Nr. 50 Ministerkonferenz, Wien, 9. Oktober 1852 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend:
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Wacek; VS.Vorsitz Buol-Schauenstein; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Buol 10. 10.), Bach 16. 10., Thinnfeld, Thun, Csorich, K. Krauß, Baumgartner; abw.abwesend Stadion.
MRZ. – KZ. 3694 – (Prot. Nr. 47/1852) –
- I. Anerbieten des Vinzenz Buday wegen Aufsuchung der ungarischen Krone
- II. Ritterstandsverleihung an den Fiskaladjunkten Vinzenz Peregalli
- III. Pensionszulage für den Kreisfußboten Anton Fischer
- IV. Abfertigungsersatznachsicht für die Waisenamtsrechnungsführerswitwe Franziska Zwieržina
- V. Gnadengabe für die Registrantenswaisen Pestazzi
- VI. Pension für den Septemviraltafelbeisitzer Johann v. Niczky
Protokoll der am 9. Oktober 1852 in Wien abgehaltenen' Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.
I. Anerbieten des Vinzenz Buday wegen Aufsuchung der ungarischen Krone
Der vorsitzende Minister der auswärtigen Angelegenheiten Graf v. Buol-Schauenstein bemerkte bei der Eröffnung der Sitzung, daß es dem Buday behufs der Auffindung der ungarischen Krone angeblich um keine Geldunterstützung, sondern lediglich um Überkommnung von Empfehlungsschreiben an die kaiserlich österreichischen Organe in der Türkei zu tun sei, um ihm dadurch das vorhabende Geschäft zu erleichtern. Der referierende Minister fügte bei, daß die über Buday eingeholten Erkundigungen ihn als einen Schwindler und Behelliger erscheinen lassen und daß es nicht ratsam, ja verfänglich und gefährlich wäre, einen solchen Menschen gleichsam als Organ der Regierung mit Empfehlungsschreiben abzuschicken, zumal auch nicht ein Schein der Hoffnung vorhanden sei, durch ihn die ungarische Krone aufzufinden. Nach der Ansicht des vorsitzenden Ministers wäre Buday einfach abzuweisen, worin ihm die Ministerkonferenz vollkommen beitrat1.
II. Ritterstandsverleihung an den Fiskaladjunkten Vinzenz Peregalli
Der Minister des Inneren brachte eine Differenz mit dem Finanzministerium die Frage betreffend zum Vortrage, ob dem pensionierten Venediger Fiskaladjunkten Vinzenz v. Peregalli der österreichische Ritterstand taxfrei, wie der Minister des Inneren meint, oder nach der Ansicht des Finanzministeriums gegen Entrichtung der Taxen zu verleihen beziehungsweise bei Sr. Majestät in Antrag zu bringen sei. Der au. Vortrag des Ministers des Inneren vom 25. Oktober 1852 a , MCZ. 3133, enthält die umständliche Darstellung der Dienste und Verdienste des Vinzenz v. Peregalli. Sämtliche Behörden erkennen den erst vor kurzem nach einer 40jährigen ausgezeichneten Dienstleistung in den Ruhestand getretenen Vinzenz v. Peregalli, welcher in den Jahren 1848 und 1849 seine Treue und Anhänglichkeit an die Regierung unzweideutig dargetan habe, einer Ag. Berücksichtigung vollkommen würdig. Der Statthalter von Venedig trug für denselben auf die Ag. Verleihung des Ordens der Eisernen Krone 3. Klasse an, || S. 255 PDF || der Generalgouverneur Feldmarschall Graf v. Radetzky meinte dagegen, daß Vinzenz v. Peregalli hinlänglich belohnt sein dürfte, wenn ihm der österreichische Ritterstand verliehen würde. Das Finanzministerium hält den Vinzenz v. Peregalli einer Ag. Anerkennung gleichfalls vollkommen würdig und erachtet, daß ihm der österreichische Ritterstand, jedoch gegen Entrichtung der Taxen zuteil werden dürfte.
Der Minister des Inneren meint dagegen, daß, da dem Peregalli der Ritterstand als Lohn seiner Verdienste, seiner treuen Ergebenheit und seiner langjährigen, ausgezeichneten und sehr nützlichen Dienstleistung zuteil werden soll, ihm diese Ah. Gnade ohne Taxentrichtung gewährt werden dürfte. Dieser letzteren Ansicht wurde von der Konferenz allseitig auch mit Zustimmung des Finanzministers beigetreten.
