Nr. 146a Instruktion für den Statthalter in Ungarn, o. O., o. D. [Wien, 2. November 1861] (Beilage zu: MRP-1-5-02-0-18611102-P-0146.xml) - Retrodigitalisat (PDF)
- Handschriftlicher Entwurf als Beilage 1 zum MRProt. v. 2. 11. 1861; die zwei im Ministerrat vorgenommenen Korrekturen, und zwar die Einfügung eines Paragraphen auf Antrag Forgáchs (§ 24) und die Streichung des letzten Paragraphen (vgl. Anm. a), sind auf dem Entwurf eingetragen.
MRZ. – KZ. –
§ 1. Der Statthalter ist der Vorstand der Statthalterei. Er leitet und überwacht die politische Verwaltung des Landes. Er übt überdies diejenige Amtswirksamkeit aus, die ihm persönlich als Statthalter anvertraut ist.
|| S. 486 PDF || § 2. Er besorgt die Geschäfte, welche ihm unmittelbar von Sr. k. k. apost. Majestät oder durch den ungarischen Hofkanzler oder von den Zentralstellen, deren Wirkungskreis gemäß den in dem Ah. Diplome vom 20. Oktober 1860 enthaltenen Bestimmungen auch auf das Königreich Ungarn sich erstreckt, zur persönlichen Behandlung zugewiesen werden.
§ 3. Der Statthalter kann nach seinem Ermessen in jeder Ratsversammlung der Statthalterei den Vorsitz führen, in alle Verhandlungen derselben Einsicht nehmen und diejenigen Verfügungen treffen, welche ihm geeignet erscheinen, um die ordnungsmäßige Besorgung der Statthaltereigeschäfte zu sichern.
§ 4. Wahrgenommenen Gebrechen in der Verwaltung des Landes wird der Statthalter nach seinem Wirkungskreise abhelfen oder zu deren Beseitigung sowie zur Einführung wünschenswerter Verbesserungen die nötigen Maßregeln höheren Orts beantragen.
§ 5. Der Statthalter sorgt für die vorschriftsmäßige Kundmachung der zur Verlautbarung für das ganze Land bestimmten Ah. Befehle und der Anordnungen der kompetenten (§ 2) Zentralstellen sowie für die Vollziehung derselben im Lande.
§ 6. Verfügungen, welche vom Statthalter innerhalb seines Wirkungskreises oder auf höhere Anordnung für das ganze Land erlassen werden, sind mit dessen Namensunterschrift auszufertigen und kundzumachen.
§ 7. Der Statthalter führt die oberste Leitung der Polizei im ganzen Königreiche. Er richtet seine Aufmerksamkeit unausgesetzt auf alles, was sich auf die Erhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Lande bezieht.
§ 8. Er hat rechtzeitig die geeignetsten Maßregeln zu ergreifen, um Störung derselben zu verhindern oder, falls solche dennoch erfolgt, sie wirksam zu unterdrücken, zu welchem Ende derselbe die Mitwirkung der dazu berufenen Behörden und nötigenfalls die Unterstützung der bewaffneten Macht in Anspruch zu nehmen hat.
§ 9. Auch wird der Statthalter von allen wichtigeren Wahrnehmungen und Vorfällen im Lande die einschlägigen höheren Behörden ungesäumt in Kenntnis setzen und selbe überhaupt in steter Übersicht der Zustände des Landes erhalten.
§ 10. Insbesondere wird dem Statthalter die oberste Leitung der Einrichtungen und Maßregeln übertragen, welche die Überwachung der Presse, der mit derselben zusammenhängenden Gewerbe- und Handelsunternehmungen, der Vereine, Theater, Schauspiele und des Paß- und Fremdenwesens betreffen. Ihm ist die Bewilligung von Vereinen, die nicht einer höheren Genehmigung bedürfen, vorbehalten.
§ 11. Zur Errichtung eines stehenden Theaters muß die höchste Bewilligung eingeholt werden.
§ 12. Die Verhandlung und Antragstellung wegen Verleihung von Adelsgraden, Orden, Titeln und Auszeichnungen ist dem Statthalter vorbehalten.
§ 13. Der Statthalter ist ermächtigt, für die durch Elementarereignisse beschädigten Bewohner des Königreiches im ganzen Umfange desselben Sammlungen einzuleiten.
§ 14. Der Statthalter legt die nach besonderen Weisungen zusammenzustellenden || S. 487 PDF || Jahresvoranschläge der im Geschäftskreise der Statthalterei begriffenen Geschäftszweige zur höheren Genehmigung vor.
§ 15. Für die Stellen der Vizepräsidenten und Statthaltereiräte erstattet der Statthalter den Besetzungsvorschlag an Se. k. k. apost. Majestät im Wege des königlich ungarischen Hofkanzlers.
§ 16. Ein Gleiches findet seine Anwendung bezüglich auf die Bestellung der Obergespäne, Administratoren oder sonstigen Amtsleiter in den Komitaten.
§ 17. Er ernennt bis auf weitere Bestimmungen den Bürgermeister und den Stadtrichter in der Landeshauptstadt Ofen-Pest.
§ 18. Der Statthalter ist ermächtigt, dem Vizepräsidenten der Statthalterei und den Obergespänen oder sonstigen Komitatsvorständen auf längstens sechs Wochen, den Statthaltereiräten auf längstens drei Monate und den übrigen Beamten und Dienern auf längstens sechs Monate Urlaub zu bewilligen.
§ 19. Dem Statthalter steht die Erteilung von Belohnungen und Aushilfen bis zum Betrage von 100 fl. an Beamte und von 50 fl. an Diener innerhalb des genehmigten Voranschlages zu. Bei Überschreitung dieses Maßes innerhalb einer Jahresfrist ist die höhere Bewilligung einzuholen.
§ 20. Der Statthalter kann Gehaltsvorschüsse von Besoldungen, die jährlich 1500 fl. nicht übersteigen, unter Beachtung der diesfälligen besonderen Vorschriften bewilligen.
§ 21. Der Statthalter überwacht das Benehmen und die Pflichterfüllung aller unterstehenden politischen Beamten und Diener. Ihm ist zuoberst im Lande die Ausübung der Disziplinargewalt auf Grundlage der bestehenden Vorschriften über dieselben anvertraut.
§ 22. Er ist berechtigt, gegen solche Beamte und Diener die Suspension und die Einleitung des Disziplinarverfahrens, welches den bestehenden Vorschriften gemäß abzuführen ist, zu verhängen; doch muß die Suspendierung eines von Sr. k. k. apost. Majestät oder von der Hofkanzlei ernannten Beamten sogleich höheren Orts angezeigt werden.
§ 23. Die Einflußnahme des Statthalters auf das technische Personale und auf die Buchhaltungsbehörden im Lande in betreff ihrer Besetzung, Disziplinarbehandlung und Geschäftsführung wird durch besondere Vorschriften bestimmt.
§ 24. Der Statthalter ist berechtigt, von den Organen sowohl der Justiz- als Finanzverwaltung in Ungarn Aufklärungen zu verlangen, und die gedachten Organe sind verpflichtet, diese und nötigenfalls die bezüglichen Akten unweigerlich zu erstatten und vorzulegen.
§ 25. Der Statthalter ist für die kräftige und zweckmäßige Führung der ihm übertragenen Geschäftsleitung und für die eifrige und entsprechende Ausübung der ihm anvertrauten Amtsgewalt sowie für alle Entscheidungen und Verfügungen, die von ihm ausgehen oder die er ausfertigen läßt, verantwortlicha .