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Nr. 380 Ministerkonferenz, Wien, 17. Dezember 1856 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 17. 12.), Bach 19. 12., Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck, Kempen 20. 12., Bamberg 21. 12.

MRZ. – KZ. 4550 –

Protokoll I der zu Wien am 17. Dezember 1856 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Buol-Schauenstein.

[I.] Vorschrift über das Paß- und Meldungswesen

Nachdem die in der Konferenz vom 6. Dezember 1856 beratenen neuen Vorschriften über das Paßwesen, obwohl in dem Entwurfe § 25 (24) ad 2 alle bezüglich des Militärs bestehenden Paßpolizeianordnungen ausgenommen wurden1, nicht ohne Intervention und Zustimmung der obersten Militärbehörde erlassen werden können, weil es sich einerseits um die Anerkennung der Gültigkeit der damit einzuführenden neuen Reisedokumente von Seite der Militärautoritäten und bei Reisen in der Militärgrenze handelt, andererseits es auch erwünscht sein dürfte, der eigentlichen Zivilbevölkerung dieser letzteren diejenigen Erleichterungen zuteil werden zu lassen, welche die neue Vorschrift für die Bewohner aller andern Kronländer bezweckt, so sind die diesfälligen Entwürfe im Beisein eines Abgeordneten des k. k. Armeeoberkommandos, des Generaladjutanten Sr. Majestät GM. Freiherrn v. Bamberg, welcher davon vorläufig Einsicht genommen hatte, in der heutigen Konferenz abermals in Vortrag gebracht worden.

GM. Freiherr v. Bamberg erklärte sich mit demselben im ganzen einverstanden, teilte auch die Ansicht über die Ausdehnung derselben auf die nicht-militärische Bevölkerung der Grenze2, nur glaubte er in dieser Beziehung, mit Rücksicht auf die hieraus zu besorgende Rivalität zwischen dieser und der einrollierten3 Grenzbevölkerung, mit der Zustimmung zu der gewünschten Erweiterung nicht ohne vorläufige Einvernehmung der Militärgrenzlandesautoritäten vorgehen zu können. Unter diesem Vorbehalte würde es auch seines Erachtens keinem Anstande unterliegen, die Vorschrift über das Meldungswesen in der Militärgrenze mit den durch die dortige Militärverfassung bedingten Modifikationen einzuführen.

Außerdem sind noch die nachstehenden Bemerkungen und Änderungen zu der am 6. Dezember l. J. nach dem rektifizierten Entwurfe angenommenen Vorschrift über das Paßwesen vorgekommen:

Zum § 7 beziehungsweise 6 (rektifizierter Entwurf) bemerkte der tg. gefertigte Minister des Äußern , daß er im allgemeinen zwar nicht entgegen sei, den k. k. Konsulaten die dort zugedachte Befugnis einzuräumen, daß er jedoch bei dem Umstande, wo in dieser Beziehung gegenwärtig nach Maßgabe der bestehenden Instruktionen ein wesentlicher Unterschied zwischen den Funktionären, namentlich || S. 251 PDF || zwischen denen, welche wirkliche Staatsbeamte sind, und jenen, die es nicht sind, besteht, ohne eine vorläufige Verhandlung hierüber, nicht sogleich für eine unbedingte Gleichstellung der Konsulatsbefugnisse stimmen könne. Er schlug daher vor, den Schlußabsatz des § 7 (6) einstweilen beizubehalten und durch eine aus Abgeordneten der einschlägigen Ministerien und Zentralstellen zusammenzusetzende Kommission eine Norm ausarbeiten zu lassen, welche die mit dem vorliegenden Entwurfe beabsichtigten Erleichterungen mit der gesetz- und instruktionsmäßigen Wirksamkeit der Konsulate in Einklang zu bringen hätte. Da sämtliche Votanten sich hiermit einverstanden erklärten, so würde der in der Konferenz vom 6. d. M. im ersten Absatze des § 7 (6) angenommene Einschub „und k. k. Konsulate“ entfallen, dagegen der Schlußabsatz „Inwiefern die k. k. Konsularbehörden etc.“ unverändert beizubehalten sein.

Zum § 18 (17) bestand der Chef der Obersten Polizeibehörde auf der Aufnahme der Rubrik 4 „Geburtsjahr“ in die Legitimationskarte, weil das Alter jedenfalls ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist und die Angabe desselben die gleichzeitige Benützung einer und derselben Legitimationskarte durch Vater und Sohn zu verhindern geeignet ist. Die Konferenz trat dieser Ansicht bei, und auch der Minister des Inneren beharrte nicht weiter auf seiner Einsprache dagegen; nur erklärte man sich für den Ausdruck „Alter“ anstatt „Geburtsjahr“, weil jene Bezeichnung einfacher als diese ist. Dagegen war der Chef der Obersten Polizeibehörde bereit, die Rubrik 7 „Unterschrift“ bei den Legitimationskarten fallen zu lassen, weil dieselbe das unmittelbare Erscheinen des Kartenwerbers bei der ausstellenden Behörde unbedingt erfordert und bei einem gewissen Teile der Bevölkerung ganz zwecklos sein würde4. Hiermit war die Konferenz ebenfalls einverstanden. Sonach hätte die Legitimationskarte die Rubriken 1, 2, 3 und 4 (Alter) zu enthalten.

Zum § 25 (24) beantragte der GM. Freiherr v. Bamberg die Hinweglassung des Absatzes 5 über „Schub- und Zwangspässe“ als von selbst verstanden und nicht in ein Gesetz gehörig, welches für den freien Verkehr unbescholtener Personen bestimmt ist. Die Konferenz war hiermit unter ausdrücklicher Beistimmung des Ministers des Inneren und des Chefs der Obersten Polizeibehörde einverstanden. Doch hätte in der den Behörden hinauszugebenden Instruktionen auch davon Erwähnung zu geschehen, daß die Vorschriften über Schub- und Zwangspässe aufrecht bleiben5.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Mailand, 9. Februar 1857.