Protokoll in Reinschrift überliefert
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Über eine höchste Aufforderung von Seite des durchlauchtigsten Vorsitzenden entwickelte der
Staatsminister
seine mit dem Minister Ritter v. Lasser besprochenen Anträge über die Haltung der Regierung bei den Verhandlungen mit den beiden Häusern des Reichsrates über den Staatsvoranschlag für 1865
ebd., 51 f. (6. Sitzung). Der Ausschuß konstituierte sich am
ebd., 57 (8. Sitzung), begann aber erst am
ebd., 617 (30. Sitzung). Sehr bald zeigte es sich, daß er mit dem Budget nicht einverstanden war und eine bedeutende Verminderung des Defizits forderte. Damit begann der lange Kampf zwischen Regierung und Reichsrat um das Budget 1865, der sich auch in den Protokollen dieses Bandes widerspiegelt; siehe dazu Einleitung X–XIV.
Wenn die Regierung bei diesen Verhandlungen sofort zu bedeutenden Restriktionen ihre Zustimmung gäbe, würde sie nur den Vorwurf wissentlich überspannter Forderungen auf sich laden; „die Konzessionen aus Angst“ würden im Abgeordnetenhause ohne Anerkennung hingenommen und gleich als Stützpunkte zu weiteren Abstrichen benützt werden.
1. Die Minister müssen es sich daher zur Aufgabe machen, das vorgelegte Budget im ganzen und großen ernstlich zu verteidigen.
2. Da jedoch keine Aussicht vorhanden ist, daß die Dotationsanforderungen ganz ungeschmälert bleiben können, muß man sich schon rechtzeitig klarmachen, bei welchen Rubriken und wieviel man nachgeben könnte, ohne die wichtigsten Interessen des Dienstes zu gefährden. Jeder Minister und Hofkanzler hätte daher schon jetzt, bloß pro foro interno, sein Budget einer strengen Revision in der angedeuteten Richtung zu unterziehen. Diese Prüfung hätte sich insbesondere auf die Vorschläge für die Armee und Kriegsmarine zu erstrecken, nachdem beide Häuser des Reichsrates bei diesen Zweigen die größten Abstriche vorzunehmen gedenken. Das größte Geheimnis wäre über die Vornahme einer solche Revision zu beobachten.
3. Der Zeitpunkt, wann die Regierung sich zu den größeren von ihr zulässig befundenen Reduktionen bereit erklären soll, wird im Ministerrate nach Maßgabe der Wendung zu bestimmen sein, welche die Verhandlungen nehmen werden. Es erscheint aber angezeigt,
4. Bei der Schwierigkeit und den häufig wechselnden Phasen der Budgetverhandlungen, namentlich in den Ausschüssen des Reichsrates
Der
Finanzminister
war mit den Anträgen 1 – 4 einverstanden und bemerkte nur zu 1, daß einzelne Positionen, je nach ihrer Wichtigkeit, mit mehr oder minderem Nachdruck zu verteidigen wären, was der
Minister Ritter v. Lasser
sieht voraus, daß sich der Hauptangriff gegen den Voranschlag des Kriegsministers richten werde. Es werden in bezug auf dessen Reduktion schwer realisierbare, vielleicht unmögliche Forderungen gestellt werden. Sollte es was Votant nicht zu beurteilen vermöge und zuoberst wohl nur von der Ah. Entscheidung abhänge, ganz unmöglich sein, in diesem Budget nicht weitergehende Abstriche als die in petto behaltenen 5 Millionen zu machen (welche Abstriche bejahenden Falles eventuell dem Herrenhause zu konzedieren wären), und sollte es in Ermangelung solcher Abstriche
infolge derselben.
ebd., Tagesordnungspunkt V.
Se. k. k. Hoheit der durchlauchtigste Herr
Erzherzog Rainer
brachten schließlich die häufigen Ausschreitungen der Wiener Journale, namentlich der „Presse“, zur Sprache, welche letztere, hauptsächlich in dem „Localblatt“, die Polizei und sonstige Behörden konsequent mit Spott überschüttet.
Der
Polizeiminister
erwiderte, die Gesetze gäben keine wirksamen Mittel zur Unterdrückung solcher Unfüge. Was die falschen Nachrichten betrifft, so stammen dieselben großenteils aus den sogenannten Privatkorrespondenzen, deren hier nicht weniger als 15 existieren. Wenn auch der Versuch gelänge, ihre autographierte Vervielfältigung einzustellen, wird man sie doch nicht hindern können, ihre Mitteilungen dictando zu vervielfältigen und in alle Welt zu schicken. Berichtigungen von Unwahrheiten kommen meist zu spät und schaden sogar mehr als sie nützen, indem die Berichtigung oft erst die Aufmerksamkeit auf die Lüge lenkt, et semper aliquid haeret!