Nr. 612 Ministerrat, Wien, 7. Jänner 1852 - Retrodigitalisat (PDF)
- ℹ️ anwesend: Schwarzenberg keine BdE.
- RS.Reinschrift; P.Protokoll Marherr; VS.Vorsitz Schwarzenberg; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Schwarzenberg, BdE.Bestätigung der Einsicht fehlt), Bach 7. 1., Thinnfeld, Thun, Csorich, Krauß, Baumgartner 8. 1.; abw.abwesend Stadion, Kulmer.
MRZ. 74 – KZ. 1681 –
Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 7. Jänner 1852 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.
I. Wirkungskreis der Ministerien (2. Beratung)
Fortsetzung der Beratung der Entwürfe über den Wirkungskreis der Ministerien1.a
A. Allgemeiner Wirkungskreis
Ad § 8, a) hat im zweiten Absatze die Erwähnung des „Ministerii des Äußern“ zu entfallen, weil dieses seinen Voranschlag zwar mittelst eigenen au. Vortrags, aber durch das Finanzministerium Sr. Majestät unterbreitet.
Im § 9, 2. Absatz, wurde das Wörtchen „hiebei“ gestrichen, um den Fall nicht auszuschließen, wo das Einverständnis zwischen den Ministerien im Wege der mündlichen Besprechung im Ministerrate wäre erzielt worden.
Zu § 10, a) wurde vom Minister für Landeskultur und Bergwesen bemerklich gemacht, daß die genaue Beobachtung dieser Vorschrift zu unzähligen Schreibereien führen würde, wenn jede Überschreitung in einer einzelnen Rubrik − während bei einer anderen unter dem Voranschlage zurückgeblieben wurde – an die Einholung der Zustimmung des Finanzministerii gebunden sein sollte. Es dürfte dem Zwecke vollkommen genügen, wenn das Einvernehmen mit dem genannten Ministerium nur bei Überschreitung des Voranschlags im ganzen vorgeschrieben wird. Auch der Kultusminister teilte bezüglich seines Budgets diese Ansicht.
Der Finanzminister hätte zwar in der Bestimmung der lit. a des § 10 ein wirksames Mittel gefunden, der bei den Behörden nicht selten vorkommenden Meinung zu begegnen, daß Ersparnis in einer Rubrik zu andern nicht präliminierten Zwecken verwendet werden könne, wodurch dann eigentlich jede Ersparung unmöglich würde. Da es indessen einerseits Sache des betreffenden Ministeriums selbst ist, Ausschreitungen dieser Art möglichst zu begegnen, andererseits die praktische Ausführung der gedachten Bestimmung bezüglich der einzelnen Rubriken mit zu viel Umständlichkeit verbunden wäre, so erklärte er sich mit der Hinweglassung der Worte „sei es“ bis „oder in einzelnen Rubriken“ einverstanden, wornach also nur bei Überschreitung des Präliminars im ganzen das vorläufige Einvernehmen mit ihm zu pflegen sein wird.
Zu lit. b) wünschte der Kultus- und Unterrichtsminister die Ausnahme bezüglich der Religions- und Studienfonds, innerhalb der präliminierten Summen, weil bezüglich dieser niemals das Einvernehmen mit dem Finanzminister vorgeschrieben war. Es wurde|| S. 481 PDF || diesem gemäß auf Einraten des Ministers des Inneren ad b nach den Worten „wenn es sich um eine Ausgabe“ eingeschaltet „aus dem Staatsschatze“, wodurch jene Ausnahme vorbehalten bleibt.
Ad d) wurde statt „Bei Ausgaben, welche im Präliminare gar nicht enthalten sind“ gesetzt „für welche im Präliminare nicht vorgesehen ist“.
Ad f ) muß das Zitat statt „§ 6 ad a und b“ heißen „§ 7“, und wurde beschlossen, die abzuschreibende Summe mit 3000 f. (statt 2000 f.) festzusetzen, damit das Verhältnis der abzuschreibenden zur nachzusehenden Summe (per 500 f.) jenen im § 7 gleich bleibe, wo es mit 6000 f. zu 1000 f. angenommen ist.
Ein Antrag des Justizministers , das Verhältnis umzukehren und im § 7 die Summen mit 3000 f. und 500 f., im § 10 dagegen mit 6000 f. und 1000 f. anzunehmen, weil der § 7 überhaupt die Befugnis des Ministeriums enthält, aus eigener Macht Abschreibungen und Nachsichten zu erteilen, mithin es konsequenter wäre, bei der höheren Summe von 6000 f. und 1000 f. das Einvernehmen mit dem Finanzminister vorausgehen zu lassen; dieser Antrag ward nicht angenommen, weil man von der Ansicht ausging, daß alle Abschreibungen und Nachsichten über 3000 f. und 500 f. an die Zustimmung des Finanzministers gebunden, Abschreibungen und Nachsichten über 6000 f. und 1000 f. aber von der Ah. Entscheidung Sr. Majestät abhängig sein sollen, was ohnehin das frühere Einvernehmen mit dem Finanzminister voraussetzt.
