Digitale EditionDie Protokolle des cisleithanischen Ministerrates 1867–1918Nr. 56 MinisterratBand I: 1867Band 119. Februar 1867–15. Dezember 1867WienMinisterrat1867-10-28StefanMalfèrÖsterreichische Akademie der Wissenschaften, Institute for Habsburg and Balkan StudiesÖsterreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Neuzeit- und ZeitgeschichtsforschungProjektverantwortung: Research Unit Digital Historiography and Editions, Institute for Habsburg and Balkan Studies (IHB), Austrian Academy of SciencesDigitalisierung der gedruckten Quellen Verlag der Österreichischen Akademie der WissenschaftenConversion to TEI-conformant markup StephanKurz, IHBÖsterreichische Akademie der Wissenschaften
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Die Protokolle des cisleithanischen Ministerrates 1867–1918Franz AdlgasserAnatol Schmied-KowarzikBearbeitet und herausgegeben an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften8 geplante Bände, vgl. den Editionsplan und die Bandübersicht unter https://mrp.acdh-dev.oeaw.ac.at/pages/volumes.htmlThis TEI document has been generated from the same source as the printed version of this editionStefan MalfèrDie Protokolle des cisleithanischen Ministerrates 1867–1918, Band I: 186719. Februar 1867–15. Dezember 1867978-3-7001-8406WienVerlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften2018163 S.Quellbestand: AT-OeStA/AVA Inneres MRP Prot Österreichische Ministerratsprotokolle, 1867-1918 (Teilbestand) https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=15581872440font-weight:bold;vertical-align:super;font-size:.7em;text-decoration:line-through;text-decoration:underline;text-decoration:line-through;text-decoration-style:double;display:block;text-align:right;letter-spacing:0.15em;
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Nr. 56Ministerrat, Wien, 28. Oktober 1867
RS.Reinschrift fehlt; Abschrift, Ava.,
Ministerratsprotokolle, Karton 33 (Abschriften Prof. Redlich); Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: Hhsta., Kabinettskanzlei, Protokoll 1867.
Beratung des vom Subkomitee des Abgeordnetenhauses entworfenen Delegationsgesetzes. Pädagogiumsfrage.
Ministerratsprotokoll vom 28. Oktober 1867 unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministerpräsidentenstellvertreters Grafen Taaffe.
Beratung des vom Subkomitee des Abgeordnetenhauses entworfenen Delegationsgesetzes
I.
Graf Taaffe
eröffnete die Sitzung mit der Bemerkung, es sei ihm von dem Subkomitee des AbgeordnetenhausesGemeint ist das Subkomitee des Verfassungsausschusses, siehe dazu Haider, Verfassungsausschuss 55 und 68. der von demselben ausgearbeitete Gesetzesentwurf betreffend die allen Ländern der österreichischen Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten und die Art ihrer BehandlungEs handelte sich um den vom Verfassungsausschuss umgearbeiteten Regierungsentwurf des Gesetzes über die Delegationen, Fortsetzung von MR. v. 16. 6. 1867/II. übermittelt worden, und derselbe werde noch heute in einer Abendsitzung des SubkomiteesEs handelte sich nicht um eine Sitzung des Subkomitees, sondern des Verfassungsausschusses selbst, Haider, Verfassungsausschuss 245−249. zur Beratung gelangen. Derselbe unterscheide sich wesentlich in zwei Punkten von der RegierungsvorlageDruck der Regierungsvorlage Wiener Zeitung v. 18. 6. 1867..
Den bloß formalen Charakter der Regierungsvorlage verlassend enthalte er gleich im ersten Artikel die erforderlichen gesetzlichen Bestimmungen über das, was als gemeinsame Angelegenheiten für alle Länder der Monarchie anzusehen sei. Die diesfalls aufgenommenen Bestimmungen schließen sich übrigens genau den bezüglichen des 67er Elaborates an.
