MRP-1-4-02-0-18600508-P-0147.xml

|

Nr. 147 Ministerkonferenz, Wien, 8. Mai 1860 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 8. 5.), Thun 10. 5., Nádasdy 11. 5., Gołuchowski 11. 5., Thierry 11. 5., Plener 12. 5., FML. Schmerling 12. 5.

MRZ. – KZ. 1537 –

Protokoll der zu Wien am 8. Mai 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.

I. Militärbudget pro 1861

FML. Ritter v. Schmerling brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß es gelungen sei, das Militärbudget für 1861 in ordinario auf 83,534.519 fr. herabzumindern, vorausgesetzt, daß jene 20 Millionen Gulden, welche aus dem Verwaltungsjahre 1859 zur Ergänzung des durch den letzten Krieg in Abgang gekommenen Materials auf neue Festungsbauten etc. angewiesen worden sind, der Militärverwaltung unverkümmert belassen werden. Sollte im Jahre 1861 der außerordentliche Truppenstand im lombardisch-venezianischen Königreiche wie bisher beibehalten werden müssen, so würden noch weitere 12 Millionen Gulden erforderlich sein. Hiervon wird gleichzeitig die Anzeige an Se. Majestät und die Mitteilung an das Finanzministerium erstattet1.

Der mit der Leitung des letzteren beauftragte Reichsrat v. Plener bemerkte vorläufig, daß dieser Voranschlag weit über denjenigen hinausgehe, der von der Ah. angeordneten Budgetkommission mit circa 78 Millionen vereinbart worden ist2. Er behielt sich demnach vor, seine Gegenbemerkungen im Detail, worauf er augenblicklich nicht vorbereitet sei, im schriftlichen Wege an das Armeeober­kommando gelangen zu lassen3.

II. Mitteilung der Ah. Entschließung über die 111 Millionen Mehrausgabe des Nationalanlehens

Die Staatsschuldenkommission hat sich an das Finanzministerium um Mitteilung der Ah. Entschließung gewendet, womit dem vormaligen Finanzminister Freiherrn v. Bruck die schriftliche Ah. Bedeckung über die Mehrausgabe von 111 (bzw. 100) Millionen Nationalanleihensobligationen erteilt worden ist4. Da die Kommission dieses Aktes zur Überzeugung bedarf, daß Baron Bruck nicht eigenmächtig hierbei zu Werke gegangen, || S. 140 PDF || auch der Inhalt desselben sowohl den Kassen als den Buchhaltungen bekannt ist, so würde der mit der Leitung des Finanzministeriums beauftragte Reichsrat v. Plener kein Bedenken tragen, sich – unter Zustimmung der Konferenz – die Ah. Ermächtigung zur Mitteilung der höchstbelobten Ah. Entschließung zu erbitten.

Es wurde jedoch vom Justizminister darauf aufmerksam gemacht, daß die Berichte der Staatsschuldenkommission gedruckt werden, und daß es bedenklich wäre, den Inhalt dieser oder anderer Ah. Entschließungen, deren Mitteilung dann, wenn einmal eine zugestanden worden, nicht wohl verweigert werden könnte, der öffentlichen Kenntnis preiszugeben. Andererseits wurde vom Kultusminister bemerkt, daß eine unbedingte Verweigerung der Einsicht in ein den Bestand der Staatsschuld betreffendes Aktenstück nicht wohl zulässig erscheine gegenüber einer von Sr. Majestät zur Kontrolle des Staatsschuldenwesens eigens eingesetzten, Allerhöchstderselben unmittelbar unterstehenden Kommission. Man vereinigte sich sonach in dem Antrage, daß der Leiter des Finanzministeriums sich die Ah. Ermächtigung erbitte, der Kommission die Einsicht in die höchstbelobte Ah. Entschließung zu gewähren, jedoch deren weitere Veröffentlichung in dem für den Druck bestimmten Berichte auf vertraulichem Wege zu verhindern habe5.

III. Abtragung und Rekonstruierung des Stephansturmes

Bereits in der Konferenz vom 10. April 1860 sub I. ist die Notwendigkeit der Abtragung des Helms des Stephansturms dargestellt und dessen Rekonstruktion mit einem Aufwande von circa 3–500.000 f. in Antrag gebracht worden. Nach dem neuen, vom Kultusminister unterstützen Antrage des Kardinals Erzbischofs von Wien würde diese aus dem Staatsschatze zu beschaffende Bausumme auf fünf Jahre verteilt werden können, und nachdem von Sr. Majestät zur Restaurierung des Domes mit Ah. Entschließung v. 14. Juni 1857 auf fünf Jahre eine Unterstützung aus dem Ärar von jährlich 50.000 f. Ag. bewilligt worden ist6, so geht der Antrag dahin, dieselbe Unterstützung noch auf weitere fünf Jahre zu bewilligen, mit welchen Mitteln im Verein mit den Beiträgen des Magistrats und des demnächst ins Leben zu rufenden Dombauvereins7 die vollständige Restaurierung des ganzen Doms und Turms zu erwarten ist.

Der Leiter des Finanzministeriums sowie die übrigen Stimmen der Konferenz waren mit diesem Antrage einverstanden8.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, 17. Mai 1860.