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Nr. 6a Bestimmungen über die Ministerkonferenzen, Wien, o. D. (Beilage zu: MRP-1-3-01-0-18520427-P-0006.xml) - Retrodigitalisat (PDF)

MRZ. – KZ. –

RS. im Sammelakt HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 77/1852 (= Vortrag des Ministerrates über die allgemeinen und besonderen Wirkungskreise der Ministerien vom 9. Jänner 1852); nach dieser RS. auch gedruckt bei Walter, Zentralverwaltung 3/2, 145 f.; die RS. o. D. und o. U.

Die Textgeschichte dieser Bestimmungen ist aus den Reichsratsakten, HHSTA., rekonstruierbar. Im Sammelakt HHSTA., RR., GA. 159/1852 (= Vortrag Kübecks zu den Vorschlägen des Ministerrates vom 29. Februar 1852), befindet sich sowohl ein Exemplar einer RS., die mit jener in MRZ. 77/1852 völlig identisch ist, als auch der Entwurf nach dem Antrag des Reichsratspräsidenten hiefür. Damit ist Kübeck klar als Autor ausgewiesen.

Die Bestimmungen basieren auf einem früheren Gutachten Kübecks mit dem Titel: Stellung und Wirksamkeit des k. k. Ministerrates nach dem Antrag des Reichsratspräsidenten, die RS. im Sammelakt HHSTA., RR., GA. 159/1852, o. D.; das dazugehörige Konzept ebd., GA. 10/1852, ist o. D. (der ganze Sammelakt datiert vom 10. Jänner 1852), er trägt jedoch die Paraphe Kübecks. Es handelt sich dabei um den Gegenentwurf Kübecks gegen die Propositionen des Ministerrates vom 9. Jänner 1852, der im Zuge der Ausarbeitung der allgemeinen und besonderen Wirkungskreise für die Ministerien auch ein Elaborat über den Bereich der Wirksamkeit des Gesamtministeriums verfaßt hatte (in HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 77/1852; gedruckt bei Walter, Zentral­verwaltung 3/2, 143-145), nach welchem der konstitutionelle Charakter des Ministerrates gewahrt bleiben sollte. Der Entwurf Kübecks jedoch, der von jenem, welchen das Ministerium überreicht hatte, und von jenem des vorläufigen Beratungskomitees des Reichsrates wesentlich abweicht, wies dem Ministerrat eine rein beratende Funktion zu. Es wurde dabei der Gesichtspunkt festgehalten, so sagte Kübeck klar, einerseits den Ministerrat in die heutige monarchische Gestaltung des Reiches angemessen einzufügen, andererseits aber ihm diejenige Wirksamkeit zuzuweisen, welche die Vereinigung und Abkürzung der Geschäftsbehandlung zur wesentlichen Kräftigung der Regierung Ew. Majestät zu fördern geeignet ist; siehe Vortrag Kübecks v. 29. 2. 1852, HHSTA., RR., GA. 159/1852.

Auf dieser Grundlage wurden dann von Kübeck mit einigen Änderungen die Bestimmungen über die Ministerkonferenz entworfen. Wie Rumpler, ÖMR., Einleitungsband 46, feststellt, handelt es siell dabei um ein dem Aktenkomplex des Schwarzenbergschen Vortrages interpoliertes Dokument, vermutlich nach dem Tod des Ministerpräsidenten von Kübeck dem Konvolut beigefügt (siehe Einleitung Zu diesem Band). Der Wandel des Textes vom Gutachten (HHSTA., RR., GA. 10/1852) bis zur Endfassung der Bestimmungen spiegelt deutlich die vverfassungsrechtlichen Revisionsabsichten Kübecks wider: das Gutachten enthält noch die auch von Schwarzenberg verwendeten Begriffe Ministerrat und Ministerpräsident. Kübeck ersetzte sie in denl Entwurf der Bestimmungen (ebd., GA. 159/1852) für die Bestimmungen unter Beibehaltung des übrigen Textes zunächst durch die unverbindlichen Bezeichnungen Ministerberatung und leitender Präsident, vermutlich weil der Kaiser - zu dieser Zeit noch zwischen Kübeck und Schwarzenberg stehend - noch nicht entschlossen war, den Ministerrat als konstitutionelle Einrichtung vollständig zu liquidieren. Aber schon im Gutachten spricht Kübeck davon (§ 1), daß der Ministerrat die Natur und Eigenschaft einer Ministerkonferenz haben sollte. Konsequent änderte der Reichsratspräsident daher seine erste Fassung in diesem Sinn: statt Ministerberatung setzte er Ministerkonferenz; der Entwvurf ebd., GA. 159/1852, enthält diese Korrekturen; die Fassung in HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 77/1852, ist eine RS. mit Berücksichtigung dieser Änderung und bildet daher die letzte Stufe der Textgeschichte. Diese letzte Redaktion wurde höchstwahrscheinlich, wie bereits erwähnt, nach dem Tod Schwarzenbergs (5. 4. 1852), als der Umwandlung des Ministerrates in eine Ministerkonferenz nichts mehr im Wege stand, und unter dem Einfluß Metternichs, besonders im Hinblick auf die Benennung, vorgenommen (siehe Einleitung zu diesem Band XXXV f.).

