Digitale EditionDie Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie, digitale EditionMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian Monarchy, digital editionDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Abteilung VDie Ministerien Erzherzog Rainer und MensdorffBand 2Mai 1861–2. November 1861Sitzung 90WienStefanMalfèrProjektverantwortung: Research Unit Digital Historiography and Editions, Institute for Habsburg and Balkan Studies (IHB), Austrian Academy of SciencesDigitalisierung der gedruckten Quellen Verlag der Österreichischen Akademie der WissenschaftenConversion to TEI-conformant markup StephanKurzIHBÖsterreichische Akademie der WissenschaftenLizenziert unter CC-BY-4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de)https://zenodo.org/badge/latestdoi/342235542Edition der Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie online (MRP)Die Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen MonarchieMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian MonarchyDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Bearbeitet und herausgegeben an der Österreichischen Akademie der WissenschaftenTextverantwortungbei den jeweiligen Bandbearbeitern und Herausgebern der Serie und ihrer BändeHauptbearbeiter Digitale VersionStephan Kurz
28 Bände Retrodigitalisate, vgl. den Editionsplan und die Bandübersicht unter
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Protokoll in Reinschrift überliefertWien
Quellbestand: AT-OeStA/HHSTA KA KK ÖMR-Prot Österreichische Ministerratsprotokolle, 1848-1866 (Teilbestand)
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Nr. 90Ministerrat, Wien, 1. Juli 1861
RS.
Reinschrift;
P.
Protokoll Marherr;
VS.
Vorsitz Erzherzog Rainer;
BdE.
Bestätigung der Einsicht und
anw.
anwesend (Erzherzog Rainer 1. 7.), Rechberg, Mecséry, Schmerling, Degenfeld, Lasser, Szécsen, Plener, Wickenburg, Pratobevera 8. 7.; außerdem
anw.
anwesend Žigrović (bei I), Wüllerstorf (bei II b und III);
abw.
abwesend Vay, Lichtenfels;
BdR.
Bestätigung des Rückempfangs Erzherzog Rainer 11. 7.
8782196
Protokoll des zu Wien am 1. Juli 1861 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. k. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Rainer.
Entsendung eines königlichen Kommissärs nach Fiume
Der Vortrag des kroatisch-slawonischen Hofdikasteriums wegen Absendung eines königlichen Kommissärs in der Person des Statthaltereirates Daubachy nach Fiume zur Untersuchung der vom dortigen Magistrate gegen die Anordnungen der Statthalterei fortwährend an den Tag gelegten Renitenz, mit der Vollmacht, zur Herstellung der Ordnung und der Autorität der Regierung den Magistrat aufzulösen, die Versammlungen zu sistieren und einen neuen Magistrat einzusetzen, vorgetragen von dem ad hoc in die Konferenz berufenen Hofrate v. Žigrović, gab zu keiner Einwendung AnlaßVortrag des kroatisch-slawonischen Hofdikasteriums v. 25. 6. 1861 mit Genehmigung des Antrags durch Ah. E. v. 3. 7. 1861, HHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 2076/1861. Die aus den Wahlen v. 9. 3. 1861 hervorgegangene Kongregation (Magistrat) von Fiume war von der italienischen Partei beherrscht, die für die Ausgliederung Fiumes aus dem Dreieinigen Königreich und für die Rückkehr als corpus separatum zu Ungarn eintrat; die Beschickung des Agramer Landtags wurde nicht nur von der Kongregation, sondern auch in dreimaliger direkter Wahl von der Bevölkerung verweigert; insbesondere auch über die Unterrichtssprache an den Schulen war es zu Meinungsverschiedenheiten mit der Agramer Statthalterei gekommen; siehe dazu Gazzetta di Fiume v. 12. 3. 1861, 11. 6. 1861, 1. 7. 1861 und 5. 7. 1861; Ost Und West v. 29. 6. 1861, 2. 7. 1861 und 8. 7. 1861; ausführliche Darstellung Depoli, La parentesi costituzionale a Fiume nel 1861. In: La Crisi Dell'Impero Austriaco Dopo Villafranca 275—303; über die Stellung Fiumes zwischen Kroatien und Ungarn aus kroatischer Sicht siehe die zeitgenössische Abhandlung Rački, Fiume gegenüber von Croatien. Der im zit. Vortrag angekündigte Bericht über das Resultat der Untersuchung wurde erst mit dem Vortrag der kroatisch-slawonischen Hofkanzlei v. 15. 10. 1862 vorgelegt, HHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 3680/1862; siehe auch ebd., JStr. 896/1862. Demgemäß wurde die Kongregation sistiert, zur Leitung des Magistrats wurde ein Vertrauensmann eingesetzt, insgesamt eine provisorische Regelung der inneren Verwaltung der Stadt Fiume eingeführt. Im März 1863 wurde wieder der verfassungsmäßige Zustand hergestellt, ebd., Kab. Kanzlei, KZ. 798/1863. Der Ministerrat wurde mit dieser Angelegenheit, die in den Wirkungsbereich der Agramer Statthalterei bzw. der kroatisch-slawonischen Hofkanzlei fiel, nicht mehr befaßt..