III. Pensionszulage für den Kreisfußboten Anton Fischer
Derselbe Minister referierte über eine weitere Differenz zwischen ihm und dem Finanzministerium hinsichtlich des Antrages über das Ah. bezeichnete Gesuch des pensionierten Kreisfußboten in Böhmen Anton Fischer um Verleihung einer Personalzulage. Der Bittsteller wurde nach einer fast 38jährigen, mit vorzüglicher Qualifikation zurückgelegten Militärdienstleistung im Jahre 1839 vom Invalidenfeldwebel als Kreisfußbote angestellt und im Jänner 1850 nach einer Gesamtdienstleistung von 48 Jahren mit seinem ganzen Gehalte von 200 f. in den Ruhestand versetzt. Er ist 68 Jahre alt, verheiratet, zwar kinderlos, hat aber zwei seiner Gattin verwandte Waisen bei sich in Versorgung. Der Statthalter von Böhmen trug für den Bittsteller in Rücksicht seiner langen, treuen und unbescholtenen Dienstleistung auf eine Personalzulage von 100 f. an, wodurch derselbe jenen Dienern gleichgestellt würde, die mit ihm in gleicher Kategorie dienten, aber erst nach Einführung der neuen Organisierung pensioniert wurden. Das Finanzministerium erklärte sich bei der mit ihm darüber gepflogenen Rücksprache gegen einen solchen Antrag, weil die Verdienstlichkeit des Bittstellers durch die Bewilligung des ganzen Gehaltes als Pension bereits angemessen berücksichtigt wurde und der Grund, daß mit der Organisierung [des] Bittstellers Nachfolger ein um 100 f. höheres Gehalt erhalten haben, nicht ohne nachteilige Exemplifikationen geltend gemacht werden könnte. Der Minister des Inneren glaubt dagegen, bei der ungewöhnlich langen, sehr gut qualifizierten Militär- und Zivildienstleistung des Bittstellers und bei der Ah. Bezeichnung seines Gesuches auf die Bewilligung einer Gnadenzulage zu seiner Pension von nur 50 f. antragen zu sollen, um durch diesen Betrag die besorgte Exemplifikation zu beseitigen.
Bei der Umfrage über diesen Gegenstand beharrte der Finanzminister bei der ausgesprochenen Ansicht seines Ministeriums, weil es Grundsatz sei, daß die Pensionisten im Ruhestande nicht mehr genießen sollen, als sie in der Aktivität gehabt haben. Die übrigen Stimmführer der Ministerkonferenz vereinigten sich dagegen bei den dargestellten rücksichtswürdigen Verhältnissen des Bittstellers, dem nun manche Emolumente entgehen, die er in der Aktivität genossen hat, mit dem Antrage des Ministers des Inneren2.
IV. Abfertigungsersatznachsicht für die Waisenamtsrechnungsführerswitwe Franziska Zwieržina
Der Justizminister Freiherr v. Krauß brachte die Verhandlung über das mit der Bezeichnung „ab Imperatore“ hinabgelangte Gesuch der Franziska Zwiedina, Witwe des am 25. Oktober 1851 nach einer 37jährigen Patrimonial-, aber nur 16monatigen Staatsdienstleistung verstorbenen Waisenamtsrechnungsführers bei dem Bezirksgerichte Teltsch in Mähren Franz Zwiedina, um die Bewilligung einer Pension für sich und von Erziehungsbeiträgen für ihre vier noch unter dem Normalalter stehenden Kinder aus dem Grunde zum Vortrage, weil darüber, ob die der Witwe bewilligte Abfertigung von 150 f. von der derselben zu erwirkenden Gnadenpension abzuziehen sei oder nicht, zwischen dem Justiz- und dem Finanzministerium eine Meinungsverschiedenheit besteht. Die Bittstellerin hat nach dem Tode ihres Gatten, da sie auf eine Pension wegen der nur kurzen Staatsdienstleistung desselben keinen Anspruch hatte, die normalmäßige Abfertigung von 150 f. erhalten. Sie ist ganz mittellos und hat zehn Kinder am Leben, von denen noch vier unter dem Normalalter stehen. Wegen der der Bittstellerin bei Sr. Majestät zu erwirkenden Gnadenpension von 100 f. für die Dauer ihres Witwenstandes und von Erziehungsbeiträgen von 20 f. für jedes ihrer unter dem Normalalter stehenden Kinder besteht keine Meinungsverschiedenheit, sondern nur darüber, ob die erwähnte Abfertigung von der zu gewärtigenden Pension abzurechnen sei oder nicht. Das Finanzministerium sprach sich für die Bejahung der Frage aus, während das Justizministerium der entgegengesetzten Ansicht ist. Die Abfertigung habe der Witwe gesetzlich gebührt. Würde dieselbe in Abzug gebracht, so würde der gedachten Witwe die gewährte Gnadengabe erst nach einem Jahre zufließen, auch sei anzunehmen, daß bei dem großen Familienstande die erwähnte Abfertigung schon lange aufgezehrt ist und eine Abrechnung der Witwe höchst beschwerlich fallen würde.
Bei der darüber gepflogenen Abstimmung haben sich unter den dargestellten rücksichtswürdigen Umständen alle Stimmführer der Konferenz, auch mit Einschluß des Finanzministers mit der Ansicht des Justizministers einverstanden erklärt.
