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Nr. 143 Ministerkonferenz, Wien, 23. Juli 1853 – Protokoll I - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 23. 1.), Bach, Thun, Baumgartner; abw. K. Krauß.

MRZ. – KZ. 3091 – (Prot. Nr. 63/1853) –

Protokoll der zu Wien am 23. Julius 1853 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers des Äußern und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

I. Organisierung der Gerichtshöfe erster Instanz in Österreich ob der Enns

Der Minister des Inneren referierte in Vertretung des Justizministers über dessen Vortrag vom 10. Juli 1853, KZ. 2865, MCZ. 2315, über die im Lande ob der Enns zu errichtenden Gerichtshöfe erster Instanz, und zwar eines Landgerichtes in Linz und dreier Kreisgerichte zu Wels, Steyr und Ried, mit einem Personalstande von 150 Individuen und einem Kostenaufwande von 109.694 f. im ganzen, wogegen von Seite der Konferenz nichts erinnert wurde1.

II. Strafen wegen Festungsbeschädigung

Dann über dessen – des Justizministers – Vortrag v. 11. Juli 1853, KZ. 2935, MCZ. 2382, betreffend die Erlassung einer kaiserlichen Verordnung, giltig für das ganze Reich mit Ausnahme der Militärgrenze, wegen Bestrafung von Beschädigungen und Diebstählen in den zu fortifikatorischen Zwecken dienenden Anlagen und Werken der Festungen, festen Plätzen und Zitadellen, gegen deren Inhalt und Erlassung in der angetragenen Weise von keiner Stimme der Konferenz eine Einwendung erhoben worden ist2.

III. Entschädigung ungarischer Kontribuenten

Der Minister des Inneren referierte über seinen Vortrag vom 13. Juli 1853, KZ. 2869, MCZ. 2328, über die Frage, wie hinsichtlich der den ungrischen Kontribuenten Ah. bewilligten Entschädigung für das während der französischen Kriege bei Ärarialtransporten eingebüßte Zugvieh dann vorzugehen sei, wenn der Kontribuent ohne Erben ab intestato gestorben ist.

Es besteht hierüber eine Meinungsdifferenz. zwischen dem Ministerium des Inneren und jenem der Finanzen, indem ersteres die betreffenden Beträge den übrigen Kontribuenten zuzuwenden, letzteres sie dem Fiskus zuzusprechen anträgt. Ersteres macht vorzüglich den Umstand geltend, daß mit der Ah. Entschließung vom 17. Oktober 1843 der Gesamtentschädigungsbetrag von 43.395f. überhaupt den Kontribuenten bewilligt und in frühem ähnlichen Fällen ebenso vorgegangen worden sei; letzteres stützt sich auf das Recht des ungrischen Fiskus, solche Beträge als Teile einer erblosen Verlassenschaft einzuziehen3. Der Minister des Inneren erklärte nun, im Prinzip zwar der auch vom Finanzminister vertretenen Ansicht über das Fiskalrecht nichts entgegensetzen zu können, auch bei der Geringfügigkeit des Gegenstandes keinen besonderen Wert auf seinen Antrag zu legen, den er nur mit Berücksichtigung der angeführten Billigkeitsgründe unterstützt hat; da aber auch der Finanzminister, salvo principio, ebenfalls keinen besonderen Wert auf die Einziehung der nicht bedeutenden Beträge pro aerario zu legen äußerte, so wird es zunächst auf die Auslegung der Ah. Entschließung vom 17. Oktober 1843 ankommen: ob nämlich durch dieselbe die Gesamtsumme der bewilligten Entschädigung allen beschädigten Kontribuenten zugute geschrieben oder aber nur jedem einzelnen der ihn treffende Betrag zugewendet werden wollte.

In dieser Beziehung glaubte die Konferenz, es lediglich der Ah. Gnade Ew. Majestät anheimstellen zu sollen, welcher von beiden Anträgen, jener des Ministers des Inneren oder jener des Finanzministers, der Ah. Genehmigung gewürdigt zu werden verdiene4.