Interpellationen: kurhessische Verfassung; Schutz österreichischer Schiffe in Amerika
Der Minister des Äußern referierte über die auf zwei Interpellationen des Abgeordnetenhauses zu erteilende Antwort, und zwar:
a) Welche Schritte die k. k. Regierung getan hat oder tun will zur Wiederherstellung der kurhessischen Verfassung von 1831Interpellation von Dr. Carl Rechbauer und Genossen, Prot. Reichsrat, AH. 1861/62, 377 f. (18. Sitzung/27. 6. 1861). Anläßlich dieser Interpellation diskutierte man in diesem Ministerrat ebenso wie im MR. v. 29. 7. 1861/I die Frage, ob Interpellationen in auswärtigen Angelegenheiten überhaupt beantwortet werden durften. Am 27. 7. 1861 urgierte Rechbauer die Beantwortung, Prot. Reichsrat, AH. 1861/62, 668 (31. Sitzung), die daraufhin nach einer zweiten Beratung im MR. v. 29. 7. 1861/I am 30. 7. 1861 erfolgte, Prot. Reichsrat, AH. 1861/62, 688 (32. Sitzung). Zur kurhessischen Frage selbst siehe MR. II v. 8. 1.1862; dann z. B. Zwei österreichische Noten über die kurhessische Frage, Die Presse v. 3. 7. 1861 (A.) und verschiedene Kommentare, z. B. Die Presse v. 11. 7. 1861 und. 3. 8. 1861.. Schon bei der Beratung des Grundgesetzes über die Reichsvertretung wurde das Prinzip anerkannt und von Sr. Majestät positiv ausgesprochen, daß die auswärtigen Angelegenheiten nicht zur Diskussion im Reichsrate gelangen dürfen, außer insofern es sich dabei um Gegenstände handelt, welche, wie z. B. Handelsverträge oder andere materielle Interessen, Rechte und Pflichten für österreichische Untertanen etc., auf die österreichische Gesetzgebung Bezug nehmenVgl. die Beratungen im Ministerrat am 11. 2. und 15. 2. 1861 über den § 10 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung, der die Kompetenz des Gesamtreichsrates umschreibt, MR. v. 9., 10., 11., 12. und 15. 2. 1861 (= Sammelprotokoll Nr. 7), ÖMR. V/1, sowie MR. II v. 28. 2.1861, ebd., Nr. 19.. Nachdem nun die kurhessische Verfassungsangelegenheit kein solcher Gegenstand ist, so gedächte der Minister des Äußern, die Beantwortung dieser Interpellation aus dem obigen prinzipiellen Grunde abzulehnen, denn selbst eine ausweichende Beantwortung derselben, wozu sich allenfalls eine Form finden ließe, würde obigem Grundsatze widerstreiten und eine indirekte Anerkennung des Rechtes des Hauses, sich in rein diplomatische Verhandlungen zu mischen, involvieren.
