Wissenschaftlicher Paratext zur Edition der Ministerratsprotokolle in der Verantwortung der Herausgeber/in: Thomas Kletečka Klaus Koch.
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
.
Von Thomas Kletečka und Klaus Koch
Ministerratsprotokolle, die sich mit der außenpolitischen Haltung der Monarchie zum polnischen Aufstand befassen, sind eine Rarität: die Außenpolitik des Habsburgerstaates wurde anderswo gemacht, der Ministerrat hatte diese, wenn überhaupt, nur nachträglich zur Kenntnis zu nehmen. So war es auch während des polnischen Aufstandes. Tatsächlich ist auch 1863 die große Linie – die Wahrung der strikten Neutralität, oder was man dafür hielt – bereits lange vor den Beratungen in diesem Gremium über die diplomatischen Schritte Österreichs gegenüber den anderen europäischen Großmächten festgelegt wordenÖsterreichische Rundschau 58 (1919) 63 ff.
;
Obwohl den Polen im liberalen Teil Europas die Sympathien sicher waren, erwies sich die realpolitische Ausbeute als recht mager. Napoleon III. gab den Aufständischen Anfang Februar klar zu verstehen, daß die Insurrektion seine Pläne, d. h. durch Annäherung an Rußland das Los der russischen Polen zu verbessern, durchkreuzte und er nicht daran dächte, militärisch einzugreifen
Inzwischen hatte England die Initiative ergriffen und machte den Vorschlag einer gemeinsamen Intervention in St. Petersburg, damit Rußland die 1815 eingegangenen Verpflichtungen gegenüber Polen in die Tat umsetzeEbd.
, die französische Nr. 705
; die englische Nr. 708
; die österreichische Nr. 711
.
In seiner Antwort auf die drei Noten am ebd., Nr. 709
; an Österreich ebd., Nr. 712
; Kopien der Antworten an Frankreich und England in 5.
1863/I, Anm. 2; vgl.
So weit war die Sache gediehen, als die Frage der außenpolitischen Behandlung des polnischen Aufstandes das erste Mal zur Beratung vor den Ministerrat kamXVIII–XXI
.
ebd., Nr. 883
; die österreichische Note ebd., Nr. 887
.
In seiner Antwort vom ebd., Nr. 886
; an England ebd., Nr. 884
; an Österreich ebd., Nr. 888
.
Revue des deux mondes 71 (1901) 4, 344
.
Noch einmal rafften sich die drei Mächte zu einer – wiederum getrennt vorgebrachten – Notenserie an St. Petersburg auf, in der Rußland für die Konsequenzen seines Handelns verantwortlich gemacht wurdeebd., Nr. 894
; die Note Österreichs am ebd., Nr. 895
.nous n’avons pas changé d’opinion sur le caractère-européen de la question polonaise et sur les droits que nous confèrent l’intérêt et les Trités. Nous déplorons que trois Puisances telles que’ l’Angleterre, l’Autriche et la France ne soient pas parvenues à donner à leurs démarches toute l’efficacité désirable, et il n’a pas tenu à nous d’assurer à leur opinion l’irrésistible autorité d’une résolution collective
. Her Majesty’s Government have no wish to prolong the correspondence on the subject of Poland for the mere purpose of controversy
; und fügte hinzu Her Majesty’s Government receive with satisfaction the assurence that the Emperor of Russia continues to be animated with intentions of benevolence towards Poland, and of conciliation in respect to all foreign Powers, ebd., Nr. 900
.
