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Nr. 104 Ministerrat, Wien, 8. August 1861 — Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 8. 8.), Mecséry, Schmerling, Degenfeld, Lasser, Plener, Wickenburg, Forgách, Esterházy, Kemény; abw. Pratobevera, Lichtenfels; BdR. Erzherzog Rainer 17. 8.

MRZ. 898 – KZ. 2590 –

Protokoll I des zu Wien am 8. August 1861 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Rechberg

I. Siebenbürgische Fiskaldirektorsstelle

Gegenstand der Beratung war der Vorschlag des Präsidenten der siebenbürgischen Hofkanzlei wegen Besetzung der Fiskaldirektorsstelle1. Nachdem mit Ah. Entschließung vom 31. März d. J. die Wiederherstellung der einheimischen Gerichtsbehörden, also auch der königlichen Gerichtstafel, in Siebenbürgen genehmigt worden ist2 und der Fiskaldirektor ein integrierendes Mitglied der letzteren ist, glaubte der Präsident der siebenbürgischen Hofkanzlei, die Reaktivierung dieses Postens und zu dessen Besetzung primo loco den ehemaligen || S. 268 PDF || Urbarialgerichtspräses Horváth, secundo loco Gál, tertio Koronkaa vorschlagen zu sollen.

Der Finanzminister fand, daß die Reaktivierung der Fiskaldirektorsstelle die Wirksamkeit der Finanzprokuratur beeinträchtigen würde, und legte Verwahrung dagegen ein, wenn dem Fiskaldirektor der Wirkungskreis des Fiskalprokurators zugedacht wäre. Wie bezüglich des ungrischen Causarum-Regalium-Direktors über seinen au. Antrag mit Ah. Entschließung entschieden worden, daß durch dessen Reaktivierung die Stellung und Wirksamkeit der Finanzprokuratur nicht beeinträchtigt werde3, so könnte er auch der Ernennung des Fiskaldirektors in Siebenbürgen nur gegen dem seine Zustimmung geben, daß in die Ah. Entschließung über den diesfälligen Vortrag der Beisatz aufgenommen werde, daß dessen Funktion sich bloß auf die Staatsanwaltschaft zu beschränken habe und die Stellung sowie der Wirkungskreis der Finanzprokuratur vollständig aufrechterhalten bleiben. Unter dieser Voraussetzung enthalte er sich auch einer weitern Äußerung über die in Vorschlag gebrachten Personen. Mit dieser Beschränkung waren alle übrigen Stimmen einverstanden. Noch weiter ging der Staatsminister , dem sodann die Minister Graf Degenfeld, Ritter v. Lasser und der Finanzminister beipflichteten, indem ersterer bemerkte, daß die Wiederherstellung der alten Gerichtsbehörden in Siebenbürgen nur aus der Rücksicht, weil ohne sie der Landtag nicht gebildet werden könnte, zwar bewilligt, jedoch gleichzeitig angeordnet wurde, daß sie bis zur Änderung im verfassungsmäßigen Wege nach den bisher geltenden Justizgesetzen Recht zu sprechen haben. Hiernach würde es sich bei der Ernennung des Fiskaldirektors lediglich um dessen politische Funktion auf dem künftigen Landtage handeln, aber weder um jene als Finanzprokurator noch selbst um jene als Oberstaatsanwalt, da letztere füglich besser einem mit den österreichischen Justizgesetzen vollkommen vertrauten Beisitzer der königlichen Tafel als dem kaum damit bekannten Urbarialgerichtpräses Horváth [übertragen werden sollte]. Selbst der Titel „Fiskaldirektor“ wurde vom Minister v. Lasser und vom Finanzminister als Contradictio in terminis beanständet, indem dieser I unktionär nach der obigen Einschränkung den Fiskus vor Gericht zu vertreten nicht berufen sein soll.

Freiherr v. Kemény nahm nun zwar den vom Finanzminister formuliert übergebenen Zusatz zum Resolutionsentwurf behufs der Einschaltung in denselben an, erklärte dagegen, auf der Belassung der Funktion eines Oberstaatsanwalts für den Fiskaldirektor sowie auf dem althergebrachten Titel desselben bestehen zu müssen, weil ihm jene Funktion verfassungsmäßig zukommt, [sie] gegenwärtig von niemandem versehen wird, auch dem primo loco gesetzten Horváth || S. 269 PDF || die Eignung dazu nicht abgesprochen werden dürfte und weil bei einer Änderung des Titels dessen verfassungsmäßige Teilnahme am Landtage vereitelt wäre4.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 17. August 1861. Empfangen 17. August 1861. Erzherzog Rainer.