Digitale EditionDie Protokolle des cisleithanischen Ministerrates 1867–1918Nr. 228 MinisterratBand II: 1868–1871Band II1. Jänner 1868–21. November 1871WienMinisterrat1869-05-28RichardLeinÖsterreichische Akademie der Wissenschaften, Institute for Habsburg and Balkan Studies0000-0002-7502-0503ThomasKletečkaÖsterreichische Akademie der Wissenschaften, Institute for Habsburg and Balkan Studieshttp://d-nb.info/gnd/109620083XFonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
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Nr. 228Ministerrat, Wien, 28. Mai 1869
RS.Reinschrift und bA.; P. Hueber; VS.VorsitzTaaffe; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Taaffe 28. 5.), Plener 2. 6., Hasner 4. 6., Potocki 3. 6., Giskra 4. 6., Herbst 5. 6.; außerdem anw.anwesendPossinger; abw.abwesendBrestel, Berger.
Verordnung über die Amtssprache der Behörden in Galizien. Graf Skarbeksche Theaterstiftung. Ernennung des Notars Julian Szemelowski zum Bürgermeister in Lemberg.
Protokoll des zu Wien am 28. Mai 1869 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidenten Grafen Taaffe.
Verordnung über die Amtssprache der Behörden in Galizien
I. Verwaltung, politischeAusgleich, galizischer Der Ministerpräsident nahm die Beratung über die Verordnung betreffend die Amtssprache bei den Behörden in Galizien [], dass in dem [] Ministerrate zu § 1 wegen des Landesschulrates zwei Amendements gestellt worden seien, bezüglich welcher ein Beschluss noch nicht gefasst worden seiFortsetzung des MR. v. 26. 5. 1869/VIII. .
Nach dem ersteren sollte in § 1 die Einschaltung gemacht werden: „dann der dem Ministerium für Kultus und Unterricht unterstehende Landesschulrat“; nach letzterem diese Einschaltung aber lauten: „dann der dem Ministerium für Kultus und Unterricht unterstehende k. k. Landesschulrat“. Über die erstere Einschaltung seien sämtliche Stimmen schon so ziemlich einig gewesen, es dürfte sich daher nur darum handeln, ob man auch noch die weitere Einschaltung des „k. k.“ für unbedingt notwendig halte, zumal die Besorgnis ausgesprochen wurde, dass hiedurch eine Verstimmung hervorgerufen und der günstige Eindruck der Verordnung paralysiert werden könnte.
Der Unterrichtsminister meinte, dass, wenn der Beisatz „dann der dem Ministerium für Kultus und Unterricht unterstehende Landesschulrat“ aufgenommen wird, es irrelevant sei, ob dann auch das „k. k.“ beigefügt wird, denn dem Galizianer werde jedenfalls der erstere Beisatz der unangenehmere sein, während der Umstand, dass der Landesschulrat als ein kaiserlich-königlicher bezeichnet wird, ihnen gleichgiltiger ist. Da es daher in der Wirkung einen geringen Unterschied begründen wird und die Wirkung durch den weiteren Beisatz „k. k.“ nicht unangenehmer gemacht wird, glaube er, dass die Einschaltung im Sinne des letzteren Amendements gemacht werden soll.
Der Statthaltereileiter v. Possinger bemerkte, dass er den Antrag im Sinne der letzteren Alternative deshalb gestellt habe, weil der Landesschulrat von Galizien jener Körper ist, der die größten Schwierigkeiten in der Administration [] bereitet. Schon Graf [] habe es erkannt, dass der Landesschulrat ihm über den Kopf [] dass derselbe darauf [] Rechte als Präsident [] zu schmälern. []chend, dass der Landesschulrat als eine Regierungsbehörde instituiert worden ist, habe man dahin getrachtet, aus demselben infolge von Kompromissen etwas ganz anderes zu machen, und zwar einen vollständig autonomen, dem Einflusse der Regierung gänzlich entrückten Körper, der unter fortgesetzten Emanzipationen allmählig das werden sollte, was im Wunsche der polnischen Nationalpartei liegt, eine Art Wielopolskische EdukationskommissionZum galizischen Landesschulrat siehe MR. v. 26. 5. 1869/VIII, Anm. 19. . Zu dieser Gestaltung der Dinge habe auch beigetragen, dass es verlautete, Graf Beust habe zur Zeit, als er als Ministerpräsident auch das Ministerium für Kultus und Unterricht leitete, mit den Polen Verhandlungen über noch weiter gehende Zusicherungen auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Galizien angeknüpftSiehe dazu Rumpler, Parlament und Regierung, 673 mit weiterführenden Literaturhinweisen..
