MRP-1-1-01-0-18480407-P-0006.xml

|

Nr. 6 Ministerrat, Wien, 7. April 1848 - Retrodigitalisat (PDF)

  • RS.; P. Ransonnet; VS. Ficquelmont; anw. Taaffe, Pillersdorf, Sommaruga, Zanini, außerdem anw. Mayer-Gravenegg; BdE. Ficquelmont (8. 4.), Franz Karl (9. 4.).

MRZ. 100 – KZ. –

Protokoll des Ministerrates am 7. April 1848.

I. Lebens- und Transportmittel für die Armee in Italien

Der Minister des Äußern eröffnete, daß Feldmarschall Graf Radetzky dringend angesucht habe, seine Armee mit den ihr fehlenden Lebens- und Transportmitteln zu versehen1. Hierüber gab der Kriegsminister die beruhigende Versicherung, daß wegen Deckung des diesfälligen Bedarfes für die nächste Zukunft bereits das Nötige vorgekehrt sei2.

Ebenso sei auch bereits den Wünschen, welche Se. kaiserliche Hoheit der Erzherzog Johann zum Behufe der Landesbewaffnung in Tirol ausgesprochen habe3, durch die am heutigen Tage zwischen den Ministerien des Inneren und des Krieges verabredeten und unmittelbar getroffenen Verfügungen entsprochen worden4.

II. Anleiheverhandlungen mit der Nationalbank

Der Vizepräsident Mayer v. Gravenegg erstattete Bericht über die bisherigen Ergebnisse der ihm aufgetragenen Verhandlung mit der Oesterreichischen Nationalbank wegen Abschluß eines Anlehens bei derselben5. Der Betrag des Darlehens könne seines || S. 36 PDF || Erachtens nicht niedriger als 30 Millionen Gulden angesetzt werden, wenn der Dienst für die nächsten Monate völlig sichergestellt werden soll.

Die Nationalbank wolle nun diesen Betrag nur gegen dem darleihen, daß a) der Bank für das neue Anlehen sowohl als für die früheren, noch nicht durch Pfänder sichergestellten Staatsanlehen gegenwärtig von der Regierung bestimmte Hypotheken an Staatsund Fondsgütern, an Eisenbahnaktien und Ärarialquecksilbervorräten auf die Anlehensdauer von zwei Jahren eingeräumt werden6.

b) Daß die Bank nicht gehalten sein solle, mehr als vier Millionen des Darleihens in barem Gelde, d. i. in klingender Münze, zu bezahlen.

c) Bevor die Nationalbank dieses Anlehen abschließt, behält sie sich vor, über die ganze Maßregel mit den niederösterreichischen Ständen und mit dem Wiener Bürgerausschusse Rücksprache zu pflegen, da die Bankdirektion und der Bankausschuß bei der Verwaltung dieses hochwichtigen Nationalinstituts eine ungeheuere Verantwortung der ganzen Monarchie gegenüber auf sich haben, und sie daher bei Beschlüssen über Lebensfragen wie die vorliegende nicht ohne den Beirat und Zustimmung der erwähnten, das öffentliche Vertrauen genießenden Korporationen vorgehen wollen.

d) Schließlich bedingt sich die Nationalbank, daß ihr Barschatz durch Ankauf von Silbermünzen im Auslande unter Haftung der österreichischen Regierung vermehrt werde7.

Der Ministerrat fand, daß unter den dermaligen politischen und finanziellen Konjunkturen gegen die gestellten Bedingungen im allgemeinen nicht wohl eine Einwendung erhoben werden könne, und daß es selbst im Interesse der Regierung liege, das Institut der Nationalbank vor gefährlichen Krisen durch alle zu Gebote stehenden Mittel zu schützen, den Kredit desselben durch Anweisung guter, ja selbst überreichlicher Hypotheken vollkommen sicherzustellen und die Barvorräte mit der Notenemission in einem richtigen Verhältnisse zu erhalten.