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Der folgende Abdruck erfolgt aufgrund der Fassung HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 77/1852, und weist jene Korrekturen nach, welche im Entwurf des Reichsrates (HHSTA., RR., GA. 159/1852) aufscheinen; die durchgehenden Korrekturen von Ministerberatung in Ministerkonferenz sind nicht eigens ausgewiesen.

§1

Die Minister haben sich unter der ordnenden Leitung ihres Präsidiums zum Behufe gemeinschaftlicher Beratungen zu versammeln, deren Gegenstände und Wirkungen in den nachfolgenden Bestimmungen näher bezeichnet werden. Se. Majestät behalten sich vor, für den Zweck der Ordnung dieser Beratungen einen leitenden Präsidenten zu bestimmen, welcher als Präsident der Ministerkonferenzen zu fungieren hat.

§2

Da den Ministern nach dem Inhalte der Ah. Kabinettsschreiben vom 20. August 1851 die Initiative in allen Angelegenheiten der Gesetzgebung und Verwaltung zukömmt, so sind alle Angelegenheiten der judiziellen und administrativen Gesetzgebung, insofern sie nicht bloße Verordnungen zum Behufe der Vollziehung betreffen, dann alle organischen Einrichtungen als Gegenstände der gemeinschaftlichen Ministerkonferenz anzusehen. Die Ergebnisse dieser Beratung sind stets der Ah. Schlußfassung vorbehalten. Es versteht sich von selbst, daß, wenn Se. Majestät Ministerkonferenzen über bestimmte Angelegenheiten besonders anzuordnen finden, solche einzutreten haben, und deren Resultate Sr. Majestät vorzulegen sind.

§ 3

Gegenstände der Verwaltung und Vollziehung gehören in den Bereich der Wirksamkeit und Verantwortung der einzelnen Minister. Es steht jedoch jedem einzelnen Minister das Recht zu, Angelegenheiten, worüber ein einzelner Minister den Rat seiner Kollegen einzuholen wünscht, oder welche in die Wirksamkeit zweier oder mehrerer Ministerien einschlagen, über welche in kürzestem Wege eine Verständigung, zumal, wenn vorausgegangene Rücksprache nicht dazu führen konnte, erwirkt werden will, in eine Ministerkonferenz zu bringen und in Verhandlung nehmen zu lassen. Wenn der beteiligte Minister in solchen Fällen sich mit den übrigen Stimmen der Ministerkonferenz nicht vereinigen zu können glaubt, so ist der Gegenstand der Ah. Schlußfassung zu unterziehen.

§4

Gesuche, Vorstellungen und Beschwerden, welche an das Gesamtministerium unmittelbar gerichtet werden, sind lediglich in dasa Kabinett Sr. Majestät abzugeben und nie unmittelbar zu bescheiden.

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§ 5

Der leitende Präsident hat dafür zu sorgen, daß solche statistische Daten, ferner solche Vorkommnisse und Erfolge in den äußeren Angelegenheiten, des Handelsverkehrs und der inneren Verwaltung, welche wegen ihrer Wichtigkeit geeignet sind, in den verschiedenen Zweigen der Ministerien beachtet und benützt zu werden, bei den Ministerkonferenzen mitgeteilt und besprochen werden.

§ 6

Dem Präsidenten der Ministerkonferenzen ist es überlassen, die Personalangelegenheiten der Ministerkonferenzkanzleib inner den jedem Minister in seinem Zweige zustehenden Befugnissen zu leiten und zu besorgen.