Die Minister Ritter v. Lasser, v. Plener, Freiherr v. Pratobevera und Graf Wickenburg stellten dem Minister des Äußern anheim, die gedachte Interpellation in dem konkreten Falle oder in anderen ähnlichen Fällen in geeigneter Form abzulehnen, sprachen sich aber gegen das Prinzip aus, weil das Grundgesetz keine Bestimmung enthält, welche Fragen der auswärtigen Politik der Kenntnisnahme der Reichsvertretung entzieht, vielmehr die Geschäftsordnung den Häusern das Recht der Fragestellung ohne irgendeine Beschränkung einräumt, dieses Recht auch in den konstitutionellen Versammlungen aller Länder unbeschränkt geübt wird und das österreichische Ministerium bereits Interpellationen beantwortet hat, welche über Verwaltungsangelegenheiten gestellt wurden, die weder des gesamten noch des engeren Reichsrates Kompetenz unmittelbar betreffen, es also schwer sein dürfte, jenes Prinzip gegenüber dem faktischen Vorgange unbedingt aufrechtzuerhalten; weil endlich, was den konkreten Fall betrifft, es sich um einen deutschen Bundesstaat handelt, zu welchem, wie Freiherr v. Pratobevera hinzusetzte, ein großer Teil der im Reichsrate vertretenen Länder als integrierende Teile des Deutschen Bundes in direkter staatsrechtlicher Beziehung stehen.
Die übrigen Stimmen schlossen sich jedoch der Meinung des Ministers des Äußern an, nachdem der Staatsminister bemerkt hatte, daß die Paragraphe des Grundgesetzes, welche die Kompetenz des Reichsrates normieren, dem letzteren eine Ingerenz in diplomatische Verhandlungen und bloße Verwaltungsangelegenheiten nicht einräumen. Wenn die Ausschließung dieser Gegenstände — setzte Graf Szécsen hinzu — in das Grundgesetz nicht ausdrücklich aufgenommen wurde, so geschah dies, weil man nicht eine vollständige Verfassungsurkunde, welche wie jene von 1849 alle Rechte der Krone und der Vertretung aufzählt, geben, sondern nur diejenigen Rechte aufführen wollte, welche Se. Majestät der Reichsvertretung einzuräumen für gut fanden. Alles, was im Grundgesetze der Mitwirkung des Reichsrates nicht vorbehalten ist, bleibt daher ausschließlich der Krone, und die Minister hätten nach dieser konkreten österreichischen Verfassung nicht einmal das Recht, ohne Genehmigung Sr. Majestät über Gegenstände Auskunft zu erteilen, deren Verhandlung nicht ausdrücklich der reichsrätlichen Kompetenz zugewiesen ist. Die Bemerkung endlich, daß die vorliegende Interpellation einen deutschen Bundesstaat betrifft, mit dem Österreichs zum Deutschen Bunde gehörige Länder in staatsrechtlicher Verbindung stehen, mag allerdings für diese Länder Gewicht haben. Allein in der gegenwärtigen Versammlung des Reichsrates sind auch die zum Deutschen Bunde nicht gehörigen Provinzen Galizien [und] Dalmatien vertreten. Wie kämen die Vertreter dieser oder wie kämen, sollte der Reichsrat einst vollständig werden, die Vertreter Ungerns, Kroatiens und Siebenbürgens dazu, sich an einer Frage des Deutschen Bundes zu beteiligen?
Bei dieser Meinungsdifferenz behielten sich Se. k. k. Hoheit vor, diesen Gegenstand der Ah. Entscheidung Sr. Majestät zu unterziehenFortsetzung im MR. v. 29. 7. 1861/I..
