Protokoll in Reinschrift überliefert
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Der vorsitzende
Staatsminister
setzte die Konferenz in Kenntnis, daß jetzt erst ernstliche Verhandlungen über die Friedenspräliminarien beginnen werden. Bis jetzt haben nur Pourparlers zwischen dem französischen Botschafter und dem Minister des Äußern Grafen Mensdorff stattgefunden. Als nach der Schlacht bei Königgrätz Venetien an den Kaiser Napoleon abgetreten worden sei, habe sich dieser zuerst als Freund Österreichs gezeigt und nicht nur die bewaffnete Mediation Frankreichs, sondern sogar dessen bewaffnete Intervention zugesagt
ebd. Nr. 209.
Diese Bedingungen bestehen darin: 1. daß Österreich aus dem Deutschen Bunde austrete, 2. daß die norddeutschen Staaten bis zum Main herab in eine Konföderation
Der
Kriegsminister
erachtete, daß, wenn diese Präliminarien stipuliert werden, zugleich auf den Abschluß eines Waffenstillstandes, jedoch eines solchen vorgedacht werden müsse, daß unsere militärischen Bewegungen dadurch nicht gehindert werden. Die Preußen seien nämlich jetzt nicht so gut daran, der Donauübergang sei kein leichtes Stück, das zweite Armeekorps werde morgen oder übermorgen in Preßburg mit der hiesigen Armee sich vereinigen, im preußischen Heere beginne bereits der Auftritt der Cholera, und die Operation des böhmischen Landsturmes im Rücken der preußischen Armeen könne ihnen viel zu schaffen machen. Die höchsten Rücksichten des Ehrgefühles erheischen es übrigens auch, daß Österreich bei dem Abschlusse der Friedenspräliminarien seine treuesten Waffengefährten, die Sachsen, im Auge behalte. Was die Bedingung wegen des Austrittes aus dem Deutschen Bunde betrifft, so soll man deshalb die Unterhandlungen nicht scheitern lassen, die öffentliche Stimme, die sich durch die Presse kundgebe, frage wenig danach und habe sich mit diesem Gedanken
Graf Belcredi eröffnete der Konferenz weiters, daß der physische Zustand des Statthalters von Galizien, des FML. Freiherrn v. Paumgartten, ein solcher sei, daß er zwischen Leben und Tod schwebe; er leide an der Herzbeutelwassersucht, infolgedessen an den höchsten Atembeschwerden, er gehe zwar ins Büro, von einer Amtierung seinerseits könne keine Rede mehr sein. Er wolle zwar gerne bereit sein, alle möglichen Rücksichten für ihn zu tragen, in dieser ernsten Zeit sei jedoch ein tatkräftiger Mann auf diesem wichtigen Posten notwendig. Ein General sei derzeit für den Statthalterposten in Galizien nicht mehr möglich, hiefür sei ein Mann notwendig, der das allgemeine Vertrauen im Lande besitze, der mit der Kenntnis der Administration auch jene der Landesverhältnisse verbinde und dem auch die Fähigkeit innewohne, die Regierung im Landtage zu vertreten. In Galizien sei auch die Bürokratie ein wichtiges Element, und der Statthalter müsse sich auch mit diesem zu benehmen wissen. Er habe unter allen Personen, die für diesen Posten Sr. Majestät gegenwärtig gehalten werden könnten, eine reifliche Sichtung vorgenommen, aber keinen geeigneteren gefunden als den Grafen Agenor Gołuchowsky. Er sei sich vollkommen bewußt, daß durch dessen Ernennung er sich einen großen Lärm in der hiesigen Presse hervorrufen werde. Gołuchowsky sei durch seine Landesordnungen hier keineswegs eine beliebte Persönlichkeit, dieselben seien jedoch nur ein Ausfluß des Oktoberdiplomes gewesen. Er habe unter Gołuchowsky gedient, als letzterer Staatsminister war, und wisse, daß derselbe gegen seine Beamten ein Tyrann sei. Derselbe sei jedoch vis-à-vis dem Kaiser und der Monarchie stets im höchsten Grade loyal gewesen. Sein Bruder habe sich ungemein kompromittiert, dennoch habe er nicht im entferntesten einen Schritt tun wollen, um eine günstigere Behandlung desselben zu erzielen. Agenor Graf Gołuchowsky sei zudem der einzige, dessen Name im Lande einen Klang habe, Beweis dessen, daß er in vier oder fünf Bezirken in den galizischen Landtag gewählt worden sei, sowie er auch unter den Beamten dortlandes der einzige sei, der imstande ist, für den Statthalterposten
Der
Kriegsminister
und der
Die nachträglich abgegebenen Äußerungen der Minister und Grafen Mensdorff und Esterházy liegen (Beilage) bei
Beilage zum Ministerratsprotokoll Z. 89 vom Jahre 1866.