Der Ministerpräsident klärte diesbezüglich auf, dass damals den Polen, um sie zum Eintritte in den Reichsrat zu bewegen, ein Landesschulrat zugesichert worden sei, dass aber besondere Verhandlungen im Detail nicht gepflogen worden seien.
Ritter v. Possinger bemerkte weiters, dass er, als er die Leitung der Statthalterei übernahm, den Mitgliedern des Landesschulrates vorgestellt habe, dass er ein Beamter, ein Mann der Administration sei und als solcher seine Pflichten kenne und dass er sie ersucht habe, sich ihren statutarisch bestimmten Wirkungskreis gegenwärtig zu halten, da es durchaus nicht angehe, dass eine vollziehende Behörde, die der Landesschulrat ist, Opposition treibt und dadurch ihren [] Boden schwächt, und zwar umso [mehr], [] da der Landesschulrat berufen, [] kaiserlichen Behörden Befehle zu []. Er habe ihnen auch vorgehalten, dass bei Fortsetzung des eingeschlagenen [Weges] es dazu kommen könnte, dass die Bezirkshauptmannschaften dem Landesschulrat [den Gehorsam] künden. [] habe er sich Ruhe [] Landesschulrat habe []schen Angelegenheiten ordnungsgemäß an das Ministerium seine Berichte erstattet. Infolge der Wendung, die die Verhältnisse über die galizische Resolution angenommen habenZur galizischen Resolution MR. v. 5. 5. 1869/XII., habe sich jedoch die Aktion der auf Autonomie abzielenden Mitglieder des Landesschulrates in letzterer Zeit freier gestaltet und man habe gewisse Fragen aus dem Reglement herausgegriffen und dieselben einseitig zum Gegenstand eines Beschlusses gemacht. So habe man, da man sah, dass er als Präsident des Landesschulrates infolge erhaltener Weisungen Berichte an das Ministerium erstattete, förmlich beschlossen, dass der Landesschulrat dem Ministerium nicht untersteht. Er habe diesen Beschluss aus dem Grunde nicht sistiert, weil der Landesschulrat zugleich beschlossen hatte, hierüber einen Bericht an das Unterrichtsministerium zu erstatten. Inzwischen habe er erfahren, dass man die Sache nun trainieren wolle und dass diese Vorlage mit den Motiven nicht so bald an das Ministerium gelangen dürfte. Damit weiters die Vorlagen an das Ministerium nicht in Form von Berichten gelangen, habe der Landesschulrat weiters beschlossen, dass jede Angelegenheit an den vollen Ratstisch zu bringen und die betreffende Ausfertigung nicht an das Ministerium für Kultus und Unterricht, sondern an die Person des Ministers abzusenden und von einem Mitgliede des Landesschulrates zu kontrasignieren seiMit Schreiben v. 29. 5. 1869 hatte dann der galizische Landesschulrat seine diesbezüglichen Beschlüsse v. 17. 4. und 29. 5. 1869 Hasner offiziell mitgeteilt; Hasner wies in seiner Antwort v. 28. 7. 1869 die darin geäußerten Ansichten entschieden zurück, alles in Ava., CUM., Unterricht, allg. 5931/1869.. Er habe diesen einen Akt des Misstrauens involvierenden Beschluss nicht [sistiert], weil er erklärt habe, dass er sich an das provisorische Reglement pflichtgemäß halten werde, in [] an nicht durch Spezialbeschlüsse [] Ministerium gar nicht bekannte [], hineinlegen könne. []gten der gal[izische] [] Boden stellt, [] nicht zu halten [] dem Grundsatze principiis obsta notwendig erscheint, dass volle Klarheit in der Sache herrsche, könne er es nur für zweckmäßig und geboten erachten, dass die Titulatur des Schulrates als eines kaiserlich-königlichen, wie sie auch von dem Ministerium fortwährend gebraucht wird, auch in der Verordnung, um deren Erlassung es sich handelt, gebraucht werde.
