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Nr. 324 Ministerrat, Wien, 19. Februar 1863 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 19. 2.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Degenfeld, Schmerling, Lasser (26. 2.), Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách, Esterházy, Hein; abw. Burger; BdR. Erzherzog Rainer 15. 3.

MRZ. 1128 – KZ. 821 –

Protokoll des zu Wien am 19. Februar 1863 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Landesgesetz für Schlesien wegen Auflassung des Kavalleriekasernenbaufonds

Der Staatsminister referiert in Hinsicht des von dem schlesischen Landtage beschlossenen Gesetzesvorschlages wegen Auflassung des zum Behufe des beabsichtigten Kavalleriekasernenbaues in Troppau gebildeten Fonds und Einverleibung desselben in den Hauptlandesdomestikalfonds1.

Im Jahre 1852 hatte man die Idee, in Troppau eine Kavalleriekaserne zu bauen, und wurde hiezu das erforderliche Kapital bei der ersten österreichischen Sparkasse in Wien aufgenommen. Die über diesen Bau sowie über die Verwaltung des fruchtbringend angelegten Baufonds gepflogenen Verhandlungen führten zu keinem Abschlusse. Im Jahre 1861 wurde sich vom Landesausschusse an die Regierung mit der Frage gewendet, ob bei dem gegenwärtigen Friedensstande und da, wie es scheint, nicht beabsichtigt werde, Schlesien mit Kavalleriebequartierungen zu belegen, der Bau einer Kavalleriekaserne in Troppau vom militärischen Standpunkte auch noch ferner wünschenswert erscheine. Hierauf sei geantwortet worden, daß laut Erklärung des Kriegsministeriums die Notwendigkeit der Erbauung einer solchen Kaserne in Troppau entfalle. Infolgedessen sei nun im Landtage als selbstverständlich erkannt worden, daß der projektierte Bau zu unterbleiben hat, und wurde die Frage in Verhandlung genommen, ob es nicht zweckmäßig wäre, mit dem zu diesem Zwecke bestimmt gewesenen Fonds anderweitig zu verfügen. Das Ergebnis sei nun der beschlossene || S. 258 PDF || Gesetzesentwurf, wornach das Aktivvermögen des beim Landesfonds verrechneten, zu dem Kasernenbau bestimmten Fonds dem Domestikalvermögen einverleibt und die Aktiva sowohl als die Passiva desselben mit jenen des Hauptlandesdomestikalfonds vereinigt werden sollen. Der Landeschef empfehle diese Maßregel, und dem Staatsministerium scheine es ganz angemessen, daß diese Vereinigung geschehe, indem bei den geänderten Verhältnissen jeder Grund für eine abgesonderte Verwaltung dieses Fonds entfalle. Der Staatsminister gedenke daher, diesen Gesetzentwurf, welchen er vorlas, zur Ah. Sanktion au. vorzulegen.

Hierwegen ergab sich dem Ministerrate keine Erinnerung2.

II. Beschluß des schlesischen Landtags wegen Zurückzahlung des bei der Nationalbank aufgenommenen Vorschusses

Anknüpfend an dieses referierte der Staatsminister in betreff des nach § 20 der Landesordnung3 zur Ah. Sanktion vorzulegenden Beschlusses des schlesischen Landtages wegen des bei der Nationalbank aufgenommenen Vorschusses und wegen Zurückzahlung desselben4.

