Nr. 242 Ministerkonferenz, Wien, 19. August 1854 - Retrodigitalisat (PDF)
- RS.Reinschrift; [P. Marherr]; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 19. 8.), Bach 5. 9., Thun, Baumgartner; abw.abwesend K. Krauß.
MRZ. – KZ. 3334 –
Protokoll der zu Wien am 19. August 1854 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.
I. Gnadengabe für Anna Maria Breczanóczy
Der Unterrichtsminister brachte seinen Vortrag vom 15. d. [M.], MCZ. 2834, worin — gegen das Einraten des Finanzministers — auf die Erhöhung der Gnadengabe der Professorswaise Anna Maria Breczanóczy von 70 auf 120 fr. angetragen wird, zur Kenntnis der Konferenz, welche die Genehmigung desselben lediglich der Ah. Gnade Sr. Majestät anheimzustellen erachtete1.
II. Regulierung der Sternwarten
Der Unterrichtsminister erhielt die Zustimmung der Konferenz zu seinen nach Einvernehmung der k. k. Akademie der Wissenschaften in dem Vortrage vom 31. Juli l. J., KZ. 3294, MCZ. 2662, entwickelten Anträgen zur Regulierung der Sternwarten. Nach diesen Anträgen wäre bei Wien eine Sternwarte ungefähr wie jene in Berlin zum Behufe der praktischen Astronomie zu errichten. Außerdem hätten zum Behufe des Unterrichts an den Universitäten zu Wien, Prag und Ofen die astronomischen Observatorien nach den von der Akademie für kleinere Institute dieser Art vorgeschlagenen Modalitäten fortzubestehen2.
III. Gesetz über Bergwerksabgaben
Der Finanzminister referierte über die Regulierung der Abgaben für Bergwerksunternehmungen im Nachhange zu dem neuen Berggesetze3.
Seinen Anträgen gemäß sollen die in den verschiedenen Provinzen nach verschiedenen Grundsätzen bisher bestehenden Abgaben auf zwei, eine Maßengebühr || S. 309 PDF || und die Bergwerksfrone4, zurückgeführt und beide gleichmäßig in dem verminderten Betrage, die erstere mit 6 fr., die letztere mit 5% beziehungsweise 3% des Bruttoertrags festgesetzt werden. Beide sind an das Ärar zu entrichten, die von Privaten bezogenen Bergfronen hören gegen Entschädigung, deren Liquidierung und Festsetzung vorbehalten wird, auf. Bloß diese letztere Bestimmung gab den Ministern des Inneren und des Kultus Anlaß zu einer Bemerkung. Beide Minister erkannten es für unbillig, die den zum Bezug der Bergfrone bisher berechtigten Privaten gebührende Entschädigung erst einer nachträglichen, vielleicht lange dauernden Verhandlung vorzubehalten, während sie selbst gleich mit dem Eintritt der Wirksamkeit des neuen Abgabegesetzes die lf. Bergfron- und Maßengebühr entrichten müssen. Der Minister des Inneren hielt es daher für angemessen, solchen Bezugsberechtigten unter möglichster Beschleunigung der Liquidation Vorschüsse gleich den ehemals Urbarial-bezugsberechtigten auf Abschlag der ihnen zukommenden Entschädigung anzuweisen oder, wie dies der Kultusminister befürwortete, die von ihnen zu entrichtenden Gebühren nicht bar einzuheben, sondern gegen Abrechnung der künftigen Entschädigung einstweilen nur vorzumerken.
Gegen diese letztere Modalität fand der Finanzminister nichts einzuwenden und behielt sich vor, dieselbe bei dem hiernach an Se. Majestät zu erstattenden Vortrage sowie bei Hinausgabe des sonst einstimmig zur Ah. Genehmigung angetragenen Patents an die Behörden zu berücksichtigen5.
