Digitale EditionDie Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie, digitale EditionMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian Monarchy, digital editionDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Abteilung VDie Ministerien Erzherzog Rainer und MensdorffBand 3November 1861–6. Mai 1862Sitzung 197Protokoll IIWienStefanMalfèrProjektverantwortung: Research Unit Digital Historiography and Editions, Institute for Habsburg and Balkan Studies (IHB), Austrian Academy of SciencesDigitalisierung der gedruckten Quellen Verlag der Österreichischen Akademie der WissenschaftenConversion to TEI-conformant markup StephanKurzIHBÖsterreichische Akademie der WissenschaftenLizenziert unter CC-BY-4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de)https://zenodo.org/badge/latestdoi/342235542Edition der Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie online (MRP)Die Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen MonarchieMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian MonarchyDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Bearbeitet und herausgegeben an der Österreichischen Akademie der WissenschaftenTextverantwortungbei den jeweiligen Bandbearbeitern und Herausgebern der Serie und ihrer BändeHauptbearbeiter Digitale VersionStephan Kurz
28 Bände Retrodigitalisate, vgl. den Editionsplan und die Bandübersicht unter
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Protokoll in Reinschrift überliefertWien
Quellbestand: AT-OeStA/HHSTA KA KK ÖMR-Prot Österreichische Ministerratsprotokolle, 1848-1866 (Teilbestand)
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Nr. 197Ministerrat, Wien, 15. Februar 1862 — Protokoll II
RS.
Reinschrift;
P.
Protokoll Schurda;
VS.
Vorsitz Rechberg;
BdE.
Bestätigung der Einsicht und
anw.
anwesend (Rechberg 15. 2), Mecséry, Nádasdy (bei III und IV
abw.
abwesend), Schmerling, Lasser (bei V bis IX
abw.
abwesend), Plener, Wickenburg, Lichtenfels, Forgách, Esterházy, FML. Schmerling; außerdem
anw.
anwesend Müller (nur bei I bis III);
abw.
abwesend Degenfeld, Pratobevera;
BdR.
Bestätigung des Rückempfangs Erzherzog Rainer 1. 3.
1001609
Protokoll II des zu Wien am 15. Februar 1862 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze des Ministers des kaiserlichen Hauses und des Äußern Grafen v. Rechberg.
Interpellation des Abgeordneten Dr. Eugen Mühlfeld wegen Aufhebung des § 469 der politischen Schulverfassung
Der Staatsminister brachte die in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 10. Februar l. J. von Dr. Mühlfeld und Genossen überreichte Interpellation in betreff der Aufhebung des § 469 der politischen Schulverfassung und des Studienhofdekretes vom 30. Jänner 1826, Zahl 326, zur SpracheProt. Reichsrat, AH. 1861/62, 2144 (92. Sitzung); Antwort ebd., 2202 (94/18. 2. 1862).. Nachdem sich gegenwärtig über die Frage weder ja noch nein sagen lasse, indem eine stückweise Abänderung der Schulgesetze nicht vorgenommen werden kann, andererseits aber als absolut notwendig erkannt werden müsse, daß der Schulkodex einer allgemeinen Revision unterzogen werde, so gedenkt der Staatsminister die obige Interpellation ganz allgemein dahin zu beantworten, daß die Regierung demnächst eine allgemeine Revision der Schulgesetze vorzunehmen beabsichtige, wobei die von den Interpellanten gestellte Frage ihre Lösung finden werde.
Der Ministerrat war damit einverstanden.
Feiern zum Jahrestag der Verfassungsverleihung
Gegenstand der Beratung war die Frage der Feier des Jahrestages der Verfassung vom 26. Februar.
