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Nr. 84 Ministerkonferenz, Wien, 24. Dezember 1859 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Kaiser, BdE. und anw. (Rechberg 24. 12. 1859/12. 1. 1860), Thun 31. 12., Bruck 27. 12., Nádasdy 1. 1. 1860, Gołuchowski, Thierry, Schmerling.

MRZ. – KZ. 4403 –

Protokoll der zu Wien am 24. Dezember 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen von Rechberg.

I. Gesetz über Warenbörsen

Der Finanzminister referierte über die Modifikationen, welche zeuge des von Sr. Majestät ihm mitgeteilten Vortrags des Reichsratspräsidiums vom 15. Juli d.J. zu dem Entwurfe eines Gesetzes über Warenbörsen und Warensensale in Antrag gebracht wurden1. Nachdem seit der Erstattung dieses Vortrags das Handelsministerium aufgelöst und die den vorliegenden Gegenstand betreffende Partie desselben an das Finanzministerium übergegangen ist, so muß, bemerkte der Finanzminister, überall, wo im Entwurfe das erstere benannt wird, an dessen Stelle das letztere gesetzt werden, und es entfällt im § 3 der zweite Absatz, welcher das Einvernehmen zwischen dem Handels- und Finanzministerium wegen Vereinigung der Geld- und Warenbörse anordnet.a Im ganzen erklärte sich der Finanzminister mit den vom Reichsrate beantragten Modifikationen des Entwurfs einverstanden, nur in folgenden Punkten nicht:

Zum § 1, wo der 2. Absatz, welcher Käufe und Verkäufe von Münzsorten und Wechseln zuläßt, dahin abgeändert werden will, daß Münzsorten und Wechsel nur als Zahlungsmittel für Waren bedungen werden können. Der Finanzminister hielt es jedoch für ein Bedürfnis des Geldmarktes, daß wenigstens an Orten, wo keine Geldbörse besteht, derlei Geschäfte auch auf der Warenbörse vermittelt werden dürfen, und würde daher die Fassung des 2. Absatzes § 1 in folgender Art formulieren: „An Orten, wo keine Geldbörse besteht, können auf Warenbörsen auch Käufe und Verkäufe von Münzen und Wechseln gemacht oder als Zahlungsmittel etc.“ weiter wie im reichsrätlichen Zusatze. Die Konferenz war mit diesem Antrage einverstanden. (Der Minister des Inneren war noch nicht anwesend.)

|| S. 330 PDF || Zu § 15 wird vom Reichsrat zwischen Sensalen an einer Warenbörse und Sensalen an einer Geld- und Warenbörse ein Unterschied gemacht und die Bestätigung der erstern der politischen Landesstelle, jene der letzteren dem Ministerium vorbehalten. Der Finanzminister fände kein hinlängliches Motiv zu dieser Unterscheidung, denn die Warensensale haben die nämliche Stellung wie die Geldbörsesensale, sie sind wie diese beeidet und ihre Funktionen sind nicht minder wichtig als die der anderen. Er wäre daher für die Weglassung des diesfalls vom Reichsrate eingeschalteten Zusatzes.

Die Konferenz trat hierin der Ansicht des Finanzministers bei. Dagegen hielt es der Polizeiminister für sehr wünschenswert, daß die Bestätigung der Sensale für eine Waren- und Geldbörse im Einvernehmen mit dem Polizeiministerium erfolge, damit nicht politisch bedenkliche Personen dazu bestimmt werden. Denn offenbar stehen dem Ministerium umfassendere Notizen über das Verhalten eines Individuums zu Gebote als der politischen Landesstelle, und wenn sich mit den Auskünften der letzteren allein begnügt werden wollte, so könnte auch ihr allein die Bestätigung der Geldbörsesensale ebensogut als jene der Warensensale überlassen und brauchte wohl nicht dem Finanzministerium vorbehalten zu werden. Allein, der Finanzminister ging auf diesen Antrag nicht ein, weil das Einvernehmen mit dem Polizeiministerium unnötige Weitläufigkeiten und Schreibereien veranlassen würde, früher niemals stattgefunden hat und der Vorschlag der Handelskammer ohnehin durch die Landesstelle ans Finanzministerium gelangt, mithin die politische Unbedenklichkeit des Individuums schon von der erstern konstatiert werden muß. Zur Würdigung der finanziellen Kapazität des Vorgeschlagenen aber ist wohl nur das Finanzministerium berufen, daher diesem und nicht der Landesstelle das Bestätigungsrecht für alle Sensale vorbehalten. Alle übrigen Stimmen der Konferenz traten sonach der Ansicht des Finanzministers bei, der Minister des Inneren in der Voraussetzung, daß die Landesstelle vor ihrem Vorschlage nicht unterlassen werde, die Polizeibehörde über die Conduite der Kandidaten zu vernehmen.