Der Ackerbauminister meinte, dass sich in der Diskussion über den Landesschulrat zu weit eingelassen wurde, da jetzt doch nicht die Frage über die Reorganisierung des Landesschulrates beraten werden soll und es sich nur darum handelt, den Landesschulrat in den § 1 der Verordnung einzubeziehen, dabei aber eine Stilisierung aufzufinden, die nicht alle möglichen Deutungen zulässt und Missstimmung hervorzurufen geeignet wäre und damit den guten Eindruck vollständig verwischen würde, welchen die übrigen Bestimmungen, wie zu hoffen, hervorbringen könnten. Er könne daher nur nachdrucksamst empfehlen, dass sich für eine solche Fassung geeinigt werden wolle, die das Prinzip sicherstellt, ohne dabei Verstimmung zu erzielen.
Der Justizminister stellte stante concluso, dass die Verordnung erlassen werden soll, den Antrag, im § 1 zu sagen: „dann der k. k. Landesschulrat und die k. k. Gerichte usw.“ Dass gesagt werde, „der dem Ministerium für Kultus und Unterricht unterstehende etc.“, sei nämlich nicht notwendig. Es sei bei den übrigen der genannten Ministerien der Ausdruck „unterstehend“ nur deshalb in Anwendung gekommen, weil man doch nicht alle den Ministerien unterstehenden Behörden [und Ämter] einzeln aufführen konnte. [Den Zusatz] „k. k.“ halte er aber für [notwendig], weil sonst eine Fassung ge[wählt würde], die der Frage präjudizieren könnte. [Das] „k. k.“ drücke aber [aus, dass der] Landesschulrat keine [], [sond]ern als eine im [Sinne der Regierungs]gewalt amtierende Behörde dem Ministerium unterstellt sei, weil nach dem Staatsgrundgesetze der Kaiser die Regierungsgewalt durch verantwortliche Minister übt.
Der Unterrichtsminister gab zu, dass die Weglassung des ersten Punktes aus Opportunitätsrücksichten als notwendig erkannt werden könne. Er wolle sich daher, obwohl im Bewusstsein, dass dann das Odium ausschließend auf ihn fallen wird, wohl herbeilassen, dem Vermittlungsantrage des Justizministers beizustimmen, jedoch, damit er in seiner Stellung, die er gegenüber dem galizischen Landesschulrate einnehmen zu müssen glaube, nicht desavouiert werden könne, nur unter der Bedingung, dass der Ministerrat in einem zu Protokoll zu nehmenden Beschlusse ausdrücklich erklärt, dass der Landesschulrat eine k. k. Behörde und als solche dem Ministerium für Kultus und Unterricht unterstellt sei und dass die Regierung diesen Standpunkt fortan als den bei allen [Fäll]en maßgebenden zu betrachten habe. Der Ackerbauminister erklärte sich hiemit vollkommen einverstanden.