IV. Neue Stempelvorschriften

Mit Beziehung auf den in der Konferenz vom 19. d. M. sub VI! gehaltenen Vortrag wegen Einführung der Stempelmarken erbat sich und erhielt der Finanzminister die Beistimmung der Konferenz zur unmittelbaren Vorlegung des angeschlossenen Entwurfs a(liegt bei MCZ. 2638 /1853)a der Vorschrift über den Gebrauch der gedachten Marken, nachdem derselbe lediglich Detailbestimmungen enthält, || S. 230 PDF || welche infolge der Annahme des Prinzips einer weiteren Beratschlagung in der Konferenz nicht mehr bedürfen5.

V. Agitation des Mihailo Obrenović

Der Minister des Äußern eröffnete der Konferenz den Inhalt eines Konsulatsberichts aus Belgrad, wornach der in Wien befindliche Mihailo Obrenović, Sohn des ehemaligen Fürsten Milos von Serbien, von hier aus Schreiben an alle Senatoren in Serbien erlassen hat, worin er erklärt, zwar gegen die dermalige Regierung daselbst nichts unternehmen zu wollen, wenn aber in der Folge eine Veränderung eintreten und er zum Oberhaupte der Nation gewählt werden sollte, so verspreche er vollkommene Amnestie, Belassung der bisherigen Beamten in ihren Stellen und Beobachtung der Landesgesetze. Diese Erlässe haben eine bedeutende Aufregung sowohl bei den Serben als bei den türkischen Autoritäten verursacht und von Seite des Fürsten eine Aufforderung an die Behörden zur Wachsamkeit und zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Lande veranlaßt6.

Der Vorgang des jungen Obrenović – bemerkte der Minister des Äußern – trägt den Charakter einer Verletzung des Gastrechts an sich, welches dieser Mann von Seite der k. k. Regierung hier genießt; er verdient daher eine Zurechtweisung und Warnung für die Zukunft, umso mehr als ein solches Benehmen leicht zur Kompromittierung der k. k. Regierung Veranlassung geben kann. Da indessen das Aktenstück (sein Aufruf) selbst nicht vorliegt, so dürfte es angemessen sein, ihn vorläufig unter Mitteilung des Inhalts des eingangs gedachten Berichts über den Sachverhalt zu vernehmen und, wenn sich derselbe bestätigt, auf die hierdurch begangene Verletzung des Gastrechts aufmerksam zu machen, ihm den Standpunkt, von welchem aus die k. k. Regierung die Sache ansehen muß, vorzuhalten und ihn vor weiteren Akten dieser Art mit der Andeutung zu warnen, daß, wenn er fortfahren sollte, Korrespondenzen zur Untergrabung einer mit der k. k. Regierung in freundschaftlichen Beziehungen stehenden Staatsgewalt zu pflegen, er der bisher hier gewährten Gastfreundschaft verlustig sein würde. Es handelt sich indessen hier um einen bloßen Privatmann, dessen Vater wohl Fürst von Serbien war, [der] aber kein dynastisches Recht besitzt und bei dem keine jener Rücksichten eintreten, welche eine unmittelbare Beziehung zu dem Ministerium des Äußern begründen. Sonach glaubte der Minister des Äußern, daß die proponierte Vernehmung und Verwarnung Obrenović nicht von ihm, sondern vom Minister des Inneren oder vom Chef der Polizei auszugehen hätte.

|| S. 231 PDF || Da die Konferenz diese Ansicht teilte, so wird der Minister des Äußern den Konsulatsbericht zur weiteren Veranlassung an die betreffende Autorität gelangen lassen7.

VI. Reform der Gymnasialstudien (= Sonderprotokoll Nr. 144)

Kam das infolge Ah. Kabinettsschreibens vom 13. Juli 1852 vom Unterrichtsminister vorgelegte Elaborat über die Organisation der Gymnasien zur Beratung, worüber ein besonderes Protokoll aufgenommen worden ist8.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Schönbrunn, 11. August 1853.