Digitale EditionDie Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie, digitale EditionMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian Monarchy, digital editionDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Abteilung VDie Ministerien Erzherzog Rainer und MensdorffBand 2Mai 1861–2. November 1861Sitzung 93Protokoll IIWienStefanMalfèrProjektverantwortung: Research Unit Digital Historiography and Editions, Institute for Habsburg and Balkan Studies (IHB), Austrian Academy of SciencesDigitalisierung der gedruckten Quellen Verlag der Österreichischen Akademie der WissenschaftenConversion to TEI-conformant markup StephanKurzIHBÖsterreichische Akademie der WissenschaftenLizenziert unter CC-BY-4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de)https://zenodo.org/badge/latestdoi/342235542Edition der Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie online (MRP)Die Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen MonarchieMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian MonarchyDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Bearbeitet und herausgegeben an der Österreichischen Akademie der WissenschaftenTextverantwortungbei den jeweiligen Bandbearbeitern und Herausgebern der Serie und ihrer BändeHauptbearbeiter Digitale VersionStephan Kurz
28 Bände Retrodigitalisate, vgl. den Editionsplan und die Bandübersicht unter
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Protokoll in Reinschrift überliefertWien
Quellbestand: AT-OeStA/HHSTA KA KK ÖMR-Prot Österreichische Ministerratsprotokolle, 1848-1866 (Teilbestand)
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=946Quelle für diese TEI-Datei ist die im notesStmt beschriebene Druckedition.RS.; P. Ransonnet; VS. Kaiser; BdE. und anw. (Erzherzog Rainer 11. 7.), Rechberg, Mecséry, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Pratobevera 13. 7., Lichtenfels; BdR. Erzherzog Rainer 16. 7.RansonnetKaiserErzherzog RainerBdE. 1861-07-11 (nur am Ende des Protokolls, nicht aber auf dem Mantelbogen)RechbergMecséryDegenfeldSchmerlingLasserPlenerWickenburgPratobeveraBdE. 13. 7.LichtenfelsAusschreitungen der Wiener Presse und offiziöser Artikel für den sächsischen Minister Graf Beustfont-weight:bold;vertical-align:super;font-size:.7em;text-decoration:line-through;text-decoration:underline;text-decoration:line-through;text-decoration-style:double;display:block;text-align:right;letter-spacing:0.15em;
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Nr. 93Ministerrat, Wien, 9. Juli 1861 — Protokoll II
RS.
Reinschrift;
P.
Protokoll Ransonnet;
VS.
Vorsitz Kaiser;
BdE.
Bestätigung der Einsicht und
anw.
anwesend (Erzherzog Rainer 11. 7.), Rechberg, Mecséry, Degenfeld, Schmerling, Lasser, Plener, Wickenburg, Pratobevera 13. 7., Lichtenfels;
BdR.
Bestätigung des Rückempfangs Erzherzog Rainer 16. 7.
8842246
Protokoll II des zu Wien am 9. Julius 1861 abgehaltenen Ministerrates unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.
Ausschreitungen der Wiener Presse und offiziöser Artikel für den sächsischen Minister Graf Beust
Se. k. k. apost. Majestät finden Ah. sich veranlaßt, die wahrhaft deplorablen Ausschreitungen der Wiener Blätter zur Sprache zu bringen, welche einer Abhilfe dringend bedürfen. So ist in den letzten Tagen der sächsische Minister Graf Beust wegen einer Äußerung in der Deputiertenkammer der Gegenstand maßlos gehässiger Angriffe in den Journalen, namentlich in der „Presse“ vom 6. d. M. (No. 182)Das erste Blatt dieser Nummer liegt dem Originalprotokoll bei., geworden, und es hat die „Österreichische Zeitung“ am 9. d. M. (No. 166)Ein Ausschnitt dieser Nummer liegt dem Originalprotokoll bei. in einem Artikel, „Unser Lehrmeister“ betitelt, alle übrigen Blätter an Gemeinheit überboten. Der sächsische GesandteRudolf Freiherr v. Könneritz. hat auch bereits eine förmliche Beschwerde bei dem Ministerium des Äußern über diese Angriffe erhobenEin diesbezügliches Schriftstück ist nicht vorhanden.. Eine sehr tadelnswerte Insinuation enthält ferner der Leitartikel der „Presse“ am 7. Juli (No. 183)Das erste Blatt dieser Nummer liegt dem Originalprotokoll bei. über das Vorhandensein einer andern bestimmenden Macht an der Seite des Thrones außer dem in sich einigen MinisteriumDer Artikel war gegen die ungarischen Ratgeber des Königs gerichtet; die Stelle lautete: … stände ein durch Entschiedenheit ausgezeichnetes Ministerium an der Spitze der Regierungsgeschäfte und gäbe es außer dem in sich einigen Ministerium keine andere bestimmende Macht an der Seite des Thrones …; allein … noch leitet ein aus den heterogensten Elementen kombiniertes Ministerium die Geschäfte ….