Nachträgliche Äußerung des Ministers des Äußern Grafen Mensdorff-Pouilly zum Ministerratsprotokolle vom
Graf Mensdorff
fände es vor allem wünschenswert, wenn die Wahl auf eine Person geleitet werden könnte, die die für diesen Posten erforderlichen Eigenschaften besäße, aber nicht ein galizischer Eingeborener wäre. Er traue nämlich keinem Polen unbedingt, mehr oder weniger werde jeder von Losreißungsgelüsten getrieben. Die guten Eigenschaften des Grafen Agenor Gołuchowsky, die Graf Belcredi und der Justizminister hervorgehoben haben, erkenne auch er an, so, wie er auch, aber nur aus dem Grunde, weil ihm eine mehr geeignete Persönlichkeit nicht bekannt sei, dem Vorhaben des Staatsministers, den Grafen Gołuchowsky für den Statthalterposten in Galizien Sr. Majestät au. gegenwärtig halten zu wollen, nicht entgegentrete. Unerwähnt könne er es übrigens nich lassen, daß Graf Gołuchowsky die Ruthenen und die Juden, mithin einen großen Teil
Er könne es auch nicht verschweigen, daß Graf Gołuchowsky sehr hart gegen die Beamten sei, von denen er den unbedingtesten Servilismus fordere, er habe die Schwäche, nur Leute, die vor ihm kriechen, zu protegieren, eine unabhängige Äußerung von Seite eines Beamten vertrage er nicht. Gegen die Wahl des Adam Grafen Potocki müßte sich Graf Mensdorff auf das entschiedenste aussprechen, weil derselbe politisch ganz unverläßlich sei.
Der
Minister Graf Esterházy
– nachträglich von dem Ergebnisse der bezüglichen Ministerberatung in Kenntnis gesetzt – schließt sich in allem den Betrachtungen und Bedenken des Grafen Mensdorff entschieden an, er schließt die Wahl des Grafen Potocki nachdrücklichst aus und stimmt bei der großen Schwierigkeit, im gegenwärtigen bedrängten Augenblicke eine geeignetere Persönlichkeit nichtpolnischer Nationalität aufzufinden, schließlich subsidiarisch mit dem Grafen Mensdorff für die Wahl des Grafen Agenor Gołuchowsky, ohne übrigens die großen Schattenseiten dieser Wahl zu verkennen.
Der
Justizminister
machte mit Rücksicht auf eine im Strafhause zu Garsten unter den Sträflingen stattgefundene Verabredung zum gewaltsamen Ausbruche auf die Notwendigkeit einer Bewachung dieses Strafhauses, in welchem 800 Sträflinge verwahrt werden, aufmerksam.
Graf Belcredi
bemerkte, daß nebst der Prager jetzt auch die Brünner Polizeiwache nach Wien gezogen worden sei und daß er von der Brünner Polizeiwache 40 bis 50 Mann dem Justizminister gegen Übernahme der Kosten zur Verfügung stellen und selbe nach Garsten dirigieren werde.
Die Anfrage des
Justizministers
, was es mit dem jetzigen Monatserfordernisaufsatze für Venetien für eine Bewandtnis habe und ob er noch Geld für die Gerichte in Venetien anweisen könne, führte nach der Meinung des vorsitzenden