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Nr. 241 Ministerrat, Wien, 26. Juni 1862 — Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Schurda; VS. Erzherzog Rainer; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 26. 6.), Rechberg, Mecséry, Nádasdy, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Lichtenfels, FML. Schmerling; außerdem anw. Halbhuber; abw. Degenfeld, Pratobevera, Esterházy, Forgách; BdR. Erzherzog Rainer 7. 7.

MRZ. 1045 – KZ. 1981 –

Protokoll I des zu Wien am 26. Juni 1862 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. kaiserlichen Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.

I. Revision des stabilen Grundsteuerkatasters

Der Finanzminister referierte über den der verfassungsmäßigen Behandlung zuzuführenden Gesetzentwurf über die Revision des stabilen Grundsteuerkatasters1. Nach einem einleitenden Vortrage, in welchem Edler v. Plener die jetzige Einbringung dieses Gesetzes motivierte und insbesondere hervorhob, daß die Revision des Steuerkatasters ein sowohl von der Bevölkerung als von der Staatsverwaltung empfundenes Bedürfnis sei, mithin die beschleunigte Einleitung derselben nicht bloß gerechtfertigt, sondern geboten erscheine, ja diese Vorlage auch ein Mittel sein soll, die Grundsteuererhöhung im Reichsrate durchbringlicher zu machen2, überging der Finanzminister zu dem Inhalte des Gesetzentwurfes und machte bemerklich, daß die darin angeordnete Revision vorderhand auf Grundlage des Patentes vom 23. Dezember 1817 3 nur die Beseitigung der größten Ungleichmäßigkeiten und Ungerechtigkeiten in der Steuerverteilung bezwecke, zugleich aber auch eine Erhöhung des Steuerertrages erwarten lasse und die Möglichkeit nicht ausschließe, daß infolge der dann der Gegenwart entsprechenden Steuergrundlagen eine Herabminderung des Steuerperzents eintreten kann. Im Staatsrate, fährt Referent fort, wurde gegen die im vorliegenden Entwurfe enthaltenen Grundsätze, nach welchen bei der gedachten Revision vorgegangen werden soll, im || S. 72 PDF || wesentlichen keine Bedenken erhoben, nur eine Hauptdifferenz bestehe, und zwar die, daß, während sich in dem Entwurfe (§ 2) darauf beschränkt wird, bei Berechnung des Naturalertrages und des Kulturaufwandes den Preisen des Jahres 1824 Durchschnittspreise der neueren Zeit zu substituieren4, nach dem Erachten des Staatsrates in dem Gesetze auch eine Revision der seit Einführung des stabilen Katasters vorgefallenen Änderungen der Kulturgattungen der Grundstücke ausdrücklich anzuordnen, rücksichtlich die diesfällige Bestimmung in dem Entwurfe als § 3 aufzunehmen wäre5. Mit dieser Ergänzung glaube sich aber der Finanzminister umsomehr vereinigen zu können, als er ja bei der gedachten Operation gerade die Aufnahme der Kultursänderungen im Sinne hatte und nur deshalb im Gesetze nicht viel davon zu sprechen erachtete, weil es im Sinne des alles zusammen umfassenden § 5 des Patentes, wo es heißt „nach den dermaligen Kulturgattungen“, liege. In Berücksichtigung aber, daß es allerdings zweckmäßig erscheint, dieses noch im fraglichen Gesetze umständlich auszudrücken, erkläre er sich mit der Aufnahme des vom Staatsrate formulierten neuen § 3 vollkommen einverstanden.

Nachdem dieser Antrag auch von der Konferenz angenommen war, wurde zur Beratung des Gesetzes geschritten, wobei der von dem Staatsrate redigierte und vom Freiherrn v. Halbhuber paragraphen­weise verlesene Gesetzentwurf zur Grundlage genommen wurdea .