Die außenpolitische Behandlung des polnischen Aufstandes stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der innenpolitischen Situation der Monarchie. Die Frage nach der Reaktion der in Galizien und Krakau lebenden Polen war stets mitbestimmend für das Verhalten der österreichischen Regierung gegenüber der Insurrektion und den sich daraus ergebenden Folgen im Inneren des Habsburgerstaates. Verglichen mit den beiden anderen Teilungsstaaten ging es den österreichischen Polen noch am besten. Ein unmittelbarer Anlaß zum Ausbruch von Unruhen lag nicht vor, doch vom ersten Augenblick an erfreute sich der Aufstand der Unterstützung breitester Bevölkerungsschichten. In Krakau wurde die polnische Nationaltracht plötzlich allgemein populär, Pamphlete der provisorischen Warschauer Regierung wurden verbreitet und Werbebüros zur Unterstützung des bewaffneten Kampfes errichtet
Bei der ersten Beratung des Ministerrates nach dem Ausbruch des bewaffneten Kampfes setzte sich Schmerling durch, der empfohlen hatte, ungeachtet der bestehenden internationalen Abkommen und Verpflichtungen Rußland gegenüber, die Angelegenheit mit großer Zurückhaltung, ja eigentlich recht mild zu behandeln
25. 2.
1863/I, ebd., Nr. 325
und MR. v. ebd., Nr. 328
.
Der für die Polen ungünstige Verlauf des Aufstandes bescherte den österreichischen Behörden noch weitere Schwierigkeiten. Immer größere Massen von Insurgenten suchten Zuflucht im neutralen Habsburgerstaat. Ihre Behandlung bildete wiederholt den Gegenstand ministerieller Beratungenebd., Nr. 315
; MR. v. ebd., Nr. 325
; MR. v. ebd., Nr. 326
; MR. v. 4. 5.
1863/I und MR. v. ebd., Nr. 345
; MR. I v. ebd., Nr. 346
; MR. v.
Die österreichische Regierung, die anfangs gehofft hatte, der Aufstand würde bald zusammenbrechen, sah sich nach dem Schwinden dieser Hoffnung veranlaßt, offiziell Stellung zu der Revolution zu beziehen; dies um so mehr, als die eher nachsichtige Haltung der österreichischen Behörden gegenüber der polnischen Agitation, die von politischen Kundgebungen bis zur Anwerbung und Ausbildung Freiwilliger für den polnischen Freiheitskampf ging, im Ausland, insbesondere in Rußland, den Eindruck entstehen ließ, Österreich würde die Rebellion im Nachbarstaat gar nicht so ungern sehen und sie zumindest indirekt unterstützen. Obwohl Mecséry für ein direktes, öffentliches Vorgehen war, setzte sich Rechberg, unterstützt von Lasser, durch, der nur für eine Belehrung der galizischen Behörden und für die Lancierung geeigneter Artikel in der Presse eintrat, um so die Haltung der Regierung zu dokumentierenebd., Nr. 330
; vgl. dazu 5.
1863/I formulierte er es so: Es wäre ein Wahn, zu hoffen, Deutschland könne durch ein Bündnis mit Polen sich verstärken. Der Pole haßt den Deutschen, während er den Franzosen bewundert und liebt und um so mehr lieben wird, wenn er Frankreich seine Unabhängigkeit zu verdanken hat
. Und das hätte die Aufgabe der polnischen Provinzen Österreichs bedeutet, ohne daß die Monarchie irgendwelchen Nutzen daraus ziehen könnte.
Die von der österreichischen Regierung während des polnischen Aufstands von 1863 verfolgte Politik verschärfte noch die Frage über die Stellung der Habsburgermonarchie zum oder im Deutschen Bund und ließ sie noch um einige Facetten reicher werden. Denn um die neutrale, ja neutralistische Haltung auch europaweit abzusichern, brauchte Österreich einen starken Rückhalt in Deutschland5.
1863/I.
Zwar hatten sich österreichische Amtsstellen schon länger mit Reformvorschlägen beschäftigt, doch die offizielle Politik nahm auf sie nur wenig BedachtThe Journal of Modern History 52 (1980) 195 ff
.Wiener Beiträge zur Geschichte der Neuzeit 9 (1982) 112
;
Auch hier wurde die Taktik der Überrumpelung angewendet. Als der österreichische Kaiser dem preußischen König am Kleine historische Schriften 1 (München 1910) 429 ff.
; Festschrift für Erich Brandenburg (Leipzig 1928) 169 ff.
; MR. v.
