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Nr. 240 Ministerkonferenz, Wien, 29. Juli 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 29. 7.), Bach 8. 8., Thun, Baumgartner; anw. K. Krauß.

MRZ. – KZ. 2804 –

Protokoll der zu Wien am 29. Julius 1854 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Übersiedlungskosten des Oberlandesgerichtspräsidenten Leopold Baron Hennet

Der Justizminister referierte über die Meinungsdifferenz, welche laut seines Vortrags vom 20. d. M., KZ. 2915, MCZ. 2358, zwischen ihm und dem Finanzminister in Ansehung der von dem Oberlandesgerichtspräsidenten Freiherrn v. Hennet angesprochenen Übersiedlungskosten obwaltet.

Er bemerkte: Baron Hennet wurde nämlich unterm 1. Hornung 1854 zum Oberlandes­gerichtspräsidenten in Gratz mit 6000 f. Gehalt ernannt und später aus Dienstesrücksichten unterm 3. März 1854 in gleicher Eigenschaft mit gleichem Gehalte nach Prag bestimmt, hat daher nach der Ansicht des Justizministers auf die Vergütung der Übersiedlungskosten normalmäßig Anspruch, weil er ex officio und ohne Gewinn in utili et honorifico übersetzt worden ist. Daß er zu Gratz noch nicht in den Genuß der 6000 f. getreten war, ist ein zufälliger Umstand, der hier nichts entscheiden dürfte, weil das Recht zum Bezuge der 6000 f. mit dem Tage der Ernennung bestand und die Anweisung dieses Gehalts hätte erfolgen müssen, wenn der Justizminister nicht wieder aus anderen ebenfalls dienstlichen Rücksichten damit zuzuwarten für nötig erachtet hätte. Dieses aber sollte dem Baron Hennet nicht zum Nachteile gereichen, und wenn schon der normalmäßige Anspruch auf die Vergütung der Übersiedlungskosten bezweifelt werden will, doch den Finanzminister bestimmen, aus Billigkeitsrücksichten einem diesfalls im Gnadenwege bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage nicht entgegenzutreten. Der Finanzminister erklärte, von seinem Standpunkte aus sich nur an den faktischen Stand halten zu können. Baron Hennet hatte, als er nach Prag mit 6000 f. ernannt wurde, noch sein früheres Gehalt von 5000 f. Die Erhöhung desselben auf 6000 f. in Gratz ist nicht zur Ausführung gekommen, er hat also durch seine Versetzung nach Prag faktisch 1000 f. gewonnen, mithin auf einen Übersiedlungsbeitrag normalmäßig keinen Anspruch. Insofern hypothetisch eingewendet wird, daß dem Baron Hennet — wenn der Justizminister die Anweisung des höheren Gehalts für Gratz gleich verlangt hätte — die 6000 f. schon vom 1. März 1854 [an], also vor der Versetzung nach Prag, hätten flüssiggemacht werden müssen, so ist darauf bloß mit der Erklärung, daß dieses nicht geschehen ist, oder mit einer andern Hypothese zu erwidern: Wie, wenn er gleich anfänglich (am 1. Februar) nach Prag wäre ernannt worden? Der Finanzminister vermag daher von seiner Ansicht nicht abzugehen. Gnadenrücksichten zu würdigen, bleibt Sr. Majestät vorbehalten.

|| S. 302 PDF || Die übrigen, also mehreren Stimmen erkannten jedoch, daß Baron Hennet die Übersiedlungs­vergütung gebühre, weil mit dem Tage seiner Ernennung zum Präsidenten des in seinem Sprengel bedeutend erweiterten Oberlandesgerichts Gratz auch das Recht auf den Bezug des damit neu systemisierten Gehalts von 6000 f. eingetreten und die Anweisung desselben nur aus Dienstes­rücksichten, nämlich bis zur gänzlichen Aktivierung der Gerichte, unterblieben war1.

II. Ersatz des durch die Verbrechen des Hochverrates, Aufstands und Aufruhrs angerichteten Schadens

Der Justizminister referierte über den zwischen ihm und dem Minister des Inneren vereinbarten Entwurf einer Verordnung in betreff der Maßregeln zur Sicherstellung des Ersatzes des durch die Verbrechen des Hochverrates, Aufstands und Aufruhrs verursachten Schadens2. Diese Maßregeln haben hiernach in der Pfändung beziehungsweise Sequestration des Vermögens des Beschuldigten während der Dauer der Untersuchung und nach deren Schluß in dem Erkenntnisse über deren Fortdauer oder Aufhebung zu bestehen.

Eine einzige Differenz der Anträge hat sich hierbei ergeben, indem der Minister des Inneren der Meinung war, daß die Sicherstellungsmaßregel (Pfändung oder Sequestration) gegen das Vermögen des Beschuldigten jedesmal eingeleitet werden soll, während der Justizminister dies für zu weitgehend und in vielen Fällen für überflüssig erkannte, wo z. B. bekannt ist, daß durch das Verbrechen, zumalen wenn es beim bloßen Versuche geblieben ist, gar kein Schaden angerichtet worden. Der Minister des Inneren verkannte nicht die Richtigkeit dieser Bemerkung und war daher mit dem Justizminister darin einverstanden, daß an geeigneter Stelle im ersten Absatz der Verordnung eingeschaltet werde: „Die Sequestrierung hat zu unterbleiben, wenn dargetan ist, daß kein Schaden erwachsen.“

Die übrigen Mitglieder hatten gegen den Inhalt dieses, der Ah. Sanktion Sr. Majestät zu unterziehenden Verordnungsentwurfs nichts einzuwenden, nur glaubten die Minister des Kultus und des Äußern die Bemerkung nicht unterdrücken zu können, daß ihnen die — auch von Feldmarschall Grafen Radetzky bevorwortete — Aufrechthaltung der Vermögenskonfiskation beim Verbrechen des Hochverrates wirksamer als diese und die ihr zum Grunde liegende Verfügung geschienen hätte3.

A[h]. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Josepha .