Der schlesische Domestikalfonds habe sich nämlich an dem Nationalanlehen vom Jahre 1854 mit 100.000 fl. beteiligt und hiezu bei der Bankfilialleihanstalt zu Troppau gegen Verpfändung von Obligationen einen Vorschuß von 96.000 fl. Konventionsmünze erhoben, welcher damals mit 4% (später mit 5, endlich mit 5½%) verzinst und von 90 zu 90 Tagen prolongiert wurde. Durch die mittlerweile erfolgte Übergabe des Landesfonds und des zu demselben gehörigen Kasernenbaufonds war es möglich, die verpfändeten Obligationen von 150.000 fl. einzulösen, und wurde vom Landesausschusse im Jahre 1861 beschlossen, den durch selbe bedeckten Betrag von 40.000 fl. an die Bank zurückzuzahlen. Im Jahre 1862 ward der Vorschuß bereits auf 44.000 fl. herabgemindert, wofür Nationalobligationen im Werte von 91.000 fl. deponiert sind. Da diese Schuld sehr lästig ist, weil dafür 5½% Zinsen und noch andere Gebühren bezahlt werden müssen, zudem die immerwährenden Prolongierungen sehr unangenehm sind, habe nun der Landtag den Beschluß gefaßt, daß der Landesausschuß für die tunlichst baldige Einlösung der verpfändeten Nationalobligationen rücksichtlich für die Zurückzahlung des Vorschußrestes Sorge trage, zu welchem Zwecke die Zinsen der Nationalobligationen und der Kasernenbaufondskapitalien zu verwenden sind. Dem Staatsminister ergebe sich gegen diese Maßregel keine Einwendung, und er beabsichtige daher, sich die Ah. Genehmigung dieses Landtagsbeschlusses au. zu erbitten.

Der Ministerrat fand hierwegen nichts zu bemerken5.

III. Bitte der Baronin Ernestine Langet um Depurationsnachsicht in betreff der Fideikommißherrschaft Bistrau

Der Minister Ritter v. Lasser referierte seinen noch als Leiter des Justizministeriums erstatteten au. Vortrag über das Ah. signierte Gesuch der Fideikommißbesitzerin Ernestine Freiin v. Langet um Depurationsnachsicht in betreff der Fideikommißherrschaft Bistrau6.