Nachdem sich allenthalben das Verlangen nach einer festlichen Feier des 26. Februar kundgegeben und es auch angemessen erscheint, daß der Gedächtnistag dieses für Österreich so denkwürdigen Ereignisses auch offiziell wenigstens durch eine gottesdienstliche Feier begangen werde, fand sich der Staatsminister veranlaßt, hierwegen die Statthalter der Kronländer einzuvernehmen, und es werden nach den diesfälligen Berichten fast überall aus eigenem Antriebe wegen Veranlassung dieser Feier die entsprechenden Verfügungen bereits getroffen. In Prag werde von dem dortigen Statthaltereivizepräsidenten Baron Kellersperg, im Falle der Stadtrat in der Sache selbst nichts verfügen sollte, das Entsprechende eingeleitet und im Wege des Konsistoriums ein feierlicher Gottesdienst veranlaßt werden. Es handle sich somit nur um Lemberg und Krakau, in welchen Städten bei der dort herrschenden Stimmung eine Begehung dieser Feier aus eigenem Antriebe kaum zu erwarten steht. Der Staatsminister würde daher proponieren, daß sowohl der Statthalter Graf Mensdorff als auch der Hofrat Merkl anzuweisen wären, die Sache in gleicher Weise wie Baron Kellersperg einzuleiten und durchzuführen. Zugleich glaubte der Staatsminister sämtliche Herrn Minister einzuladen, die Vorkehrung zu treffen, daß sich überall die Beamten an dieser Feier persönlich beteiligen, speziell aber den Herrn Kriegsminister zu bitten, die Anordnung zu treffen, daß das Militär diese Feier nicht ignoriere, rücksichtlich die Offiziere der Garnisonen in den Städten sich von dem feierlichen Gottesdienste nicht ausschließen.
Der Ministerrat war damit einverstanden, wobei nur bemerkt wurde, daß selbstverständlich die Einladung zu dem Gottesdienste, wie bei allen ähnlichen Gelegenheiten, durch die betreffenden Konsistorien zu geschehen haben wirdRandvermerk Schurdas: Anmerkung: Der Minister Graf Nádasdy war bei der Verhandlung der Gegenstände III und IV nicht gegenwärtig., Es gab auch Widerstände gegen die Feiern zum Jahrestag der Erlassung des Februarpatents z. B. von seiten kirchlich-föderalistischer Kreise in Böhmen, siehe dazu MR. I v. 6. 3. 1862/II, MR. I v. 11. 3. 1862/I, MR. v. 25. 3. 1862/I, MR. v. 1. 4. 1862/II und MR. I v. 23. 4. 1862/II..
Nachsicht für die gegen die Bedingungen des Heeresergänzungsgesetzes in Ungarn Verehelichten von der Anwendung der Strenge des Gesetzes
GM. Müller referierte den au. Vortrag des ungarischen Hofkanzlers vom 24. Jänner l. J., GZ. 1590, womit der au. Antrag gestellt wird, daß gegen diejenigen Militärpflichtigen, welche die zweite Altersklasse noch nicht überschritten und sich ohne Nachweis der im § 8 des HeeresergänzungsgesetzesRGBL. Nr. 167/1858. festgesetzten Bedingungen in Ungarn verehelicht haben, von der Anwendung der Strenge des § 44 des Heeresergänzungsgesetzes abgegangen und diese Nachsicht auch auf diejenigen Seelsorger ausgedehnt werden dürfe, welche derlei Trauungen vollzogen habenVortrag Forgáchs, MOL., Ungarische Hofkanzlei, Allgemein 1590/1862 (K.) und 3517/1862 (RS.); Gutachten des Staatsrates HHSTA., JStr. 78/1862..