IV. Einführung des Grundsteuerprovisoriums in Siebenbürgen
Der Finanzminister referierte über die mit Ah. Entschließung vom 4. März 1850 anbefohlene Einführung des Grundsteuerprovisoriums in Siebenbürgen6.
|| S. 310 PDF || Mit dieser Maßregel, wodurch die bisher in Siebenbürgen bestandenen Abgaben von dem Ertrage der Äcker, Wiesen, Weingärten, Waldungen, vom im Inlande erhaltenen Vieh, endlich die sogenannten Provententaxe von verschiedenen auf den Grundbesitz bezugnehmenden Artikeln wegfallen7, wird eine Erhöhung des Steuerbetrags auf Grund und Boden im ganzen um 955.000 fr. eintreten, was bei dem Fortbestande der Personalsteuern im unverminderten Betrage dem Lande für dermalen wenigstens eine nicht wohl zu erschwingende Last auferlegen würde. Um nun die Ah. anbefohlene Einführung des Grundsteuerprovisorii nicht länger mehr aufzuschieben, vermeinte der Finanzminister, damit eine Erleichterung in den Personalsteuern, welche großenteils auch den Grundbesitzer treffen, in Verbindung bringen und sonach die Herabsetzung der Bürger-, Kopf- und Schutztaxe auf die Hälfte des bisherigen Ausmaßes vorschlagen zu sollen. Hiermit würden diese Taxen gerade auf denjenigen Betrag herabgesetzt, wie solcher für Ungern bemessen ist8, und es würde der daran sich ergebende Ausfall von etwas über 800.000 fr. geeignet sein, die bei der Grundsteuer eintretende Erhöhung bis auf einen unbedeutenden Betrag zu kompensieren. Den Ministern des Inneren und des Kultus schien jedoch dieses Ausgleichungsmittel nicht vollkommen entsprechend zu sein. Denn die Erleichterung kommt den Grundbesitzern nicht gleichmäßig wie den bloß der Personalsteuer unterworfenen Kontribuenten zugute. Letzteren wird nämlich ihre bisherige Steuergebühr unbedingt um die Hälfte vermindert, während der Grundbesitzer nach Einführung des Provisoriums fast das Doppelte seiner bisherigen Grundsteuer zu entrichten haben und an der Erleichterung in der Personalsteuer nur insofern teilnehmen würde, als er derselben auch nebst der Grundsteuer unterworfen ist. Ein finanzieller Vorteil ist mit der Maßregel ebenfalls nicht verbunden, weil der erhöhte Grundsteuerertrag durch die Verminderung der Personalsteuer fast ganz absorbiert wird. Überdies ist nach der Versicherung des Finanzministers eine Regulierung der Personal-, namentlich der Erwerbssteuer im allgemeinen in Verhandlung und dürfte vielleicht schon binnen Jahresfrist zur Ausführung kommen9. Sonach würde binnen kurzem die Personalsteuer in Siebenbürgen wieder einer Abänderung unterworfen werden müssen. Die beiden Votanten waren daher der Ansicht, daß es kaum die Mühe lohnen würde, für eine so kurze Zeit eine Maßregel ins Leben treten zu lassen, die einerseits den Finanzen keinen Nutzen gewähren, andererseits aber den Grundbesitzern Ursache zu Klagen geben würde. Sie erachteten daher, daß mit der Einführung des Grundsteuerprovisoriums in Siebenbürgen bis zu dem Zeitpunkte zugewartet werden dürfte, wo die Personalsteuern reguliert sein werden, um dann zugleich mit diesen unter Abschaffung der bisherigen bis dahin noch unverändert beizubehaltenden Bürger-, Kopf- und Schutztaxen in Siebenbürgen eingeführt zu werden.
|| S. 311 PDF || Die Richtigkeit der vorgebrachten Bemerkungen anerkennend, jedoch durch den bestimmten Ah. Befehl wegen Einführung des Grundsteuerprovisoriums in Siebenbürgen gebunden, glaubte der Finanzminister dem ihm erteilten Ah. Auftrage in der Art entsprechen zu dürfen, daß seinem ursprünglichen Antrage — unter Auseinandersetzung der gegen dessen Ausführung erhobenen Bedenken — der Antrag der Majorität der Konferenz: es einstweilen in Siebenbürgen bei der bestehenden Steuereinrichtung zu belassen, als Alternative der Ah. Auswahl Sr. Majestät unterzogen werde10.
Wien, am 19. August 1854. Gr[af] Buol.
A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 7. September 1854.