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Nr. 596 Ministerrat, Wien, 10. Dezember 1851 - Retrodigitalisat (PDF)

  • ℹ️ anwesend:
  • RS.; P. Marherr; VS. Schwarzenberg; BdE. und anw. (Schwarzenberg 11. 12.), P. Krauß 12. 12., Bach (bei III abw.) 12. 12., Thinnfeld 12. 12., Csorich, K. Krauß, Baumgartner 12. 12.; außerdem anw. Ransonnet; abw. Thun, Stadion, Kulmer.

MRZ. 4166 – KZ. 4450 –

Protokoll der Sitzung des Ministerrates, gehalten zu Wien am 10. Dezember 1851 unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des Äußern und des Hauses FML. Fürsten v. Schwarzenberg.

I. Verdienstkreuz für Anton Zubranich

Der Minister des Inneren erhielt die Beistimmung des Ministerrates zu dem bei Sr. Majestät zu stellenden Antrage auf Verleihung des silbernen Verdienstkreuzes mit der Krone für den Ortsvorstand von Valle, Zubranich, welcher sich durch Verfolgung und Einbringung der auf der Insel Lissa eingedrungenen Seeräuber hervorgetan hat1.

II. Kostenreduzierung bei Auflage des Reichsgesetz- und Landesgesetzblattes

Der Justizminister referierte über den im Einvernehmen mit dem Ministerium des Inneren ausgearbeiteten Entwurf einer kaiserlichen Verordnung zur Beschränkung der Ausgabe und Auslage bei dem Reichsgesetz- und den Landesverordnungsblättern. Nachdem die Auflage des Reichsgesetzblattes in deutscher Sprache auf 12.699, in deutscher und böhmischer auf 6877, in deutscher und slowenischer auf 1783, in deutscher und polnischer auf 3081, in deutscher und ruthenischer auf 1688, in deutscher und romanischer auf 807, in deutscher und italienischer auf 3117, in deutscher und kroatischer auf 1014, in deutscher und serbischer auf 287, in deutscher und magyarischer auf 2809 Exemplare festgesetzt worden2, soll die weitere Ersparung mittelst der durch jene kaiserliche Verordnung beabsichtigten Verfügung erzielt werden, daß künftig, und zwar vom 1. Jänner 1852 an, in den Landesgesetz- und Verordnungsblättern nicht mehr die im Reichsgesetzblatt enthaltenen Gesetze wieder abgedruckt oder deren Inhaltsanzeige und Datum mit Nummer zitiert, sondern diese Zitate nur mehr in den Provinzialzeitungen aufgenommen werden, die Landesgesetz- und Verordnungsblätter aber nur die speziell für das Land, von den Statthaltern und andern Landesbehörden erlassenen Kundmachungen enthalten sollen. Der Finanz- und der Handelsminister würden eine weit größere Ersparung darin finden, wenn 1. das Reichsgesetzblatt nur in einer, nämlich in der deutschen Sprache, die faktisch schon als Reichssprache gilt, herausgegeben würde und 2. die Landesgesetz- und Verordnungsblätter in zwei Teilen erschienen, in deren ersten alle allgemeinen und alle das betreffende Kronland angehenden Gesetze in der Landessprache, in deren zweiten aber lediglich die Provinzialverordnungen der Landesbehörden aufgenommen würden.|| S. 403 PDF ||

Allein, sowohl der Justizminister als auch der Minister des Inneren erklärten sich gegen das Aufgeben des im Jahre 1849 angenommenen Grundsatzes der Sprachengleichberechtigung, wenigstens in dem gegenwärtigen Augenblicke, weshalb sich sofort der Handels- und Kriegsminister und der Ministerpräsident für die Vertagung einer jeden Reform in der Einrichtung und Ausgabe dieser Blätter aussprachen, wenn dadurch nicht eine wesentliche Verbesserung oder Ersparung erzweckt werden kann. Um nun hierüber einen womöglich sicheren Anhaltspunkt zu gewinnen, vereinigte man sich vorderhand in dem Vorschlage des Finanzministers , durch den Vorsteher der k. k. Staatsdruckerei berechnen zu lassen, wie hoch sich die Ersparung belaufen würde, welche sich bei Annahme und Ausführung der vom Justizminister angetragenen Norm, welcher übrigens auch der Minister des Inneren und der Landeskultur beipflichteten, ergäbe3.