Der Staatsrat erklärte sich laut des verlesenen Gutachtens einhellig gegen diesen Antrag. Derselbe fand nämlich die vom Kriegsminister dagegen angeregten BedenkenSchreiben des Kriegsministers v. 22. 1. 1862 an den ungarischen Hofkanzler MOL., Ungarische Hofkanzlei, Allgemein 1590/1862; im KA. ist der Akt skartiert., daß über eine so rücksichtslose Verletzung eines bestehenden Gesetzes umso weniger hinausgegangen werden könne, als hierin eine Ermunterung zu jeder möglichen Gesetzesübertretung läge, vollkommen gerechtfertigt. Auch müßte die ungleiche Behandlung jener, die sich im Jahre 1861, und jener, die sich in einem anderen Jahre gesetzwidrig verehelicht haben und die im nämlichen zur Stellung kommen können, jedenfalls Unzufriedenheit erregen. Noch weit strafbarer aber als derlei Verehelichte erscheinen die Seelsorger, welche in vollem Bewußtsein des Unrechtes und gegen ihre Pflicht die Trauungen vollzogen haben und ohne deren willfährige Beihilfe diese Gesetzesübertretungen gar nicht hätten stattfinden können.
Der Staatsratspräsident trat ebenfalls dieser Ansicht bei, erachtete jedoch, daß in einzelnen rücksichtswürdigen Fällen denn doch eine Ausnahme von der strengen Anordnung des Gesetzes gemacht werden sollte und daher nach seiner Meinung dem ablehnenden Resolutionsentwurfe ein Zusatz beizufügen wäre, der dieses frei lassen würde. Der ungarische Hofkanzler äußerte, er müsse an den in seinem Vortrage entwickelten Ansichten festhalten. Er sehe nicht ein, warum hier gerade der Unschuldige für die Schuldigen leiden solle, denn die betreffenden Individuen haben sich früher bei den konstitutionellen Beamten angefragt und den Bescheid erhalten, daß die österreichischen Gesetze in Ungarn keine Giltigkeit mehr haben und sie sich daher nur an den Pfarrer zu wenden haben, der die Trauung ohneweiters vollziehen könne. Graf Forgách habe also nur aus dem Grundsatze, daß nicht der minder schuldige Teil bestraft werde, während die schuldtragenden Beamten, da sie nicht mehr fungieren, straflos ausgehen sollen, sich bewogen gefunden, die in Rede stehende Nachsicht sich au. zu erbitten, wobei er sich ohnehin nur auf die zweite Altersklasse beschränkt habe. Er halte es seinerseits nur für eine Billigkeit, daß diese Leute, welche nur durch die Beamten und durch die damals herrschende Begriffsverwirrung in diese Lage kamen, geschützt werden. Der Minister Graf Esterházy unterstützte diesen Antrag hervorhebend, daß kein Mensch in Ungarn in jüngster Zeit wußte, was Recht und Unrecht ist, und daß namentlich die fraglichen Individuen durch die ihnen gemachte Eröffnung, daß das Heeresergänzungsgesetz nicht zu Recht besteht, sich zur Eingehung der Ehen verleiten ließen. Der Kriegsministerstellvertreter FML. Ritter v. Schmerling glaubte, die bisher ausgesprochene Ansicht des Kriegsministeriums umso mehr festhaltenKorrektur b–b FML. Schmerlings aus der Ansicht des Kriegsministeriums umso mehr beipflichten. zu sollen, als er nicht annehmen könne, daß diese Leute aus Unkenntnis gehandelt haben, zumal unter dieser Klasse der Bevölkerung die Heiratsgesetze sehr genau bekannt sind. Übrigens erscheine es schon zur Wahrung des Ansehens des Gesetzes notwendig, daß solchen sich einschleichenden Mißbräuchen entschieden entgegengetreten werde. Doch sei die Sache mehr vom politischen als militärischen InteresseEinfügung c–c FML. Schmerlings.. Der Staatsminister erachtete sich der Meinung des Staatsrates rücksichtlich des Staatsratspräsidenten anschließen zu sollen. Der Polizeiminister erklärte sich dagegen für die Ag. Gewährung der von der ungarischen Hofkanzlei erbetenen Nachsicht. Es handle sich hier um ein Gesetz, welches von den konstitutionellen Behörden entschieden als nicht zu Recht bestehend ausgesagt wurde; die Regierung hatte von diesem Vorgehen Kenntnis, indem mehrfache Anfragen hierwegen eingelangt sind, ohne daß man die Kraft hatte, diesem Übel zu steuern. Nun soll die Strafe eintreten, und zwar soll dieselbe nicht die Schuldigen, sondern die Unschuldigen treffen. Dieses scheine dem Votanten gegen alle Billigkeit zu verstoßen. Andererseits müsse allerdings das Ansehen des Gesetzes gewahrt werden, und Votant würde daher vorschlagen, Allerhöchstenortes darauf einzuraten, daß diese Nachsicht in Form eines Ah. Gnadenaktes ausgesprochen werde.
