MRP-1-3-07-0-18590426-P-0506.xml

|

Nr. 506 Ministerkonferenz, Wien, 26. April 1859 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 26. 4.), gesehen Bach 27. 4., gesehen Thun 27. 4., Toggenburg, Bruck 28. 4., gesehen Kempen 28. 4., Nádasdy 28. 4.; abw. Kellner.

MRZ. – KZ. 1472 –

Protokoll der zu Wien am 26. April 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Kompetenzstreit in betreff der von der Gemeinde Deutschbrod für das dortige Gymnasium an das Stift Seelau zu leistenden Zahlung

Der Justizminister referierte über die zeuge seines Vortrags vom 9. April 1859 zwischen ihm und dem Obersten Gerichtshofe einer-, dann dem Minister für Kultus und Unterricht andererseits obwaltende Meinungsdifferenz über die Frage, ob die Austragung des Streites zwischen der Stadtgemeinde beziehungsweise der brauberechtigten Bürgerschaft zu Deutschbrod und dem Stifte Seelau punkto Zahlung jährlicher 1184 fr. Wiener Währung zur richterlichen oder administrativen Kompetenz gehöre1. Jene hat sich nämlich durch Revers vom 22. Juni 1814 verpflichtet, dem städtischen Gymnasialfonds (beziehungsweise dem Stifte Seelau, welches dieses Gymnasium versieht) den durch das Finanzpatent vom 20. Februar 1811 2 erlittenen Zinsenabgang jährlicher 1184 fr. Wiener Währung, insolange kein anderer Fonds dazu ermittelt würde, zu ersetzen. Nachdem jener Abgang seither durch Verlosung mehrerer dem Fonds gehöriger Obligationen mehr als ersetzt worden ist, so verweigerte die Bürgerschaft die fernere Leistung jener Zahlung und verlangte, nachdem im administrativen Wege das Stift Seelau im Bezuge jenes Beitrags geschützt worden war, im Rechtswege die Enthebung davon. Das Kreisgericht in Kuttenberg, wo die Klage anhängig gemacht ward, erklärte sich für inkompetent; als jedoch die Sache im Instanzenzuge an den Obersten Gerichtshof gelangte, beschloß dieser, der Austragung der Sache im Zivilrechtswege Folge zu geben. Gegen diesen Beschluß tat der Minister für Kultus und Unterricht Einsprache und hält dieselbe im vorliegenden schriftlichen Votuma auch gegen die Ansicht des Justizministers aufrecht, weil es sich in dieser Angelegenheit nicht bloß um das Stift und die Renten der Stadt, sondern um beine auf administrativem Wege zustande gebrachte Sicherung öffentlicher Interessenb, nämlich um die Leistung für den Bestand einer öffentlichen Lehranstalt handelt, Angelegenheiten dieser Art aber vor das Forum der administrativen Behörden gehören. Der Justizminister war dagegen mit dem Obersten Gerichtshofe || S. 306 PDF || einverstanden, indem die Zahlungsverbindlichkeit nicht auf einem Gesetze, sondern lediglich auf dem obgedachten Reverse, also auf einer Privatrechtsurkunde beruht, mithin die Entscheidung über den bedingnisweisen Fortbestand oder die Erlöschung jener Verbindlichkeit nur dem Zivilrichter zustehen kann, nicht aber der administrativen Behörde, welche als Vertreterin des Gymnasialfonds sonst Richter in eigener Sache wäre und von welcher durch die Verweisung der Beschwerde auf den kompetenten Weg die Zuständigkeit der Gerichte selbst anerkannt worden sein dürfte.

Aber auch der Kultus- und Unterrichtsminister beharrte laut seines beiliegenden schriftlichen Votums umso mehr auf seiner Ansicht über die Kompetenz der Administrativbehörde, als eben infolge der Intervention dieser letzteren von der Bürgerschaft die fragliche Verpflichtung übernommen worden ist, um in ihrem Interesse die Belassung des Gymnasiums in Deutschbrod zu bewirken, das sonst nach Czaslau wäre übertragen worden.

Der Minister des Inneren trat der Ansicht des Unterrichtsministers bei, weil es sich hier um die Dotation für eine öffentliche Lehranstalt, also um eine Leistung für einen öffentlichen Zweck und nicht um einen privatrechtlichen Bezug handelt, dann weil, wie der Handelsminister hinzusetzte, die Bürgerschaft nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Tutelarbehörde (Kreisamt oder Landesstelle) die Verpflichtung zur Beitragsleistung eingehen konnte, mithin ohne deren Genehmigung sich davon nicht loszählen kann. Es hat daher auch die Verweisung der Sache auf den kompetenten Weg durch das Unterrichtsministerium nicht die Bedeutung, daß die Befreiung von jener Beitragsleistung vor dem Zivilrichter, sondern vermittelst der für Gemeindeangelegenheiten eingesetzten Oberbehörde zu erwirken sei.

Die übrigen Votanten verein igten sich eben falls mit dem Antrage des Unterrichtsministers. cNur der Justizminister beharrte auf seiner Meinung.c,3

II. Einstellung des Gebrauchs der Stempelmarken bei Wechseln und Ausgabe gestempelter Wechselblanketten

Mehrfache Anstände gegen die Anbringung der Stempelmarken auf Wechseln haben den Finanzminister bestimmt, über eine andere Modalität der Wechselstempelung eine Beratung pflegen zu lassen. Die Wahrnehmung, daß schon gegenwärtig Parteien Wechselblanketten zur Abstemplung in das Stempelamt bringen, haben zu dem auch von der Handelskammer und Nationalbank als zweckmäßig anerkannten Antrage geführt, gestempelte Wechselblanketten durch die Staatsverwaltung hinausgeben zu lassen und von deren Gebrauch die Begünstigung der Skala I abhängig zu machen.

Der Finanzminister las den Entwurf der hierwegen zu erlassenden Verordnung vor, gegen welchen von Seite der Konferenzmajorität nichts eingewendet wurde, obwohl der Handelsminister nicht umhin konnte zu bemerken, daß es ihm bei der bestehenden allgemeinen Wechselfähigkeit dnicht ganz angemessend scheine, das Publikum || S. 307 PDF || zum Gebrauche der vom Staate ausgegebenen Blanketten zu zwingen oder auf die Wohltat der Skala I zu verzichten, wenn nicht überall, wie Stempelmarken, auch solche Blanketten und um den Stempelpreis zu haben sind, ewogegen der Finanzminister bemerkte, daß jedermann, um der Begünstigung der Skala I teilhaftig zu werden, sich den Vorschlag zur Sicherstellung des Gefälles wohl gefallen lassen könne.e wogegen der Finanzminister bemerkte, daß jedermann, um der Begünstigung der Skala I teilhaftig zu werden, sich den Vorschlag zur Sicherstellung des Gefälles wohl gefallen lassen könne.,4

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Verona, 13. Juni 1859.