Der Statthaltereileiter Ritter v. Possinger bemerkte, dass es nach seinem Dafürhalten keine unglücklichere Administration als in Galizien gebe, wenn trübe Verhältnisse eintreten. Wenn er sich gegen die eine oder die andere Richtung, die man einschlagen wolle, entschieden ausspreche, so geschehe das, weil er sich stets auf den österreichischen Standpunkt stelle. Wenn die Strömung dahin geht, dass man den Landesschulrat polonisieren oder autonom machen will, könnte er nur wünschen, dass man die Ausführung [den Händen] eines polnischen Statthalters übergeben möge, obwohl er einsehe, dass es unter den dermaligen Verhältnissen schwer fallen wird, einen [] Statthalter zu finden, der [] [Inte]resse vor Augen hat, dabei [] Regierung gut bedient. [] übergehend [] auf die akademischen Behörden aufmerksam machen, dass es nicht schaden könnte, die bei den Universitäten befindlichen Bibliotheksdirektionen als Behörden zu gebrauchen und daher im Eingange auch zu sagen: „die dem Ministerium für Kultus und Unterricht unterstehenden Behörden und Ämter“. Der Drang dieser Ämter, sich der polnischen Geschäftssprache zu bedienen, sei vorhanden, und es seien auch schon Anfragen bei ihm gestellt worden, ob er dies erlauben würde. Es wäre auch in der Tat nicht abzusehen, warum, wenn man den lf. Behörden erlaubt, polnisch zu korrespondieren, gerade die bezeichneten Ämter die polnische Korrespondenz in deutscher Sprache erwidern müssten.
Der Justizminister meinte, dass man sich in ein solches Detail in der Verordnung nicht einlassen könne, weil man sonst auch für die technischen AkademienKorrektur Herbsts aus Ämter. Bestimmungen erlassen müsste. Ausnahmen könne man überhaupt in die Verordnung nicht hineinnehmen, das hätte aber auch mit den Administration wenig zu tun. Wenn die Krakauer akademische Behörde Korrespondenzen in polnischer Sprache beantwortet, so brauche man das nicht zu rügen, die Korrespondenz mit dem Ministerium ist deutsch geblieben und das sei die Hauptsache.
Der Minister des Innern bemerkte, auf den Gegenstand der Beratung – die Einschaltung für § 1 – wieder einlenkend, dass es ihm nicht zusagen [], durch die Aufnahme des Passus „dem Ministerium für Kultus und Unterricht unterstehende“ ganz nebenbei in der fraglichen Verordnung die prinzipielle Frage rücksichtlich des Landesschulrates zu verfügen. Unter der Voraussehung, dass der Ministerrat darüber schlüssig wird [] Standpunkte der Regierung [] Landesschulrat in Galizien eine [] solche dem Minister[], würde auch [] [Abänder]ungsantrag des Justizministers aussprechen. Eine vollständige Klarheit der Ansichten der Minister über dieses Verhältnis erscheine ihm aber unbedingt notwendig, nachdem die Frage durch die Aktion des Landesschulrates eine ganz nebelhafte Gestalt angenommen hat, und weil der Landesschulrat nach der von ihm aufgestellten Fiktion, nach welcher er weder eine autonome noch eine Regierungsbehörde wäre, da er sich weder dem Landesausschusse noch dem Ministerium unterstellt, vermeint eine rein absolute, in das Staatsgefüge gar nicht einzuschaltende Behörde wäre, was bezüglich eines Exekutivorganes, das der Landesschulrat unstreitig ist, als eine offene Absurdität erkannt werden müsste.
Der Ministerpräsident bemerkte, dass es ihm hauptsächlich darauf anzukommen scheine, eine solche Fassung zu wählen, wodurch kein Präzedens geschaffen wird. Der Antrag des Justizministers scheine ihm aber die rechte Mitte einzuhalten und doch das Prinzip festzuhalten, denn durch die Einschaltung des „k. k.“ ist die Unterordnung des Landesschulrates unter das Ministerium wohl eine selbstverständliche. Er stimme daher gleichfalls dem Antrage des Justizministers bei, und bringe, obwohl er wie erwähnt die obige Schlußfolgerung für eine selbstverständliche halte, dem Wunsche einiger Stimmführer entsprechend, den Antrag zur Abstimmung: dass die Regierung den Standpunkt einzunehmen [habe], dass der galizische Landesschulrat als eine dem k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht unterstehende Administrativbehörde anzusehen sei.
