MRP-1-3-01-0-18520713-P-0027.xml

|

Nr. 27 Ministerkonferenz, Wien, 13. Juli 1852 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • 2 Hefte; RS.; P. Wacek; VS. Buol-Schauenstein; BdE. (auf dem Mantelbogen für das Gesamtprotokoll) und anw. Bach 2. 8., K. Krauß, Baumgartner 2. 8.; außerdem anw. Thinnfeld; abw. Csorich, Thun, Stadion.

MRZ. – KZ. 992/1853 – (Prot. Nr. 26/1852) –

Protokoll der am 13. Juli 1852 in Wien abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten und des kaiserlichen Hauses Grafen v. Buol-Schauenstein.

Heft 1

BdE. (BuoI o. D.).

I. Urbarialentschädigung und Grundentlastung in Ungarn, in der Woiwodschaft Serbien und dem Temescher Banat

Nachdem der Minister des Inneren in einer früheren Ministerkonferenzsitzung [sic!] (am 19.Juni und 3.Julius 1852) die Patentsentwürfe zur Regelung der zwischen den ehemaligen Grundherren und den gewesenen Untertanen in Ungarn und der Woiwodschaft Serbien mit dem Temescher Banate aus dem Urbarialverbande obwaltenden Beziehungen vorgetragen hatte1, welche Gesetzesentwürfe die Grundlage zu bilden haben, auf welcher die Entschädigungsfrage in den gedachten Ländern zu behandeln ist, brachte er in der heutigen Ministerkonferenz als zweite Abteilung des erwähnten Gesetzes die beiliegenden zwei Patentsentwürfe zum Vortrage, welche die gesetzlichen Bestimmungen enthalten, nach welchen die Urbarialentschädigung und Grundentlastung A) im Königreiche Ungarn und B) in der Woiwodschaft Serbien mit dem Temescher Banate stattzufinden hätte und auf eine allen Interessen soviel wie möglich entsprechende Weise durchzuführen wäre. Der vortragende Minister bemerkte vor allem, daß er die ämtlichen Vorarbeiten und Zusammenstellungen zu den gedachten Patentsentwürfen an Se. kaiserliche Hoheit den durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Albrecht, Militär- und Zivilgouverneur von Ungarn, und rücksichtlich der Woiwodschaft Serbien und des Temescher Banates an den FML. Grafen Coronini zu dem Ende geleitet habe, um ihre Ansichten und Anträge darüber zu vernehmen. Nach Einlangung ihrer Äußerungen wurde der Gegenstand der Frage mit Rücksicht auf den Ausfall der Beratungen über die erste Abteilung des Gesetzes, nämlich die Regelung der zwischen den ehemaligen Grundherren und Untertanen aus dem Urbarialverbande obwaltenden Beziehungen, definitiven Beratungen unterzogen, deren Resultat die vorliegenden Patentsentwürfe sind2. Diese Entwürfe zerfallen im wesentlichen in zwei Teile, von welchen der erste über die Entschädigung der von den Gründen streng urbarialer Natur entfallenden Leistungen, || S. 169 PDF || der zweite von der Ablösung der ablösbaren Leistungen handelt. Insbesondere enthalten sie Bestimmungen über die Aufhebung der Urbarialleistungen, des Untertansverbandes und der grundherrlichen Territorialjurisdiktion, über die Modalität, Ermittlung und Feststellung der Entschädigung sowohl auf Besitzungen von Privaten als jenen der Geistlichkeit, der Kammern, der Fonds und der Stiftungen für die aufgehobenen Leistungen von den Urbarialansässigkeiten und für die Remanentialgründe, über die Ablösung der ablösbaren Leistungen und das hierbei zu beobachtende Verfahren, über die Abolitionsverträge und Entschädigung des niederen Kuratklerus für den Entgang der Bezüge von dem aufgehobenen geistlichen Zehent. Der Minister des Inneren hat bei dem Vortrage dieses Gegenstandes die Grundsätze dargelegt, welche bei der Verfassung der vorliegenden Patentsentwürfe die leitenden waren und nach welchen die Urbarialentschädigung und Grundentlastung ausgemittelt werden soll, die ausführlichere Begründung der einzelnen Paragraphe und die ziffernmäßige Darstellung der Entschädigungsberechnung selbst der Erstattung des diesfälligen au. Vortrages vorbehaltend3.