III. Wirkungskreis der Ministerien

a Der Kanzleidirektor des Ministerrates referierte, daß die mit den Vorarbeiten zu den Entwürfen der ministeriellen Wirkungskreise unter seiner Leitung zusammengesetzte Kommission ihre Aufgabe gelöst zu haben glaube, indem sie a) den Entwurf des allgemeinen Wirkungskreises (über die Attribute, welche allen Ministerien gleichmäßig einzuräumen wären) verfaßt hat, und b) auch die Entwürfe der besonderen Wirkungskreise für jedes einzelne Ministerium von der Kommission beraten und textiert worden sind4.

Für das Kriegsministerium sei der mit Ah. Armeebefehl vom 29. September 1850 festgesetzte besondere Wirkungskreis maßgebend5.

Nur in Absicht auf einige mit der Geldgebarung in Verbindung stehende Punkte haben sich wesentliche Differenzen im Schoße der Kommission ergeben, welche ihre Entscheidung vorerst nur im Ministerrate finden können. Um das Materiale zur Schlußberatung im Ministerrate zu liefern, werden die sämtlichen Entwürfe lithographiert und alle Minister mit Exemplaren beteilt werden.

Der Kanzleidirektor des Ministerrates referierte ferner, daß sich der Kommission bei Vergleichung der dermaligen Wirkungskreise der Ministerien untereinander in Absicht auf deren Ausdehnung einige Differenzen gezeigt hätten.

So ist das Kriegsministerium (wie früher der Hofkriegsrat) infolge Ah. Entschließung vom 20. September 1839 ermächtigt, Beamtenswaisen unter gewissen Bedingungen den Fortbezug von Erziehungsbeiträgen und ähnlichen Unterstützungen über das Normalalter hinaus, bis zum 24. Lebensjahre oder bis zur Erlangung einer Oberoffiziersstelle oder bis zur Herstellung der Gesundheit, auf dem eigenen Standpunkte zu bewilligen6, während die anderen Ministerien in allen solchen Fällen die Ah. Entscheidung Sr. Majestät|| S. 404 PDF || einzuholen verpflichtet sind7. Ebenso können in den sogenannten neuakquirierten Provinzen für die provisorischen Beamten, dann für die provisorischen Staatsgüter- und Justizbeamten in allen Provinzen die Pensionsbezüge von den Ministern selbst infolge mehrerer Ah. Entschließungen systemmäßig nach dem letzten in provisorischer Eigenschaft bezogenen Gehalte als Gebühr bemessen werden8, während bezüglich aller übrigen provisorischen Beamten diese Bemessung als ein Gnadenakt gilt, der bloß vom Allerhöchsten Throne ausgehen kann.

Es sei daher in der Kommission die Frage angeregt worden, ob nicht bei dem gegenwärtigen Anlasse der Wirkungskreis der sämtlichen Minister in dieser Beziehung gleichförmig normiert werden dürfte, was dann auch zur Folge hätte, daß Se. Majestät mit nicht so vielen Vorträgen in oft geringfügigen Pensions- und Gnadengabenangelegenheiten belästigt würden. Die Zahl dieser Vorträge war im Jahre 1850 1392 und werde sich von Jahr zu Jahr erhöhen.

Die Kommission habe ferner geglaubt, darauf hindeuten zu sollen, daß die Erteilung der Bewilligung der Nachsicht des überschrittenen Normalalters von 40 Jahren zum Behufe des Eintritts in den Staatsdienst den Ministerien Ag. überlassen werden dürfte, da solche Fälle jetzt häufig (60–70 Mal des Jahres) vorkommen, der Gegenstand von relativ geringer Wichtigkeit sei, und die Erteilung solcher Bewilligungen Allerhöchstenorts in einer Weise limitiert werden könnte, wobei kein Mißbrauch oder sonstiger Nachteil davon zu besorgen wäre.

Der Ministerrat beschloß hiernach vorläufig, daß in den Entwurf des allgemeinen ministeriellen Wirkungskreises die Befugnis zur Erteilung von Altersnachsichten an rüstige, sehr verwendbare oder verdiente Individuen unter 50 Jahren aufzunehmen sei.

Zu einem au. Antrage auf eine auch nur teilweise Änderung der bestehenden Normen in bezug auf die Ah. Verleihung von Gnadengaben − aus Anlaß der Feststellung der Wirkungskreise – fand sich jedoch der Ministerrat nicht bestimmt, da es wünschenswert erscheint, das Vorrecht der Krone zur Bewilligung von Gnadensbeteilungen möglichst ausgedehnt zu erhalten.

Übrigens bleibe es dem Ah. Ermessen Sr. Majestät anheimgestellt, zur Verminderung der Geschäfte in Gnadengabenangelegenheiten seinerzeit die Allerhöchstensorts nötig befundenen Verfügungen zu treffen9.

Ah. E. Ich nehme den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis. Franz Joseph. Wien, den 13. Dezember 1851.