Der Ministerrat erklärte sich mit dem Antrage einhellig einverstanden und sprach sich auch dafür aus, dass die Einschaltung im § 1 zu lauten habe: „dann der k. k. [Landesschulrat]“. [Über Vorschlag] des Justizministers [] dahin geeinigt, nach den Worten „zu bedienen“ den ersten Satz mit einem Schlusspunkte zu schließen und den nächsten Satz „für den Verkehr“ als eigene Alinea hinzustellen.
Im § 2 wurden die Worte „mit den im § 1 benannten Behörden“ im Zwecke der deutlicheren Unterscheidung dahin abgeändert: „mit den im Eingange des § 1 aufgezählten Behörden“.
Im § 4, dass sich bei Führung der Kassajournale etc. bei den k. k. Kassen der deutschen Sprache zu bedienen sei, wurden über Antrag des Unterrichtsministers im Zwecke der größeren Deutlichkeit die Worte „auch fernerhin der deutschen Sprache zu bedienen“ eingeschaltet.
Im § 4, Alinea 2, welcher normiert, dass sich auch bezüglich der inneren Administration und Manipulation des Post- und Telegrafendienstes etc. der deutschen Sprache zu bedienen sei, wurden über Antrag des Handelsministers am Schlusse der Beisatz aufgenommen: „sowie für den gegenseitigen Verkehr der betreffenden Ämter und Organe“.
Zu § 5 hielt der Justizminister einen Beisatz nach dem Worte „Parteien“ deshalb für notwendig, weil man unter „Parteien“ nur einzelne Personen, nicht aber Korporationen, Gemeinden usw. versteht und daher eine verschiedene Auslegung möglich wäre. Sein Antrag zu sagen „mit den Parteien, den nicht lf. Behörden, den Korporationen und Gemeinden“ erhielt sohin die allseitige Zustimmung.
Im § 6 wollte der Ackerbauminister den Beginn der Wirksamkeit sowohl für die politischen Behörden als für die Gerichte auf den 1. September l. J. festgestellt wissen.
Der Justizminister meinte, dass man für die Gerichte einen entfernteren Termin bestimmen sollte, weil die Durchführung der Verordnung bei den Gerichten schwieriger ist.
Der Statthaltereileiter v. Possinger aber bemerkte, dass der Drang nach der polnischen Sprache bei den Gerichten ein größerer als bei den politischen Behörden ist und dass es ihm daher, [] Maßregel auf Effekt [], []mäßig erscheine, dieselbe sowohl bei den politischen Behörden als bei den Gerichten im nämlichen Termine in Aktivität zu setzen, zumal den Richtern, welche bis dahin nicht in polnischer Sprache amtieren könnten, deutsche Prozesse zugeteilt werden können, deren es unzweifelhaft eine Menge geben wird.
Über Motion des Ministers des Innern einigte sich sohin die Konferenz, den 1. Oktober l. J. als den Beginn der Wirksamkeit der Verordnung festzusetzen. Der Minister des Innern gab hierauf sein Vorhaben kund, den im Sinne der obigen Beschlüsse modifizierten Verordnungsentwurf mit einem kurz gefassten au. Vortrage unter Berufung auf das Ministerratsprotokoll Sr. Majestät au. unterbreiten zu wollen.
Die Konferenz war hiemit einverstandenAuf Vortrag Giskras v. 31. 5. 1869 genehmigte Franz Joseph mit Ah. E.Allerhöchste Entschließung v. 4. 6. 1869 die Kundmachung der Ministerialverordnung über die Amtssprache in Galizien, Hhsta., Kab. Kanzlei, KZ. 1918/1869; publiziert als Lgbl. Galizien Nr. 24/1869. Siehe dazu Hugelmann – Boehm, Nationalitätenrecht, 103 f.; Kann, Nationalitätenproblem I, 227 f.; Bieberstein, Freiheit in der Unfreiheit, 89–91; Rumpler, Parlament und Regierung, 708..
Die Beilage enthält den nach den Ministerratsbeschlüssen modifizierten VerordnungsentwurfLiegt dem Protokoll bei..