Dieser Antrag wurde von den Ministern Ritter v. Lasser, v. Plener und Grafen Wikkenburg unterstützt und es schlossen sich demselben bei der von dem Vorsitzenden Minister des Äußern hierüber vorgenommenen Umfrage auch der Staatsminister und der Staatsratspräsident an, mithin derselbe durch eminente Majorität zum Beschlusse erhoben wurdeRandvermerk Schurdas: GM. Müller entfernte sich nach der Beratung des Gegenstandes III., Erzherzog Rainer trat dem Beschluß des Ministerrates bei und legte einen entsprechenden Resolutionsentwurf dem Kaiser vor; mit Ah. E. v. 1. 3. 1862 gestattete der Kaiser aus besonderer Gnade, daß bei den bezeichneten Fällen von der Anwendung der Strenge des Gesetzes abgesehen werde, HHSTA., Kab.Kanzlei, KZ. 608/1862; weitere Akten zu diesem Thema MOL., Ungarische Hofkanzlei, Allgemein, Fasz. 10, zuletzt 19809/1862..
Ah. Befehl wegen vollzähligen Erscheinens der Minister bei den Sitzungen des Abgeordnetenhauses
Der Staatsminister brachte infolge Ah. Befehles zur Kenntnis der hohen Konferenz, daß es der Ah. Wille Sr. Majestät sei, daß die Minister bei den Sitzungen des Abgeordnetenhauses sich, soweit es tunlich ist, vollzählig einfinden mögen, weil dieses mehrfache Rücksichten gebieten und es auch nicht angemessen erscheint, daß, wie es in jüngster Zeit häufig geschah, die Verfechtung der Regierungsinteressen dem Staatsminister allein zufalle, zumal auch Fragen vorkommen, die sein Ressort durchaus nicht berühren und er nicht in allem für seine Herrn Kollegen einstehen könneRandvermerk Schurdas: Anmerkung: Der Minister Ritter v. Lasser nahm an den folgenden Beratungsgegenständen keinen Anteil..
Verantwortlichkeit der Gemeinden für die Steuern der einzelnen Steuerpflichtigen
Der ungarische Hofkanzler referierte, es habe das Finanzministerium mittelst eines der ungarischen Hofkanzlei zur Einsicht mitgeteilten Erlasses angeordnet, daß im Hinblicke auf die neben dem ausnahmsweisen Steuereintreibungsverfahren noch fortan in Ungarn giltigen Steuervorschriften und die hierin den Gemeinden bzw. ihren Organen auferlegten Verpflichtungen zur Mitwirkung bei der Vorschreibung und Einhebung der Steuern grundsätzlich diejenigen Abgabsrückstände, die aus Verschulden der Gemeinden oder ihrer Repräsentanten uneinbringlich geworden sind, von der Gemeinde als moralische Person und zwar nötigenfalls mit Anwendung der Zwangsmittel gegen dieselbe und aus ihrem Vermögen einzubringen sind, wobei der Gemeinde der Regreß an die schuldtragenden Gemeindevertreter offenstehtErlaß des Finanzministeriums v. 6. 12. 1861 an die Finanzlandesdirektionsabteilungen in Ungarn, dann in Kroatien, Siebenbürgen und im Banat, FA., FM., VII. Abt. (Direkte Steuern), Nr. 60269/1861, Fasz. Steuerrückstände Ungarn 1860/61..