Zu § 35 hielt der Finanzminister für notwendig, die dem ursprünglichen Antrage näher kommende Bestimmung einzuschalten, daß der Schlußzettel an Orten, wo keine Börse besteht, den Parteien ohne Verzug zugestellt werde, wogegen nichts zu erinnern war.

Ebenso wenig wurde gegen dessen weitere Anträge etwas eingewendet: zum § 55 mit Rücksicht auf den Ausfall des § 46 die Berufung des letztern zu streichen und den § 55 mit den Worten beginnen zu lassen „Unbefugte, sogenannte Winkelsensale etc.“, dann zu § 58 konsequent mit der zu § 15 angenommenen Bestätigung aller Sensale durch das Finanzministerium diesen letzteren auch das Erkenntnis über deren Amtsentsetzung vorzubehalten, demnach die Worte im reichsrätlichen Zusatze „insofern es sich etc.“ bis „handelt“ wegzulassen2.

II. Verjährung der Zinsen der öffentlichen Obligationen

Unterm 29. September 1859 hat der Finanzminister bei Sr. Majestät den Antrag gemacht, die Verjährungsfrist für Zinsen von allen öffentlichen Schuldverschreibungen vom Tage der Ah. Entschließung an von 30 auf sechs Jahre herabzusetzen3. Der Reichsrat war laut seines an Se. Majestät erstatteten, von Allerhöchstderselben dem Finanzminister mitgeteilten Gutachtens vom 9. d. M. im Prinzip zwar nicht gegen jenen Antrag, hielt jedoch den gegenwärtigen Moment der finanziellen Krise nicht für geeignet, den Rechten der Gläubiger irgend eine neue, nicht absolut notwendige Beschränkung aufzulegen4.

In der Konferenz teilten der Polizeiminister und der Ministerpräsident die Bedenken des Reichsrats gegen die Opportunität der Maßregel; die übrigen, also mehreren Stimmen vereinigten sich mit dem Antrage des Finanzministers beziehungsweise mit der zweiten Alternative des reichsrätlichen Resolutionsentwurfs, weil, wie der Finanzminister bemerkte, diese Maßregel, gegen welche anerkanntermaßen ein rechtliches Bedenken nicht besteht, wesentlich zur Vereinfachung der Evidenzhaltung des Staatsschuldenwesens dient und sich in dieser Beziehung als ein Corollarium des Ah. Patents vom 23. Dezember 1859 über die Neugestaltung und Kontrolle des Staatsschuldenwesens darstellt5. Sie kann übrigens, setzte der Minister des Inneren hinzu, durch erläuternde offiziöse Zeitungsartikel vorbereitet oder begleitet werden, für welchen Fall der Polizeiminister die Mitwirkung des Finanzministers in Anspruch nehmen würde6.

III. Präses und Mitglieder der Staatsschuldenkontrollkommission

Mit Beziehung auf § 9 des Ah. Patents vom 23. Dezember 1859 über die Regelung des Staatsschuldenwesens machte der Finanzminister den Antrag, Sr. Majestät den Personalvorschlag für die Stellen des Präsidenten und der zwei Mitglieder aus der Klasse der Kapitalisten und Grundbesitzer zu erstatten.

