Nr. 289 Ministerkonferenz, Wien, 2. Juni 1855 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 2. 6.), Bach, Thun, K. Krauß, Toggenburg, Bruck.
MRZ. – KZ. 1756 –
Protokoll der zu Wien am 2. Juni 1855 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.
I. Gnadenpension für den Komitatsingenieur Ignaz Halász
Der Minister des Inneren referierte über die laut seines Vortrags vom 29. v. M., KZ. 1792, MCZ. 1633, zwischen ihm und dem Finanzminister obwaltende Meinungsverschiedenheit in betreff des Antrags auf Verleihung einer Gnadenpension von 250 fr. für den Komitatsingenieur Ignaz Halász.
|| S. 76 PDF || Der Finanzminister beharrte von dem Standpunkte der Normalien1 aus auf der Einsprache gegen diesen Antrag.
Die übrigen Votanten aber glaubten sich mit dem Minister des Inneren darin vereinigen zu können, daß in der langen treuen Dienstleistung Halasz’ und in den vorgekommenen Präzedenzfällen hinlängliche Anhaltspunkte zu finden seien, um für denselben die Ah. Gnade in Anspruch zu nehmen und daß, wenn Halasz überhaupt für einer Beteilung würdig befunden wird, der ohnehin nicht bedeutende Ertrag seines Besitztums nicht in Anschlag kommen dürfte2.
II. Anleihe der österreichisch-französischen Staatseisenbahngesellschaft
Mit Beziehung auf den in der Sitzung vom 29. Mai 1855 (MCZ. 1650/1855) gemachten Vortrag über das von der privaten französisch-österreichischen Staatseisenbahngesellschaft beschlossene Anleihen brachte der Finanzminister zur Kenntnis der Konferenz, daß es wegen der von der Gesellschaft bereits veranlaßten Ausgaben ihres diesfälligen Prospektus nicht mehr möglich gewesen sei, die Einschränkung der Auflegung des Anleihens auf die französischen Handelsplätze, dann London und Amsterdam zu bewirken; daß sich indessen die Gesellschaft sowohl der angeordneten Unterlassung der Auflage in Wien usw. gefügt als auch die Zusicherung gegeben habe, im Laufe des Jahres noch eine 15%ige Einzahlung auf das Aktienkapital zu bewirken.
Was die Bestellung des lf. Kommissärs betrifft, so beabsichtigt der Finanzminister, hierzu den Ministerialrat Brentano dazu zu bestimmen und wird sich hierwegen mit dem Minister des Inneren in das Einvernehmen setzen3.
III. Übersicht der Besoldungen der k. k. Beamten und Diener
Schon zu wiederholten Malen war in der Konferenz der Wunsch geäußert worden, den minder besoldeten Staatsbeamten und Dienern bei der herrschenden Teuerung eine Erleichterung zuzuwenden. Der Finanzminister hatte in dieser Beziehung die Enthebung von der Einzahlung der subskribierten Raten auf das Nationalanleihen für diejenigen Beamten und Diener in Anregung gebracht, die vermöge ämtlicher Bestätigung ihre diesfällige Verpflichtung nur mittelst Gehaltsabzügen und Entbehrungen erfüllen können.
Allein dieses Mittel schien der Konferenz für die bestehenden Verhältnisse nicht ausgiebig genug zu sein. Sie vermeinte, daß eine Gehaltsaufbesserung angezeigt sein dürfte, wenn solche ohne zu große finanzielle Opfer möglich wäre. Um nun die Größe derselben einigermaßen bestimmen zu können, erging an den Finanzminister die Einladung, die Summen der verschiedenen Besoldungs- und Löhnungskategorien zusammenstellen zu lassen. Der Finanzminister hat dieser Einladung entsprochen und die hiernach verfaßte Generalübersicht, von welcher || S. 77 PDF || er jedem Ministerium eine auch nähere Details enthaltende Abschrift mitteilen wird, mit folgendem in Vortrag gebracht:
Wollte man nun, wie der Kultusminister andeutete, den Beamten und Dienern der untersten Kategorien per 9,600.000 und 5,000.000 fr. einen 20%igen und den Beamten der zweiten Kategorie per 15,000.000 fr. einen 10%igen Teuerungszuschuß bewilligen, so würde dieses 4,300.000 fr. betragen. Selbst der vom Justizminister gemachte Vorschlag, diesen drei Kategorien zusammen per 29,600.000 fr. nur eine monatliche Gratisgage ein für alle Mal als Unterstützung zu gewähren, würde einen Aufwand von mehr als zweieinhalb Millionen Gulden erheischen.
Diese Ziffern gegenüber der finanziellen Lage des Reiches bestimmten den Finanzminister zu der Ansicht, daß im gegenwärtigen Momente eine umfassende Maßregel zur direkten Hilfe nicht ausführbar sei. Die Konferenz vermochte dieser Ansicht nichts entgegenzustellen; es würde sich also wie bisher mit zeitweiligen Unterstützungen zu behelfen sein, vorausgesetzt daß der Finanzminister allfälligen Überschreitungen der dazu präliminierten, ohnehin sehr knapp bemessenen Summen seine Zustimmung nicht versage4.
Wien, am 2. Juni 1855. Gr[af] Buol.
A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 11. Juni 1855.