|| S. 259 PDF || Das fragliche Fideikommiß wurde im Jahre 1626 vom Grafen zu Hohenembs gegründet und in der betreffenden Errichtungsurkunde das Vermögen des Stifters zu einem Fideikommiß für seine gesamte Posterität bestimmt, und der durchlauchtigste Erzherzog Leopold von Österreich, nach ihm aber der künftige Landesfürst der österreichischen Lande für den Fall der Abalienation oder Deterioration7 zum Erben ernannt, welche Substitution im Jahre 1762 auch auf den Fall des Abganges der Fideikommißsukzession ausgedehnt wurde. Dieses Substitutionsrecht des Ah. Kaiserhauses ist bei der Herrschaft Bistrau auch landtäflich vorgeschrieben. Nach im Jahre 1756 erfolgtem Erlöschen des Mannesstammes des Hauses Hohenembs wurde die weibliche Sukzession eröffnet und gelangte zu derselben die Tochter des letzten männlichen Besitzers, Maria Rebecca; und als im Jahre 1828 die Tochter derselben, Gräfin Truchses-Zeil, ohne Hinterlassung einer Nachkommenschaft starb, haben sich folgende Prätendenten erbserklärt: 1. Rudolf Graf Kulhanek und nach dessen Ableben seine einzige Erbin Ernestine Freiin v. Langet; 2. die Kammerprokuratur in Vertretung des Ah. Kaiserhauses und 3. Friedrich Emil Schindler als testamentarischer Allodialerbe der Gräfin Truchses-Zeil, welche beiden letzterwähnten Prätendenten aber im Prozeßwege abgewiesen wurden, worauf das Fideikommiß am 17. Oktober 1848 der Baronin Langet eingeantwortet wurde. Zur Zeit dieser Einantwortung war der Passivstand des Fideikommisses bloß 1098 fl. 27½ Kreuzer, hiezu kam jedoch die Erbsteuer von 25.000 fl., dann eine Schuld an die Alloderben der letzten Besitzerin im Betrage von 14.000 fl. Über Ansuchen der Langet wurde 1848 der fideikommißbehördliche Konsens erteilt, das Drittel der Herrschaft gegen gesetzliche Depuration zu belasten. Der im Grunde dieses Konsenses bis auf 82.802 fl. aufgelaufene Passivstand war im Jahre 1854 im Depurationswege auf 63.106 fl. 17 Kreuzer herabgemindert, worauf die Besitzerin den weiteren Konsens erwirkte, aus Anlaß der Subskription für das Nationalanlehen das Fideikommiß neuerdings mit 59.000 fl. zu belasten, und erhielt dieselbe eine sechsjährige Depurationsnachsicht dafür, so daß die Depurationsverbindlichkeit mit 1. Jänner 1861 wieder einzutreten hatte. Nach dieser Vorauslassung kam Referent zu dem eigentlichen Gegenstand seines Vortrages, nämlich dem vorliegenden Gesuche, worin die Baronin v. Langet bittet, daß ihr für ihre Lebenszeit von Seite des Ah. Kaiserhauses als dem substituionsberechtigten Nachfolger in die Herrschaft Bistrau die Ah. Zustimmung zur Erteilung der fiedeikommißbehördlichen Nachsicht aller Depurationen Ag. gewährt werde. Die Finanzprokuratur und die Fideikommißkuratoren haben sich gegen die Bewilligung, die Landesbehörden (Landes- und Oberlandesgericht) aber für die Bewilligung dieses Gesuches ausgesprochen. Der Oberste Gerichtshof habe die Abweisung beantragt, während das Ministerium des Äußern des Erachtens sei, daß die Ah. Einwilligung zur Depurationsnachsicht wohl in Beziehung auf die frühere Restschuld von 63.106 fl. erteilt, nicht aber auch auf jene 59.000 fl. ausgedehnt werden dürfte, womit das Fideikommiß anläßlich des Nationalanlehens belastet wurde, da dieses Vermögen zum Allodialvermögen der Bittstellerin gehöre. Das Justizministerium glaubte sich der Meinung der Landesbehörden anschließen zu sollen, indem es eine zehnjährige Depurationsnachsicht, wie diese beantragt wird, den Anforderungen || S. 260 PDF || der Billigkeit für entsprechend hält. Indem Referent hier des näheren die mißlichen Verhältnisse, unter denen die Bittstellerin das Fideikommiß angetreten hat, auseinandersetzt und die für sie sprechenden Gnadengründe entwickelt, welche sich im wesentlichen dahin zusammenfassen lassen, daß die Bittstellerin durch volle 20 Jahre prozessieren mußte, daß ihr während dieser ganzen Zeit die Nutzungen entgangen sind, daß das Gut während der 20jährigen Administration nicht gut verwaltet wurde, daß auf demselben bedeutende Patronatslasten haften, daß die bezüglichen Grundentlastungsobligationen erst spät fällig sind, daß sich das Fideikommiß durch Meliorationsbauten im guten Stande befindet u. dgl., hob er auch den Umstand hervor, daß es, wenn auch keine weiteren Fideikommißanwärter bekannt sind, doch nicht gewiß sei, ob ader Substitutionsfall des Ah. Kaiserhauses nach dem Ableben der Baronin Langet eintrete oder am Ende deren Alloderben die Herrschaft Bistrau gerichtlich zuerkannt werden könnte, weil der Grund, weshalb die Langet den Prozeß im Jahre 1848 gewann, vielleicht auch zugunsten ihrer Alloderben sich geltend machen ließea . Im Staatsrate8 habe sich, fährt Ritter v. Lasser fort, bloß der Referent für die Ansicht des Ministeriums des Äußern ausgesprochen, während alle übrigen Stimmen für die unbedingte Abweisung der Bittstellerin stimmten. Referent glaube aber unter Aufrechthaltung der von ihm bereits angeführten Billigkeitsgründe und in dem Anbetrachte, daß gegenüber eines so namhaften Wertes der Herrschaft Bistrau (367.000 fl.) der Passivstand von 122.000 fl. gewiß ein mäßiger sei, einen medius terminus vorschlagen zu sollen, und zwar nach der Auffassung des Ministeriums des Äußern, nämlich daß die Depurationsnachsicht bloß in Beziehung auf [die] frühere Schuld von 63.106 fl. mit Ausschluß der anläßlich des Nationalanleihens geschehenen Belastung von 59.000 fl. gewährt werde.