Graf Skarbeksche Theaterstiftung
II. KultureinrichtungenStiftungen Der Minister des Innern referierte über die vom Statthaltereileiter in Galizien einbegleitete Majestätseingabe des galizischen Landesausschusses, womit um die Ag. Bewilligung gebeten wird, dass die Stanislaus Graf Skarbeksche Stiftung von der in dem Ah. Privilegium vom 28. März 1842 erhaltene Verpflichtung, ein deutsches Theater in Lemberg zu erhalten, wenigstens auf so lange befreit werde, als das Graf Skarbeksche Armen- und Waiseninstitut in Drohobycz in seinem ganzen vom Stifter angeordneten Umfange nicht dem öffentlichen Gebrauche übergeben sein wirdZur Skarbekschen Stiftung siehe Got, Das österreichische Theater in Lemberg, 526–531. Die Aufgabe der Stiftung war die Errichtung und Erhaltung eines Armen- und Waiseninstitutes; da das stark defizitäre Theater ein Teil der Stiftung war und aus den Mitteln der Stiftung erhalten werden musste, konnte das Armen- und Waiseninstitut bis dato nicht errichtet werden. Das Majestätsgesuch des Landesausschusses v. 17. 4. 1868 zit. bei Got, Das österreichische Theater in Lemberg, 732 Anm. 32..
Nach ausführlicher Darstellung des [] Sachverhaltes und des [] Rechtsgutachtens der Finanzprokuratur glaubte der Minister des Innern, dass in Erwägung, dass die Verpflichtung der Drohobyczr Stiftung zur [] des deutschen Schauspieles []gründet erscheint; in Erwägung, dass die Befreiung von dieser Verpflichtung bei Aufrechthaltung des Privilegiums in seinen übrigen Teilen dem Zwecke des Privilegiums geradezu entgegen wäre und überdies die Unzukömmlichkeit mit sich brächte, dass bis zum Jahre 1892 an niemanden anderen eine Theaterkonzession in Lemberg könnte verliehen werden; endlich in Erwägung, dass die ungeschmälerte Fortführung der Theaterunternehmung, wenn auch die Stiftung beeinträchtigend, doch auf die ganze Dauer des Theaterprivilegiums von 50 Jahren vom Stifter selbst vorgesehen wurde, Sr. Majestät der au. Antrag zu stellen wäre, der Bitte des galizischen Landesausschusses keine gewährende Folge zu geben.
Der Ackerbauminister bemerkte, dass in einer Sache, die doch unstreitig dem Lande gehört und als solche nach der [] das Ressort des Landesausschussesbetrifft, doch nicht in solcher Weise abgesprochen werden sollte, zumal mit dem deutschen Theater bisher eine unglaubliche Wirtschaft getrieben und bis auf die neueste Zeit manches Jahr bis zu 30.000 fr. aus dem Stiftungserträgnisse auf das Theater verwendet wurden, sodass die Skarbeksche Wohltätigkeitsanstalt in Drohobycz seit 27 Jahren nicht ins Leben gerufen werden konnte. Er glaube daher, dass ein Jahresbeitrag von 14.000 fr. aus den Stiftungsrenten für das Theater zu fixieren und auf dieser Basis die weitere Verhandlung zu pflegen wäre.
Der Statthaltereileiter hielt es gleichfalls für billig, die Verantwortlichkeit [] Theaterstiftung auf die Rente aus dem Theatergebäude zu beschränken, [] die Regierung als Kuratelbehörde [] Wohltätigkeitsstiftung doch auch [] Interesse haben müsse, dass [die Stift]ung alsbald ins Leben gerufen []. Der Rechtsstandpunkt müsse übrigens festgehalten werden, und es erscheint die Regierung bezüglich des Theaters als Kompaziszent, die die Theaterstiftung aufrecht erhalten müsse, wenn auch die Stiftung dabei zugrunde gehen sollte.
Der Justizminister teilte die Ansicht bezüglich des Rechtsstandpunktes mit dem Beifügen, dass der Stifter selbst erkannt habe, dass mit der Erhaltung des Theaters eine Last verbunden sei, die darum nach 50 Jahren aufzuhören hat.