Der Polizeiminister referierte, er habe den Staatsanwalt zur Äußerung über den Artikel in der „Presse“ vom 6. [d. M.] gegen Graf Beust aufgefordert und derselbe habe sich vorläufig dahin ausgesprochen, es scheine ihm nicht möglich, auf Grund dieses Artikels eine gerichtliche Verurteilung zu erwirken. Eine administrative Ahndung — die Verwarnung — würde sich durch die schlechte Tendenz der „Presse“ allerdings motivieren lassen. Aber eben diese allgemeine Motivierung würde der Verwarnung den speziellen Charakter einer Satisfaktion für den sächsischen Minister nehmen. Andererseits sei Baron Mecséry der Ansicht, daß man Verwarnungen jetzt wohl nur dann noch aussprechen sollte, wenn das k. k. Ministerium entschlossen ist, dieses Koerzitivmittel in dem künftigen Preßgesetze beizubehaltenDie Verwarnung war im § 22 der Preßordnung v. 27. 5. 1852, RGBL. Nr. 122/1852, vorgesehen. Nach dem Pressegesetz bzw. dem Gesetz über das Strafverfahren in Preßsachen, beide v. 27. 12. 1862, RGBL. Nr. 6 und Nr. 7/1862, gab es keine Verwarnung mehr. Zum neuen Pressegesetz siehe MR. v. 7. 9. 1861/I, Anm. 1.. Endlich müsse man auch die vielen und unliebsamen Konsequenzen ins Auge fassen, die sich daraus ergeben werden, wenn die österreichische Regierung den Grundsatz annimmt, Angriffe der Presse auf fremde Minister und Regierungen zu ahnden. Der Minister des Äußern beleuchtet die unangenehme Lage, in der er sich solchen Reklamationen fremder Diplomaten gegenüber befindet, wobei man sich auf das österreichische Preßgesetz beruft. Soll man darauf erwidern: „Wir haben zwar ein Preßgesetz, aber man wendet es nicht an.“? Allerdings hat Graf Beust durch seine Äußerung in der Kammer den Sturm selbst provoziertBeust hatte gesagt, der Sprung in Österreich sei ein zu gewaltiger, um dort stehenbleiben zu können, wo man jetzt steht, und man werde genötigt sein, wieder einige Schritte zurückzutun; je eher und verfassungsmäßiger das geschehe, desto mehr sei Hoffnung, daß sich die konstitutionellen Einrichtungen festigen, Donau-Zeitung v. 29. 6. 1861; Die Presse v. 6. 7. 1861.. Allein Österreich hat viele Gründe, sich diesem Staatsmann dankbar zu bezeigen und ihn namentlich vor einem Sturz zu bewahren, der den Eintritt eines preußisch gesinnten Ministeriums zur Folge haben würde. Baron Könneritz habe neuerlich gegen Graf Rechberg geäußert, er würde sich damit zufriedenstellen, wenn in einer hiesigen Zeitung ein offiziöser Artikel erschiene, in welchem das Bedauern über die feindseligen Angriffe auf einen Minister, der Österreich bei vielen Gelegenheiten wesentliche Dienste geleistet hat, ausgesprochen würde. Der vom sächsischen Gesandten diesfalls verfaßte Entwurf ist im Preßbüro zu einem gelungenen Artikel verarbeitet worden. Allein wenn derselbe in der „Donau-Zeitung“ erscheint, so werde er wahrscheinlich nur die ärgerliche Polemik mehr verlängern.