Graf Forgách habe Bedenken gehabt, diesem Erlasse beizutreten, weil die Anwendung dieses vom Finanzminister ausgesprochenen Grundsatzes eine Belastung der Gemeinde, sogar eine Veräußerung des Gemeindevermögens in sich schließt, und ersuchte demnach um Sistierung oder Abänderung dieser VerfügungSchreiben der ungarischen Hofkanzlei v. 20. 12. 1861, ebd., Nr. 69382/1861.. Hierüber sei nun eine Note des Finanzministeriums eingelangt, worin weitläufig auseinandergesetzt sei, daß es einer teilweisen Verzichtleistung der Finanzen auf in Ungarn ejektierten Abgaben gleichkäme, wenn man sich bei der Einbringung der durch die Renitenz oder aus sonstigen Verschulden der Gemeinderepräsentanten uneinbringlich gewordenen Einnahmen nicht an die Gemeinde halten könnte, daß übrigens die fragliche Verfügung auf den bisherigen Steuervorschriften beruhe, daß nämlich die Finanzverwaltung bei der Steuereinhebung in Ungarn immer nur mit der Gemeinde als solche zu tun habe, indem jeder Gemeinde die auf sie im ganzen entfallende Steuerschuldigkeit mittelst des gemeindeweisen Steuerzahlungsbogens summarisch bekanntgegeben werde, auf dessen Grundlage sohin die Gemeinden die individuelle Abstattung durch ihre Organe vollziehen, mithin dem Ärar gegenüber bei der Abfuhr der Steuer immer die zu ihrer Einhebung berufene Gemeinde im Wirksamkeit trete und in dieser Beziehung dem Staate verantwortlich bleibe, wobei ihr der Regreß an ihre Organe offenstehtEbd. auch die Antwort des Finanzministers v. 25. 1. 1862.. Nachdem sonach das Finanzministerium auf der gedachten Verfügung zu beharren gedenkt, so glaubte der ungarische Hofkanzler, diese Differenz im hohen Ministerrate zur Sprache bringen zu sollen, und [er] müsse in dieser Beziehung nur noch bemerken, daß er alle bestehenden Steuervorschriften genau durchgesehen und nirgends ein Gesetz gefunden habe, welches die Gemeindeverantwortlichkeit für die Steuer der einzelnen Steuerpflichtigen bis zur Exekution diktieren würde. Auch der Grundsatz, daß der Gemeinde der Regreß an ihre Organe offenstehe, sei nicht durchführbar.
Der Finanzminister äußerte, daß in der Zeit, wo sich die Steuerrenitenz so stark manifestierte, wohl nichts anderes zu tun war, als, da man die einzelnen Renitenten nicht eruieren konnte, an die Gemeinde zu gehen und selbst das Gemeindevermögen in Exekution zu ziehen. Seines Wissens habe aber das Finanzministerium im allgemeinen diesen strengen Vorgang nicht gebilligt, und man sollte nun über diese einzelnen Fälle als geschehen hinweggehen. Der Finanzminister erklärte sich übrigens bereit, die fragliche Angelegenheit mit der ungarischen Hofkanzlei im ämtlichen Korrespondenzwege auszugleichenIm Schreiben v. 17. 2. 1862 an Plener stellte Forgách fest, daß nun, da der Finanzminister gemäß einem Ministerratsbeschluß einen Erlaß über die militärische Steuerexekution vorbereite (damit sind die im MR. II v. 5. 2. 1862/I beschlossenen Erleichterungen gemeint), eine weitere Erörterung dieses Gegenstandes nicht mehr notwendig sei, betonte aber noch einmal, daß er dem im Erlaß v. 6. 12. 1861 ausgesprochenen Grundsatz der Gemeindeverantwortlichkeit in keinem Fall beitreten könnte, ebd., Nr. 9074/1862, Fasz. Steuerrückstände Ungarn 1862..