Ad A) Über den von dem Minister des Inneren hierauf vorgelesenen Patentsentwurf für Ungarn ergaben sich folgende Bemerkungen:

Zu § 2: Am Schlusse dieses Paragraphes ist statt „Sie wird vom Reiche verbürgt“ zu setzen: „Sie wird vom Staate verbürgt.“ Der Justizminister Freiherr v. Krauß würde diesen Satz ganz weglassen, weil unter den gegenwärtigen Verhältnissen nur Se. Majestät die Vollführung der in der Rede stehenden Entschädigung verbürgen und gewährleisten könne und diese Gewährleistung sich in einem Patente von selbst verstehe. Indessen fand dieser Minister gegen die von den übrigen Stimmen beliebte Änderung: „Sie wird vom Staate“ - statt „vom Reiche“ - „verbürgt“ seinerseits eben auch nichts zu erinnern.

Zu § 4: Der am Schlusse dieses Paragraphes vorkommende Separatantrag wird nach dem Beschlusse der Ministerkonferenz als Punkt 4 dieses Paragraphes mit dem Ausdrucke „das ausschließliche Fleischausschrotungsrecht“ aufgenommen, dagegen der Schlußabsatz weggelassen. Als Grund dafür wurde geltend gemacht, daß das Fleischausschrotungsrecht, obwohl es auch zu den Regalrechten zählt, doch unter die im § 4 erwähnten Gegenstände aufgenommen werden müsse, weil der Ursprung dieses Rechtes aus der Territorialjurisdiktion auch aus den Bestimmungen des § 6 des VI. Gesetzesartikels vom Jahre 1836 deutlich hervorgeht4, da, im Falle der Grundherr seinen mit diesem Rechte verbundenen Verpflichtungen nachzukommen verabsäumt, die Ausübung desselben den Untertanen gestattet wird. Zum Punkte 4 (alt) des § 4 hinsichtlich des Jagd- und Vogelfangrechtes, gegen dessen Beibehaltung übrigens nichts erinnert wurde, fand der Minister des Inneren zu bemerken, daß sowohl der Herr Erzherzog Zivil- und Militärgouverneur von Ungarn als auch die Kommission den Wunsch geäußert haben, es möchten in Ansehung der Jagd dieselben gesetzlichen Bestimmungen in Ungarn eingeführt werden, wie sie für die anderen || S. 170 PDF || Kronländer bereits getroffen worden sind, d. i., es möchte ein Jagdpatent nach dem Muster der übrigen Provinzen auch in Ungarn, und bald, eingeführt werden5. Der Minister des Inneren wird ein solches Patent vorbereiten lassen und dasselbe mit tunlicher Beschleunigung zum Vortrage bringen6. Im Punkte 5 (alt) dieses Paragraphes sind nach dem Worte „Kalk“ die Worte „das Steinbrechen, Lehm- oder Sandgraben“ einzuschalten. Der Minister des Inneren fand sich bei dem § 4 noch zu der Bemerkung veranlaßt, daß auch rücksichtlich des Schank-, Mühl- und Fischereirechtes, welche - besonders das Mühlrecht - in ihrer jetzigen Allgemeinheit nicht aufrechterhalten werden können, besondere Verfügungen notwendig sein werden, welche aber abgesondert erlassen werden dürften. Um darauf vorzubereiten, wären nach seiner von der Ministerkonferenz genehmigten Ansicht dem Gesetzentwurfe über die Regelung der zwischen den ehemaligen Grundherren und Untertanen zufolge des Urbarialverbandes obwaltenden Beziehungen, [im] §20 (alt) dieses Entwurfes - welcher Paragraph lautet: „Bezüglich des herrschaftlichen Schank-, Mühl- und Fischereirechtes bleiben die Bestimmungen der bisher bestandenen Gesetze maßgebend“ - zwischen den Worten „Gesetze“ und „maßgebend“ die Worte einzuschalten: „vorbehaltlich der Regulierung dieser Rechte“. Zum Punkte 7 (alt) des § 4 fand der Minister für Landeskultur und Bergwesen Edler v. Thinnfeld zu bemerken: Das Recht zu schürfen, sowohl hinsichtlich der Metalle, die Regalien waren, als der übrigen Metalle, wie Kupfer, Eisen, Blei etc., haben die ungarischen Grundherren niemals gehabt. Wenn sie auf solche Metalle bauen wollten, mußten sie jederzeit die berggerichtliche Schurflizenz dazu erlangen. Das einzige, worauf sich die Bestimmung des Punktes 7 beziehen könnte, wären also die Steinkohlen. Rücksichtlich dieser habe aber eine Hofkammerverordnung vom Jahre 17887 den ungarischen Grundherren das unbedingte Recht eingeräumt, ohne berggerichtliche Bewilligung auf ihren und den untertänigen Gründen auf Steinkohle zu bauen. Diese Verordnung bestehe noch, da sie durch keine spätere Verordnung bis jetzt aufgehoben worden ist. Würde der Punkt 7, wie er hier steht, angenommen werden, so würde dadurch das Recht der Grundherren, auch auf den untertänigen Gründen nach Steinkohlen zu schürfen, aufgehoben und sie könnten künftig nur auf eigenem Grunde auf Steinkohlen bauen, was den Steinkohlenbau sehr beschränken und in nationalökonomischer Beziehung sehr nachteilig sein würde. Der Minister v. Thinnfeld sprach sich daher für die gänzliche Weglassung des Punktes 7 aus, wornach es bei der bisherigen Übung sein Bewenden hätte. Diese Modalität könne um so mehr empfohlen werden, als ohnehin ein neues Berggesetz in der Ausarbeitung begriffen steht und bald vorgetragen werden dürfte, || S. 171 PDF || wodurch alle diese Verhältnisse ihre Regelung ohnehin erhalten werden8. Die Ministerkonferenz stimmte der Ansicht des Ministers v. Thinnfeld für die Weglassung des Punktes 7 (alt) allseitig bei.