Der Minister des Innern meinte, dass wenn man auch aus Billigkeitsrücksichten – selbstverständlich unter Wahrung des Rechtsstandpunktes – sich herbeilassen sollte, einen bestimmten Jahresbeitrag aus den Stiftungsrenten, z. B. 15.000 fr., zu fixieren, dieses Fixum doch nur so lange gelten könnte, als sich dabei ein Theaterunternehmer finden würde, und dass es sonst entsprechend zu erhöhen wäre. Da auch die übrigen Stimmführer aus Billigkeitsrücksichten sich für die Auswerfung eines Fixums für das Theater hinneigten, so modifizierte der Minister des Innern seinen Antrag dahin, es sei, da es aktenmäßig nicht vorliegt, welches Erträgnis das Theatergebäude abwirft und welche Summe aus den Stiftungsrenten für das Theater gegeben wird, der Akt an das Statthaltereipräsidium in Lemberg zur Aufklärung hierüber mit dem Bedeuten zurückzuleiten, dass die Regierung zwar vom rechtlichen Standpunkte die Aufhebung oder Sistierung des Theaterprivilegiums nicht zugeben könne, aber geneigt sei, Anträge des Kuratoriums über die Art, wie beide Stiftungen alsbald realisiert werden könnten, allenfalls in der Weise, dass für eine bestimmte Reihe von Jahren für das Theater ein fixer Jahresbeitrag aus den Stiftungserträgnissen geleistet und [] ein neues Übereinkommen ge[] werde, entgegenzunehmen [] Erwägung zu ziehen. Das [] habe daher in dieser Weise die weiteren Verhandlungen zu pflegen.
Die Konferenz stimmte diesem Antrage beiFortsetzung des Gegenstandes in MR. v. 6. 7. 1871 (nicht mehr vorhanden). Erst nach langwierigen Verhandlungen, siehe dazu Got, Das österreichische Theater in Lemberg, 732 f., wurde schließlich mit Ah. E.Allerhöchste Entschließung v. 20. 10. 1871 auf Vortrag Hohenwarts v. 14. 10. 1871 das Theaterprivilegium aufgehoben, womit die finanzielle Belastung der Skarbekschen Stiftung wegfiel, Hhsta., Kab. Kanzlei, KZ. 3650/1871..
Ernennung des Notars Julian Szemelowski zum Bürgermeister in Lemberg
III. ErnennungenBürgermeister Der Minister des Innern beantragte in Übereinstimmung mit dem Antrage des galizischen Statthaltereileiters, auf die Stelle des Bürgermeisters in Lemberg, die durch Kroebls Tod erledigt ist, gemäß des für Lemberg bestehenden Regulatives, nach welchem der Minister des Innern den Bürgermeister zu ernennen hat, keinen Beamten hinzusetzen, sondern einen Gemeinderat, und zwar den in Bezug auf politische Haltung als verlässlich befundenen Notar Julian Szemelowski zu berufenUnter den Beständen des Ava., IM. konnte kein Hinweis auf einen derartigen Antrag Possingers gefunden werden. Zur geltenden Praxis der staatlichen Einsetzung des Bürgermeisters von LembergRasp, Beiträge, 491.. Er müsse jedoch dabei voraussetzen, dass der Justizminister seine Zustimmung gibt, dass der Genannte als Notar sich substituieren lassen dürfe.
Die Konferenz erklärte sich hiemit einverstanden, und der Justizminister gab sein Vorhaben kund, in letzterer Beziehung das Oberlandesgericht in Lemberg zur Äußerung aufzufordernDie beiden Akten hinsichtlich der Substituierung, Ava., JM., Allgemeine Registratur II 18 Galizien Szemelowski (Nr. 7028 und 7139, beide ex 1869)sind nicht mehr vorhanden. Zur Ernennung Szemelowskis zum Lemberger Bürgermeister siehe Neue Freie Pressev. 8. 6. 1869..
Wien, am 28. Mai 1869. [Taaffe]Ah. E.Allerhöchste Entschließung Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 9. Juni 1869. Franz Joseph.