Pferdeausfuhr aus Galizien
FML. Ritter v. Schmerling brachte zur Kenntnis der Konferenz, daß aus Anlaß einer dem Kriegsministerium zugekommenen Mitteilung des Polizeiministeriums über eine in jüngster Zeit stattgefundene nahmhafte Pferdeausfuhr aus Galizien Erkundigung eingezogen und die Auskunft erhalten wurde, daß diesfalls nirgends eine außergewöhnliche, Besorgnis erregende oder gar politisch bedenkliche Ausfuhr wahrgenommen wird.
Besetzung des Postens des Generaldirektors der Südbahn-Gesellschaft
Nach dem Tode des Generaldirektors der Südbahn Lapeyrière wurde von Seite der Staatsverwaltung die Gesellschaft darauf aufmerksam gemacht, daß es wünschenswert wäre, wenn dieser erledigte Posten nicht wieder durch einen Franzosen, sondern einen mit den hierländigen Verhältnissen vertrauten Inländer besetzt werde. Nichtsdestoweniger habe der Handelsminister vor kurzem seitens dieser Eisenbahngesellschaft die Anzeige erhalten, daß ein sichererd. i. ein gewisser. Monsieur Michel, ein geborener Franzose, der hier gänzlich unbekannt ist, zum Generaldirektor erwählt worden istDer Generaldirektor der k. k. priv. Südbahn-Gesellschaft, Gustav de Lapeyrière, war am 16. 12. 1861 gestorben, Kohn (Konta), Eisenbahn-Jahrbuch 1 (1868), 91; den Wunsch, einen Inländer mit diesem Posten zu betrauen, hatte Wickenburg in einer Unterredung mit dem Präsidenten des Verwaltungsrates, Franz Graf Zichy, und einigen Verwaltungsräten ausgesprochen; am 10. 2. 1862 teilte aber Zichy die Wahl des französischen Ingenieurs Michel mit, VA., HM., Präs. 125/1862.. Es handle sich nun um die Frage, wie sich von Seite der Staatsverwaltung in dieser Sache zu benehmen wäre. Über die Bemerkung des Polizeiministers, daß, nachdem es hier zuerst auf die Frage ankomme, ob die Regierung das Recht der Bestätigung der Wahl hat oder nicht, man vor allem den darauf bezüglichen Artikel der Konzessionsurkunde einsehen müßte, wurde er Handelsminister eingeladen, diesen Gegenstand unter Mitbringung des fraglichen Gesetzes in der nächsten Konferenz nochmals zur Sprache zu bringenIm Ministerrat wurde darüber nicht mehr geredet. Ein Bestätigungsrecht kam der Regierung nicht zu; § 26, Abs. 2, der Konzessionsurkunde v. 23. 9. 1858 verpflichtete allerdings die Konzessionäre, bei Bestellungen von Beamten und Dienern die nötigen Informationen über ihre Vertrauenswürdigkeit bei der Staatsverwaltung einzuholen und ihnen gebührend Rechnung zu tragen, Pollanetz — Wittek, Eisenbahngesetze 2 (= besonderer Teil, 2. Abschnitt) 206; am 23. 2. 1862 schrieb Wickenburg an Zichy, daß er, obwohl der § 26 nicht beachtet worden sei, doch dem provisorischen Antritte der Funktionen des Herrn Generaldirektors nicht in den Weg treten wolle, daß er aber zugleich angeordnet habe, der lf. Kommissär habe in Zukunft öfter als bisher an den Sitzungen des Verwaltungsrates teilzunehmen, VA., HM., Präs. 125/1862. Gleichzeitig ersuchte Wickenburg den Polizeiminister um Mitteilung, ob aus seiner Sicht gegen die Ernennung Michels ein Einwand bestehe; dies verneinte Mecséry mit Schreiben v. 1. 7. 1862, da gegen Michel nichts vorliege und er politisch nicht in Erscheinung getreten sei, HHSTA., Informationsbüro (BM-Akten), GZ. 18(1269)/1862. Als im Winter 1863 wegen Erkrankung Michels wieder ein Wechsel auf dem Generaldirektorsposten aktuell wurde, erneuerte Wickenburg seinen Wunsch; Zichy begab sich zu Gesprächen mit dem französischen Komitee der Südbahn nach Paris und berichtete am 7. 12. 1863 dem Handelsminister, daß man unbedingt daran festhalten müsse, zum Generaldirektor eine Persönlichkeit zu wählen, die das volle Vertrauen der Pariser Finanzkreise besitze, weil sonst der Verkauf von Obligationen und damit der weitere Ausbau des Bahnnetzes gefährdet sei; dieses Argument wurde im Handelsministerium gewürdigt, VA., HM., Präs. 1423/1863..