V. Gnadengabe für die Registrantenswaisen Pestazzi
Die Registrantenswaisen Camilla und Chiara Pestazzi, die erste 45, die andere 35 Jahre alt und beide sehr arm, erwerbsunfähig und von guter Aufführung, bitten um Verleihung von Gnadengaben. Der Vater derselben diente bei 44 Jahren, zuletzt mit einem Gehalte von 600 f. Nach seinem am 26. Februar 1849 eingetretenen Tode erhielt seine Witwe die normalmäßige Pension von 200 f., und da sie schon am 4. Juni 1851 starb, sind die genannten Waisen nun jeder Stütze beraubt. Das Appellationsgericht in Venedig trägt auf Gnadengaben jährlicher 60 f. für jede an. Das Finanzministerium ist der Meinung, daß der Betrag von 40 f. für eine dem Gehalte und Range des Vaters entsprechen und in diesem Ausmaß um so mehr genügen dürfte, als bei zweimal 60 f. der Betrag von 100 f. überschritten würde, welcher den Bittstellerinnen im Falle ihrer Pensionsfähigkeit als Konkretalpension gebühren würde. Das Justizministerium glaubte bei der bedrängten Lage dieser Waisen auf Gnadengaben jährlicher 50 f. für jede antragen zu sollen.
Über die Bemerkung des Finanzministers, daß dem Gehalte von 60 f. nach der allgemeinen Gepflogenheit Gnadengaben von 40 f. entsprechen, daß in gleichen || S. 257 PDF || Fällen die dem Finanzministerium unterstehenden Beamtenwaisen nicht mehr erhalten und daß durch eine Abweichung von dieser Regel eine ungleichartige Behandlung entstünde, trat der Justizminister sowie die übrigen Stimmführer der Konferenz dem Antrage des Finanzministers bei, wornach für die Waisen Camilla und Chiara v. Pestazzi Gnadengaben von nur 40 f. von Sr. Majestät zu erbitten wären3.
VI. Pension für den Septemviraltafelbeisitzer Johann v. Niczky
Der Justizminister referierte schließlich noch über das Ah. bezeichnete Gesuch des Johann v. Niczky, Beisitzers der vormaligen Septemviraltafel in Ungarn, um Belassung seines vollen Gehaltes von 3000 f. als Pension, hinsichtlich welches Betrages sich gleichfalls eine Meinungsverschiedenheit mit dem Finanzministerium ergab, indem letzteres nur für eine Pension mit zwei Drittteilen, d. i. für 2000 f., stimmte. Die Dienste und Verdienste des v. Niczky werden in dem au. Vortrage des Justizministeriums vom 16. September 1852, KZ. 3739, umständlich auseinandergesetzt. v. Niczky wurde schon im Jahre 1807 zum Vizenotär und im Jahre 1816 zum Obernotär ernannt. Vom Jahre 1819 bis 1835 bekleidete er das Amt eines Vizegespans, wurde im Jahre 1834 aus dem juridischen Komitatsdienste in den juridischen Staatsdienst versetzt und zum Rate der königlichen Tafel ernannt, erhielt im Jahre 1836 den kaiserlichen Ratstitel, wurde im Jahre 1837 zum Vice-Judex Curiae und im Jahre 1840 zum Beisitzer der Septemviraltafel Ah. befördert. Er zeichnete sich in allen diesen Posten durch gediegenes Wissen und unbestechliche Redlichkeit aus. Als Landtagsdeputierter vertrat er stets die Interessen der Regierung. Beim Ausbruch der Revolution verließ er Pest, wurde nach Wien beschieden und hier bei wichtigen Ungarn betreffenden legislativen Arbeiten, wie bei dem Avitizitäts- und Urbarialgesetze, verwendet. Da die Ah. Entschließung vom 20. März 1850 bei besonders verdienstvollen Personen, welche in der juridischen Sphäre in Ungarn gedient haben, au. Gnadenanträge erlaubt4, bei v. Niczky diese Bedingung im vollen Maße eintritt und andere, wie Bezeredy, Szerdahelyi, Csergheö, bereits hiernach behandelt worden sind, so glaubt der Justizminister, daß dem v. Niczky bei seiner 45jährigen juridischen Dienstleistung sein ganzes Gehalt von 3000 f. als Pension um so mehr belassen werden dürfte, als die Septemvirn in Ungarn unabsetzbar und im Range den k. k. Hofräten gleich waren.
Mit diesem Antrage erklärte sich die Ministerkonferenz mit Einschluß des Finanzministers ebenso wie mit dem weiteren Antrage des Justizministers einverstanden, für den v. Niczky die taxfreie Verleihung des Titels und Charakters eines k. k. Hofrates von der Ah. Gnade Sr. Majestät zu erbitten5.
Wien, am 10. Oktober 1852. Gr[af] Buol.
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 17. Oktober 1852.