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Nr. 331 Ministerkonferenz, Wien, 19. März 1856 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Bach; BdE. und anw. (Bach 19. 3.), Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck; abw. Buol.

MRZ. – KZ. 41 –

Protokoll der zu Wien am 19. März 1856 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Inneren Freiherrn v. Bach.

I. Gnadenpension für die Oberlandesgerichtsratswitwe Amalie v. Moys

Der Justizminister referierte über die Meinungsdifferenz, welche laut seines Vortrags vom 3. März 1856, KZ. 846, MCZ. 803, zwischen ihm und dem Finanzminister über die Ziffer der für die Oberlandesgerichtsratswitwe Amalie v. Moys und ihre Kinder anzutragende Gnadenbeteilung besteht. Nachdem beide Minister in thesi einig sind, daß eine Beteilung stattfinden dürfte, so glaubte der Minister des Inneren einen vermittelnden Vorschlag auf Bemessung der Pension für die Witwe mit 400 f. und des Erziehungsbeitrags für jedes der Kinder mit 40 f. machen zu sollen, mit welchem sich sofort die beiden Minister einverstanden erklärten.

II. Legitimierung des Johann M. Consolo

Ein Gesuch des Grafen Johann Serbelloni um Legitimation seines unehelichen Sohnes Johann M. Consolo war vom Justizminister unterm 23. Mai 1854, KZ. 2034, MCZ. 1637, unterstützt, mit Ah. Entschließung vom 16. Juni 1854 aber – nach dem Einraten der mehreren Stimmen der Konferenz – abgewiesen worden1. Gegenwärtig liegt ein Ah. signiertes Gesuch des Bruders des inzwischen verstorbenen Bittstellers, des pensionierten Generals der Kavallerie Duca Gabrio Serbelloni vor, worin jene Bitte erneuert wird. Der Justizminister erachtete, dasselbe mit seinem Vortrage vom 6. März 1856, KZ. 888, MCZ. 846, ebenfalls der Ah. Gnade Sr. Majestät empfehlen zu dürfen. In Berücksichtigung der Verdienste des dermaligen Bittstellers trat die Mehrheit der Konferenz nunmehr dem Einraten des Justizministers bei; nur der Kultusminister fand, bei dem früheren abweislichen Antrage zu beharren, weil zugunsten des zu legitimierenden Sohnes selbst keine neuen Umstände angeführt werden können2.

III. Nachzahlung für die Eisenbahnbauunternehmer Zaphyr und Qualizza

In der zwischen dem Handels- und dem Finanzminister laut Vortrag vom 25. Jänner 1856, KZ. 388, MCZ. 367, obwaltenden Meinungsdifferenz über die Ziffer der den Eisenbauunternehmern Zaphyr und Qualizza zu gewährenden Entschädigung für Mehrauslagen beim Bau der Bahnstrecke von 98/10 Meilen zwischen Czegled und Szegedin hat sich der Finanzminister in Berücksichtigung der hier obwaltenden besonderen Verhältnisse zu einer entsprechenden Erhöhung der von ihm ursprünglich zugestandenen Summe von 50.000 f. verstanden. Selbe wurde im wechselseitigen mündlichen Einvernehmen in runder Summe mit 10.000 f. per Meile, sonach im ganzen mit 90.000 f. festgesetzt, womit die Konferenz einhellig einverstanden war3.

IV. Gnadengabe für die Amtsdienerswitwe Elisabeth Hoffmann

Die zwischen dem Minister des Inneren und dem Finanzminister zeuge des Vortrags vom 31. Jänner 1856, KZ. 402, MCZ. 382, obwaltende Meinungsverschiedenheit in betreff der Versorgung der Bezirksamtsdienerswitwe Elisabeth Hoffmann hat sich durch die Zustimmung des Finanzministers zu dem Antrage des Ministers des Inneren behoben.

V. Pension für den Kreisarzt Dr. Josef Kaiser v. Nilkheim

Dem Einraten des Ministers des Inneren vom 16. Februar 1856, KZ. 614, MCZ. 583, auf Bewilligung der Pension mit zwei Dritteln des Aktivitätsgehalts statt der vom Finanzministerium ursprünglich beantragten Hälfte für den Kreisarzt Dr. Kaiser v. Nilkheim trat der Finanzminister aus den vom Minister des Inneren angeführten Rücksichten nachträglich bei.

VI. Pension für den Prätor Angelo Vidovich

Bei der zwischen den Ministern des Inneren und der Finanzen obwaltenden Differenz wegen Erhöhung der Pension des Prätors4 Angelo Vidovich auf den Betrag des vollen Aktivitätsgehalts von 800 f. (Vortrag vom 12. Februar 1856, KZ. 536, MCZ. 513) erklärte der Finanzminister , nicht entgegentreten zu wollen, daß dieser Antrag der Ah. Gnade Sr. Majestät empfohlen werde5.