Bei der hierauf vorgenommenen Umfrage erklärte der Staatsratspräsident , der Meinung der Finanzprokuratur und der Fideikommißkuratoren rücksichtlich dem Einraten der staatsrätlichen Majorität beizutreten. Die Onerierung der Fideikommisse werde wohl häufig dazu benützt, um die Allodialerben zu begünstigen, aber eine solche lebenslängliche Depurationsnachsicht, wie sie im gegenwärtigen Falle erbeten wird, sei in der Praxis noch nicht vorgekommen und erscheine auch ganz unbegründet, indem dieses eine reine, nicht zu billigende Schenkung wäre. Der Minister Dr. Hein sprach sich für den Vermittlungsantrag des Ministers Ritter v. Lasser, jedoch mit der Beschränkung aus, daß diese Begünstigung nur auf [eine] gewisse Anzahl von Jahren, allenfalls auf zehn Jahre, gewährt werde. Dieser Meinung schlossen sich der Staatsminister, der Minister Graf Nádasdy, der Polizeiminister, der Handelsminister, der Finanzminister und der ungarische Hofkanzler an. Der Minister des Äußern erachtete bei dem Antrage des Ministeriums des Äußern, bso wie er heute vom Minister Lasser auch zu dem seinigen gemacht wurdeb, verbleiben zu sollen. Der Kriegsminister stimmte für den ursprünglichen || S. 261 PDF || Antrag des Justizministeriums, weil er diese Begünstigung, wenn sie einmal der Baronin Langet gewährt werden soll, in keiner Weise verkümmert wissen möchte. Der Minister Graf Esterházy sprach sich für die Gewährung nach dem gegenwärtigen Vermittlungsantrage des Ritters v. Lasser ohne Beschränkung der Zeit aus. Dieser Abstimmung gemäß ergab sich die Majorität der Konferenz für den Antrag des Referenten mit der Modifikation des Ministers Dr. Hein9.

IV. Landesgesetz für Niederösterreich zur Entschädigung der Militäreinquartierung aus Landesmitteln

Der Staatsratspräsident referierte über das im niederösterreichischen Landtage beschlossene Landesgesetz zur Entschädigung der Militäreinquartierung aus Landesmitteln, welches vom Staatsminister in der beiliegenden Formulierungc zur Ah. Sanktion au. vorgelegt wurde10. Nachdem Referent den Inhalt dieses Gesetzentwurfes vorgelesen hat, bemerkte er, daß gegen denselben weder vom Kriegsministerium noch von sonst einer Seite Anstand erhoben wurde und daß auch der Staatsrat einhellig dem ministeriellen Antrage beigetreten sei.

Dem Ministerrate ergab sich hierwegen ebenfalls keine Erinnerung11.

V. Vorgangsweise betreffend die Pferde der auf österreichisches Gebiet geflüchteten polnischen Insurgenten

Über eine Anfrage des Truppenkommandanten FML. Baron Bamberg, ob er die Pferde, welche einigen bei Krakau erschienenen polnischen Insurgenten abgenommen wurden, verkaufen könne12, glaubte der Kriegsminister vor Erteilung einer Antwort diesfalls die Meinung des Ministers des Äußern bzw. des Ministerrates einholen zu sollen.

