 Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 im Vergleich zu denjenigen anderer europäischer Großmächte. Der Kriegs¬ stand vom norddeutschen Bunde, ohne Süddeutschland belaufe sich auf 1 100 000 Mann, der Kriegsstand von Frankreich über 800 000 Mann, von Italien bei 600 000 Mann. Nur bei den Verpflegskosten nach Maßgabe der Preise der Lebensmittel im kommenden Jahre könnte möglicherweise auf eine Ersparnis gerechnet werden. Man habe dieselben nämlich nach einem Durchschnitt von zehn Jahren, wobei aber die drei teuersten Jahre weggestrichen wurden, somit eigentlich nach einem siebenjährigen Durchschnitt berechnet; die für das kommende Jahr voraussichtliche größere Wohlfeilheit der Lebensmittel be¬ gründet die Hoffnung auf nicht unbeträchtliche Ersparnisse bei der Rubrik der Kriegspflegekosten. Zum Schlüsse müsse er noch bemerken, daß die Kosten für die Mannschaft bei uns viel geringer seien als in Preußen. Zu diesem rechne man auf den Mann pro Jahr 225 Taler; wenn man unseren gegenwärtigen Präsenzstand von Mannschaft und Pferden zusammenzähle und damit das Erfordernis von 83 Millionen Zusammenhalte, so ergebe sich bei uns auf den Kopf nur eine Jahresauslage von 205 Gulden. Freiherr v. Becke als Leiter des Finanzministeriums sprach sich für eine wesentliche Reduktion der von dem Kriegsministerium für das Normalbudget verlangten Summen aus. Wenn die Auslagen für die Armee im Friedensstand mit 73 Millionen angenommen werden, so werde sich in dem Gesamtetat der Einnahmen und Ausgaben, wie er für das nächste Jahr veranschlagt worden, noch immer ein Defizit von 50 Millionen ergeben. Die Auslagen für das Militär, Marine inbegriffen, beziffern sich nach seiner Bewertung, nach dem Erfordemisansatze des Kriegsministeriums mit 86 Millionen; wenn nach seiner Annahme des Erfordernisses für das Militär das jährliche Defizit schon die erschreckliche Höhe von 50 Millionen errei¬ che, so müsse eine Steigerung dieses Defizits im Verhältnis des Erfor¬ dernisansatzes des Kriegsministeriums als vollständig unzulässig bezeich¬ net werden. Hiezu komme noch das Extraordinarium von 54 Millionen, wodurch das Defizit auf eine Höhe für das nächste Jahr anschwelle, welche geeignet sei, das Vertrauen in unsere Finanzzustände im In- und Ausland zu untergraben. Außerordentliche Anschaffungen, um die Armee in schlagfer¬ tigen Zustand zu versetzen, seien allerdings notwendig; er halte aber dafür, daß eine Summe von 30 Millionen hiefür genügen dürfte, und hoffe, daß auch das Kriegsministerium sich mit einer solchen Summe zufriedenstellen werde. Wenn, wie der Stellvertreter des Kriegsministers erklärt habe, bei An¬ nahme eines Kriegsstandes der Armee von 800 000 Mann, an der verlangten Summe sich nichts herabmindem lasse, so bleibe bei der absoluten Notwen¬ digkeit einer Reduktion des Erfordemisansatzes nichts anderes übrig, als durch eine Änderung im Organismus der Armee ergiebige Ersparnis zu er¬ zielen oder eine angemessene Reduktion des Kriegs- und Friedensstandes der Armee vorzunehmen. Das wisse er nun freilich nicht, ob die auswärti- <pb/>Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 405 gen politischen Konstellationen eine solche Reduktion in der nächsten Zu¬ kunft erlauben. Der Reichskanzler Freiherr v. Beust bemerkte hierauf, das Streben der kaiserlichen Regierung sei auf Erhaltung des Frie¬ dens gerichtet, dessen wirkliche Erhaltung aber liege außer der Kraft und dem Bemühen eines einzelnen Staates. Jedenfalls aber, auch wenn es wie¬ der zu kriegerischen Ereignissen kommen