Nr. 495 Ministerkonferenz, Wien, 26. März 1859 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 26. 3.), gesehen Bach 28. 3., gesehen Thun 28. 3., gesehen Toggenburg 28. 3., Bruck 29. 3., Kempen 28. 3., Nádasdy 29. 3., Für Se. Exzellenz den Herrn Ersten Generaladjutanten Sr. Majestät Kellner 29. 3.
MRZ. – KZ. 1109 –
Protokoll der zu Wien am 26. März 1859 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.
[I.] Entschädigung der Grundbesitzer im Marchfelde aus Anlaß der Truppenkonzentrierung von 1856
Gegenstand der Beratung war der Vortrag des Ministers des Inneren vom 28. August 1858, KZ. 3521, MCZ. 3104, über die Ansprüche mehrerer Gemeinden und Grundbesitzer im Marchfelde auf Vergütung des durch die Truppenkonzentrierung im Jahre 1856 erlittenen Schadens1. Diese Ansprüche wurden aus dem Titel des infolge der Konzentrierung verspäteten oder ganz unterbliebenen Anbaus der Winterfrucht erhoben. Bei der hierwegen noch am 30. Oktober 1856 abgehaltenen militärisch politischen Augenscheinskommission wurde konstatiert, welche Felder und mit welcher Frucht sie bestellt worden, bei welchen die Bestellung unterblieben und wie der Stand der verspäteten Saaten sei, um sodann bei einer kurz vor der Ernte des Jahres 1857 vorzunehmenden Beaugenscheinigung aus der Vergleichung des Standes der Früchte auf diesen Feldern gegen jenen der ohne Hindernisse bestellten den ersteren entgangenen Nutzen abschätzen zu können.
Obwohl nun das Kreisamt unter dem Manhartsberg2 sich gegen jede weitere Schadenserhebung und Vergütung erklärte, weil bei der günstigen Witterung des 1856er Herbstes jeder fleißige Landwirt vom 29. September 1856 an, als dem Tage, wo die Truppenkonzentrierung aufgehoben wurde, bis Ende Oktober Zeit genug hatte, seine Felder mit Wintersaat zu bestellen, so wurde doch über Antrag der niederösterreichischen Statthalterei und mit Zustimmung des Landesgeneralkommandos die zweite Augenscheinskommission am 1. Juli 1857 abgehalten und der den Grundbesitzern aus dem unterbliebenen oder verspäteten Anbau mit Winterfrucht entgangene Nutzen mit 37.195 fr. ermittelt, dessen Vergütung der Minister des Inneren in dem obzitierten Vortrage gegen das Einraten des Armeeoberkommandos und des Finanzministers beantragte.
Vor der Beratung des Gegenstandes in der Konferenz wurde das Gutachten des Justizministers, dessen schriftliche Äußerung samt der hierauf vom Finanzminister erstatteten Gegenäußerung vorliegt, eingeholt3.
Auf Grundlage der ersteren, wornach den Beteiligten nach der gegenwärtigen Sachlage die ermittelte Entschädigung im Rechtswege nicht verweigert werden dürfte, erklärte || S. 235 PDF || der Minister des Inneren nach abermaliger genauer Prüfung der Akten in der Hauptsache, daß den Beteiligten eine Entschädigung gebühre, weil durch den mit Zustimmung und Intervention der Militärautoritäten aufgenommenen, auch von der Landwirtschaftsgesellschaft für richtig anerkannten Kunstbefund zweifellos gestellt ist, daß den betreffenden Grundbesitzern aus der infolge der Konzentrierung verspäteten Bestellung der Wintersaat in der Quantität des Ertrags und aus dem notgedrungenen Sommeranbau statt der vorgehabten Wintersaat in der Qualität bezüglich im Werte der geernteten Früchte ein Nachteil wirklich zugegangen ist.
Indessen erscheinen dem Minister des Inneren die Faktoren, welche bei der ziffernmäßigen Berechnung zur Grundlage dienten, zu hoch angesetzt worden zu sein. Man hat nämlich einen achtkörnigen Ertrag als den gewöhnlichen angenommen, während er in der Regel nur sechskörnig ist, und den Preis des Weizens à 5 fr. per Metzen angesetzt, da dies doch der höchste ist, den diese Fruchtgattung seit Jahren gehabt hat, und es den damaligen Preisverhältnissen vollkommen entspricht, denselben mit 4 fr. anzunehmen. Nachdem sich solchergestalt in der der Entschädigungsausmittlung zum Grunde gelegten Berechnung ein Abfall von 45 % ergäbe, glaubte der Minister des Inneren, daß allen billigen Rücksichten entsprochen wäre, wenn den Beteiligten zwei Drittel der ausgemittelten Summe von 37.195 fr. im administrativen Wege gegen Verzichtleistung auf den Rechtsweg bewilligt würden.
Der Finanzminister erklärte dagegen, von seiner im schriftlichen Votum abgegebenen Meinung nicht abgehen zu können und lieber die Verfolgung der fraglichen Ansprüche auf dem Rechtswege, auf die Gefahr hin, daß das Ärar sachfällig werde, als deren Befriedigung im administrativen Wege gegen die Bestimmungen der Normalvorschrift vom Jahre 1837 zugeben zu wollen4.
Die Stimmenmehrheit der Konferenz war jedoch mit dem Antrage des Ministers des Inneren einverstanden, selbst der Generaladjutant Sr. Majestät, FML. Freiherr v. Kellner, obwohl er den Vorgang der Schadenserhebung acht Monate nach Aufhebung den Konzentrierung der Bestimmungen des Normals von 1837 nicht gemäß findet (was auch der Minister des Inneren zu rügen sich vorbehielt) erklärte, gegen eine gnadenweise Abfertigung der Beteiligten nichts einwenden zu sollen.
Der Chef der Obersten Polizeibehörde würde eine solche gnadenweise Abfertigung mit der runden Summe von 20.000 fr. genügend finden, wogegen der tg. gefertigte Vorsitzende die Bewilligung eines aliquoten Teils der ausgemittelten Gesamtsumme, sei es mit einem Drittel oder mit der Hälfte, zur Erleichterung der Repartierung auf die einzelnen Teilnehmer vorzöge5.
Wien, am 26. März 1859. Gr[af] Buol.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, am 12. April 1859.