§ 9, 2. Zeile, sind statt der Worte „sind nach dem geraden arithmetischen Verhältnisse usw.“ die Worte zu setzen: „sind nach ihrem Teilungsverhältnisse usw.“

§ 12: Der Schluß des 1. Absatzes dieses Paragraphes hat nach den Worten „zu leisten haben“ folgende genauere Textierung zu erhalten:“ Ist der Entschädigungsbetrag durch das Urbarialgericht erster Instanz derart zu bemessen, daß für jedes der zugeteilten Joche dieser Gründe jener Betrag ermittelt wird, welcher von der nach § 8 dieses Patentes für eine Ansässigkeit in der betreffenden Gemarkung zu bemessenden Entschädigungssumme mit Rücksicht auf das in derselben Gemarkung für eine Ansässigkeit gesetzlich erforderliche Konstitutiv als Entschädigungsaversum auf ein Joch entfällt.“ Im 2. Absatz, 2. Zeile, dieses Paragraphes ist statt des Wortes „ermittelnden“ das Wort „ermittelten“ zu setzen.

§ 13, 3. Zeile von unten, sind die Worte „nach den kurrenten Preisen dieser Leistungen“ in die Worte „nach den unten folgenden Bestimmungen“ zu verändern, weil die Bestimmungen der Preise weiter unten wirklich vorkommen.

§ 15, Punkt d, 5. Zeile, und § 21, 2. Absatz, 7. Zeile, ist statt „von den Jahren 1838 bis 1847“ zu setzen: „von den Jahren 1836 bis 1845“, um die teureren Jahre 1846 und 1847 aus der Durchschnittsberechnung auszulassen. Punkt e, 7. Zeile des § 15, ist statt des Wortes „Verabfolgung“ das Wort „Zahlung“ zu gebrauchen.

§ 16, 4. Zeile, und § 18, gleichfalls 4. Zeile, ist das Wörtchen „und“ in das Wörtchen „oder“ zu verwandeln. Vor dem letzten Worte des § 18 sind die Worte „dieses Patentes“ und eben diese Worte auch im § 19, 1. Zeile, nach „18“ einzuschalten.

Bei dem § 20 fand der vortragende Minister des Inneren zu bemerken, daß ein Gegenstand der Urbarialentschädigung, nämlich der bischöfliche Zehent, den Bestimmungen dieses Gesetzes ganz entfallen sei, weil die ungarischen Bischöfe im Landtage 1848 auf eine diesfällige Entschädigung förmlich Verzicht geleistet und auf diese Weise ungefähr 40 Millionen als Opfer auf dem Altar des Vaterlandes niedergelegt haben9. Anders verhalte es sich aber mit den Bezügen der Geistlichkeit und der Kapitel als Grundherren. Hinsichtlich dieser Bezüge enthalte der ungarische Landtag vom Jahre 1848 keine Bestimmung. Der Art. IX dieses Landtages spreche im allgemeinen aus: Für die aufgehobenen Urbarialien wird eine vollkommene Entschädigung aus den Mitteln des Reiches zugesichert und die Ehre der Nation dafür verbürgt10. Ebenso sei auf dem genannten Landtage von Fiskal- und Fondsgütern keine Rede gewesen. Die ungarischen Bischöfe haben in den Jahren 1849, 1850 und 1851 wiederholte Bitten an Se. Majestät gestellt, daß den Geistlichen und Kapiteln eine Entschädigung für die aufgehobenen || S. 172 PDF || Urbarialien zuteil werden möge11. Nach der Ansicht des Ministers des Inneren wäre in Ansehung der geistlichen Kameral- und Fondsgüter in Ungarn hinsichtlich der Entschädigung ebenso vorzugehen, wie es in Ansehung solcher Güter in den anderen Kronländern geschieht, wo kein Unterschied zwischen den geistlichen und anderen Gründen gemacht wird. Der erwähnte Landtagsartikel vom Jahre 1848 habe die geistlichen Güter von einer Entschädigung nicht ausgeschlossen und die Urbarialentschädigung werde vielmehr mit den die diesfälligen Gesetze vom Jahre 1848 bestätigenden Ah. Entschließungen für die ehemaligen grundherrlichen Besitzungen im allgemeinen ohne Unterschied der Person des Besitzers zugesichert12. Der Minister des Inneren meint demnach, daß der in diesem Sinne gehaltene Separatantrag (§ 20) dem zur Seite stehenden vorzuziehen und Sr. Majestät zur Ah. Genehmigung vorzuschlagen wäre.