Graf v. Rechberg erinnerte, daß im Jahre 1830/31 den herüber gekommenen Insurgenten die Pferde belassen wurden, die sie dann selbst verkauften. Gegenwärtig müsse man aber in dieser Frage sehr vorsichtig vorgehen, und es scheine ihm am geratensten zu sein, diese abgenommenen Pferde vorderhand in Futter zu nehmen, um sie dann, wenn sie sich als ärarische (russische) Pferde erweisen sollten, gegen Rückerstattung der Erhaltungskosten an Rußland auszufolgen; oder es dürfte vielleicht der noch zweckmäßigere Weg eingeschlagen werden, daß man von diesen Pferden diejenigen, welche zum Kriegsdienst tauglich sind, assentiert, die untauglichen aber verkauft, jedoch mit der nötigen Vorsicht, daß sie nicht etwa wieder über die Grenze den Insurgenten zugeführt werden. Der Minister Dr. Hein und der Finanzminister waren für den sogleichen Verkauf, wofür schon der natürliche Grund spreche, daß die Fütterung diese Pferde teuer mache und der russischen Regierung auch besser gedient sein werde, wenn man die Pferde verkauft und ihr den einstweilen deponierten Erlös ausfolgt, sobald das Eigentum von Seite Rußlands nachgewiesen sein wird. Auch würde man sich bei der Assentierung und dem Verkauf der Untauglichen, da der Nachweis der mehr oder weniger Tauglichkeit immer sehr schwer sein dürfte, nur dem Vorwurfe aussetzen, daß man sich daraus nur Vorteile ziehen || S. 262 PDF || wollte. Der Minister des Äußern erwiderte, daß gegen den Verkauf politische Rücksichten sprechen, indem man ohnehin in großer Aufregung in Beziehung auf die Haltung Österreichs in der polnischen Frage lebt und diesen Anlaß sicher zu der Verdächtigung benützen würde, daß man diese Pferde für die Zwecke der Aufständischen verkauft habe. Der ungarische Hofkanzler bemerkte, daß man in den 30er Jahren, wo man doch damals mit Rußland weit besser als jetzt gestanden ist, weniger skrupulös war, indem den herüber gekommenen Insurgenten bloß die Waffen abgenommen, die Pferde aber belassen wurden. Inwiefern aber dermal in dieser Beziehung anders vorgegangen werden soll, getraue sich dieser Stimmführer kein maßgebendes Urteil zu, da ihm die Lage der Dinge nicht näher bekannt sei. Der Staatsminister und der Minister Ritter v. Lasser waren für die Einreihung der fraglichen Pferde und den sofortigen Verkauf der als untauglich befundenen, und wurde sich endlich in dem Beschlusse geeinigt, daß die in Rede stehenden Pferde (ca. 30 Stück) assentiert, rücksichtlich die untauglichen aber verkauft werden sollen, und sich wegen Durchführung dieser Maßregel der Minister des Äußern mit dem dStaats- undd Kriegsminister in das Einvernehmen zu setzen haben; für die Zukunft soll aber der Vorgang eingehalten werden, daß, einsoferne nicht die Pferde als russisches Ärarialgut erkennbar sind, aber vom österreichischen Militär als tauglich assentiert werden wollen (wo der Remontepreis nach Abzug der bis zur Abstellung auferlaufenen Fütterungskosten seinerzeit dem Eigentümer erfolgt werden wird), die Pferde in der Regel baldmöglichst verkauft und die Kaufschillinge den sich ausweisenden Eigentümern erfolgt oder bis auf weiteres deponiert werden sollen. Es werde der Staatsminister einverständlich mit [den] Ministern des Äußern und [des] Kriegese diesfalls die erforderlichen Weisungen an die Behörden zu erlassen haben13.