Die zweite wesentliche Änderung betreffe die Verteilung der Mitgliederzahl der Delegation auf das Herren- und das Abgeordnetenhaus. In der Regierungsvorlage geschehe diese Verteilung nach dem Maßstabe von ⅓ zu ⅔, sodass das Herrenhaus 20, das Abgeordnetenhaus 40 Mitglieder in die Delegation zu entsenden hätte. Der vorliegende Entwurf wende dagegen den Maßstab von ¼ zu ¾ an, demnach der Wahl des Herrenhauses nur 15, derjenigen des Abgeordnetenhauses dagegen 45 Mitglieder anheimfielen, von welchen letzteren 40 durch die Abgeordneten der einzelnen Landtage, 5 aber durch das ganze Haus gewählt werden sollten.
In einer so wichtigen Sache sei es nun Aufgabe der Regierung, noch bevor der Gegenstand vor das Abgeordnetenhaus gelange, sich klar zu werden über die Stellung, welche sie diesem Gesetzentwurfe gegenüber einzunehmen gedenke.
Nach seiner unmaßgeblichen persönlichen Ansicht dürften gegen die Aufnahme gesetzlicher Bestimmungen über die gemeinsamen Angelegenheiten in das Delegationsgesetz keine Einwendungen erhoben werden, diese Aufnahme vielmehr mit Rücksicht auf den Vorgang in Ungarn, wo das 67er Elaborat einfach vom Reichstage zum Gesetz erhoben worden seiDas ungarische Ausgleichsgesetz, Gesetzartikel XII/1867; Bernatzik, Verfassungsgesetze Nr. 119., als notwendig erscheinen. Dagegen scheine ihm der Anstand zu erfordern, dass die Regierung den Verteilungsmaßstab der Regierungsvorlage für die vom Herren- und Abgeordnetenhause in die Delegation zu entsendenden Mitglieder verteidige, ohne jedoch daraus eine prinzipielle Frage zu machen.
Man schritt hierauf zur artikelweisen Beratung des EntwurfesDer Entwurf liegt der Protokollabschrift nicht bei; siehe jedoch Haider, Verfassungsausschuss 245, Anm. 1..
Der
Kriegsminister
Freiherr v. John
äußerte Bedenken über die vorliegende Textierung des § 1 lit. b. Es werde das Kriegswesen mit Inbegriff der Kriegsmarine als gemeinsame Angelegenheit bezeichnet, ausgenommen die Rekrutenbewilligung, die Gesetzgebung über die Art und Weise der Erfüllung der Wehrpflicht, die Dislozierung und Verpflegung des Heeres, die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse und der sich nicht auf den Militärdienst beziehenden Rechte und Verpflichtungen der Mitglieder des Heeres. Aus dieser Textierung könne leicht der Schluss gezogen werden, es gehören diese von den gemeinsamen Angelegenheiten ausgeschlossenen, übrigens eine einheitliche Heeresleitung wesentlich bedingenden Gegenstände in die Kompetenz der Landesgesetzgebung. Er würde daher eine Textierung vorziehen, welche einfach das Kriegswesen als gemeinsame Angelegenheit hinstellt, die Rekrutierung, die Art und Weise der Erfüllung der Wehrpflicht, die Einquartierung und Verpflegung des Heeres und die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse der Mitglieder des Heeres, zum Zwecke eines gleichmäßigen Vorganges, einer späteren Vereinbarung vorbehält, wo es dann Sache der Regierung sein werde, die Rechte des obersten Kriegsherrn und das Interesse einer einheitlichen Armeeleitung zu wahren. Freiherr von John machte dann besonders noch auf die Unangemessenheit des Ausdruckes „Dislozierung“ und auf seine in der gemeinsamen Konferenz mit dem ungarischen Ministerium vom 14. Februar d. J. gegen diesen ebenfalls im 67er Elaborate vorkommenden Ausdruck erhobene Einwendung aufmerksam, wo er sich dagegen verwahrt habe, dass man unter Dislozierung etwas anderes als die den Ortsverhältnissen entsprechende Unterbringung der auf höheren Befehl in eine Gegend beorderten TruppenMR. v. 14. 2. 1867/I, Gmr. I/1, Anhang Nr. I; siehe dazu auch MR. I v. 19. 2. 1867, Anm. 4..