sollte, könne und werde Öster¬ reich an solchen nur in Verbindung mit einer mächtigen Allianz sich betei¬ ligen. Seinerseits müsse er das Verlangen des Leiters des Finanzministeriums, daß die Ausgaben für das Militär in ein angemessenes Verhältnis zu den Finanzkräften des Reiches gebracht werden, nur auf das lebhafteste unter¬ stützen. Mit diesen Äußerungen des Reichskanzlers und des Leiters des Finanzministeriums erklärten sich auch die übrigen Minister einverstanden. Der ungarische Ministerpräsident Graf And- r ä s s y betonte namentlich, daß die Finanzkräfte des Reiches einen zu hohen Personalstand der Armee im Frieden nicht ertragen und daß es daher Aufgabe der Militärbehörden sei, eine solche Organisation des Heeres ins Leben zu rufen, welche es möglich macht, eine kleine Armee des Friedens¬ standes für den Fall des Krieges in kurzer Zeit zu einer großen anschwellen zu machen. Der ungarische Finanzminister v. Lö- n y a y wies hiebei auf das preußische Militärbudget hin, welche für das Heer eine Summe von 50 Millionen veranschlage, und auf die Tatsache, daß trotz einer verhältnismäßig geringen Auslage für die Armee im Friedens¬ stande für den Krieg eine große und tüchtige Armee dort vorhanden sei. Seine Majestät geruhten Sich dahin auszusprechen: Die Reduktion der Armee müsse dann doch gewisse Grenzen haben, wenn sie nicht zu einer Desorganisation derselben führen solle. Von den sechs Batail¬ lonen der 80 Regimenter Infanterie seien gegenwärtig nur drei Bataillone präsent, und in diesen per Kompagnie statt 180 Mann nur 70 Mann. Von dem 4. Bataillon befinden sich per Kompagnie nur 20 Mann im Dienste, cdie 5. und 6. Bataillone bestehen nur auf dem Papier.0 Ein Artillerie¬ regiment zähle auf dem Kriegsfuße d14d Batterien, im Friedensstand zwölf; allein auch dieser Friedensstand sei so herabgesetzt worden, daß gegenwär¬ tig 'per Batterie' statt acht nur vier fGeschützef bespannt seien. Die Dauer der Präsenzzeit der Mannschaft sei ein Haupterfordemis zur tüchtigen schlagfertigen Heranbildung derselben. In Preußen dauern sie volle drei Jahre, während sie hier gfrüherg aus Sparsamkeitsrücksichten auf anderthalb c_c Einfügung Sr. Majestät. d~d Korrektur Sr. Majestät aus 16. M Einfügung Sr. Majestät. Korrektur Sr. Majestät aus Batterien. g-i Einfügung Sr. Majestät. <pb/>406 Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 Jahr beschränkt wurde. In diesem Zustand dürfte eine Hauptursache der Erfolge der preußischen Armee zu suchen sein. Es sei daher nur zu sehr zu befürchten, daß durch eine allzugroße Reduktion des Personalstandes der Armee deren Brauchbarkeit in Frage gestellt werden könnte. Die Summe von 30 Millionen für außerordentliche Armeebedürfnisse, auf welche Summe der Leiter des Finanzministeriums den Erfordernisan¬ satz des Kriegsministeriums zurückgeführt wünsche, dürfte genügen. Dabei sprach aber Seine Majestät den bestimmten Willen aus, daß hievon für An¬ schaffungen in der Marine eine angemessene Summe zur Verwendung kom¬ me. Die Beratung drehte sich hierauf noch um die Frage, welcher Abstrich von dem Erfordemisansatz des Kriegsministeriums für Heer und Marine im Betrage von 86 Millionen vorgenommen werden könne, und man einigte sich dahin, daß als Normalbetrag pro Ordinario, hdas heißt als Zuschuß von den Finanzen nach Abschlag der eigenen Einnahmen11, die Summe von 80 Millionen anzunehmen und diese somit ins Normalbudget aufzunehmen sei. N. B. FML. Freiherr v. Rossbacher entfernte sich hierauf aus der Sitzung. II. Beratung über die Quote, welche Ungarn von den