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Nr. 67 Ministerkonferenz, Wien, 27. November 1852 II - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • Sonderprotokoll; RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. und anw. (Buol 28. 11.), Bach 30. 11., Thinnfeld, Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner,. abw. Stadion.

MRZ. – KZ. 4486 – (Prot. Nr. 62/1852) –

Protokoll der am 27. November in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

V. Vereinfachung der Kundmachung der Gesetze und der Einrichtung des Reichsgesetzblattes

Der Gegenstand dieses Protokolls sind die Ah. abgeforderten Anträge wegen Vereinfachung der Kundmachung der Gesetze und Verordnungen und der Einrichtung des Reichsgesetzblattes.

Mit dem an den Minister der Justiz erlassenen Ah. Kabinettsschreiben vom 14. September 1852 haben Se. Majestät den Ah. Willen dahin auszusprechen geruht, daß das Reichsgesetzblatt fortan nur in deutscher Sprache und für das lombardisch- venezianische Königreich in italienischer Sprache erscheine, alle anderen Ausgaben jedoch einzustellen seien1. In Absicht auf das Reichsgesetzblatt erhielt der Justizminister den Ah. Auftrag, im Einvernehmen mit dem Finanzminister den diesfälligen Antrag zu erstatten. Über einen vom Justizminister unterm 15. September 1852 erstatteten au. Vortrag geruhten Se. Majestät mit Ah. Entschließung vom 26. September 1852 den Ah. Willen weiter dahin auszusprechen, daß künftig bei allen durch das Reichsgesetzblatt kundzumachenden Gesetzen und Verordnungen der deutsche Text als der alleinig authentische angesehen werde2, die bei den Übersetzungen in andere Landessprachen entstehenden Zweifel daher nach dem deutschen Texte zu lösen seien. Ferner befahlen Se. Majestät, daß alle unnützen und entbehrlichen Vervielfältigungen der Gesetzblätter abgestellt und der damit verbundene Aufwand auf das unentbehrlichste Maß beschränkt werde. Da übrigens das dermalige Verfahren in Beziehung auf das Gesetzblatt durch das Gesetz vom 4. März 1849 und einige nachträgliche Verordnungen geregelt worden ist3, so verstehe es sich von selbst, daß eine Abänderung desselben erst durch ein neues Gesetz verfügt werden könne, wozu nun die Anträge vom Justizminister im Einvernehmen mit dem Finanzminister zu erstatten seien. Die Minister der Justiz und der Finanzen haben, den Ah. Auftrag vom 14. und 26. September 1852 ad litteram einhaltend, unterm 14. Oktober 1852 ohne vorläufige Konferenzberatung einen gemeinschaftlichen au. Vortrag erstattet, aweil sie zu dieser Berichterstattung ausdrücklich von Sr. Majestät beauftragt wurden und die Einvernehmung eines anderen Ministeriums ohne Ah. Genehmigung nicht vornehmen zu dürfen glaubtena weil sie zu dieser Berichterstattung ausdrücklich von Sr. Majestät beauftragt wurden und die Einvernehmung eines anderen Ministeriums ohne || S. 343 PDF || Ah. Genehmigung nicht vornehmen zu dürfen glaubten, und haben den Entwurf eines Ah. Patents wegen Vereinfachung der gesetzlichen Bestimmungen über die Kundmachung der Gesetze und Verordnungen sowie wegen besserer Einrichtung des Reichsgesetzblattes der Ah. Schlußfassung unterzogen4 Se. Majestät geruhten hierüber Allerhöchstihren Reichsrat zu vernehmen. Der Reichsratspräsident Freiherr v. Kübeck hat unterm 30. Oktober 1852 über mündlichen Ah. Auftrag diesen Gegenstand an den Minister des Äußern und Präsidenten der Ministerkonferenz Grafen v. Buol-Schauenstein zu dem Ende geleitet, damit derselbe zur Beratung in der Ministerkonferenz gelange, worin derselbe mit Rücksicht auf die in k. k. Patenten übliche Formel "Nach Anhörung Unserer Minister" hätte in Vortrag gebracht werden sollen5. Der Präsident der Ministerkonferenz brachte diesen Gegenstand in der Sitzung vom 2. November 1852 zur Sprache, und es wurde der in Rede stehende Akt dem Minister des Inneren auf dessen Verlangen zur Einsicht und zur Verfassung und Vornahme des diesfälligen Referates in einer der nächsten Konferenzsitzungen mitgeteilt. Der Minister des Inneren hat, durch das Ah. Patent vom 4. März 1849 mit der Vollziehung der Gesetzespublikation mitbetraut, diesen Gegenstand in reifliche Erwägung gezogen und in der heutigen Konferenzsitzung unter Beilegung eines umständlichen Referates und eines Patentsentwurfes zu den neuen Bestimmungen über die Kundmachung von Gesetzen und Verordnungen zu diesem Protokolle in Vortrag gebrachtb .