Der Ministerrat erkannte es im gegenwärtigen Augenblicke für die Hauptsache, daß die Nationalbank und der auf dieselbe gestützte Staatskredit aufrechterhalten werde. Habe die Regierung die jetzt vorhandenen Schwierigkeiten überwunden und den Frieden nach außen sowie nach innen wiederhergestellt, so werde sich mit Hilfe der Reichsstände der finanzielle Zustand der Monarchie schon wieder regeln und konsolidieren lassen.

Vizepräsident v. Mayer wurde daher vom Ministerrate ermächtigt, auf obiger Grundlage die weiteren Unterhandlungen mit der Nationalbank zu pflegen8.

III. Gefangenenaustausch

Der Kriegsminister teilte mit, er beabsichtige den Marineoberkommandanten v. Martini gegen drei rebellische Offiziers der venezianischen Marine auswechseln zu lassen9.

IV. Kriegsgerichtliche Untersuchungen

Der Kriegsminister brachte in Antrag, den Leutnant von Herrn Erzherzog Ferdinand Maximilian Chevauxlegers, Julius Schill, welcher wegen seines Benehmens bei dem Volkstumulte gegen die Redemptoristen am 13. März 1848 vor ein Kriegsgericht gestellt worden ist10, unter Aufhebung der Untersuchung und Abnahme des Offizierscharakters zu entlassen, da einerseits diese sehr weitwendige Untersuchung schwerlich zu einem erklecklichen Resultate führen dürfte, andererseits aber zu besorgen ist, daß die längere Dauer seines Untersuchungsarrestes sowie auch seine künftige Abstrafung mehrere unliebsame Demonstrationen und Petitionen hervorrufen würde, welchen dergestalt vorgebeugt wäre.

Diesem Antrage wurde allseitig beigestimmt11.

V. Medaillenverleihungen

Der Minister des Inneren legte einen Bericht des küstenländischen Gouverneurs12 vor, wonach der pensionierte Leutnant Anton Frank und der Finanzwachrespizient Johann Juresich mit Hilfe von Landleuten aus Fasana in Istrien ein mit zwölf bewaffneten venezianischen Matrosen bemanntes Boot, welches an der dortigen Küste ausspähen und einen Aufstand hervorrufen sollte, überwältigt und die Mannschaft gefangengenommen haben.

Baron Pillersdorf und die übrigen anwesenden Minister glaubten, daß diese mit Kühnheit und Glück vollbrachte patriotische Handlung sobald als möglich durch Ag. Verleihung der mittleren goldenen Zivilehrenmedaille an Frank und Juresich gelohnt werden dürfte, um dadurch in weiteren Kreisen aufmunternd zu wirken13.

VI. Österreichische Vertreter zum deutschen Parlament in Frankfurt a. Main

Der Minister des Äußern erinnerte (mit Beziehung auf seinen unter KZ. 1314/1848 erstatteten au. Vortrag14), daß, nachdem der König von Preußen bereits die Einleitung getroffen habe, das deutsche Parlament in Frankfurt durch Abgeordnete der preußischen Stände beschicken zu lassen15, Österreich sich allein von der Teilnahme an diesen Verhandlungen nicht ausschließen könne und daher die Stände der zum deutschen Bund gehörigen Provinzen sobald als möglich mittelst Patent aufzufordern wären, die auf jede einzelne entfallende Zahl von Abgeordneten zu wählen und ohne Verzug abzusenden. (Nach dem Maßstabe von einem Abgeordneten auf 70.000 Einwohner fallen auf Österreich 135 Vertreter16.) Diesem Antrage wurde einstimmig beigepflichtet.

Die gemäß der gefaßten Beschlüsse des Ministerrates entworfenen Erlässe werden hiermit ehrerbietigst der Ah. Sanktion unterzogen17.

Am 8. April 1848. Ficquelmont. Ges. 9. April. Franz Karl. Vidi. Ferdinand. Wien, den 9. April 1848.