Auslagen für ge¬ meinsame Angelegenheiten zu übernehmen hat, und diejenigen Maßnah¬ men, welche geeignet sein dürften, das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herzustellen: Was vorerst die für Ungarn auszumittelnde Quote seines Beitrages an die gemeinsamen Auslagen betrifft, so erklärten die beiden Finanz¬ minister, daß sie auf Grundlage statistischer Nachweisungen sich geeinigt haben, dieselbe mit 28 % anzunehmen.14 h_h Einfügung Sr Majestät. ' Randbemerkung Beckes Dieser Passus könnte mit Einschränkung gelten, daß die 28 % sich auf Staatsschuld und pragmatische Auslagen beziehen, und daß dem Ausspruch der beiden Deputationen keineswegs vorgegriffen werden soll, welcher Ausspruch hin¬ wieder erst nach Prüfung der Rechnungsausweise möglich sein wird. In keinem Fall ist zwischen den beiden Finanzministern eine förmliche Einigung über diesen Punkt zu¬ stande gekommen, am allerwenigsten aber eine Zustimmung der Ministerkonferenz zu einem solchen Beschlüsse. 4 Nach Lönyays Tagebuch: Am 30. war Konferenz bei Beust, an der Andrässy, ich und Becke teilnahmen ... Einziges Ergebnis war, daß auch sie mit der 28 %-Quote einver¬ standen waren, was ich für ein gutes Ergebnis halte. Könyi, Deäk Ferenc beszedei, Bd. 5 145. Was wiederum Beckes Randbemerkung über den Wirkungskreis der Deputation betrifft, darüber besagt das Gesetz, die Deputationen von Reichsrat bzw. Reichstag werden unter Einflußnahme der betreffenden verantwortlichen Ministerien einen mit detaillierten Da¬ ten belegten Vorschlag bezüglich der erwähnten Proportion (Quote) ausarbeiten. Diesen Vorschlag unterbreitet jedes Ministerium dem betreffenden Reichstage, wo derselbe ord¬ nungsgemäß verhandelt wird. Ein jeder Reichstag teilt seine Beschlüsse im Wege der <pb/>Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 407 Der ungarische Finanzminister v. Lönyay gab hierüber folgende Aufschlüsse: Der Beitrag von Ungarn an direkten und indirekten Steuern mit Ausschluß des Erträgnisses des Staatseigentums und der Zölle belaufe sich nach einem Durchschnitt von sechs Jahren auf jähr¬ lich 78 Millionen, wofür folgende Ziffern sprechen: Ungarn habe nämlich an direkten und indirekten Steuern geleistet: Im Jahr 1860 79 Millionen ,,,, 1861 68 95 ,,,, 1862 90 55 ,,,, 1863 81 99 ,,,, 1864 79 95 ,,,, 1865 71 59 ^Scheide man nach Perzenten seinen Beitrag an die gemeinsamen Ange¬ legenheiten als: Hofstaat, Armee, Äußeres, Staatsschuld aus, so ergeben sich durchschnittlich 25 Vi %. Um einen richtigen Begriff von der Steuerkraft eines Landes zu gewin¬ nen, dienen besonders zwei Faktoren, dessen Konsumtionsverhältnis und dessen Steuerrückstände. Nun weisen statistische Daten nach, daß die Kon¬ sumtionsverhältnisse Ungarns im Vergleich zu den übrigen Teilen der Mon¬ archie viel ungünstiger seien als die Leistungsquote, über die man sich geei¬ nigt habe. Noch mehr aber sprechen zugunsten Ungarns in dieser Hinsicht seine Steuerrückstände, wenn man sie denjenigen der übrigen Kronländer gegenüberhalte. Diese Steuerrückstände betrugen: Im Jahr 1860 im Ganzen 15 Millionen wovon auf Ungarn beinahe 11 auf die anderen Kronländer über 4 entfielen. Im Jahr 1861 im Ganzen 21 Millionen hievon auf Ungarn 17 andere Kronländer 4 Randbemerkung Lönyays Vide mit dem Bemerken, daß das Protokoll richtig verfaßt wurde. betreffenden Ministerien dem anderen Reichstage mit, und die dergestalt zu bewirken¬ den Vereinbarungen beider Teile werden Seiner Majestät zur Sanktionierung unter¬ breitet werden. GA. XII/1867 §§ 19,20. Vgl. RGBl. Nr. 146/1867 § 36. AufBeusts Vor¬ schlag hin weist der Herrscher die beiden verantwortlichen Regierungen auch getrennt an, aufdie Deputationen Einfluß zu nehmen. Vortrag v. Beust v. 1. 