Über die auf Seite 10-15 des Referates angeführten Grundzüge des Patents – sowohl nach dem Antrage des Justiz- und des Finanzministers als nach dem vorliegenden – ergab sich keine Erinnerung. Bei der Abstimmung über die einzelnen Paragraphe wurden folgende Bemerkungen gemacht:

Der Minister des Inneren meinte, daß der in dem Patentsentwurfe der Minister der Justiz und der Finanzen6 vorkommende § 2 zum ersten und der dortige § 1 zum zweiten mit einer kleinen Textmodifikation gemacht werden sollte, indem es ihm richtiger zu sein scheint, im ersten Paragraph den allgemeinen Satz, daß die verbindende Kundmachung der Gesetze und Verordnungen künftig nur durch das Reichsgesetzblatt zu geschehen habe, vorauszuschikken, und erst im zweiten Paragraph auszusprechen, daß für alle im Reichsgesetzblatt erscheinenden Gesetze und Verordnungen künftig der deutsche Text als der alleinig authentische anzusehen ist, als umgekehrt; womit man sich einverstanden erklärte. Rücksichtlich der vom Minister des Inneren im § 2 angetragenen Textierung: „für alle im Reichsgesetzblatte erscheinenden Gesetze und Verordnungen ist künftig der deutsche Text“ usw. statt der im anderen Entwurf vorkommenden: „In allen Gesetzen und Verordnungen ist künftig der deutsche Text“ usw. bemerkte der Minister der Justiz , daß durch die neuen Bestimmungen die Publizierung in zwei oder drei Sprachen nicht aufhöre, || S. 344 PDF || z. B. in Galizien deutsch, polnisch und ruthenisch, in Böhmen deutsch und böhmisch usw. und daß es demnach allerdings wünschenswert sei, ersichtlich zu machen, daß überhaupt der deutsche Text auch dort, wo die Gesetze in mehreren Sprachen herauskommen, als Urtext zu gelten habe. Dagegen erinnerte der Minister des Inneren , cdaß öfters, namentlich von den lombardisch-venezianischen Landesbehörden, Verordnungen in der Landessprache erlassen werden, wozu gar kein deutscher Urtext vorhanden ist,c daß die Landesgesetzblätter aufzuhören haben, daß das, was hier gesagt wird, nur von dem Reichsgesetzblatt gelte und daß es nicht notwendig erscheine, die erwähnte Bestimmung weiter auszudehnen, zumal rücksichtlich der Landesgesetzblätter nirgends ausgesprochen worden ist, daß alle Texte als Urtexte zu gelten haben. Der Justizminister erklärte sich mit dem Vorbehalte, daß bei irgendeiner anderen schicklichen Gelegenheit das von ihm Gewünschte ausgesprochen werde, mit der Ansicht des Ministers des Inneren einverstanden, welcher auch die übrigen Stimmführer der Konferenz beitraten.

Am Schlusse des § 3 des Patentsentwurfes der Minister der Justiz und der Finanzen wären nach der Ansicht des Ministers des Inneren die Worte „jedoch mit deutschen Lettern“ wegzulassen, weil diese Bestimmung nichts Wesentliches ist, unter den deutschen Schriftstellern selbst noch der Streit nicht geschlichtet ist, ob es nicht besser wäre, die deutschen Bücher mit lateinischen Lettern zu drucken und für lateinische Lettern auch das geltend gemacht werden könnte, daß bei ihrer Anwendung das Lesen deutscher Bücher den Romanen, Galiziern, Südslawen und Italienern erleichtert würde etc. Die Ministerkonferenz erklärte sich mit dieser Weglassung einverstanden.

Zu § 4 des ursprünglichen Patentsentwurfes fand sich der Minister des Inneren veranlaßt, zwei Änderungen in Antrag zu bringen: Am Anfang dieses Paragraphes wären statt der Worte: „In das Reichsgesetzblatt sind alle Reichs- und Landesgesetze usw. aufzunehmen“ folgende zu setzen: „In das Reichsgesetzblatt sind alle von Uns erlassenen Gesetze usw. aufzunehmen“, weil Landesgesetze aufzuhören haben, und am Schlusse dieses Paragraphes wären die Worte „In den letzteren Fällen“, wenn nämlich ein Gesetz oder eine Verordnung nur für einzelne Kronländer, Landesteile oder Orte des Reiches erlassen wird, in die Worte „In allen Fällen“ zu verwandeln, weil es auch in den Fällen, wenn ein Gesetz oder eine Verordnung für den ganzen Umfang des Reiches erlassen wird, notwendig erscheint, in dem kundzumachenden Erlasse selbst deutlich auszudrücken, für welchen Umfang des Staatsgebietes er zu gelten haben soll. Gegen diese von dem Minister des Inneren angetragenen Änderungen ergab sich von keiner Seite eine Erinnerung, sowie auch gegen die Weglassung der Worte am Schlusse des § 6: „Von demjenigen Ministerium oder derjenigen obersten Verwaltungsbehörde, von welcher zunächst die Kundmachung des Erlasses ausgeht“ aus dem Grunde nichts eingewendet wurde, weil die hier weggelassene Bestimmung im § 16 wieder vorkommt und diesfalls auch der anderwärts geregelte Wirkungskreis der gedachten Behörden maßgebend ist.