Verhalten der Minister bei den Verhandlungen im Finanzausschuß und im Abgeordnetenhaus
Der Finanzminister besprach die Notwendigkeit, daß von Seite der Minister bei allen Besprechungen mit den Abgeordneten, sei es in den einzelnen Kommissionen, sei es in den Klubs oder im Hause selbst, stets mit aller Vorsicht vorgegangen und ja alle Divergenzen vermieden werden, insbesondere aber daß, wenn die Organisationsfragen zutage komen, das gesamte Ministerium bei den Diskussionen in bezug auf die Aufrechterhaltung des Bestehenden einstimmig sei und überhaupt bei jeder Gelegenheit selbst auch den Schein einer Uneinigkeit vermeide.
Anknüpfend an dieses, erinnerte der Vorsitzende Minister des Äußern, daß im Abgeordnetenhause wiederholt versucht werde, gewissen Funktionären die Bezüge zu schmälern, und darin die Tendenz zu liegen scheint, diese Persönlichkeiten durch dieses Manöver fallen zu lassenDies ist wohl eine Anspielung auf die Absicht des Finanzausschusses, die Funktionszulage für den Botschafter in Rom, Alexander Freiherr v. Bach, zu kürzen; siehe dazu MR. II v. 7. 3. 1862/III.. Da nun die Wahl und Ernennung der Funktionäre einzig und allein Sache der Krone ist, so müsse man allen solchen Versuchen entschieden entgegentreten, so wie es auch dringend geboten sein dürfte, daß in der Verteidigung der einzelnen Posten des Budgets ein Minister den andern unterstütze. Der Staatsminister glaubt nicht, daß die Abgeordneten im Sinne haben, durch Herabminderung einzelner Positionen innerhalb des Etats einer Institution die Existenz der letzteren in Frage zu stellen, sondern bei derlei Anträgen lediglich von der Absicht geleitet sein dürften, eine sich ihnen als tunlich darstellende Ersparnis zu bewirken. Übrigens sei den etwaigen Bestrebungen, durch Streichung eines ganzen Postens im Budget die Lebensader einer Institution abzuschneiden, von vornehinein dadurch eine Schranke gesetzt worden, daß in der Ausschußsitzung der Grundsatz geltend gemacht und auch von der Majorität anerkannt wurde, daß eine solche Streichung nicht einseitig durch das Abgeordnetenhaus, sondern nur durch ein Gesetz zustande gebracht werden kannVgl. die Ausführungen Schmerlings und Lassers anläßlich der Prüfung des Voranschlags für den Staatsrat, MR. II v. 18. 1. 1862/I..