8. 1867 über die In¬ tervention der verantwortlichen Ministerien bei den Verhandlungen der Deputationen. HHStA., Kab.Kanzlei, KZ. 3028/1867. <pb/>408 Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 Im Jahr 1862 im Ganzen 13 Millionen Ungarn Übrige 9 4 Im Jahr 1863 im Ganzen 19 Millionen Ungarn 14 Vt Übrige 4 !/2 25 Millionen Im Jahr 1864 im Ganzen Ungarn 19 Übrige 6 29 Millionen Im Jahr 1865 im Ganzen 21 Ungarn 8 Übrige Daraus gehe hervor, daß die Steuerkraft Ungarns gegenüber der Steuer¬ last nicht nur konstant eine viel geringere war als in den übrigen Kron- ländem, sondern auch progressiv von Jahr zu Jahr sich als schwächer her¬ ausgestellt habe. Nichtsdestoweniger sei man mit der Annahme von 28 % einverstanden, weil auf den allmählichen materiellen Aufschwung des Lan¬ des gegründete Hoffnung gesetzt werden könne. Was die Vorlage an die Deputationen in betreff der Quotenfrage anbelan¬ ge, so sprach Minister v. Lonyay die Ansicht aus, daß es nicht Aufgabe der Regierungen sei, mit einem bestimmten Anträge hervorzutreten, sondern daß man sich darauf beschränken soll, den Deputationen alles zur Ausmitt¬ lung der Quote erforderliche Material zur Hand zu stellen. Wohl aber müs¬ sen über den Betrag der Quote, wie dieses auch bereits geschehen, die Re¬ gierungen einig sein, und es sei zu erwarten, daß es ihrem Einflüsse gelin¬ gen werde, das unter sich Vereinbarte auch in den Deputationen zur Annah¬ me zu bringen.5 Freiherr v. Becke bestätigte das gegenseitige Einverständnis über den Betrag der ungarischen Leistungsquote an den gemeinsamen Aus- 5 Über die Verhandlungen der Quoten-Deputation: Lönyays Tagebuchaufzeichnungen Könyi, Deäk Ferenc beszddei, Bd. 5 146-166, 167-172, 176-199. Diese Aufzeichnun¬ gen stellen notwendigerweise die Rolle Lönyays in den Vordergrund. Eine objektivere Beschreibung der Beratungen geben Csengerys Aufzeichnungen: Die Geschichte der Quotenangelegenheit, in: Csengery, Hätrahagyott iratai 6s feljegyzdsei 95-178. Die un¬ garische Deputation begann ihre Sitzungen am 4. August und setzte nach drei Fester Sitzungen die Beratungen in Wien, im Gebäude der früheren siebenbürgischen Hof¬ kanzleifort, während die gemeinsamen Sitzungen, d. h. die gemeinsamen Sitzungen der ungarischen und der cisleithanischen Deputation, zwar auch in Wien, aber der Parität wegen auf ungarischem Hoheitsgebiet, im Gebäude der früheren ungarischen Hof¬ kanzlei, am 10. August begannen. Zum Präsidenten der österreichischen Deputation wurde Kardinal Joseph Othmar v. Rauscher, zu dem der ungarischen Baron Pal Sennyey gewählt. <pb/>Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 409 lagen. Mit der Ansicht des ungarischen Finanzministers, den Steuerrück¬ stand als Maßstab der Steuerkraft des Landes anzunehmen, könne er jedoch nicht einverstanden sein. Steuerrückstände seien eigentlich nur eine Tatsa¬ che, daß ein Land nicht zahlt, was ihm zu zahlen oblag; der Grund hievon liege aber oft in etwas ganz anderem als in der geschwächten Steuerkraft. Die Versammlung erklärte ihr Einverständnis sowohl hinsichtlich der angenommenen Leistungsquote Ungarn als auch des gegenüber den Depu¬ tationen einzuhaltenden Geschäftsganges. Seine Majestät forderte hierauf die Versammlung auf, sich darüber auszusprechen, welche finanzielle Maßregeln ergriffen werden sol¬ len, um endlich einmal eine dauernde Regelung der Finanzverhältnisse