|| S. 345 PDF || Mit den von dem Minister des Inneren zu den § 7, 8 und 9 angetragenen Änderungen und der Versetzung der Paragraphe, wornach der § 7 den §§ 8 und 9 nachzusetzen käme, erklärte sich die Ministerkonferenz im wesentlichen einverstanden, nur der Justizminister glaubte die Vorsetzung des § 7 vor den anderen beiden dadurch gerechtfertigt, daß der § 7 die Fortsetzung der früheren, von der Kundmachung und Verlautbarung der Gesetze und Verordnungen handelnden Paragraphe ist, sich diesen daher besser anschließt, und die anderen Paragraphe erst die Wirksamkeit der Gesetze und Verordnungen zum Gegenstande haben.

Gegen die vom Minister des Inneren modifizierte Textierung des 10 sowie gegen die von ihm im § 12 angetragene Weglassung der Worte „die Minister, in deren Geschäftskreis es einschlägt“ und Aufnahme der Bestimmung in diesen Paragraph: „daß die Bestellung auf das Reichsgesetzblatt von jedem Postamte angenommen werden soll“ ergab sich keine Erinnerung.

Für den § 13 hat der Minister des Inneren eine kürzere Textierung mit Weglassung der vielen darin vorkommenden Details vorgeschlagen, womit sich die Ministerkonferenz einverstanden erklärte.

Die §§ 14 und 15 des ursprünglichen Entwurfes wären nach der Ansicht des Ministers des Inneren mit Weglassung der vielen darin vorkommenden Details, welche nicht in ein Patent, sondern in die Instruktion für die Statthalter gehören, in einen Paragraph zusammenzuziehen, welcher die Bestimmungen zu enthalten hätte, daß Verordnungen der Landesbehörden durch Einrückung in das Amtsblatt als kundgemacht anzusehen sind, daß [die] weitere Verlautbarung nach Maßgabe des strengsten Bedürfnisses stattzufinden hat und daß die Sammlung und Evidenzhaltung der Landesverordnungen durch eine von den berufenen Ministerien zu erlassende besondere Vorschrift zu regeln seien. Der vortragende Minister würde auf diese Art der Kundmachung der Landesverordnungen, welche jener des Reichsgesetzblattes analog und gegen die Kundmachung durch Zirkularien viel wohlfeiler wäre, großen Wert setzen. Bis jetzt, wo die Landesgesetzblätter bestanden, war die Kundmachung durch die Landeszeitungen allerdings nicht notwendig, allein beim Aufhören dieser Gesetzblätter dürfte es kaum eine angemessenere und billigere Kundmachungsart für die Landesverordnungen geben als eben die vorgeschlagene. Gegen die Einbeziehung der Kosten für die Zirkularien in den ohnehin von vielen Seiten belasteten Landesfonds müßte er Einsprache tun. Wie die Sammlung der so kundgemachten Landesverordnungen zu ermöglichen sei, wäre späteren, mit Rücksicht auf die Provinzialverhältnisse zu treffenden Anordnungen vorzubehalten. Der Justizminister hält die Kundmachung der Landesverordnungen durch besondere Zirkularien, ddie in den Landessprachen kundgemacht werden müßtend, für notwendig. Die Kronlandszeitungen, welche nur wenige halten, seien zu diesem Zwecke nicht hinreichend. Dann fordern die Gesetze selbst oft, wie z. B. bei Edikten, daß die Verordnungen öffentlich angeschlagen werden. Die übrigen Stimmführer traten der Ansicht des Ministers des Inneren bei, weil die Kundmachung durch die Zeitung vollkommen genüge, || S. 346 PDF || damit ein Gesetz oder eine Verordnung als giltig kundgemacht erscheine, und weil es den Statthaltern nicht benommen wird, von Fall zu Fall, wenn sie es notwendig finden, die Kundmachung auch durch Zirkularien zu veranstalten.

Schlüßlich bemerkte noch der Minister des Inneren zu § 16 (§ 15 seines Entwurfes), daß mit der Vollziehung dieses Patentes nebst dem Justizminister auch der Minister des Inneren zu beauftragen sein dürfte, weil auch die Vollziehung des Patentes vom 4. März 1849 ihm und dem Justizminister Ah. aufgetragen wurde und früher die Vereinte Hofkanzlei sogar alle Gesetze kundzumachen hatte. Dagegen ergab sich keine Erinnerung. eNur bemerkte der Justizminister, daß die Leitung des Redaktionsbüros des Reichs- und Regierungsblattes sowohl durch die Ministerialverordnung vom 2. April 1849 als auch durch den von Sr. Majestät genehmigten § 6, lit. d und e, dem speziellen Wirkungskreise dem Justizministerium übertragen wurdee Nur bemerkte der Justizminister , daß die Leitung des Redaktionsbüros des Reichs- und Regierungsblattes sowohl durch die Ministerialverordnung vom 2. April 1849 als auch durch den von Sr. Majestät genehmigten § 6, lit. d und e, dem speziellen Wirkungskreise dem Justizministerium übertragen wurde.7