Nr. 339a Entwurf einer Vorschrift über den persönlichen Wirkungskreis Sr. kaiserlichen Hoheit des Generalgouverneurs im Königreiche Ungarn, o. O., o. D. (Beilage zu: MRP-1-3-05-0-18560517-P-0339.xml) - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; Beilage A zum Originalprotokoll v. 10., 13., 15. und 17. 5. 1856.
MRZ. – KZ. –
I. Erzherzog Albrecht ist inner den Grenzen der gegenwärtigen Instruktion als Mein unmittelbarer Stellvertreter in Meinem Königreiche Ungarn anzuerkennen, in welcher Rücksicht ihm bei allen Gelegenheiten die Repräsentation des Landesfürsten zusteht.
Er führt den Titel „Kommandant der III. Armee, Generalgouverneur und kommandierender General in Ungarn“, vereinigt daher in seiner Person die Wirksamkeit des Generalgouvernements und Kommandanten der III. Armee.
In dieser doppelten Eigenschaft ist ihm die Oberleitung der gesamten Zivil- und Militäradministration des Landes übertragen. Er wird sich dabei stets an die obersten Grundsätze halten, welche die staatliche Einheit Meines Reiches bedingen, ohne die damit verträglichen Rücksichten auf die Eigenheiten des Landes auszuschließen.
II. Für seine Stellvertretung in allen militärischen Angelegenheiten ist ihm ein eigener General ad latus beigegeben.
Für die Geschäfte des Generalgouvernements ist gleichfalls ein eigener Adlatus bestimmt.
Jeder derselben vertritt den Erzherzog bei dessen Abwesenheit selbständig in allen jenen Angelegenheiten, welche nicht rein persönlich sind.
Die Repräsentanz des Monarchen bei öffentlichen Gelegenheiten steht in Abwesenheit des Erzherzogs dem Adlatus des Generalgouverneurs zu.
Ist der Erzherzog anwesend, so bleibt es ihm vorbehalten zu bestimmen, welche Geschäfte unmittelbar von ihm besorgt und welche minder wichtigen dem Adlatus des Generalgouverneurs zur Ausfertigung überlassen werden; derselbe unterzeichnet jedoch nur stets „Im Namen Sr. kaiserlichen Hoheit“.
Der Gouverneursadlatus nimmt auch Kenntnis von den dem Erzherzog reservierten Stücken, um jeden Augenblick in der Lage zu sein, das ganze Geschäft ohne Störung zu übernehmen und fortzuführen.
III. Die unmittelbar dem Erzherzog zugewiesenen Organe bilden das Generalgouvernement, welchem die Oberleitung der gesamten politischen und finanziellen Verwaltung des Landes zusteht.
Die in demselben verwendeten Beamten, mit Ausnahme des dem Generalgouvernement dermalen beigegebenen Sektionschef des Ministeriums des Inneren, zählen, insoweit sie der politischen Branche angehören, in den Konkretalstatus der in fünf Abteilungen fungierenden Statthalterei für das Königreich Ungarn.
Ebenso reihen sich die dem Generalgouvernement zugewiesenen Beamten anderer Ressorts dem Konkretalstatus ihrer Branche für das Königreich Ungarn ein.
IV. Unter der unmittelbaren Leitung des Gouverneursadlatus ist das Präsidialbüro, in welchem sich auch die dem Generalgouverneur zustehende Leitung der höheren Polizei, die Überwachung und Leitung der Polizeibehörden und die Überwachung der Tagespresse konzentrieren.
Ferner kommen auch dort die aus den Hochverratsprozessen herstammenden oder dahin einschlagenden Gegenstände in Verhandlung. Endlich werden besonders wichtige || S. 32 PDF || oder geheime Gegenstände im Präsidialbüro auf Befehl des Erzherzogs – oder in dessen Abwesenheit auf Befehl seines Stellvertreters behandelt.
V. Alle übrigen, nicht in das Präsidialbüro gezogenen Gegenstände, insbesondere alle auf die Organisierung des Landes Bezug nehmenden Verhandlungen, ferners die Oberredaktion der Amtszeitungen, werden unter der vereinigten Leitung des dem Generalgouvernements beigegebenen Sektionschefs des Ministeriums des Inneren in den vier Departements bearbeitet und erledigt.
Der Erzherzog wird den Sektionschef auch in Präsidialangelegenheiten nach eigenem Ermessen in Anspruch nehmen.
VI. Der Dienstesverkehr mit den Ministerien, der Obersten Polizeibehörde und sonstigen Zentralstellen in Wien findet vom Erzherzog mittelst Noten statt; an die Person des Erzherzogs wird in untertänigen Noten geschrieben, was bei allen wichtigen sonst im Präsidialwege gehenden Gegenständen in der Regel zu geschehen hat.
VII. Die Geschäftsinstruktion des Generalgouvernements wird den Wirkungskreis des demselben beigegebenen Ministerialsektionschefs regeln.
In kurzen Verhinderungsfällen des Gouverneursadlatus hat der Sektionschef selbstverständlich die dem Adlatus obliegenden Amtsgeschäfte zu versehen.
Zu diesem Ende ist der Sektionschef für seine Person auch stets in der übersichtlichen Kenntnis der Präsidialagenden zu erhalten; und in Abwesenheit des Erzherzogs über die daselbst zu verhandelnden Angelegenheiten, wenn dieselben auf die politische Verwaltung rückwirken, durch die politischen Organe ausgeführt werden sollen oder politische Beamte betreffen, vor deren Ausfertigung zu hören.
VIII. Dem Generalgouverneur wird das Befugnis eingeräumt, bei öffentlichen Kalamitäten provisorische Anordnungen unter gleichzeitiger Mitteilung an die betreffenden Ministerien oder Zentralstellen zu erlassen oder Mir unmittelbar die Anzeige zu erstatten.
IX. Die Justizgeschäfte bleiben ausschließlich dem Bereiche des Justizministeriums oder des Obersten Gerichtshofes vorbehalten.
X. Der Generalgouverneur ist ermächtigt, innerhalb der ihm zustehenden Grenzen bei Stellenbesetzungen auch solche Individuen zu berücksichtigen, welche in den Wirren der Jahre 1848 und 1849 beteiliget waren, wenn sie anders seither sich als treue Untertanen erprobten und sonst die notwendige Angemessenheit besitzen.
XI. Die Amtsbefugnisse des Generalgouvernements sind in einer besondern Vorschrift enthalten.