Wie schon in der Konferenz vom 8. November 1859 7 erklärte sich auch anheute die Konferenz für die Wahl des Barons Rothschild aus der Klasse der Kapitalisten; aus der Klasse der Grundbesitzer entschied sich die Konferenz unter mehreren namhaft gemachten Persönlichkeiten für Marquis Pallavicini als Mitglied und für den Fürsten Colloredo als Präsidenten. Alle drei werden sonach einstimmig, und zwar vorderhand für das Jahr 1860 Sr. Majestät au. in Antrag gebracht8.

IV. Koordinierung des Munkácser griechisch-katholischen Kapitels

Der Kultusminister referierte über die zeuge seines Vortrags vom 7. Dezember 1859 zwischen ihm und dem Finanzminister obwaltende Differenz bezüglich der Koordinierung des Munkácser griechisch-katholischen Domkapitels9. Es handelt sich nämlich um die billigerweise nicht abzulehnende Gleichstellung der Genüsse der Kapitularen || S. 332 PDF || in Munkács mit jenen der zu Szamos-Újvár, Lugos, Eperies und Großwardein; es würde dies einen Mehraufwand vom jährlich 1940 fr. erfordern, der aus dem ungrischen Religionsfonds zu bestreiten wäre, welcher dazu berufen und fähig ist.

Der Finanzminister verharrte zwar auch heute bei seiner im Korrespondenzwege abgegebenen Meinung, daß wegen der günstigeren Lokalverhältnisse, in denen sich die Munkácser Kapitularen gegenüber den anderen befinden, die beantragte Dotationserhöhung nicht oder wenigstens nicht in einem Maße stattfinden solle, welche die demselben mit Ah. Entschließung vom 13. November 1852 bewilligten Beiträge überschritte10. Die übrigen Votanten vereinigten sich jedoch mit dem Antrage des Kultusministers, vornehmlich aus der von ihm hervorgehobenen Rücksicht, daß sonst das genannte Kapitel in Ungern und Siebenbürgen das einzige wäre, bei dem eine Verbesserung der Dotation nicht stattfände11.

V. Umtriebe des Translators Radlinský

Der Minister für Kultus und Unterricht brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß der in Ofen als Übersetzer des Landesgesetzblatts angestellte Radlinský in einer slowakischen Zeitschrift einen Aufruf an die Dekanate habe ergehen lassen, daß sie ihn zur Verfassung und Überreichung einer die Sprachenangelegenheit betreffenden Petition bevollmächtigen mögen12. Nachdem ein solcher Vorgang an und für sich unzulässig und gegenwärtig umso mehr zu bedauern ist, als er geeignet erscheint, die unter den Evangelischen slowakischer Nationalität herrschende Einigkeit in bezug auf das Ah. Patent vom 1. September 1859 zu stören13, behielt sich der Minister vor, im Einvernehmen mit den Ministern des Inneren und der Polizei die hierwegen erforderlichen Maßregeln einzuleiten.

VI. Kaiserliche Verordnung über Bestellung der Notare als Gerichtskommissäre (1. Beratung)

Der Justizminister referierte seinen Vortrag vom 22. Dezember 1859 und den hiernach ausgearbeiteten beiliegenden Entwurfb einer kaiserlichen Verordnung wegen Bestellung der Notare zu Gerichtskommissären, dann wegen Festsetzung der Zahl und Amtssitze derselben14.