VI. Verordnung über den Fortbestand des Hofdekrets vom 6. Oktober 1853 betreffend die Ordensentziehungen

Der Staatsratspräsident referiert als Kanzler des Franz-Joseph-Ordens: Im Jahre 1835 sei die Frage entstanden, inwieferne Ordensverluste durch Vergehungen der Ordensritter eintreten, und es haben sich damals Se. Majestät vorzubehalten geruht, wenn Ordensritter eines Verbrechens oder einer schweren Polizeiübertretung schuldig erkannt oder diesfalls nur ab instantia absolviert14 werden sollten, von Fall zu Fall über die Belassung oder Entziehung der Ordensdekoration zu entscheiden15. Im Jahre 1852 habe das neue Strafgesetzbuch die Sache strenger [geregelt], indem der § 26 desselben bestimmt, daß mit jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens der Verlust aller in- und ausländischen Orden kraft des Gesetzes verbunden sei, daher es in Fällen dieser Art einer Ah. Entschließung weiter nicht bedarf. Bezüglich || S. 263 PDF || der anderen Fälle wurde in dem neuen Strafgesetzbuch nichts gesagt16. Als nun der sächsische Güterdirektor Georg v. Röpert, welcher den Franz-Joseph-Orden besaß, wegen der Verbrechen des Diebstahls, des Betruges usw. ab instantia losgesprochen wurde17, sei die Frage entstanden, inwiefern die Bestimmung der Ah. Entschließung vom 20. Juli 1835, wonach bei Urteilen dieser Art usw. über die Entziehung des Ordens von Fall zu Fall die Ah. Entscheidung einzuholen sei, neben dem neuen Strafgesetz bestehe oder nicht. Freiherr v. Lichtenfels habe als Kanzler des Franz-Joseph-Ordens keinen Anstand genommen, sich für die bejahende Meinung auszusprechen, und nachdem das von ihm hierwegen begrüßte Justizministerium sich mit dieser Ansicht einverstanden erklärte, wurde über seinen au. Vortrag mit Ah. Entschließung vom 4. November 1862 auch wirklich entschieden, daß dem Röpert die Ordensdekoration abzunehmen sei18. Als sich jedoch Referent in Vollziehung dieser Ah. Anordnung an das betreffende Landesgericht um Einsendung der Ordensdekoration wandte, zeigte es sich, daß dieselbe dem Röpert bereits ausgefolgt war, dieser aber sich in das Ausland begeben hat19. Anläßlich dieses Falles, welcher beweist, daß die Gerichtsbehörden die Vorschrift der Ah. Entschließung vom Jahre 1835 über die Zurückhaltung der Ordensdekoration bis zur Ah. Entscheidung über deren Entziehung oder Belassung nicht mehr befolgen, glaubte Referent, sich an das Justizministerium mit dem Ersuchen um Belehrung der Gerichtsbehörden über den Fortbestand der diesfälligen Bestimmung wenden zu müssen20. Dieses Ministerium erachte jedoch, diesem Ansinnen nicht willfahren zu können, weil es zweifelhaft sei, ob die Wirksamkeit der Ah. Entschließung von 1835 noch fortbestehe, eine authentische Interpretation hierüber nur im verfassungsmäßigen Wege erfließen könnte und es sich eigentlich nur um die Erkenntnisse auf Lossprechung ab instantia, was ohnehin mit der neuen Strafprozeßordnung entfallen werde21, [handle], und ratet darauf ein, daß vom Baron Lichtenfels als Kanzler der au. Antrag gestellt werde, sämtlichen Gerichten im Verordnungswege aufzutragen, von jeder gegen den Inhaber eines Ordens eingeleiteten strafgerichtlichen Untersuchung der bezüglichen Ordenskanzlei die Mitteilung zu machen, welche Ah. Anordnung dann hinreichen würde, um in vorkommenden Fällen im Wege des Justizministeriums die nötigen Maßnahmen nach den Grundsätzen der gedachten Ah. Entschließung einzuleiten22. Dieser Meinung könne aber Freiherr v. Lichtenfels nicht beitreten. Es sei wohl richtig, daß im Falle entstehender Konflikte eine authentische Erläuterung nur im Wege der Gesetzgebung erfließen könnte, allein, wie wolle sich das Justizministerium entschlagen, hierfalls eine feste Meinung zu fassen, als es erforderlich ist, den Behörden hierwegen || S. 264 PDF || die nötige Weisung zu geben, um das es sich hier handle. Den Ausweg des Justizministers könne also Referent nicht benützen, und würde der Sache nach die Vorschrift, von jeder strafgerichtlichen Untersuchung wider einen Ordensritter der Ordenskanzlei bei deren Einleitung Kenntnis zu geben, wirklich ein Novum und einerseits eine Last für die Gerichtsbehörden sein, andererseits aber, da sich die Ordenskanzlei immer von Fall zu Fall an das Justizministerium wegen Erwirkung der bezüglichen Verfügung wenden sollte, der Erfolg in jedem einzelnen Falle von der wechselnden Ansicht des Justizministeriums abhängig gemacht und daher keineswegs gesichert sein. Freiherr v. Lichtenfels würde daher glauben, daß es keinem Anstande unterliegen könnte, daß zur befriedigenden Regelung dieser Sache den Behörden aufgetragen werde, die Bestimmung der Ah. Entschließung vom Jahre 1835 zu befolgen, und es hätte seines Erachtens diese schriftliche Verordnung dahin zu lauten, daß die Gerichtsbehörde, nachdem durch die Bestimmung des § 26 [des] allgemeinen Strafgesetzbuches, wonach mit jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens der Verlust aller in- und ausländischen Ritterorden schon kraft des Gesetzes verbunden ist, die übrigen in dem Hofdekrete vom 6. Oktober 1835, Nr. 86 Justizgesetzsammlung, enthaltenen, die Entziehung der Ordensdekorationen im Disziplinarwege betreffenden Vorschriften nicht als aufgehoben angesehen werden können, sich in den darin bezeichneten Fällen noch fernerhin nach denselben zu benehmen haben.