VII. Pension für die Bezirksvorsteherswitwe Josepha Kopřiwa

Die Verschiedenheit der Anträge über die Versorgung der Bezirksvorsteherswitwe Josepha Kopřiwa (Vortrag vom 27. Februar 1856, KZ. 760, MCZ. 721) wurde durch gegenseitiges Einverständnis der Minister des Inneren und der Finanzen behoben, indem der Finanzminister rücksichtlich der Ziffer der Pension dem Antrage des Ministers des Inneren, dieser aber dem Antrage des Finanzministers in dem beitrat, daß die Pension nicht vom Todestage des Gatten der Bittstellerin, sondern erst vom Tage der Ah. Entschließung anzuweisen wäre.

VIII. Pension für die Witwe Therese Tichatschek

Bei der über die Versorgung der Witwe Therese Tichatschek und ihrer sechs Kinder laut Vortrags vom 4. März 1856, KZ. 841, MCZ. 798, obwaltenden Differenz der Ansichten der Minister des Inneren und der Finanzen erklärten beide, ihre || S. 293 PDF || bezüglichen – nur in einem geringfügigen Betrage auseinandergehenden – Anträge lediglich der Ah. Gnade Sr. Majestät anheimstellen zu sollen6.

IX. Pension für den Finanzrat Samuel Mederus

Über die zwischen den Ministern des Inneren und der Finanzen verhandelte Pensionsangelegenheit des Finanzrates Samuel v. Mederus erklärte der Minister des Inneren sich dem kompetenten Ausspruche des Finanzministers und sohin dem Antrage desselben vom 27. Februar 1856, KZ. 817, MCZ. 776, konformieren zu müssen.

X. Regulierung des katholischen Gymnasiums in Ungvár

Die Differenz, welche zwischen dem Unterrichts- und dem Finanzminister laut des Vortrags vom 28. Februar 1856, KZ. 865, MCZ. 824, über die Regulierung des katholischen Gymnasiums in Ungvár obwaltet, wurde durch den nunmehr erklärten Beitritt des Finanzministers zu dem Antrage des Unterrichtsministers behoben, nachdem der letztere den guten Stand des ungarischen Studienfonds nachgewiesen hatte.

XI. Errichtung von zwei Säkularpfarren in Linz

In betreff der vom Kultusminister unterm 20. Februar 1856, KZ. 775, MCZ. 737, angetragenen Errichtung zweier Säkularpfarren in Linz wurde vom Finanzminister nur für dermal Einsprache getan. Da jedoch eine längere Verschiebung der Befriedigung dieses kirchlichen Bedürfnisses nicht zulässig, und das vom Finanzministerium vorgeschlagene einstweilige Auskunftsmittel, wie im Vortrage gezeigt wird, nicht ausführbar ist, so glaubte der Kultusminister seinen Antrag der Ah. Genehmigung Sr. Majestät unterziehen zu dürfen, wogegen nichts erinnert wurde7.

XII. Ruhegenuß des Institutsportiers Franz Orio

Die Differenz zwischen dem Unterrichtsminister und dem Finanzminister über die Bemessung des Ruhegenusses für den Institutsportier Franz Orio (Vortrag vom 29. Februar 1856, KZ. 827, MCZ. 784) behob sich durch die Beistimmung des Finanzministers zu dem Antrage des Unterrichtsministers.

XIII. Rückgabe der griechisch-katholischen Kirchen der im Jahre 1848 zur nicht unierten Religion übergetretenen Gemeinden in Ungarn und im Banat