Der Minister des Äußern stellte daher die Anfrage, 1. ob der fragliche Artikel erscheinen solle und 2. wie er sich in bezug auf die Handhabung der Preßgesetze in Österreich zu äußern habe? Der Polizeiminister glaubte ad 1., daß die vorauszusehende längere Polemik nicht abhalten dürfte, den sächsischerseits gewünschten Artikel erscheinen zu lassen. Den über heftige Angriffe in Journalen beschwerdeführenden Diplomaten dürfte bemerkt werden, daß gerichtliche Schritte — solang das Strafgesetz nicht geändert wird — kaum von Erfolg sein würden, Verwarnungen aber nicht wegen eines einzelnen Artikels, sondern nur wegen einer fortgesetzten schlechten Tendenz erteilt werden könnenGemäß § 23 der Preßordnung von 1852.. Minister Baron Pratobevera äußerte, daß er zwar die in Rede stehenden Artikel nicht gelesen habe, aber doch glaube, daß sich dieselben als persönliche Beleidigungen zur gerichtlichen Verurteilung eignen dürften, worauf der Polizeiminister erwiderte, daß der Oberstaatsanwalt nach Prüfung des Artikels in der „Presse“ vom 6. d. M. bestimmt erklärt hatte, darin keinen hinlänglichen Anhaltspunkt zur gerichtlichen Verfolgung finden zu können. Über den Artikel der „Österreichischen Zeitung“ sei der Staatsanwalt noch nicht vernommen worden. Der Staatsminister stimmte für den Abdruck des Artikels in der „Donau-Zeitung“: Facta loquantur! Übrigens dürften dem sächsischen Gesandten auch unsererseits die ungestraft fortgesetzten leidenschaftlichen Angriffe der „Leipziger Allgemeinen Zeitung“ auf Österreich gegenwärtig gehalten werden können. Der Artikel in der „Presse“ vom 7. Julius würde im Zusammenhang mit allem Vorausgegangenen Grund zu einer Verwarnung bieten. Der Finanzminister würde in diesem Artikel Stoff zu einer gerichtlichen Verfolgung finden. Der Handelsminister sprach sich rühmend über die österreichfreundliche Tätigkeit des Ministers v. Beust — namentlich auch in Angelegenheiten der Elbeschiffahrt — aus und stimmte daher für das Erscheinen des offiziösen Artikels.
Schließlich geruhten Se. k. k. apost. Majestät, das Erscheinen des Artikels in der „Donau-Zeitung“ Ah. zu genehmigen und den Polizeiminister zu beauftragen, wegen des Leitartikels der „Presse“ vom 7. d. M. (No. 183) die gerichtliche Verfolgung einzuleiten und, wofern auf diesem Weg nichts zu erreichen wäre, eine Verwarnung aussprechen zu lassenDer Artikel erschien in der Donau-Zeitung v. 10. 7. 1861; darin wurden, eingekleidet in eine Polemik gegen die genannten Blätter, die Befürchtungen zurückgewiesen, daß Österreich Schritte zurücktun werde, und es wurden Beusts Verdienste um Österreich und seine Charakterfestigkeit hervorgehoben. Gegen „Die Presse“ wurde wegen des Artikels v. 7. 7. 1861 von der Staatsanwaltschaft eine Untersuchung wegen Majestätsbeleidigung eingeleitet, doch beantragte Lasser mit Vortrag v. 23. 11. 1861 die Einstellung der Untersuchung, da ein Erfolg der Anklage zweifelhaft sei; auch sei „Die Presse“ in andere Prozesse verwickelt, so daß es sich ergebe, daß die schwere Anklage wegen Majestätsbeleidigung gleichsam anhangsweise neben einer Reihe von Anklagen wegen Privatehrenbeleidigungen der niedrigsten Art durchgeführt und so der geheiligte Name Eurer Majestät mit Dingen und Personen in Berührung gebracht werden sollte, welche einer solchen Nähe in jeder Beziehung unwürdig erscheinen. Mit Ah. E. v. 3. 12. 1861 gestattete der Kaiser, daß von der Untersuchung Abstand genommen werden dürfe, AVA., JM., Präs. 918/1861 bei ebd., Präs. 958/1861; HHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 3763/1861. Aus einem anderen Anlaß wurde der „Presse“ bald nachher eine Verwarnung erteilt; dazu siehe MR. v. 13. 12. 1861/III..
Wien, 11. Julius 1861. Erzherzog Rainer.Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 16. Juli 1861.Empfangen 16. Juli 1861. Erzherzog Rainer.