Bedenken erhoben gegen denselben der Kultus- und der Minister des Inneren. Der Kultusminister , welcher gegen den Bestand der Notare in Städten nichts einzuwenden hat, erklärte sich gegen jede Maßregel, die geeignet ist, die Zahl und Ingerenz derselben || S. 333 PDF || auf dem flachen Lande zu vermehren. Die Stellung des Notars, dessen Einkommen von der Zahl seiner Klienten abhängt, bringt es mit sich, daß er suchen muß, so viele Geschäfte zu machen als möglich. Sein Bestreben geht daher dahin, die Bevölkerung in Rechtsgeschäfte zu verwickeln, in denen sie sich seines Beistands bedienen muß. Auf solche Art kommen die Geschäfte des Landmanns in Hände, die kein Interesse daran haben, sie so einfach als möglich zu schlichten. Es liegt im Gegenteil im Interesse des Notars, sie noch mehr zu verwickeln, um mehr dabei zu verdienen. Solchergestalt leidet also die Landbevölkerung durch ein Institut, das in ihrem Interesse durch ein anderes ersetzt werden sollte, welches, aus Organen der Bevölkerung selbst gebildet, sich ihrer Angelegenheiten uneigennützig anzunehmen und die Notare vom flachen Lande zu verdrängen geeignet wäre. Auch der Minister des Inneren bezweifelte, daß das Institut der Notare cmit dem Wirkungskreise, den es jetzt einnimmt,b im Volke beliebt sei. Wenigstens sind ihm mehrfache Klagen darüber vorgekommen, dzumal dieses Institut noch so mancher Verbesserung erheischtc . Aber auch aus einem anderen Gesichtspunkte erscheint ihm der Verordnungsentwurf bedenklich. Zweck des Instituts der Notare war ursprünglich, der Bevölkerung damit zu nützen, die sich in ihren Geschäften des Beistands der Notare bedienen solle. Werden sie aber mit den im § 1 des Entwurfs aufgeführten Geschäften betraut, so werden sie in der Tat exponierte Gerichtsbeamte, die oft wochenlange von ihrem Amtssitze abwesend bleiben und so viele Staatsgeschäfte besorgen müssen, daß ihnen für Parteigeschäfte keine Zeit mehr bleibt. Sie können also der ursprünglichen Absicht ihrer Einsetzung nicht mehr entsprechen. Man will zwar dem durch Vermehrung ihrer Zahl abhelfen, allein, jetzt schon ist es schwer geworden, die bestimmte Anzahl der Notare in manchen Kronländern zu erreichen; wie soll es gelingen, dieselbe zu verdoppeln?

Der Justizminister entgegnete, daß ihm über das Institut der Notare nicht von Parteien, sondern nur von Beamten Klagen vorgekommen sind, die jedoch keineswegs mit öffentlichen Rücksichten, sondern lediglich in dem verletzten Privatinteresse der Beamten begründet waren. Die Zulässigkeit der Übertragung der im § 1 des Entwurfs benannten Geschäfte an die Notare unterliegt wohl keinem Zweifel, so wenig als die Zweckmäßigkeit derselben, wenn man auf die in der beiliegenden Übersicht aufgeführten Zahlen blickt und erwägt, welche Geschäftserleichterung, also Beamten- und Kostenverminderung bei den lf. Gerichten damit verbunden sein wird15. Der Einwendung, daß mit Übernahme dieser Geschäfte die Notare so häufig von ihrem Amtssitze entfernt sein werden, kann entgegengesetzt werden, daß es besser ist, der Notar ist abwesend, als der Gerichtsbeamte. Und was die Schwierigkeit anbelangt, hinlänglich Kandidaten für die beabsichtigte und notwendige Mehrzahl der Notare zu finden, so wird sich dieselbe durch die in Aussicht stehende Disponibilität so vieler Beamten und den bei vermehrten Notariatsgeschäften erhöhten Verdienst wohl beheben.

|| S. 334 PDF || Es erklärten sich die übrigen Votanten der Konferenz für den Antrag des Justizministers, welcher sich vorbehielt, eine Andeutung des Polizeiministers wegen Einführung des sogenannten Enregistrements, wie es bei den Notaren in Frankreich und Belgien besteht, in nähere Erwägung zu ziehen, nachdem eine ähnliche Einrichtung in dem jedoch später wieder aufgehobenen Notariatszwange auch bei uns bestanden hat16.