zu erzielen. Der Justizminister Ritter v. Hye ergriff zuerst das Wort und machte auf die bedauerlichen Besoldungsverhältnisse der Justizbeam¬ ten im allgemeinen, namentlich aber diejenigen niederen Ranges aufmerk¬ sam. Es sei deswegen schon jetzt Mangel an Justizkandidaten, und dieser wird immer fühlbarer werden, wenn nicht eine Gehaltsaufbesserung eintre¬ te, welche denselben eine Existenz ermögliche, wie sie der Würde eines richterlichen Beamten entspreche. Er werde es sich gerne zur Aufgabe ma¬ chen, durch Personalreduktionen bedeutende Ersparnisse zu erzielen, trotz¬ dem aber werde für die Justizbranche, wenn man das Ziel eines von materi¬ ellen Sorgen freien unabhängigen Richterstandes erreichen wolle, bei 1 Vi Million mehr im Justizbudget ausgeworfen werden müssen. In der Ver¬ sammlung gab sich keine Geneigtheit kund, auf eine solche Erhöhung des Ausgabenetats für den Justizdienst einzugehen, und es wurde diesfalls be¬ merkt, daß eine Verbesserung der Lage der Justizbeamten, bei der gegen¬ wärtigen Finanzlage, nur durch eine bedeutende Verminderung der Ge¬ richtsbehörden erster Instanz zu erreichen sein werde. Freiherr v. Becke sprach sich sodann über die zur Beratung vorliegende Hauptfrage, der zu ergreifenden Finanzmaßregeln folgender¬ maßen aus: Die vorausgehende Beratung habe gezeigt, daß für das nächste Jahr allerdings noch ein außerordentlich großes Defizit in Aussicht stehe, zu dessen Bedeckung die gewöhnlichen Mittel nicht ausreichen werden. Aber das Vertrauen in die Zukunft müsse man nicht verlieren, zumal bei einer klugen Benützung der Finanzkräfte des Reiches gegründete Aussicht vorhanden sei, in der Zukunft das Defizit zum Verschwinden zu bringen. Wenn die Steuerkraft des Landes auf eine gehörige Art in Anspruch genom¬ men werde, so glaube er nicht, daß das gegenwärtige Erträgnis der Steuern als ein solches bezeichnet werden könne, welches der höchsten Spannung der Steuerkraft entspreche. Von einer Regulierung der Grundsteuer, und zwar ohne Erhöhung derselben, einer Reform der Branntwein- und Salz¬ steuer, namentlich aber von der Reform der Einkommensteuer erwarte er eine wesentliche Vermehrung der Staatseinnahmen. In allen größeren Staaten mehre sich von Jahr zu Jahr das Erträgnis der Zölle. Wenn bei uns <pb/>410 Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 das Gegenteil der Fall sei und die Zolleinnahmen herabsinken, so glaube er auch hier zu der Annahme sich berechtigt, daß bei dem neuen Leben, das im Handel und Verkehr sich kund gebe, auch bei den Zolleinnahmen ein gün¬ stigeres Verhältnis in naher Zukunft eintreten werde. Endlich bleibe der Regierung immer noch eine Finanzmaßregel offen, welche geeignet sei, dem Etat der Ausgaben eine große Erleichterung zu verschaffen. Wenn man sich nämlich entschließe, die Staatsschuld zu kon¬ solidieren, wodurch die Annuitäten in Wegfall kommen, so bringe dieses allein eine jährliche Minderausgabe von 28 Millionen mit sich. Eindring¬ lich möchte er warnen vor einem Angriff auf die Staatsschuld, vor einer Zinsenreduktion oder mit einem anderen Worte vor einem Staatsbankrott. Er sehe durchaus keine Notwendigkeit, zu diesem äußersten unheilvollen Mittel zu greifen, einem Mittel, das bei seinem ordentlichen Rückschläge auf eine große Zahl von Staatsbürgern bei seiner zerstörenden Wirkung auf den Vermögensstand einzelner Familien und Körperschaften nur neue Ele¬ mente der Unzufriedenheit und der Zersetzung ins Leben rufen würde. Das ungarische Ministerium, bemerkte hierauf der ungarische Finanzminister