MRP-1-3-03-0-18540625-P-0231.xml

|

Nr. 231 Ministerkonferenz, Wien, 25. Juni 1854 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Ransonnet; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 25. 6.), Bach, Baumgartner, K. Krauß; außerdem anw. Hess, Bamberg; abw. Thun.

MRZ. – KZ. 2180 –

Protokoll der am 25. Junius 1854 abgehaltenen Konferenz unter dem Vorsitze des Präsidenten der Ministerkonferenz und Ministers des Äußern Grafen Buol-Schauenstein.

I. Finanzielle und administrative Maßregeln im Falle einer Okkupation der Walachei

Der Präsident der Ministerkonferenz Graf Buol-Schauenstein eröffnete die Sitzung mit der Mitteilung, daß Se. k. k. apost. Majestät sogleich nach der in naher Aussicht stehenden Räumung der Walachei durch die russischen Truppen ein österreichisches Korps in dieses Fürstentum einrücken zu lassen Ah. beabsichtigen, um in diesem mit der Anarchie bedrohten Lande die Ordnung zu erhalten oder — wo es nötig — sie wiederherzustellen1.

Da jedoch Se. Majestät für den eintretenden Fall schon jetzt die Bestimmungen über die finanzielle Seite der fraglichen Okkupation festzustellen gedenken, geruhten Allerhöchstdieselben, die heute versammelte Konferenz anzuordnen, welche sich mit der Beratung der einschlägigen Punkte und insbesondere der Frage zu beschäftigen hat, in welcher Währung die Auslagen für das österreichische Korps in der Walachei zu bestreiten wären. Es gäbe diesfalls verschiedene Modalitäten: ganz in Metallgeld; teils in Metall, teils in österreichischem Papiergeld; ganz in Papiergeld; in Bons usw. Der von Sr. Majestät dem Kaiser mit dem Oberkommando der dritten und vierten Armee betraute Feldzeugmeister Freiherr v. Hess ergriff hierauf das Wort und erörterte, in welcher Art zwei österreichische Divisionen in einer Gesamtstärke von höchstens 25.000 Mann die kleine Walachei und von der großen Walachei wenigstens jenen Teil zu besetzen haben würden, der sich durch eine von der Ostgrenze Siebenbürgens perpendikulär auf die Donau gefällte Linie abschließt. Eine größere Truppenmacht dorthin zu verlegen, hielte Feldzeugmeister Baron Hess — solang nicht politische Konjunkturen es erheischen — für unnotwendig, ja selbst nicht für rätlich, und zwar teils aus finanziellen, teils aus Sanitätsrücksichten für die k. k. Truppen, endlich zur Schonung des bereits ausgesogenen Landes. Der Feldzeugmeister || S. 277 PDF || würde selbst glauben, daß dieser Truppenstand durch allmähliche Rückmärsche bis auf etwa 12.000—13.000 Mann nach Tunlichkeit vermindert werden könnte2. Dies sei die Basis, auf welcher der Finanzminister vorläufig seine Berechnungen stützen könnte. Der Finanzminister Ritter v. Baumgartner verwahrte sich auf das bestimmteste dagegen, daß alle Gebühren, selbst für ein minder zahlreiches Korps, in Silber bezahlt würden. Denn wenngleich diese Last noch für die Finanzen erschwinglich wäre, so besorge er davon gefährliche Konsequenzen, wenn eine größere Streitmacht ins Ausland gesendet würde. Diese Silberzahlungen würden außerdem auf die Armee im Inlande, die ihre geringeren Gebühren in Papier erhält, und auf den Beamtenstand, dessen größte Mehrzahl mit schweren Entbehrungen kämpft, einen ungünstigen Eindruck üben. Österreich habe auch in dem letzten Kriege mit Frankreich seine Truppen mit Papiergeld gezahlt3, dies könne daher in der Walachei — einem benachbarten Land, wo österreichisches Papiergeld schon lange bekannt ist — um so leichter geschehen. Damit jedoch das k. k. Militär dort nicht ganz von Metallgeld entblößt sei und sich desselben bei dringenden kleineren Zahlungen bedienen könne, dürfte die sogenannte Kriegszulage ab aerario in Silber bezahlt werden. Dies sei aber auch das äußerste Zugeständnis, das der Minister mit Hinblick auf den Zustand der Finanzen verantworten zu können erachte. Diesem Antrage sind die übrigen Konferenzmitglieder nach reifer Erwägung beigetreten.

Über die weitere Frage, ob die Verpflegung der Truppen vom Lande unentgeltlich zu fordern sei, bemerkte Minister Graf Buol-Schauenstein , daß England und Frankreich die Kosten der Verpflegung ihrer Kontingente ganz auf sich genommen haben. Der Generaladjutant und Sektionschef GM. Bamberg machte auf die Notwendigkeit aufmerksam, sich der Beistellung der Verpflegungsartikel vom Lande selbst entweder gratis oder doch zu billig festgesetzten Lieferungspreisen, zu versichern, widrigens man in die nachteilige Alternative versetzt wäre, die Verpflegung entweder mit großen Kosten aus Österreich nachführen zu lassen oder aber in der Walachei überspannte Preise zu bezahlen. Hiemit völlig einverstanden, erklärte der Finanzminister , daß er es der Würde und dem wohlverstandenen Interesse der österreichischen Regierung angemessen halte, die Lieferungen dortlands in Papiergeld und nicht — wie die Russen — in Bons zu bezahlen. Letztere haben nur wenig Wert und sind als Zahlungsmittel im gewöhnlichen Verkehr nicht zu verwenden, daher auch sehr unpopulär, während das Papiergeld doch einen meßbaren, wenngleich etwas schwankenden Wert besitzt und um so bereitwilliger in der Walachei angenommen werden wird, besonders wenn andererseits auch die Steuerkassen dasselbe als Zahlungsmittel von den Kontribuenten annehmen. Der Minister des Inneren , diese Ansicht teilend, wies auf die Notwendigkeit hin, in Bukarest gleich nach dem Einrücken || S. 278 PDF || aunter der Leitung eines höher gestellten Zivilfunktionärs als kaiserlicher Kommissär eine provisorische Verwaltung, welcher österreichische Beamte aus den politischen, polizeilichen, judiziellen und finanziellen Zweigen beizugeben sinda, zusammenzusetzen, welche im Einvernehmen mit dem Truppenkommandanten die Verwaltung zu reorganisieren und für die Bedürfnisse des öffentlichen Dienstes zu sorgen haben werde. Daß ihr zu diesem Zwecke die Einhebung und Verwendung der Steuergelder eingeräumt werden muß, liegt in der Natur der Sache.

Nachdem die Konferenzglieder diesen von den Ministern des Inneren und der Finanzen entwickelten Ansichten beigetreten waren, erklärte der Präsident Graf Buol , in diesem Sinneb, insoweit es mit der abgeschlossenen Konvention verträglich erscheintb, mit der Pforte Rücksprache pflegen zu wollenc, 4.

Ah. [E.] Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Wissenschaft genommen. Franz Joseph. Wien, den 25. Juni 1854.