Der Frankfurter Fürstentag schien dann ein großer Triumph der österreichischen Politik zu werden; schließlich wurde der in einigen Punkten allerdings wesentlich abgeänderte Reformvorschlag von 24 der 30 Teilnehmer angenommen – bis dann die Einschränkung gemacht wurde, die Unterzeichneten fühlten sich nur so lange an die Reformakte gebunden, „bis die hier nicht vertretenen Bundesglieder den ihnen mitgeteilten Entwurf entweder definitiv abgelehnt oder uns ihre Gegenvorschläge eröffnet haben“
Seit der Einführung eines geordneten Rechnungswesens erstreckte sich das Verwaltungsjahr in Österreich über den Zeitraum vom 1. November bis zum 31. Oktober des nachfolgenden Jahres. Diese Periodisierung hatte militärische Ursachen – üblicherweise wurden kriegerische Kampagnen in früherer Zeit mit dem Einbruch des Winters unterbrochen –, und das Verwaltungsjahr wurde auch „Militärjahr“ genannt. Die Reform, die mit Beginn der 2. Reichsratssession dem Parlament vorgelegt wurde und die die Umstellung des Verwaltungszeitraums auf das Solarjahr beinhaltete, ebd., Präs. 2650/1863
.
Weit bedeutsamer an dieser Reform war die Umwandlung des Staatsvoranschlages vom Netto- zum Bruttobudget
Diese finanztechnische Reform war symptomatisch für den gesellschaftspolitischen Wandel, ein markantes Zeichen für „den Übergang von der absolutistischen zur konstitutionellen Periode“Ebd. 78 f.
Die Reformvorlage war gut vorbereitet, und der Ministerrat hatte gegen die diesbezüglichen Vorschläge im großen und ganzen nichts einzuwenden. Die einzige Schwierigkeit ergab sich
Die weitgehende Revision des im Vormärz geltenden Strafprozeßrechts war eine der Kernforderungen der bürgerlichen Revolution von 1848. Das bisherige Verfahren hatte seine Grundlage in der Inquisitionsmaxime: das Gericht war Ankläger, Verteidiger und Urteilsfinder in einem
In der neuen, konstitutionellen Ära seit 1860 wurde die im Geiste des Neoabsolutismus wurzelnde Prozeßorganisation zusehends fragwürdiger. Bereits zu Anfang des Jahres 1861 forderte der damalige Leiter des Justizressorts, Freiherr v. Pratobevera, den Rechtsgelehrten Julius Glaser auf, eine zeitgemäß modifizierte StPO vorzubereiten. Schon im Mai 1861 legte der damalige Professor an der Wiener Universität entstrafrechtspflege 5.
1861/I,
Glaser legte den auf Grundlage der von ihm selbst ausgearbeiteten 74 Thesen basierenden fünften Entwurf, wohl den wichtigsten in der langen Entstehungsgeschichte der neuen StPO, dem Justizministerium zur Begutachtung vor
Die in Österreich im Jahre 1863 noch immer geltende Regelung des Kreditwesens hatte ihre Grundlage in dem am Ebd., Nr. 842/1808
.Präsidialakten zum Wuchergesetz 1861–1867
.ebd., 49 (5. Sitzung)
.
Und dann geschah fast zwei Jahre recht wenig. Das hatte verschiedene Ursachen. Zum einen wurde eine Menge anderer Gesetze als wichtiger angesehen; die Neuregelung der Zinsgeschäfte konnte ganz einfach aus Zeitmangel nicht in Angriff genommen werden. Das mag auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen; denn war nicht die Entwicklung des Geldgeschäftes eine der Säulen der liberalen Wirtschaftspolitik? k. k. privilegierten Österreichischen Boden-Credit-Anstalt
über die bestehenden Justizgesetze hinausgehende Bestimmungen bewilligt und im
Erst das Gesetz vom Ebd., 67 ff.