VII. Ankauf der halben „Presse“

Der Finanzminister referierte über eine Proposition des Direktors der Credit-Anstalt, Miteigentümers der „Presse“, Richter, wegen Ankaufs der zweiten Hälfte dieses Journals, welche dem dermaligen Eigentümer Zang um 300.000 fr. feil wäre. Wollte die Regierung sie kaufen, so stünde ihr damit ein großes Journal zu Gebote; wenn nicht, wäre Richter bereit, auch die andere Hälfte zu akquirieren, wenn ihm die bereits erteilten zwei Verwarnungen nachgesehen würden.

Der Ministerpräsident und der Polizeiminister erklärten sich entschieden gegen den Ankauf durch die Regierung sowie gegen die verlangte Nachsicht der zwei Verwarnungen, weil erstere zu der Vermutung Anlaß gäbe, die Regierung getraue sich nicht, gegen Zang mit der Suspension des Blatts vorzugehen, wenn er sich eines dritten Vergehens schuldig macht. Der Kauf wäre also gewissermaßen eine Prämie für Preßvergehen, die andere Journalisten zu gleichem Vorgehen ermuntern würde. Statt eines würden zehn Zangs erstehen. Was die von Richter für den Fall der Akquisition des ganzen Blatts durch ihn selbst gebetene Nachsicht der Verwarnungen betrifft, so wäre es seine Sache, sich derselben durch anstandslose Führung der Redaktion teilhaftig zu machen. Der Polizeiminister insbesondere könnte nur dann sich dazu verstehen, wenn ihm die Exklusive in Ansehung des Redaktions- und Mitarbeiterpersonals zugestanden würde. Zwar schien es dem Kultusminister ein Gewinn zu sein, wenn die „Presse“ in bessere Hände käme, und es wäre billig, die Verwarnungen fallen zu lassen, sobald die Redaktion geändert, also eigentlich ein neues Journal geschaffen wird. Allein, nach der Bemerkung des Ministers des Inneren bedarf ein Journalist, dem an der guten Sache und an seiner Selbsterhaltung gelegen ist, keiner Gnade, da die Verwarnungen nach zweijähriger guter Führung verjähren. Es traten sonach alle übrigen Stimmen der Ansicht des Ministerpräsidenten bei17.

VIII. Etappengelder im Venezianischen betreffend

FML. Ritter v. Schmerling erstattete die in der Konferenz vom 20. d.M.18 über die Etappengelder im Venezianischen abgeheischte aktenmäßige Auskunft mit folgendem19.