Sofort wurde zur Beratung der besonderen Wirkungskreise geschritten und der Wirkungskreis des Kriegsministerii und des Ministeriums des Äußern und des kaiserlichen Hauses ohne Erinnerung angenommen2.
Beim Wirkungskreise des Ministeriums des Inneren3 schickte der Minister des Inneren voraus, daß er diesem Ministerium im § 6 bezüglich der Lehen, im § 18 bezüglich der Polizeigewerbe und im § 23 bezüglich des Vereinswesens den teils in den bestehenden Vorschriften in der Lehenverfassung und älteren Vereinsdirektiven, teils in den höchst wichtigen Polizeirücksichten begründeten Einfluß wahren zu müssen geglaubt habe. In thesi ward auch vom Finanz- und Handelsminister nichts dagegen eingewendet. Die nähere Auseinandersetzung dessen, was von den Lehensachen dem Finanzministerium und bezüglich des Polizeigewerbs- und Vereinswesens dem Handelsministerium verbleiben soll, ward teils der Beratung über den Wirkungskreis dieser Ministerien, teils besonderen Verhandlungen vorbehalten.
Außerdem ergaben sich bei der Beratung des Wirkungskreises des Ministerii des Inneren noch folgende Bemerkungen und Anträge:
Zu § 4 ward über Antrag des Finanz- und Handelsministers zur genaueren Bezeichnung des „Einverständnisses“ der Zusatz „mit den im § 3 benannten Ministerien“ beliebt.
Nach § 6 ward vom Minister des Inneren die Einschaltung eines Paragraphes beantragt und zwar|| S. 482 PDF ||
a) „bezüglich bder Sanitätsangelegenheitenb der weltlichen Stiftungssachen und Verleihung der aus diesen Stiftungen herrührenden Stipendien“ mit dem vom Kultus- und Unterrichtsminister unter Beachtung der faktischen Verhältnisse vorgeschlagenen Zusatze: „so weit dieselben nicht anderen Ministerien zugewiesen sind“.
b) „Die Intervernierung bei der Beeidigung der Statthalter und der Vasallen coram throno“, gegen welche Anträge nichts zu erinnern war.
Im § 12 wurde der Deutlichkeit wegen nach „dann des Waisen-, Irren- und Findelhauses“ eingeschaltet „in Wien“.
Zu § 22 ward vom Minister des Inneren ein sofort auch angenommener Zusatz in Ansehung der Evidenzhaltung des Paßwesens im Auslande vermittelst der Konsulate vorgetragen.
Zu § 24 ward über Antrag des Justizministers die durch die bestehenden Strafgesetze gebotene Einschränkung der „Preßangelegenheiten“ durch den Zusatz bestimmt: „insofern sie nicht zur Kompetenz des Justizministerii und der Gerichte gehören“.
Zu § 25 wünschte der Kultus- und Unterrichtsminister , daß bei Verleihung von Leihbibliotheksbefugnissen mit ihm das Einvernehmen gepflogen werde; der Minister des Inneren behob jedoch diese Bemerkung damit, daß er die polizeiliche Rücksicht hier für die vorwaltende und seine Absicht, keine neue Leihbibliothek errichten zu lassen, erklärte.
Der § 27 ward vom Kultus- und Landeskulturminister als nicht notwendig erklärt, weil seine Bestimmungen in der Hauptsache auf alle Ministerien passen; insbesondere vermeinte der Handelsminister , daß der Zwischensatz „insbesondere etc.“ bis „betreffen“ als nicht erschöpfend weggelassen werden könnte.
Da indessen der Minister des Inneren einen Wert auf die Beibehaltung des § 27 in der Rücksicht legte, weil die politischen Verwaltungsorgane vermöge ihrer Verpflichtung zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit zur vollziehenden und überwachenden Intervenierung bei den meisten öffentlichen Anstalten und Unternehmungen berufen sind, so erklärte sich der Ministerrat nicht mehr gegen die Beibehaltung des § 27 und des beanständeten Zwischensatzes.
§ 28 ward der nächsten Sitzung vorbehalten, nachdem schon der Kultus- und Unterrichtsminister einige Bestimmungen in Absicht auf die Disziplinarbehandlung der Seelsorger und Lehrer, Anstellung ausländischer Professoren etc. beanständet hatte4.
II. Neue Bezirksämter
Im Laufe der Beratung über die Wirkungskreise nahm der Minister des Inneren auch Veranlassung zu dem Antrage auf Bestellung einer Kommission aus Abgeordneten seines, dann des Ministeriums der Justiz und jenes der Finanzen zur Ausarbeitung über die Organisierung der neu zu errichtenden Bezirksämter, nachdem eine Masse Vorarbeiten und Daten vorhanden ist, welche diese Ausarbeitung wesentlich erleichtern wird.|| S. 483 PDF ||
Der Ministerrat war hiermit einverstanden, und wurden die Kommissionsglieder von den betreffenden Ministern bestimmt5.
Wien, am 7. Jänner 1851.
Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 6. Mai [sic !]1852.