v. Lönyay, müsse den größten Wert darauf legen, vor den Reichstag mit einem geordneten Normalbudget treten zu können; die Stellung einer jeden Regierung müßte er als eine erschütterte ansehen, welche, um einem Defizit von solcher Höhe zu begegnen, kein anderes Auskunftsmittel kenne, als unter dem Titel einer Steuerreform die ohnedem beinahe unerschwingliche Steuerlast in so hohem Grade zu ver¬ mehren. Er teile durchaus nicht die Ansicht von dem günstigen Resultate der in Aussicht gestellten Finanzreformen, sie seien alle nicht geeignet, den chronischen Leiden eines überaus großen Defizits abzuhelfen, und man werde, wenn der Staat, sei es auch nur für eine geringe Reihe von Jahren, seine Verpflichtungen erfüllen wolle, zu dem bisherigen Mittel, zu Anlei¬ hen unter den drückendsten Bedingungen zu einem Schuldenmacher, wie es im Privatleben nur bei einem am Rande des finanziellen Ruins stehenden Schuldner vorkommt, seine Zukunft nehmen müssen. Alles Schuldenma¬ chen findet aber zuletzt sein Ende, je länger es aber dauere, desto größer werde die Katastrophe des finanziellen Ruins. Besser sei es gewiß, man lege statt der Fortschleppung eines solchen im¬ mer unheilbarer werdenden chronischen Übels zur Zeit Hand an eine radi¬ kale Heilung desselben. Der günstige Moment sei jetzt da, wo es sich um den finanziellen Ausgleich mit Ungarn handle, jetzt sei der Augenblick für die Regelung der Finanzverhältnisse des Reiches überhaupt gekommen. Für diese Regelung gebe es aber kein anderes Mittel als eine Reduktion der Zin¬ sen der Staatsschuld; nur durch dieses könne das große Ziel einer Herstel¬ lung des Gleichgewichtes zwischen Einnahmen und Ausgaben, und das hiermit zusammenhängende Verschwinden des Agio erreicht werden. Eine solche Zinsenreduktion sei auch möglich ohne eine bedeutende Benachtei¬ ligung der Staatsgläubiger. <pb/>Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 411 Er möchte hierfür folgenden Weg anraten: man konvertiere die ganze Staatsschuld in eine Rente und nehme als realen Wert der Staatspapiere ih¬ ren gegenwärtigen Börsenwert an. Dadurch werde die ganze Staatsschuld auf einen Betrag von 1641 Millionen herabgemindert. Werde diese Rente mit 6 % verzinst, so würde statt der 150 Millionen, die jetzt als Zinsen der Staatsschuld entrichtet werden müssen, in Zukunft dieser Zins nur den Be¬ trag von 98 V2 Millionen erweisen und ein Ersparnis von jährlich 51 14 Mil¬ lionen erzielt werden. Bei übrigen klugem Haushalte reiche eine solche Ersparnis aus, um das Gleichgewicht herzustellen; diese Herstellung aber werde in rapider Folge das Verschwinden des Agios und die volle Regelung der Valutaverhältnisse mit sich bringen. Ein geregelter Finanzhaushalt sei die Grundlage des Kre¬ dits, und an diesem werde es uns nach rascher Durchführung einer solchen Radikalkur weniger mangeln als jetzt, wo bei dem Mißtrauen in unsere Finanzumstände, bei der begründeten Aussicht auf deren Unhaltbarkeit, Geld im In- und Auslande nur unter den drückendsten Bedingungen noch erhältlich sei. Wenn man eine solche Finanzoperation einen Angriff auf die Staats¬ schuld nennen wolle, so habe er nichts dagegen; allein ob denn die von Freiherrn v. Becke in Aussicht gestellte Maßregel einer Konsolidierung der Staatsschuld einen anderen Charakter an sich trage. Wenn man mittels einer solchen Konsolidierung ein Ersparnis von jährlich 28 Millionen erreichen wolle, so sei dieses ohne Angriff auf die Staatsschuld auch nicht möglich; eine Konsolidierung ohne Benachteiligung der Gläubiger werde nie eine