Bezüglich der Aufschrift des Entwurfes war die Konferenz mit dem Antrage des Staatsrates einverstanden, daß darin zur größeren Deutlichkeit die Kronländer und Kronlandsteile, für welche das Gesetz zu gelten hat, speziell anzuführen seien, da es sonst, wie Freiherr v. Halbhuber erinnerte, bei der Textierung des ministeriellen Entwurfes scheinen könnte, daß das Gesetz für Krakau, welches kein eigenes Kronland ist, keine Wirksamkeit haben soll. § 1, welcher durch die staatsrätliche Redaktion nur die unerhebliche Änderung erlitt, daß statt der Worte „in verschiedenen Zeiträumen“ gesetzt wurde „durch die in verschiedenen Zeiträumen erfolgte Einführung usw.“ wurde in dieser Fassung einhellig angenommen. Bei § 2 erklärte sich die Konferenz für die Textierung des Staatsrates, welche sich von der ministeriellen nur durch die Verbesserung unterscheidet, daß statt des Ausdruckes „Produktenpreise“ gesagt wird „bezüglichen Durchschnittspreise“. Der Polizeiminister glaubte hier darauf hinweisen zu sollen, daß mit der bloßen Annahme der Durchschnittspreise aus der neueren Zeit kaum allen billigen, in den Verschiedenheiten der Marktpreise, der Arbeitslöhne etc. gegründeten Anforderungen genügt werden dürfte und daß bei dieser Maßregel, wenn nicht alle Faktoren zusammengenommen werden, die Steuerschuldigkeit einzelner Besitzer unendlich gesteigert würde. Freiherr v. Mecséry und mit ihm der Minister Ritter v. Lasser würden überhaupt wünschen, daß diese Maßregel mehr den Charakter der Ausgleichung und nicht den der Erhöhung der Steuer an sich tragen möchte.

|| S. 73 PDF || Hierüber vermeinte der Finanzminister , daß dieses Bedenken verschwindet, wenn man den Zweck der Katasterrevision ins Auge faßt, denn dieser ist eben der, eine gleichmäßige Grundlage zu gewinnen, sowie es eben seine Absicht sei, darauf zu dringen, daß bei der praktischen Durchführung dieser Maßregel stets vor allem das Hauptgewicht auf die Erzielung einer gleichmäßigen Steuerbehandlung gelegt werde. Der von dem Staatsrate in Gemäßheit seines vorbemerkten Antrages neu eingeschaltete § 3 wurde von der Konferenz gebilligt. Nur erachtete der Finanzminister, daß statt des darin vorkommenden Ausdruckes „in der Kulturgattung der einzelnen Grundparzellen“ zu sagen wäre „in den Kulturgattungen der Gründe“, weil seines Ermessens eine Revision der einzelnen Parzellen eine Arbeit von wenigstens zehn Jahren in Anspruch nehme, mithin der beabsichtigte Zweck der gegenwärtigen Maßregel nicht erreicht würde.

Gegen diese Modifikation ergab sich von keiner Seite eine Erinnerung.

§ 4 (3): Bezüglich dieses Paragraphes bemerkte der Finanzminister, daß er in seinem Entwurfe hinsichtlich der Mitwirkung der Vertretungen sich möglichst allgemein gehalten habe und ihm der vom Staatsrate abgeänderte Text der nämliche zu sein scheint, daher er keinen Anstand nehme, dieser Abänderung sich anzuschließen. Nach einer kurzen Erörterung der vom Minister Ritter v. Lasser angeregten Frage, ob hier nicht der Ausdruck „Bezirksvertretungen“ ganz wegzulassen wäre, wobei aber vom Finanzminister auf die sohinigeb Beibehaltung des Wortes „Bezirke“ ein besonderes Gewicht gelegt worden ist, wurde dieser Paragraph in der nachstehenden, vom Staatsratspräsidenten formulierten Textierung angenommen: „Bei dieser Revision haben die Gemeinden und Bezirke durch von ihnen zu wählende Ausschüsse mitzuwirken. Ebenso sind die Landesausschüsse einzuladen, sich bei den das Land betreffenden Verhandlungen durch Abgeordnete zu beteiligen.“

Bei den §§ 5, 6, 7, 8, 9 und 10, welche mit den des ministeriellen Entwurfes gleichlautend sind, ergab sich keine Erinnerung6.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Laxenburg, 6. Juli 1862. Empfangen 7. Juli 1862. Erzherzog Rainer.