Bei der Erörterung hierüber äußerte der Minister Dr. Hein , das Justizministerium habe sich mit der Hinausgabe der vom Freiherrn v. Lichtenfels vorgeschlagenen Vorschrift an die Gerichtsbehörden nicht einverstanden erklären können, weil dieses eine Art Justizgesetz rücksichtlich eine Gesetzeserläuterung wäre, zu deren Erlassung das Ministerium sich bei den gegenwärtigen Verfassungszuständen nicht für berechtigt halte, und er glaubte daher den Mittelweg vorschlagen zu sollen, daß in dieser Beziehung sich von dem Ordenskanzler unmittelbar bei Sr. Majestät als obersten Herrn aller österreichischen Orden eine Anordnung erbeten werde, wozu gewiß die Mitwirkung der übrigen Faktoren der Gesetzgebung nicht erforderlich ist. Nachdem Freiherr v. Lichtenfels hier darauf hinwies, daß das Justizministerium anfänglich mit seiner Ansicht – laut der verlesenen ersten Note23 – vollkommen einverstanden war und erst später, als im weiteren Verfolge der Sache das Ansinnen um eine diesbezügliche Belehrung der Gerichtsbehörden an dasselbe gestellt wurde, plötzlich eine andere Ansicht gewonnen zu haben scheine, bemerkte er weiter, daß er auf den gemachten Vermittlungsvorschlag umso weniger eingehen könne, als es ihm außer seinem Wirkungskreise zu liegen scheine, bei Sr. Majestät unmittelbar auf eine Vorschrift anzutragen, die für die Gerichtsbehörden maßgebend sein soll, und daß hierwegen, wenn es das Justizministerium ablehnt, eigentlich die Ministerkonferenz au. Vortrag erstatten müßte. Hierauf bemerkte Minister Ritter v. Lasser , daß nach dem Vorausgelassenen der Justizminister in bezug auf die Sache selbst mit dem Referenten nicht zu differieren scheine, sondern sich lediglich nur scheue, ein Justizgesetz hinauszugeben, womit ausdrücklich gesagt werden soll, was von dem zum Teile im bestehenden Strafgesetz und [in der] Strafprozeßordnung || S. 265 PDF || aufgenommenen Hofdekrete vom Jahre 1835 weiter fortbestehe oder nicht. Nun gehe aber die Absicht des Freiherrn v. Lichtenfels auch nicht dahin, daß eine förmliche Gesetzerläuterung erlassen, sondern vielmehr, daß die Gerichtsbehörden nur auf den Fortbestand der Bestimmungen des ofterwähnten Hofdekretes aufmerksam gemacht werden, und Votant würde daher glauben, daß diesem Zwecke am besten entsprochen werden könnte, wenn die vom Justizministerium hinauszugebende Verordnung etwa in folgender Art textiert würde: „Aus Anlaß eines vorgekommenen Falles findet man den Gerichtsbehörden in Erinnerung zu bringen, daß, um den Ordenskanzleien die Möglichkeit zu wahren, das ihnen nach den bestehenden Vorschriften zustehende Disziplinarverfahren wegen Ordensentziehung seinerzeit durchzuführenf, sie noch fortan nach der Anordnung des Hofdekretes vom 6. Oktober 1835 vorzugehen haben.“

Gegen diese Form ergab sich dem Minister Dr. Hein kein Bedenken und wurde auch von keiner anderen Seite eine Erinnerung dagegen gemacht24.

Der Minister des Äußern konnte die Bemerkung nicht unterdrücken, daß ihm die Bestimmung des Strafgesetzes, wonach mit jeder Verurteilung wegen eines Verbrechens auch der Verlust der ausländischen Orden verbunden ist, ein Eingriff in die Rechte des betreffenden Monarchen zu sein scheine, indem doch diesem allein die Entscheidung über die Entziehung des von ihm verliehenen Ordens zustehen sollte.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, am 14. März 1863. Empfangen 15. März 1863. Erzherzog Rainer.