Unter Zustimmung zu dieser letzteren Bemerkung des Kriegsministers über den Ausdruck „Dislozierung“ hielten der
Justizminister
und die übrigen Mitglieder der Konferenz die Redaktion des § 1 lit. b nicht für unpassend. Dadurch, dass ausgesprochen werde, es gehöre die Rekrutenbewilligung, die Regelung der Wehrpflicht etc. nicht zu den gemeinsamen Angelegenheiten und somit nicht in die Kompetenz der Delegationen, sei noch nicht gesagt, wohin sie dann eigentlich gehören. Ein Teil werde allerdings der Landesgesetzgebung, ein anderer der Administration und wieder ein anderer ausschließlich der obersten Armeeleitung anheimfallen, vorüber man sich zu vereinbaren haben werde.
Um übrigens schon jetzt einigen Bedenken des Kriegsministers in dieser Beziehung zu begegnen, stellte der Justizminister Ritter v. Hye den Antrag, dass im Interesse der Einheit der Armee die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse der Mitglieder der Armee bei § 2 Aufnahme zu finden habe, welcher von jenen Gegenständen handelt, die zwar nicht gemeinsam verwaltet, aber nach gleichen Grundsätzen behandelt werden sollen. Es würde demnach Ziffer 5 dieses Paragraphs folgendermaßen zu lauten haben: „5. Die Feststellung des Wehrsystems und die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse und der sich nicht auf den Militärdienst beziehenden Rechte und Verpflichtungen der Mitglieder des Heeres.“
Nach längerer Beratung über den Inhalt des § 1 lit. b einigte sich die Versammlung dahin, dass der Minister des Inneren Graf Taaffe als Stellvertreter des Reichskanzlers in der heutigen Sitzung des Subkomitees bei Beratung dieser lit. die Erklärung abzugeben habe, dass er mit Rücksicht auf den Umstand, dass nicht ausgesprochen werde, welchem Vertretungskörper die in diesem Paragraph von den gemeinsamen Angelegenheiten ausgeschlossenen Heeresangelegenheiten zugehören, sondern nur ausgesprochen werde, sie gehören nicht vor die Delegationen, zu keiner weiteren Bemerkung sich veranlasst sehe. Hinsichtlich des Wortes „Dislozierung“ wäre darauf hinzuweisen, in welchem Sinne die Regierung diesen Ausdruck verstehe und, mit Zustimmung des ungarischen Ministeriums, verstanden wissen wolleDas Protokoll der Sitzung des Subkomitees v. 28. 10. 1867 mit den Wortmeldungen Taaffes gemäß den Ministerratsbeschlüssen Haider, Verfassungsausschuss 245−249. Eine Erläuterung Taaffes zum Wort Dislozierung ist nicht protokolliert..
Bei lit. c dieses Paragraphs stellte
Baron von Becke
den Antrag, dass das Wort „obenangeführten“ gestrichen werden möchte, weil die Kosten des Reichsfinanzministeriums und der schwebenden Schuld ebenfalls zu den gemeinsamen Angelegenheiten gehören, in dem § 1 aber keine Erwähnung finden, daher das Wort „obenangeführten“ nicht passe und zu Missverständnissen führen könnte.
Man war allgemein einverstanden, dass man beim Subkomitee die Streichung dieses Wortes beantrageBuchstabe c) wurde im Subkomitee neu formuliert, Haider, Verfassungsausschuss 246 f..
Bei § 2 des Entwurfes erklärte sich alles einverstanden mit dem Vorschlage des Justizministers in betreff der Redaktion der Ziffer 5, wie sie unmittelbar vorher erwähnt wurdeDieser Antrag Taaffes zu § 2 wurde von der Mehrheit des Subkomitees abgelehnt, ebd. 247. Im Gesetz lautet § 2.5 nur die Feststellung des Wehrsystems. Die Regelung der bürgerlichen Verhältnisse und der Rechte und Verpflichtungen der Mitglieder des Heeres blieb im § 1 b..
Ferner wurde beschlossen, bei Ziffer 2 am Schlusse noch die Aufnahme folgender Worte „und die Staatsmonopole“ zu verlangenAuch dieser Antrag wurde abgelehnt, ebd. Die Monopole waren jedoch inbegriffen im Wortlaut die Gesetzgebung über die mit der industriellen Produktion in enger Verbindung stehenden indirekten Abgaben, vgl. vgl. § 63 des ungarischen und § 2.2 des cisleithanischen Ausgleichsgesetzes, Bernatzik, Verfassungsgesetze Nr. 119 und Nr. 138, dann Art. XI des Zoll- und Handelsbündnisses, ebd. Nr. 167, Rgbl. Nr. 4/1868..