; Geschichte der österreichischen Land- und Forstwirtschaft und ihrer Industrien 1848–1898 1/1 (Wien 1899) 348
; zu den Novellierungen nach 1868 summarisch
Die zeitgemäße, d. h. kapitalistische Neuregelung der Wirtschaftsgesetze war, wie schon erwähnt, eines der zentralen Anliegen des nun auch politisch aufkommenden Bürgertums. Mit der Einführung des gerichtlichen Ausgleichsverfahrens wurde diesem Wunsch teilweise entsprochen. Dessen Zustandekommen ist an anderer Stelle schon erläutert worden
Um den gesellschaftspolitischen Kontext richtig würdigen zu können, muß man sich Folgendes vor Augen halten: Die Idee des Ausgleichs, der jüngeren Abart der beiden Varianten beim Kridaverfahren, hatte sich in Europa erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgesetztÖsterreichische Notariats-Zeitung 89 (1957) 49 ff. und 65 ff.
Die wirtschaftliche Entwicklung ließ aber die Mängel der alten Rechtseinrichtung immer deutlicher zutage treten; ja, die verheerende Wirkung der unzeitgemäßen Regelung auf ganze Wirtschaftszweige wurde zu evident
Die Einführung des Ausgleichsverfahrens hatte die wirtschaftspolitische Situation etwas entschärft. Trotzdem blieb die Forderung nach einer aktuellen Abänderung der Konkursordnung aufrecht; die Regierung wurde am vgl.
Ebd.
Eine Lösung des ungarischen Verfassungskonfliktes stand auch vor der Eröffnung der zweiten Session des österreichischen Reichsrates nicht in Aussicht. Angesichts der immer drängender werdenden Notwendigkeit, zumindest für eine formelle Komplettierung des Gesamtreichsrates zu sorgen, gewann für die Wiener Regierung die Frage der Einberufung von Landtagen in den ungarischen Nebenländern zu Beginn des Jahres 1863 erneut an AktualitätNr. 332, Nr. 333, Nr. 334 und Nr. 335
.daß bei der gegenwärtigen Lage Österreichs im Inneren, namentlich aber dem Ausland gegenüber, eine Veränderung in der Zusammensetzung des Ah. Ministeriums jetzt von Nachteil wäre
, zit. nach ebd. V/5, Nr. 311
, hatte Nádasdy im Verlauf der Debatte über die Errichtung einer griechisch-orthodoxen Metropolie für die Rumänen ausdrücklich festgehalten, daß ohne Zufriedenstellung der Romanen […] kein Landtag in Siebenbürgen glücklich durchzuführen [sei]
; in diesem Sinne zuletzt auch MR. II v. ebd., Nr. 316
.
Freilich hatte der durch die magyarischen Unionsbestrebungen seinerseits interessengebundene ungarische Hofkanzler Forgách recht, wenn er dem Regierungsflügel Schmerlings vorwarf, nicht die argumentativ vorgeschobene „historisch-politische Individualität“ des Großfürstentums, sondern nur die Ergänzung des Reichsrates durch siebenbürgische Abgeordnete vor Augen zu haben, um „der Welt das Schauspiel eines sogenannten Gesamtreichsrates zu bieten“(Oktoberdiplom)
, ein Instrument der Krone bei ihren wechselnden Bündnissen mit politischen Gruppierungen und Nationalitäten
nennt
Da mit einem Erscheinen der siebenbürgischen Abgeordneten wegen der Landtagsvorbereitungen frühestens im August gerechnet werden konnte, entschied sich der Ministerrat bald dafür, das Parlament nun doch schon – so wie geplant – im Mai zu eröffnen, nachdem man in Anbetracht dieser aus Regierungssicht so günstigen Wende kurzfristig sogar daran gedacht hatte, von vornherein mit einem „weiteren“ Reichsrat in die zweite Session zu gehenebd., Nr. 346
.ebd., Nr. 341
; eine handschriftliche Fassung des Reskriptentwurfes (März 1863) in
Als Sitzungsort des Landtages wurde die sächsische Metropole Hermannstadt gewählt, nachdem das einst dafür vorgesehene Karlsburg mit der Begründung mangelnder Quartiermöglichkeiten ausgeschieden war
Am 5.