Der Kultusminister brachte die ihm mit Ah. Entschließung vom 14. März 1855 abverlangten, in der Konferenz zu beratenden Anträge in betreff der Rückgabe der griechisch-katholischen Kirchen, Pfarren und Schulen der im Jahre 1848 zur griechisch-nichtunierten Konfession übergetretenen Gemeinden in Ungarn und im Banate zum Vortrage8. Im Jahre 1848 haben massenweise Übertritte griechisch-katholischer Gemeinden in Ungarn und im Banate stattgefunden, ohne || S. 294 PDF || daß dabei die schon damals bestandenen Vorschriften über die avorläufige Anmeldung des Übertrittesa vorläufige Anmeldung des Übertrittes beobachtet worden wären. Es ist durch die seither gepflogenen genauesten Erhebungen konstatiert, daß dabei in höchst tumultuerischer Weise vorgegangen und ohne vorläufige Seelenkonskription die katholischen Kirchen etc. den nichtunierten Schismatikern übergeben wurden. Der Kultusminister hatte infolgedessen den Antrag gestellt, diese zwangsweise im ganzen für ungültig zu erklären und dem einzelnen die Wahl der Konfession bnach den bestehenden Vorschriftenb nach den bestehenden Vorschriften freizustellen, Se. Majestät fanden jedoch diesen Antrag nicht zu genehmigen. cIn Erledigung eines weiteren Vortrages wegen Rückstellung der Kirchen, Schulen, Pfarrgebäude und Gründe geruhten Se. Majestätc In Erledigung eines weiteren Vortrages wegen Rückstellung der Kirchen, Schulen, Pfarrgebäude und Gründe geruhten Se. Majestät anzuordnen, daß, wenn Ansprüche auf Zurückgabe jener Kirchen etc. an die Unierten bestehen, dieselben gehörig ausgetragen werden sollen, djedoch vorerstd jedoch vorerst das Gutachten abzuverlangen, wo dieselben und in welcher Weise sie geltend zu machen und zu entscheiden seien. Der Kultusminister glaubte, Se. Majestät bitten zu müssen, daß unter Anerkennung des Grundsatzes, daß die Gesetzwidrigkeit der gedachten Vorgänge des Jahres 1848 ehinsichtlich der fraglichen Gebäude und Grundstücke im administrativen Wege auszusprechen seie hinsichtlich der fraglichen Gebäude und Grundstücke im administrativen Wege auszusprechen sei, ihm die Ah. Ermächtigung erteilt werde, in dieser Sache zu entscheidenf .

Im Grundsatze, daß die Vorgänge von 1848 damals gesetzwidrig waren und daß die Entscheidung hierüber gals eine Sache des öffentlichen Rechtesg als eine Sache des öffentlichen Rechtes dem Kultusministerh überlassen werde, war die Konferenz mit dem Kultusminister einverstanden. Bedenklich aber erschiene es ihr, jetzt, nach Verlauf von acht Jahren, die Gesetzwidrigkeit der Vorgänge von 1848 im allgemeinen auszusprechen und zwar in einem Moment, wo die Gemüter der Akatholiken durch das Konkordat beunruhigt sind9. Eine massenweise Rückforderung der jetzt dem griechisch-nichtunierten Kultus gewidmeten Kirchen würde, nach der Ansicht des Finanzministers einem indirekten Gewissenszwang gleichgeachtet werden, indem den Nichtunierten nach Entziehung ihrer Kirchen nichts erübrigen würde, als zur Union überzutreten. Lieber würde er dafür stimmen, den Unierten nach Bedarf neue Kirchen zu bauen, als sie dort, wo die Mehrzahl dem nichtunierten Glauben angehört, diesem || S. 295 PDF || zu entziehen. Nach dem Erachten der Konferenz wäre daher in dieser Angelegenheit mit der größten Umsicht und Schonung zu Werke zu gehen, jeder Schein eines Gewissenszwanges zu vermeiden, und nach Maßgabe des Resultats der Verhandlung mit den einzelnen Gemeinden – sei es, wie der Handelsminister erachtete, im Wege der Seelenkonskription, iwelcher Vorgang vor dem Jahre 1848 in Übung wari welcher Vorgang vor dem Jahre 1848 in Übung war – oder, wie der Justizminister meinte, im Wege eines gütlichen Übereinkommens über die Zuweisung der Kirchen zur einen oder der anderen Konfession zu entscheiden. Es könnte selbst, nach der Bemerkung des Justizministers, in gemischten Gemeinden das Abkommen dahin getroffen werden, daß ihre Kirchen wechselweise beiden Kulten zum Gottesdienst eingeräumt werden. Nach dem Resultate der vorliegenden Erhebungen, welche die Gesetzwidrigkeit jener Vorgänge außer Zweifel stellen und ihnen selbst den Stempel des damals geübten Zwanges aufdrücken sowie mit Rücksicht auf die wegen Revindizierung der griechisch-katholischen Kirchen dem Heiligen Stuhle gemachten Zusicherungen vermöchte der Kultusminister einer jAbweichung von dem, was in den Landesgesetzen unzweifelhaft begründet istj Abweichung von dem, was in den Landesgesetzen unzweifelhaft begründet ist, nicht beizustimmen, und erklärte daher, auf seinem Antrage, kdaß die Entziehung der fraglichen Gebäude und Grundstücke als nicht zurecht bestehend erklärt werde, beharren zu müssen. Die Durchführung müsse sodann von Fall zu Fall normiert und dabei allerdings mit aller Umsicht und Schonung vorgegangen werden, was aber im ordentlichen Wirkungskreise der Behörden liegek daß die Entziehung der fraglichen Gebäude und Grundstücke als nicht zurecht bestehend erklärt werde, beharren zu müssen. Die Durchführung müsse sodann von Fall zu Fall normiert und dabei allerdings mit aller Umsicht und Schonung vorgegangen werden, was aber im ordentlichen Wirkungskreise der Behörden liege, 10.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, 29. März 1856.