erwähnenswerte Erleichterung für die Finanzen mit sich bringen. Wenn man die Sache näher ins Auge fasse, so liege in der von ihm beantragten Finanzoperation eigentlich gar keine so große Benachteiligung der Staats¬ gläubiger. Im J. 1848 betrugen die Zinsen für die Staatsschuld 40 Millionen, während sie jetzt auf 151 gestiegen seien. Diese Vermehrung rühre von Anleihen her, welche zu einem großen Teil unter den ungünstigsten Bedin¬ gungen aufgenommen werden mußten, wo nie effektiv eingezahlt worden, was nun seit einer langen Reihe von Jahren als volleingezahlt vom Ärar verzinst wurde. Somit schon gegenüber den ersten Gläubigem sei die Reduktion keine so flagrante Ungerechtigkeit, sie sei es um so weniger ge¬ genüber denjenigen, die nur um den Börsenwert die Staatspapiere an sich gebracht haben. Der reale Wert einer Obligation bemesse sich nach der Si¬ cherheit ihrer Verzinsung; eben diese Aussicht in eine nahe unsichere Zu¬ kunft der Verzinsung habe den Wert der österreichischen Wertpapier so her¬ abgedrückt. Die von ihm vorgeschlagene sechsprozentige Rente aber biete für alle Zukunft bei der dadurch ermöglichten Wiederherstellung des Gleichgewichtes volle Sicherheit der Verzinsung, und der Wert dieser Pa¬ piere werde auf dem ganzen Geldmärkte von Europa ein sehr fester sein. Er trage die Überzeugung, daß, wenn man alle Staatsgläubiger vorrufen und einvemehmen könnte, die große Mehrzahl sich bequemen würde, auf eine <pb/>412 Nr. II Ministerrat, Wien, 31. 7. 1867 solche Konvertierung einzugehen, von den ausländischen wenigstens sollte man es als sicher annehmen können, da die künftige Staatsrente, nach Ver¬ schwinden der Agios, ihnen beinahe den gleichen Zinsenertrag wie die ge¬ genwärtigen Staatspapiere mit einem hohen Agio abwerfen würde. Das Wenige, was an Erträgnis abginge, wird durch die Sicherheit des Bezuges mehr als ausgewogen. Der Reichskanzler Freiherr v. Beust und die Mi¬ nister Graf Taaffe und Ritter v . H y e sprechen ihre Über¬ einstimmung mit den von Freiherm von Becke entwickelten Ansichten aus. Freiherr von Beust wies namentlich darauf hin, wie die not¬ wendige Folge einer solchen Maßregel, wie sie der ungarische Finanzmini¬ ster in Vorschlag bringe, die völlige Untergrabung des Vertrauens im Aus¬ land sein müßte. Dieses Vertrauen aber, das in neuester Zeit wesentlich sich gestärkt habe, nicht nur zu erhalten, sondern noch zu vermehren sei die Aufgabe einer weisen Regierungspolitik. Ebenso verderblich würde eine solche Maßregel in volkswirtschaftlicher Beziehung wirken. Von dem Auf¬ schwung des volkswirtschaftlichen Lebens hänge die Erhöhung der Steuer¬ kraft eines Landes ab, die Erhöhung der Steuerkraft bringe aber naturgemäß eine Vergrößerung des Steuererträgnisses mit sich. Der Aufschwung der Volkswirtschaft in Österreich sei eben wesentlich durch die Anlage neuer Eisenbahnen bedingt; hierzu bedürfe man ausländischer Kapitalien, die jetzt noch erhältlich seien, bei einer Reduktion der Zinsen aber unter keiner Bedingung zu bekommen wären. Ritter von Hye und Graf Taaffe machten auf die Ge¬ fahren aufmerksam, welche eine solche Maßregel für die Aufrechthaltung der inneren und äußeren Ruhe mit sich bringen dürfte. Ein großer Teil der Staatsobligationen sei im Inland plaziert und befinde sich in Händen der Mittelklasse. Eine Reduktion der Zinsen wäre für diese Klasse von Staats¬ gläubigern ein Angriff auf die Mittel ihrer Existenz. Von der Staatsschuld seien 468 Millionen cirkuliert und diese cirkulierten Papiere bilden zu ei¬ nem großen Teile das Vermögen von