Mit dieser Ansicht vereinigten sich die sämtlichen Glieder der Ministerkonferenz mit der Bemerkung, daß, wenn auch dem Lande dadurch eine größere Belastung zugeht, dagegen um so weniger etwas eingewendet werden könne, als diese Mehrbelastung eine gerechte ist, und, wie der Justizminister weiter bemerkte, dadurch eine gleiche Behandlung der Güter entsteht und die geistlichen, dann Kameral- und Fondsgüter auch zur Grundentlastung beitragen müssen, daher auch Anspruch auf eine Vergütung oder Entschädigung haben.

§ 21, 4. Zeile, ist statt „Perennalverträgen“ der Ausdruck „rechtsgiltigen Perennalfassionen“ und § 23, 2. Absatz, 3. Zeile von unten, statt „zu dieser Durchführung“ „zur Durchführung“ zu setzen.

Ad B) Hinsichtlich der Durchführung der Urbarialentschädigung und Grundentlastung für die Woiwodschaft Serbien und das Terneseher Banat gelten dieselben Bestimmungen, Bemerkungen und Änderungen, welche zu dem diesfälligen Gesetzentwurfe für Ungarn gemacht und angenommen worden sind. Nur die ehemals zum Königreich Slawonien gehörigen Bezirke Illok und Ruma des Terneseher Banates sind von den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes ausgenommen, und [es] werden diese Bezirke angemessener sich der Regelung der zwischen den ehemaligen Grundherren und Untertanen in Slawonien zufolge des Urbarialverbandes obwaltenden Beziehungen und rücksichtlich der Durchführung der Urbarialentschädigung und Grundentlastung daselbst anschließen13.

Gr[af] Buol.

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 12. März 1853 14.

Heft 2

BdE. (Buol 14. 7.), Thinnfeld, K. Krauß; ohne Ah. E.

II. Strafprozeßordnung

Der Justizminister Freiherr v. Krauß brachte nachträglich zu dem bereits in den Ministerkonferenzen vorgetragenen Entwurfe der neuen Strafprozeßordnung15 die Einschaltung eines neuen Artikels (Art. 3) in denselben in Antrag, welcher neue Artikel nach der zu Protokoll gegebenen Textierung in folgender Art zu lauten hätte: "Von den Einzelngerichten werden nach Maßgabe der Ortsverhältnisse von dem Justizminister diejenigen bezeichnet, welchen außer der im vorstehenden Art. 2 erwähnten Strafgerichtsbarkeit über die Übertretungen für einen eigens zu bestimmenden Umkreis in der Regel auch die Voruntersuchung über Verbrechen und Vergehen übertragen wird." aIn dem Art. 6 ist der Mittelsatz, der mit den Worten "In eben diesen Fällen" etc. beginnt, bis zu den Worten "Auch außerdem haben" etc. in folgender Weise zu textieren: "Außerdem [ob]liegt allen Einzelnrichtern, selbst wenn ihnen nach Maßgabe des Art. 3 im allgemeinen über Verbrechen und Vergehen keine Gerichtsbarkeit zusteht, bei ihnen vorkommenden Anzeigen von Verbrechen und Vergehen von Amts wegen die Erhebung des Tatbestandes und alle dringenden Untersuchungshandlungen vorzunehmen, welche von dem zur Voruntersuchung berufenen Untersuchungsrichter wegen zu großer Entfernung nicht schleunig genug vorgenommen werden können, und diese Erhebungen an den letzteren einzuschicken. Überdies haben die Einzelnrichter" usw. Die Einschaltung des neuen Art. 3 erscheint dadurch motiviert, daß Einzelnrichter sich auch an Orten befinden können, wo keine Arreste vorhanden sind oder deren Zahl und Beschaffenheit nicht als genügend erkannt wird.

Gegen die angetragene Einschaltung des neuen Art. 3 und die modifizierte Textierung des Mittelsatzes in dem Art. 6 ergab sich von Seite der Ministerkonferenz keine Erinnerung.

Ah. E. Dient zur Wissenschaft.