Nr. 180 Ministerkonferenz, Wien, 29. November 1853 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Wacek; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 3. 12), Bach, Thun, Baumgartner; abw.abwesend K. Krauß.
MRZ. – KZ. 5074 –
Protokoll der am 29. November 1853 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schaunstein.
I. Sichtungsoperat bezüglich der Untersuchungen vor den Siebenbürger Kriegsgerichten
Der Minister des Inneren referierte über das von dem Militär- und Zivilgouvernement von Siebenbürgen vorgelegte Sichtungsoperat bezüglich der kriegsrechtlichen Untersuchungen wegen Beteiligung an den revolutionären Vorgängen der Jahre 1848 und 1849.
Dieses Operat betrifft folgende fünf Individuen:
1. Samuel Szegedi. Dieser war beim Ausbruche der Revolution Stuhlrichter in Blasendorf, hat unter der revolutionären Regierung den Dienst fortgesetzt und die von dieser Regierung ergangenen Aufträge vollführt. So hat derselbe eine Rekrutierung für die revolutionäre Regierung vorgenommen, welche Rekrutierung jedoch wegen Annäherung der Russen keinen weiteren Erfolg hatte, etc.
2. Karl Jakob war Stuhlrichter in Maros und hat im Jahre 1848 feindliche Gesinnungen gegen die Ah. Dynastie und die k. k. Regierung an den Tag gelegt. Als Stuhlrichter hat er die von der revolutionären Regierung ergangenen Befehle ausgeführt, die für das Insurgentenheer nötigen Lieferungen auf die Gemeinden repartiert und eingehoben usw. Beide waren zur Zeit der gegen sie eingeleiteten Untersuchungen Steuerassistenten in Blasendorf, und das Militär- und Zivilgouvernement ordnete gleichzeitig mit der Untersuchung die Enthebung derselben || S. 53 PDF || von ihren Dienstposten an, was auch geschehen ist. Das Kriegsgericht in Hermannstadt bemerkte, daß diese zwei Individuen die Interessen der revolutionären Regierung allerdings gefördert haben, daß sie aber dies, solange sie im Amte blieben, tun mußten, daß insbesondere Karl Jakob illoyale Gesinnungen äußerte, daß aber beide keine besonders hervorragende oder gefährliche Tätigkeit zugunsten der revolutionären Regierung entwickelt haben. Dieses Gericht sprach sich daher unterm 29. Juni 1853 einstimmig dahin aus, daß gegen diese zwei Individuen eine weitere kriegsrechtliche Untersuchung nicht stattzufinden hätte. Die Hermannstädter und die gemischte Ministerialsichtungskommission sprachen sich im gleichen Sinne aus, weil beide Individuen keine hervorragende, ihren Wirkungskreis als Stuhlrichter überschreitende Tätigkeit für die Revolution entwickelt haben und weil, was insbesondere den Karl Jakob anbelangt, der durch die verheerenden Züge der Romanen an seinem Vermögen einen bedeutenden Schaden erlitten hat, sein Verhalten gegen die Romanen in diesem Umstande einige Entschuldigung finden dürfte.
3. Franz Ribiczei (Vater) und
4. Franz Ribiczei (Sohn), beide Grundbesitzer. Ersterer war beim Ausbruche der Revolution Buchhalter beim Komitate, letzterer Bürgermeister in Körösbanya. Beide haben Ämter von der revolutionären Regierung übernommen, verblieben darin bis Juni 1849 und haben während der Zeit ihrer Amtierung die von der gedachten Regierung zugunsten der Rebellen ergangenen Anordnungen vollzogen.
Das Hermannstädter Kriegsgericht sprach sich wegen Abseins einer besonders hervorragenden und gefährlichen Wirksamkeit dieser Individuen zugunsten der Rebellenregierung und wegen Mangels des Tatbestandes und der gesetzlichen Beweise darüber unterm 30. Juni 1853 einstimmig dahin aus, daß von der weiteren kriegsrechtlichen Untersuchung gegen sie abzulassen wäre. Sowohl die Sichtungskommission in Hermannstadt als die gemischte Ministerialkommission erklärten sich aus den angeführten Gründen damit einverstanden.
5. Benkö Elek, dermalen k. k. Schätzungskommissär in Déva, war beim Ausbruche der Revolution in Siebenbürgen im Jahre 1848 Stuhlrichter des Maros-Ujvarer Bezirkes1. Das Hermannstädter Kriegsgericht fand, daß gegen dieses Individuum wegen seiner nicht rechtlich erwiesenen Teilnahme an der Verurteilung von Romanen eine weitere Untersuchung nicht Platz greifen könne, und da seine sonstige Tätigkeit zugunsten der Rebellen keineswegs hervorragend und gefährlich war, so faßte dieses Gericht unterm 13. Juli 1853 den einstimmigen Beschluß, daß von jeder weiteren kriegsrechtlichen Untersuchung gegen Benkö Elek abzulassen wäre.
Die Hermannstädter Sichtungskommission und die Ministerialkommission vereinigen sich mit dieser Ansicht.
Das Militär- und Zivilgouvernement von Siebenbürgen fand bei der Einbegleitung dieses Sichtungsoperates bei keinem der genannten Individuen gegen die || S. 54 PDF || Ansichten des Kriegsgerichtes und der Landessichtungskommission eine Erinnerung zu machen. Bei dieser Übereinstimmung der Anträge glaubt auch der Minister des Inneren au. antragen zu sollen, Se. Majestät möchten bei allen fünf genannten Individuen die Aufhebung der in der Rede stehenden Untersuchungen Ag. zu genehmigen geruhen. Der Minister des Inneren behält sich übrigens vor, bezüglich des Benkö, welcher k. k. Schätzungskommissär in Déva sein soll, falls er sich noch in diesem Dienste befände, wegen seiner Belassung darin oder seiner Enthebung von diesem öffentlichen Dienste mit dem Finanzministerium Rücksprache zu pflegen. Die Ministerkonferenz fand gegen die Anträge des Ministers des Inneren nichts zu erinnern2.
II. Universitätsreform (= Sammelprotokoll Nr. 194)
Die am 29. [sic!] November 1853 begonnene Beratung über die Nachweisung des Unterrichtsministers bezüglich der Erfolge des bisherigen neuen Universitätsstudiums und der hiernach noch zu treffenden Maßregeln wurde fortgesetzt, worüber das Nähere in dem besonderen über diesen Gegenstand angelegten Protokolle aufgenommen erscheint3.
Wien, am 30. November 1853. Gr[af] Buol.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. [Wien, 19. Dezember 1853.]a