1863/I einstimmig angenommen worden war, hatte sich Nádasdy infolge eines Augenleidens gezwungen gesehen. Der Nachlaß Reichenstein im Kabinettsarchiv des HHSTA.
(besonders die Kartons 1a, 1b und 5
) enthält ausführliches Material zu den Verhandlungen des siebenbürgischen Landtages 1863/64.
Mitte Juni 1863 stand abermals der Entwurf des kaiserlichen Landtagseröffnungsreskriptes auf dem Tagesordnungsprogramm des Ministerrates
Auf der Grundlage der provisorischen LandtagsordnungBalkan Studies 5 (1964) 89–108, hier 103
;
Soweit schienen also die Absichten der Regierung für das erste erfüllt zu sein. Doch die Enttäuschung folgte umgehend, denn schon bei der am
Für den Fall, daß der siebenbürgische Landtag auch hinsichtlich der Beschickung des Reichsrates erfolglos sein sollte, hatte Nádasdy indessen bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen. Die Nachricht vom ungarischen Boykott dürfte Wien eben erst erreicht haben, als er der Regierung einen Reskriptentwurf zur Auflösung des siebenbürgischen Landtages und zur Vornahme direkter Wahlen für den Reichsrat unterbreitete. Obwohl Nádasdy einschränkte, von dieser Maßregel aller Voraussicht nach nicht Gebrauch machen zu müssen, meinte er doch, schon jetzt großen Wert auf die kaiserliche Genehmigung dafür legen zu müssen. Mit Ausnahme Forgáchs, der versicherte, „daß er seinerseits sich nie getrauen würde, eine solche Maßregel für Ungarn in Antrag zu bringen“, billigte der Ministerrat das Vorgehen Nádasdys
Dennoch ließ die ungünstige Entwicklung in Siebenbürgen die alten Spannungen innerhalb der Regierung wieder offen zutage treten. Als Nádasdy Ende Juli im Ministerrat ein neuerliches Reskript zur Durchführung von Landtagsneuwahlen in einigen Wahlbezirken ankündigte, worin u. a. auch das kaiserliche Wohlwollen gegenüber dem kooperativen Teil der siebenbürgischen Bevölkerung zum Ausdruck gebracht werden sollte, prallten die gegensätzlichen Meinungen scharf aufeinander
Nachdem auch die Neuwahlen an der Zusammensetzung des Landtages nichts geändert hatten, da die magyarischen Abgeordneten meist wieder gewählt worden waren
Zu den bedeutendsten Aufgaben, die den Hermannstädter Landtag erwarteten, zählten zweifellos die Gesetzesvorlagen über die Durchführung der Gleichberechtigung der rumänischen Nation und ihrer Konfessionen sowie über die Regelung des Gebrauchs der drei landesüblichen Sprachen im öffentlich-amtlichen VerkehrNr. 274
; ferner Balkan Studies 6 (1965) 1–20
.
Trotz regelmäßig stattfindender Sitzungen gingen die Geschäfte des Landtages äußerst schleppend voran. Schuld daran trug unter anderem der völlige Mangel an parlamentarischer Routine auf rumänischer Seite, was nicht selten zu endlosen, aber nichtsdestoweniger fruchtlosen Debatten führte
Mittlerweile waren die Arbeiten des Finanzausschusses in Wien allerdings schon so weit gediehen, daß einer Behandlung des Staatsvoranschlages 1864 im Plenum des Abgeordnetenhauses nichts mehr im Wege stand. Für den Ministerrat stellte sich daher die Frage, ob die Budgetberatungen sofort beginnen oder aber bis zum Eintreffen der siebenbürgischen Abgeordneten verzögert werden solltenMitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 73 (1965) 63–117, hier 103
.