öffentlichen Anstalten, Stiftungen, von Gemeinden und von Waisen. Ohne Ruin eines großen Teiles von öffent¬ lichen Anstalten und von Stiftungen sei hier eine Zinsenreduktion nicht ausführbar. Wer könne hier bürgen, daß nicht Ruhestörungen der bedauer¬ lichsten Art im Innern des Reiches stattfinden. Selbst die Erhaltung der Ruhe nach Außen dürfte durch eine solche Maßregel gefährdet werden, und es gehöre gar nicht in das Gebiet der Unmöglichkeit, daß Preußen das Bei¬ spiel nachahme, welches Frankreich in der Sukzessorenangelegenheit ge¬ genüber Mexiko gegeben habe. Der ungarische Ministerpräsident Graf And- r ä s s y sprach sich folgendermaßen aus: Er halte eine Zinsenreduktion in der Art und Weise, wie sie von seinem Herrn Kollegen beantragt wurde, für keine so große Ungerechtigkeit gegenüber den Staatsgläubigem, als wie sie von anderer Seite angesehen werden wollte. Der Moment für eine solche <pb/>Nr. III Ministerrat, Wien, 30. 8. 1867 413 scheine ihm aber noch nicht gekommen zu sein. Werde der Friede erhalten, und greife man energisch zum Mittel der Ersparnis in allen Zweigen der Staatsverwaltung, so sei die Hoffnung vorhanden, nach und nach einen Zu¬ stand der Finanzen herbeizuführen, welcher die Aussicht auf eine Herstel¬ lung des Gleichgewichtes zwischen Einnahmen und Ausgaben eröffne. Ent¬ stehe Krieg, dann sei der Bankrott unvermeidlich. Es sei nicht Aufgabe ei¬ ner Regierung, einen Bankrott zu machen; sie dürfe sich nicht auf einen Boden stellen, wo sie als der treibende Faktor erscheint, welcher einen Bankrott herbeifuhrt. Die Verhältnisse müssen ihn bringen, und wenn es durch diese unvermeidlich geworden, wird er auch da sein. Seine Majestät geruhten zum Schlüsse der Beratung Sich da¬ hin zu erklären: Der Finanzkalamität müsse Abhilfe verschafft und die Mit¬ tel angewendet werden, die hiezu führen. Solange noch Hoffnung vorhan¬ den, diese Mittel in dem eigenen Reichtum des Reiches zu finden, sei es Aufgabe der Regierung, diesen Weg zu betreten. Seine Majestät beauftragte sodann den Leiter des Finanzministeriums im Einvernehmen mit dem unga¬ rischen Finanzminister, erstens mit aller Beschleunigung seine Anträge über Deckung des für das kommende Jahr in Aussicht stehenden Defizits zu stellen und zweitens ebenso mit gleicher Beschleunigung die Pläne über die von ihm angedeutete Reform mehrere Zweige der Steuergesetzgebung und über Konsolidierung der Staatsschuld auszuarbeiten.6 Beust Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Ischl, 9. Oktober 1867. Franz Joseph. Nr. III Ministerrat, Wien, 30. August 1867 RS. Gegenwärtige: derkgl. ung. Ministerpräsident Graf Andrässy (o. D.), derk. k. Ministerprä¬ sidentenstellvertreter Graf Taaffe (o. D.), der kgl. ung. Finanzminister v. Lönyay (o. D.), der k. k. Minister Freiherr v. Becke (o. D.). Protokollführer: Ritter v. Hueber. Gegenstand: I. Vereinbarung zwischen den Finanzministem bezüglich des finanziellen Ausgleiches. II. Vereinbarung in der indirekten Besteuerung. Der Vorschlag der beiden Finanzminister zur Deckung des Defizites des kommenden Jahres, zur Steuerreform und zur Konsolidierung der Staatsschuld: MR. v. 30. 8. 1867, MRZ. 173. Vereinbarung zwischen den Ministerien der im Reichsrat vertretenen König¬ reiche und Länder und dem kgl. ung. Ministerium über die Behandlung der im Sinne des XII. Gesetzartikels vom Jahre 1867 dem gemeinschaftlichen Einvernehmen der beiden Ministerien vorbehaltenen Gegenstände v. 12. 9. 1867 [die sog. Vöslauer Vereinbarung; Abschrift] FA., Pr./1869 (Fase. 7.1/1) Nr. 4145. <pb/>