Ansuchen des Finanzausschusses um Mitteilung eines Vortrags vom Jahre 1858 betreffend die Verminderung des Militäraufwandes
Der Finanzminister referierte, daß, nachdem dem Finanzausschusse des Abgeordnetenhauses gemäß Ministerratsbeschlusses bloß der Auszug aus den Beratungen der Budgetkommission vom Jahre 1859/60 mitgeteilt wurdeSiehe MR. I v. 16. 1. 1862/III., nun abermals der Vortrag vom Jahre 1858 in betreff der Herabminderung des Militäraufwandes verlangt wird, und sich diesfalls von dem Ausschusse wiederholt sowohl an das Kriegsministerium als auch an den Finanzminister gewendet wurdeSchreiben des Präsidenten des Abgeordnetenhauses v. 5. 2. 1862; im FA. ist dieses Schreiben nicht vorhanden, siehe jedoch KA., KM., Präs. (CK.) 523/1862.. Das Kriegsministerium habe bereits dieses Ansinnen unter Hinweisung, daß sich dieser Akt in Ah. Händen befindet, zurückgewiesenEbd.; Degenfeld schrieb, daß er durch die Mitteilung des Exzerpts dem Finanzausschuß bereits so weit entgegengekommen sei, wie es für ihn überhaupt im Bereich der Möglichkeit lag; er versicherte auch, daß die die Armee und ihre Verwaltung betreffenden Stellen ungekürzt und wortgetreu mitgeteilt worden waren.. Vom Finanzminister verlange man aber das Konzept dieses Vortrages, und es soll dem Vernehmen nach für den Fall, als die Herausgabe dieses Konzeptes verweigert werde, eine Interpellation diesfalls beabsichtigt sein. Der Finanzminister ist prinzipiell gegen jede Mitteilung dieses Aktes und glaubt daher, die diesfällige Zuschrift wie der Kriegsminister ablehnend zu beantworten. Um jedoch diesen Herren zu zeigen, daß man ihnen bei der Mitteilung des Extraktes nichts vorenthalten habe, dürfte es nicht schaden, wenn den Abgeordneten Baron Tinti und Dr. Giskra vertraulich gestattet würdeKorrektur g–g Pleners aus die Abgeordneten Baron Tinti und Dr. Giskra eingeladen würden., in das Ministerium zu kommen, um dort den gewünschten Akt einzusehen und sich die Überzeugung zu verschaffen, daß in dem Extrakte alle Punkte des Vortrages enthalten sind.
Der Staatsminister erklärte, sich mit dieser Ansicht nicht vereinigen zu können. Wenn einmal die Minister erklärt haben, daß die Mitteilung des Vortrages nicht tunlich ist, so müssen sich die Abgeordneten damit zufrieden stellen. Abgesehen davon, daß es an jedem Titel mangelt, aus welchem diese Herren zu einem solchen Verlangen berechtigt wären, erscheine dieses Benehmen überhaupt als sehr verletzend gegen das Ministerium, weil sie dadurch förmlich erklären, daß man sie mit dem Extrakte betrogen hat und sie sich von der wahren Sache überzeugen wollen. Überhaupt seien solche Prätentionen ganz absonderlich, das Ministerium habe in dieser Sache ohnehin schon das äußerste getan und es müsse endlich damit ein Ende gemacht werden. Der Staatsminister ist sonach der Meinung, daß das wiederholte Ansinnen des Finanzausschusses von Seite des Finanzministers ganz entschieden abzulehen und in dieser Sache keine weitere wie immer beschaffene Konzession zu machen sei.
Dieser Meinung schlossen sich alle übrigen Stimmführer des Ministerrates anEine weitere Zuschrift des Finanzministeriums oder des Kriegsministeriums an das Abgeordnetenhaus unterblieb; das Präsidium des Abgeordnetenhauses eröffnete seinerseits am 4. 3. 1862 dem Kriegsministerium, daß der Finanzausschuß in einer Plenarsitzung beschlossen habe, im vorliegenden Falle von dem ferneren Begehren nach dem in Rede stehenden Aktenstück Umgang zu nehmen, jedoch ausdrücklich auszusprechen, daß hieraus keinerlei dem Haus abträgliches Präjudiz für die Zukunft abzuleiten sei, KA., KM., Präs. (CK.) 834/1862..
Wien, am 15. Februar 1862. Rechberg.Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 28. Februar 1862.Empfangen 1. März 1862. Erzherzog Rainer.