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Nr. 441 Ministerkonferenz, Wien, 20. März 1858 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 20. 3.), gesehen Bach 21. 3., Thun 21. 3., Toggenburg, Bruck, gesehen Kempen 22. 3., Nádasdy 23. 3., Kellner (nur bei I anw., keine BdE.).

MRZ. – KZ. 557 –

Protokoll der zu Wien am 20. März 1858 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen Buol-Schauenstein.

I. Marineinskription (= Sammelprotokoll Nr. 444)

Fortsetzung der Beratung über den Entwurf eines Gesetzes über die Marineinskription in einem abgesonderten Protokolle1.

II. Preise für Kunstwerke an der Akademie der bildenden Künste in Wien

a Der Unterrichtsminister referierte über die zeuge seines Vortrags vom 4. März 1858, KZ. 985, MCZ. 883, zwischen ihm und dem Finanzminister obwaltende Differenz über die Modalitäten, unter welchen die wieder eingeführten Hofpreise2 an der Wiener Akademie der bildenden Künste zu verleihen wären.

Der Finanzminister erklärte, von seiner bei der schriftlichen Verhandlung dieses Gegenstandes abgegebenen Meinung nicht abgehen zu können, weil nicht sowohl die Höhe des Mehraufwandes, welchen die Anschaffung der Medaillen nach dem Antrage des Unterrichtsministers bedingen würde, sondern die Kosten der Akademie überhaupt hier in Anschlag zu bringen sind, die seit dem Jahre 1853 von jährlichen 24.000 fr. bereits auf 56.000 fr. gestiegen sind3 und durch die Ah. bewilligte Dotation [von] 10.000 fr. jährlich zum Ankaufe von Kunstwerken4 bereits auf 66.000 fr. gestiegen sind, dann für die Preise mit 1700 fr. sich auf die Summe von 67.700 fr. erheben würden, ihm, Finanzminister, aber die möglichste Einschränkung in allen Zweigen des Staatshaushaltes von Sr. Majestät zur Pflicht gemacht worden ist5.

|| S. 346 PDF || Aber auch der Unterrichtsminister beharrte bei seinem Einraten. Denn, bnachdem die Konkurrenz um die Hofpreise jährlich bei der Ausstellung eröffnet werden soll, so müssen die drei für verschiedene Kunstgebiete bestimmten Hofpreise jährlich ausgesetzt werdenb . Da nur ausgezeichnete Kunstleistungen damit beteilt werden sollen, so erscheint es einerseits der Würde der Staatsverwaltung und des Gegenstands selbst angemessen, die Preise dergestalt zu dotieren, daß sie als Hofpreise, als die höchste Auszeichnung für Künstler, auch im materiellen Werte nicht hinter den gestifteten Privatpreisen allzusehrc zurückbleiben; andererseits ist anzunehmen, daß sie nicht in jedem Jahre vollständig werden verteilt werden, weil die Anforderungen zur Erreichung derselben wirklich sehr hoch gestellt sind. Das finanzielle Opfer wird daher dtatsächlich keind bedeutendes sein. Die Kosten der Akademie überhaupt aber (welche übrigens evor dem Jahr 1853 nur nominell eine Dotation von 24.000 fr. hatte, deren Kosten aber tatsächlich nicht erhöht worden sind, sind nach dem Bedarfe dieses Kunstunterrichtsinstituts berechnet, während die Hofpreise Gegenstand der Bewerbung aller österreichischer Künstler sein sollen, folglich nicht der Dotation der Akademie aufgebürdet werden könnene .

Bei der Abstimmung haben sich die mehreren Stimmen der Konferenz dem Antrage des Unterrichtsministers angeschlossen6.

III. Begnadigung des politischen Flüchtlings Kerestes

Bei der Verhandlung über das Gesuch des politischen Flüchtlings Kerestes aus Siebenbürgen um Bewilligung zur straffreien Rückkehr haben sich in merito alle Mitglieder der betreffenden Kommission7 für die Gewährung ausgesprochen, weil der Bittsteller bei der Teilnahme an der Revolution minder graviert ist. In formeller Beziehung war von dem Chef der Obersten Polizeibehörde das Bedenken erhoben worden, daß, nachdem Kerestes um die Zustellung der Erledigung an die bischöfliche Kanzlei in Karlsburg gebeten, mithin gewissermaßen aus einem Versteck mit der Regierung über seine Begnadigung zu unterhandeln versucht hat, es der Würde der Staatsverwaltung nicht angemessen sein dürfte, in dieser Form auf das Gesuch des Kerestes einzugehen.

Der Minister des Inneren würde daher, um dieses Bedenken zu beheben, vorläufig durch den Bischof von Siebenbürgen die Aufforderung an Kerestes ergehen lassen, daß er || S. 347 PDF || seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort angebe, wornach dann sein Gesuch auch in merito die Erledigung erhalten würde.

Hiermit waren sowohl der Chef der Obersten Polizeibehörde als auch die übrigen Votanten der Konferenz einverstanden8.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 25. März 1858.