Am 5. Oktober konnte Nádasdy endlich die langersehnte Nachricht vom einstimmigen Beschluß des siebenbürgischen Landtages zur Beschickung des Reichsrates melden. Zugleich beantragte er die Vertagung des Landtages bis zum Ende der laufenden Reichsratssession, „nachdem nun schon grundsätzlich ein Landtag nicht gleichzeitig mit dem Reichsrate tagen soll und nachdem die tüchtigsten Landtagsmitglieder
Der siebenbürgische Landtag tat indessen seine Schuldigkeit und wählte die 26 verfassungsmäßig vorgesehenen Abgeordneten für den Reichsratebd., HH. 1863/64, 69 ff. (7. Sitzung)
.ebd., HH. 1863/64, 69 f. (7. Sitzung/
. Zu der auch im Ministerrat häufig wiederkehrenden siebenbürgischen Eisenbahnfrage siehe zusammenfassend
Lange Dauer sollte dem symbiotischen Verhältnis zwischen Wien und Hermannstadt jedoch nicht beschieden sein. Bereits die Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn führten zu einer sukzessiven Preisgabe der siebenbürgischen Interessen durch die Regierung
Preußens eigenmächtiger Abschluß eines Freihandelsvertrages mit Frankreich im Jahre 1862 hatte das zähe Ringen mit Österreich um den wirtschaftspolitischen Einfluß in Deutschland dramatisch verschärft. Während Berlin im nachhinein auf die Zustimmung seiner Zollvereinspartner drang, versuchte Wien aus der breiten einzelstaatlichen Ablehnungsfront gegen das handelspolitische Diktat Preußens Kapital zu schlagenMitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 46 (1932) 142–187
, hier 158
.Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 25 (1932) 1–37 und 105–129, hier 27
.5.
12. 1862, abgedruckt in 5.
Parallel zu den diplomatischen Vorbereitungen des Außenministers für die Münchner „Sonderbundkonferenz“ erarbeitete die zolltechnische Kommission des Finanzministeriums während der folgenden zwei Monate eine Tarifreduktion, die sich zwar an den liberalen Zollvereinssätzen orientierte, darüber hinaus aber auf die spezifischen ebd.
Eine Woche darauf stellte sich Wickenburg im Ministerrat auf den Standpunkt, für das Werk der zolltechnischen Kommission nach wie vor keine Verantwortung übernehmen zu können, da ihm aus Zeitmangel die entsprechende Übersicht fehle. Ohne darauf einzugehen, entschied sich die Konferenz für die unverzügliche Entsendung eines Regierungsbevollmächtigten, dem der Tarifplan als konkrete Verhandlungsgrundlage bei der Münchner Vorkonferenz dienen sollteim Auslande keine beliebte Persönlichkeit [sei] und schon wiederholt perhorresziert
wurde.Entwurf eines im Sinne der österreichischen Vorschläge vom
befindet sich in
„Meine Hoffnungen sind sehr mäßig“Münchner Registratur über das Ergebnis der … Vorberatung bezüglich der Erneuerung der Zollvereinsverträge v.
,
Nachdem die Regierung im Herbst 1862 mit ihrer parlamentarischen Gesetzesvorlage zur Revision des stabilen Grundsteuerkatasters gescheitert war, hatte Plener der Aufforderung des Abgeordnetenhauses gemäß einen umfassenden Reformentwurf zum System der direkten Besteuerung für die nächste Reichsratssession in Aussicht ebd., Nr. 241
.187–203
; deren Akten befinden sich gesammelt als Sonderbestand in
Neben den Gesetzen zur Reform der schon bestehenden Grund-, Gebäude- und Erwerbsteuer kam die Einführung der Rentensteuer und einer außerordentlichen Personal-, Luxus- und Klassensteuer hinzu. Letztere sollte als ergänzendes Besteuerungselement die Mängel des konstanten Ertragssteueraufkommens zur Deckung des Defizits ausgleichen. Mit ihrem voraussichtlichen Gewinn von etwas mehr als 16 Millionen Gulden sollte sie bereits zur Defizitdeckung für die Finanzperiode 1864 beitragen
Einzeln betrachtet stellte die Personalsteuer nichts anderes als eine „rohe Kopfsteuer“ dar, „die jedermann über 16 Jahren […] traf“Ebd. 54
; vgl. dazu auch Ebd. 220 f.