Über einen Bericht des Armeeoberkommandos vom 7. Juni 1859, womit das Einschreiten des Armeegeneralkommandos der 2. Armee um Bewilligung der Etappenverpflegung der operierenden Armee dem Ah. Armeeoberkommando in Verona unterbreitet wurde, erstattete der Erste Generaladjutant Sr. Majestät au. Vortrag, und es erfolgte mit Ah. Entschließung vom 18. Juni die Gewährung der Etappenbezüge in Geld, welche || S. 335 PDF || sich monatlich auf ungefähr 1,200.000 fr. beliefen und welche nach Inhalt der vorzitierten Ah. Resolution auf den lombardisch-venezianischen Landesfonds umgelegt wurden. Unterm 22. Juni wurde von der Zentralkanzlei Sr. Majestät den Ministern des Inneren und der Finanzen von der gedachten Ah. Entschließung Mitteilung gemacht. Der Statthalter von Venedig wurde vom Generalgouverneurstellvertreter GdK. Graf Wallmoden am 30. Juni beauftragt, die Etappenquote von 1,200.000 fr. unverweilt einzuheben und den Militärkassen zur Verfügung zu stellen. Der Minister des Inneren (17. Juli) und der Finanzminister (20. Juli) remonstrierten auf das heftigste gegen die dadurch verursachte Bedrückung der venezianischen Gemeinden und verlangten sogleiche Einstellung der Etappenbezüge und Rückstellung des noch vorhandenen Geldes an den venezianischen Statthalter zur Rückerstattung an die Kontribuenten. Die Einstellung der Etappengebühr erfolgte am 21. Juli, und wurden davon die beiden Minister verständigt. Mit Zuschrift vom 25. Juli wurde FML. Baron Hess angegangen, die Armeebedürfnisse, wie es im Frieden zu geschehen hat, beizuschaffen und die Liquidation der erfolgten Leistungen im Einvernehmen mit den Landesbehörden anzubahnen, und der Minister des Inneren davon am 29. Juli in die Kenntnis gesetzt. Der Statthalter von Venedig hat dem Minister des Inneren die den venezianischen Provinzen auferlegten unerschwinglichen Lasten geschildert und um eine augenblickliche Aushilfe für die erschöpften Gemeinden gebeten. Baron Bach verlangte unter Darstellung des Sachverhalts mit Note vom 19. Juli von Baron Bruck einen Vorschuß von einer Million aus dem Staatsschatze für die venezianischen Gemeinden, und Baron Bruck ersuchte mit Note vom 20. Juli den Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät um die Verfügung, daß aus den eingehobenen Etappengeldern dem Statthalter von Venedig die beanspruchten Summen zur Unterstützung der Gemeinden ausgehändigt werden. Laut telegraphischer Meldung des Kommandanten der 2. Armee betrugen die eingehobenen und in die Veroneser Kriegskasse geflossenen Etappengelder im ganzen 621.711 fr. 60 ½ Kreuzer. Die Zentralkanzlei hat mit Zuschrift vom 22. August die Austragung dieses Gegenstandes dem Armeeoberkommando überlassen und den Minister des Inneren hievon in Kenntnis gesetzt. In der Note vom 29. August machte das Armeeoberkommando dem Finanzminister die aufklärende Mitteilung, daß die ein Monat angedauerte, auf die Ah. Entschließung vom 18. Juni basierte Verabfolgung der Etappengebühren aus der gewöhnlichen Militärdotation bestritten worden und unbedeckt geblieben sei. Mit Hinblick auf diesen Umstand und darauf, daß nur 621.711 fr. von den Gemeinden eingehoben und in die Kriegskassen eingezahlt wurden, sei nicht nur kein Überschuß vorhanden, sondern es sei der Rest des Monatsbedarfs von 1,200.000 fr. der Militärdotation entzogen worden. Die Militärverwaltung könne daher zur Unterstützung der venezianischen Gemeinden nicht ins Mitleiden gezogen werden, und es möge der Finanzminister mit jenem des Inneren diesfalls die nötigen Vereinbarungen treffen. Die infolge Konferenzbeschlusses vom 20. d. [M.] über die eingezahlten Summen abverlangte Auskunft lautet (zufolge Telegramm vom 23. Dezember) dahin, daß die in jener Konferenz zur Sprache gebrachten Geldsummen in die Militärkassen zur Bestreitung der Etappengebühren allerdings eingeflossen und als solche evident gehalten seien. Ob und welche Barsumme noch derzeit von jenen Geldern in den Militärkassen erliege, darüber ist die Auskunft noch ausständig; das Armeeoberkommando muß sich aber wiederholt und auf das bestimmteste gegen jede Rückvergütung irgend eines Barbetrages an den Landesfonds verwahren, weil die || S. 336 PDF || für Bestreitung der Etappengebühren aus der Militärdotation verausgabten, von der Finanzverwaltung unbedeckt gebliebenen Summen jene weit überschreiten, welche den Militärkassen aus dem Landesfonds zugeflossen sind.