§ 3. In dem zweiten Satze des ersten Absatzes, welcher davon handelt, dass, wenn zwischen beiden Vertretungen kein Übereinkommen erzielt und Se. Majestät das QuotenverhältnisZum Aufteilung der Finanzierung der gemeinsamen Angelegenheiten („Quote“) Bernatzik, Verfassungsgesetze 553−558, Olechowski-Hrdlicka, Die gemeinsamen Angelegenheiten 327−339; Žolger, Ausgleich 41., jedoch nur für die Dauer eines Jahres, bestimmt, soll dieser Zusatz „jedoch nur für die Dauer eines Jahres“ wegbleiben, da er in dem 67er Elaborate nicht vorkömmt und es nicht angezeigt sei, in dem diesseitigen Gesetze etwas festzusetzen, was in dem ungarischen nicht enthaltenDas Subkomitee ging auf den Änderungswunsch nicht ein, der Zusatz verblieb im Gesetz, Haider, Verfassungsausschuss 247 f..
In dem dritten Absatze wurden die Worte „bleibt jedoch ausschließlich den Vertretungskörpern der beiden Reichshälften vorbehalten“ als unpassend mit den konstitutionellen Rechten der Krone vorgreifend angesehen. Sie wären daher umzuändern in folgende: „bleibt der gesetzgebenden Gewalt der beiden Reichshälften vorbehalten.“Diesem Antrag wurde entsprochen, jedoch in der von Kaiserfeld vorgelegten Formulierung Die Entscheidung über die Frage, ob ein gemeinsames Anlehen aufzunehmen ist,bleibt der Gesetzgebung jeder der beiden Reichshälften vorbehalten, ebd. 248.
Anbelangend den vom Subkomitee veränderten Verteilungsmaßstab der Delegationsmitglieder des Herren- und des Abgeordnetenhauses war die Versammlung mit der Ansicht des Vorsitzenden einverstanden, dass man sich auf Rücksichten für das Herrenhaus auch ferner für den in der Regierungsvorlage enthaltenen Maßstab ausspreche, im Übrigen aber gegen den vom Subkomitee vorgeschlagenen keine wesentlichen Bedenken erhebeDieser Punkt wurde in der Sitzung des Verfassungsausschusses am 29. 10. 1867 verhandelt (§ 7), Haider, Verfassungsausschuss 249 ff.; der Ausschuss blieb bei der Aufteilung 15 : 45. Erst im Plenum des Abgeordnetenhauses fand die von der Regierung beantragte Aufteilung 20 : 40 eine Mehrheit, Prot. Reichsrat AH. 20. 11. 1867 (53. Sitzung) 1469 f..
Die übrigen Paragraphe des Entwurfes gaben zu keinen Bemerkungen AnlassDas österreichische Ausgleichsgesetz wurde am 21. 12. 1867, zusammen mit den Staatsgrundgesetzen („Dezemberverfassung“) sanktioniert, Publikation Rgbl. Nr. 146/1867; Bernatzik, Verfassungsgesetze Nr. 138. Zu diesem gesetz siehe Brauneder, Die Verfassungsentwicklung in Österreich 1848 bis 1918. In:Rumpler – Urbanitsch (Hg.), Habsburgermonarchie 7/1, 179 ff.; Haider, Verfassungsausschuss 138−145; Kolmer, Parlament und Verfassung 1, 306−313; Rumpler, Parlament und Regierung Cisleithaniens 1867 bis 1914. In:Rumpler – Urbanitsch (Hg.), Habsburgermonarchie 7/1, 677 ff.; Somogyi, Die Delegation als Verbindungsinstitution zwischen Cis- und Transleithanien. In: Rumpler – Urbanitsch (Hg.), Habsburgermonarchie 7/1, 1124 ff.; Stourzh, Dezemberverfassung 250 f.; Walter, Zentralverwaltung 3/3, 306 f.; Žolger, Ausgleich 36−41..
Pädagogiumsfrage
[II. fehlt]
Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 17. November 1867.