; eine Druckfassung der Regierungsvorlage zur außerordentlichen Personal-, Luxus- und Klassensteuer samt Begründung befindet sich in ebd., FM., Präs. Beilagen 4152/1863
.
Zunächst widmete sich der Ministerrat der Neuregelung des Grundsteuersystems
Nachdem der Ministerrat das Steuerreformpaket trotz dieser Bedenken genehmigt und der Kaiser dem Finanzminister daraufhin Ende September die entsprechende Ermächtigung erteilt hatteebd., FM., Präs. Beilagen 4152/1863
.
Wie befürchtet stieß die Regierungsvorlage dort auf heftige Ablehnung. Anstatt sich wenigstens der Gesetzentwürfe zu den ohnehin schon vorhandenen Ertragssteuern anzunehmen, warf der Finanzausschuß des Abgeordnetenhauses die grundsätzliche Frage auf, ob denn das Parlament nicht nur Steuererhöhungen, sondern künftig auch die geltenden Steuern alljährlich zu bewilligen habe. Ein dementsprechender Antrag wurde im Plenum zwar verworfen, doch kamen vom gesamten Steuerreformprojekt überhaupt nur die stark modifizierten Gesetzentwürfe über die Personal- und Luxussteuer zur Abstimmung. Aufgrund von Differenzen im Herrenhaus wurden jedoch auch diese letztendlich von der Regierung zurückgezogen. Damit war die zur Konsolidierung des Staatshaushaltes so dringend benötigte große Steuerreform Pleners vorerst einmal gescheitert
Mit dem Bekanntwerden der Proklamation Mexikos zur Monarchie im Sommer 1863 war die seit Jahren von Napoleon III. betriebene Thronkandidatur des österreichischen Erzherzogs Ferdinand Maximilian spruchreif gewordenMaximilian von Mexiko 1832–1867. Ausstellung auf Burg Hardegg. Veranstaltet von der Stadtgemeinde Hardegg a. d. Thaya, 13. Mai bis
; ebd., PA. I 526 (= Nachlaß Rechberg) und PA. XXXIV 11
. Nach der Besetzung der Hauptstadt Mexiko durch französische Interventionstruppen hatte Marschall Elie Frédéric Forey eine bürgerlich-konservative Notablenversammlung (Asamblea de Notables)
eingesetzt, die am Kaisers von Mexiko
sollten dem österreichischen Erzherzog Ferdinand Maximilian und seinen Nachkommen angeboten werden; erst bei dessen Ablehnung hätte Napoleon III. einen anderen Kandidaten zu nominieren, Maximilian von Mexiko 1832–1867. Ausstellung auf Burg Hardegg. Veranstaltet von der Stadtgemeinde Hardegg a. d. Thaya, 13. Mai bis
;
Am in minder bestimmter Fassung
zu erfolgen habe und daß drittens die Bedingungen (i. e. die Garantieleistung Englands, Frankreichs und Spaniens) nachdrücklich und wiederholt
auszusprechen wären, ebd., Elenche Nr. 837, fol. 109 f. (RS.)
und
Am je pense que la monarchie qu’il s’agit de reconstituer au Mexique ne saurait avoir une base solide et legitime que si le pays tout entier exprimant librement sa volonté vient ratifier les voeux de la capitale
, befindet sich in
Den Berichten aus Miramare zufolge hatte die Rede Ferdinand Maximilians bei der mexikanischen Delegation tatsächlich Betroffenheit ausgelöstebd., Archiv Maximilian von Mexiko, Karton 3, Elenche Nr. 873, fol. 253, Elenche Nr. 874, fol. 255 f. ebd., Karton 4, Elenche Nr. 904, fol. 10–15 (K.)
.
Bei einem Treffen zwischen dem Kaiser, seinem Bruder und Rechberg im Jänner 1864 wurde sodann erstmals offen über die Erbentsagungsfrage gesprochen. Nach anfänglicher Weigerung unterzeichnete Ferdinand Maximilian schließlich Anfang April auf Einwirken Napoleons III. die Thronverzichtsurkunde, womit der Weg zur Annahme der mexikanischen Kaiserkrone frei war