Der Minister des Inneren fand sich hierdurch nicht bestimmt, von dem ursprünglichen Antrage abzugehen. Aus dem Inhalte der Ah. Entschließung vom 18. Juni 1859 geht nämlich hervor, daß die Bestreitung der fraglichen Etappengelder dem Lande nicht in Art einer Strafkontribution auferlegt, sondern daß sie vorläufig, und zwar auf das ganze Königreich, auf den lombardisch-venezianischen Landesfonds umgelegt werden sollte. Hieraus und aus der Natur der Etappengebühren überhaupt, welche eine außerordentliche Zulage für eine in der Regel in Feindesland operierende Armee ist, ergibt sich, daß die fraglichen Etappengelder, die ausnahmsweise der Armee im Inneren bewilligt wurden, nicht der Provinz, wo sich die Armee eben befand, und am allerwenigsten den venezianischen Provinzen allein aufgelastet werden können, nachdem deren einstweilige Umlegung auf den lombardisch-venezianischen Landesfonds ausdrücklich angeordnet worden ist. Sie sind vielmehr als eine Last des Gesamtstaates anzusehen und daher aus dem Staatsschatze zu bestreiten. Es ist bereits früher dargestellt worden, welche Lasten die venezianischen Provinzen haben übernehmen müssen und wie sehr sie einer Erleichterung und Unterstützung bedürfen. Die Unmöglichkeit einer weiteren Aufteilung hat bereits mehre Mitglieder der Zentralkongregation bewogen, ihre Entlassung zu nehmen und eben liegt wieder ein Bericht des Statthalters vor, wornach eine weitere Demission bevorsteht; es wäre aus politischen Rücksichten bedenklich, diese ganze Korporation ihrer Auflösung entgegengehen zu lassen. Der Minister des Inneren beharrte daher bei seiner Ansicht auf Enthebung der venezianischen Provinzen von dieser ihnen gänzlich unerschwinglichen Last.

Im wesentlichen erkannte die Majorität der Konferenz auch die Richtigkeit des oben berührten Grundsatzes über die Etappengelder an. Allein, der Finanzminister machte geltend, daß, nachdem die Bedürfnisse der Armee für den Kriegsfuß aus dem Staatsschatze bedeckt waren, die außerordentliche Überschreitung derselben durch ausnahmsweise Bewilligung der Etappengelder ihm nicht auch noch zur Last fallen könne. Der Krieg sei um des Landes willen und für dasselbe geführt worden, zu seinen Lasten hätten die übrigen Kronländer nicht weniger als das Venezianische beigetragen und sie nicht weniger darunter gelitten, ja es sei ihnen, da die Eisenbahnen über drei Monate ausschließend für das Militär in Anspruch genommen waren, aller Geschäftsverkehr abgeschnitten gewesen und Handel und Wandel ins Stocken gekommen, während der Bevölkerung der venezianischen Provinzen wenigstens der Vorteil zugegangen sei, der aus dem Unterhalt einer großen, ihre Bedürfnisse bar zahlenden Armee notwendigerweise erwächst. Das Land sei weder verarmt, noch jener Schonung wert und bedürftig, deren man leider mit so wenig Erfolg die italienischen Kronländer von jeher in allen Beziehungen hat teilhaftig werden lassen. Die Demission einiger Zentral- oder Provinzialkongregationsdeputierten sei eine politische Demonstration, die sich, wenn nicht unter diesem, auch unter einem anderen Vorwande würde geltend gemacht haben. eDem venezianischen Gebiete gehe dadurch die größte Wohltat zu, daß die Silberwährung aufrecht erhalten werde, während die anderen Kronländer für lange Zeit den empfindlichsten Verlusten durch das Silberagio ausgesetzt seien.d Dem venezianischen Gebiete gehe dadurch die größte Wohltat zu, daß die Silberwährung || S. 337 PDF || aufrecht erhalten werde, während die anderen Kronländer für lange Zeit den empfindlichsten Verlusten durch das Silberagio ausgesetzt seien. Der Finanzminister verwahrte sich daher gegen die Übernahme jener Summe auf den Staatsschatz.

Unter diesen Umständen schlug der tg. gefertigte Ministerpräsident vor, die für die Etappe eingezahlte Summe durch ein Anleihen, welches von den venezianischen Provinzen aufzunehmen wäre, zu decken, womit schließlich die Mehrheit der Konferenz einverstanden war20.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis fund sehe den Anträgen und der unter VIII. besprochenen Angelegenheit baldigst entgegene . Franz Joseph. Wien, den 16. Jänner 1860.