b)Randvermerk Marherrs: In Gegenwart des k. k. Kontreadmirals Baron Wüllerstorf-Urbair. Welche Fürsorge zum Schutz österreichischer Interessen in Nordamerika getroffen worden, und inwiefern der österreichische Handel in den dortigen Gewässern auf den Schutz der k. k. Kriegsmarine rechnen dürfeDiese Interpellation wurde vom Abgeordneten Johann v. Putzer-Reibegg und Genossen am 27. 6. 1861 eingebracht — Anlaß war der beginnende Sezessionskrieg — und von Rechberg am 12. 7. 1861 beantwortet, Prot. Reichsrat, AH. 1861/62, 377 (18. Sitzung/27. 6. 1861), und ebd., 444 f. (22/12. 7. 1861). Schon aufgrund einer Anfrage der Handelskammer von Fiume hatte Rechberg am 22. 6. 1861 einen Vortrag für die Ministerkonferenz vorbereitet, in dem er die Fragen erörterte, 1. ob Österreich Kriegsschiffe entsenden solle — was Rechberg verneinte, 2. welche diplomatischen Schritte zu unternehmen seien und 3. ob die Regierung ihre Grundsätze und ihre Stellung zum amerikanischen Streit in amtlicher Form erklären solle, Konzept und Reinschrift HHSTA., Administrative Registratur, F 36, Karton 5, Mappe Internationales Seerecht 1859 bis 1861. Es läßt sich nicht feststellen, warum Rechberg den Gegenstand erst am 1. 7. 1861 anhand der inzwischen eingebrachten Interpellation im Ministerrat vortrug.. Diese an den Vertreter des k. k. Marineoberkommandos gerichtete, von ihm an den Minister des Äußern abgetretene InterpellationSchreiben Wüllerstorfs an Rechberg v. 28. 6. 1861, ebd. gedenkt letzterer dahin zu beantworten, daß die k. k. Regierung ihre Maßregeln zum Schutze des österreichischen Handels und der Untertanen in Nordamerika im Einklang mit den Regierungen der übrigen seefahrenden Nationen, von denen — außer England und Frankreich, welche ihre dortigen Schiffsstationen verstärkten — keine ein Schiff in die dortigen Gewässer geschickt hat, auf diplomatische Unterhandlungen beschränkt und ihren Gesandten und die Konsuln angewiesen habe, von der dortigen Regierung die Anerkennung und Anwendung der Artikel 2, 3 und 4 der Deklaration vom 16. April 1856 (RGBl. Nr. 69) zum Schutze der Neutralen zu erwirken, und daß die k. k. Regierung hiervon den besten Erfolg zum Schutze der österreichischen Interessen erwarte, insofern nicht etwa österreichische Schiffe selbst durch Beteiligung am Kriege oder Führung von Kriegskonterbande aus eigener Schuld dieses Schutzes verlustig werdenDie entsprechende Weisung an den Minister-Residenten in Washington, Georg Ritter v. Hülsemann, ebd., Z. 6993H/1861, trägt das Datum vom 1. 7. 1861 und war wohl eine Folge der Interpellation. Die Vereinigten Staaten waren der Pariser Seerechtsdeklaration v. 16. 4. 1856 nicht beigetreten, weil sie zu dürftig war und den Schutz des Privateigentums nicht hinreichend gewährleistete; zu dieser Deklaration siehe Bittner, Staatsverträge 2, Nr. 3081..
Da — wie der Staatsminister bemerkte — die Frage dahin geht, ob auf den Schutz der „Kriegsmarine“ zu rechnen sei, d. h. ob ein k. k. Kriegsschiff dahin abgesendet werde, so sollte, nach dem Erachten des Ministerrates, diese Frage auch direkt durch die Aufnahme der Angabe beantwortet werden, „daß die k. k. Regierung kein Kriegsschiff gesandt habe oder senden werde“, was Graf Rechberg gehörigen Orts einschalten wird. Nach der Ansicht des Handelsministers sollte letztere Erklärung vorangestellt werden und dann als Begründung derselben der übrige Teil der Antwort nachfolgen. Kontreadmiral Baron Wüllerstorf, mit der Art der Beantwortung durch den Minister des Äußern einverstanden, bemerkte nur, ob nicht vielleicht zur mehreren Begründung der Nichtentsendung von Kriegsschiffen in jene Gewässer auch noch der Umstand angeführt werden sollte, daß die k. k. Marine unter den gegenwärtigen Verhältnissen zum Schutze der eigenen Küsten keines ihrer Schiffe entbehren könne. Auch sei er von Sr. k. k. Hoheit dem Herrn Erzherzog MarineoberkommandantenErzherzog Ferdinand Max. angewiesen, dem Abgeordnetenhause für dessen Anerkennung der Leistungen der k. k. Kriegsmarine einige freundliche Worte zu erwidern. Ersteres aber lehnte der Minister des Äußern ab um des ungünstigen Eindrucks willen, den eine solche Erklärung machen würde, letzteres Se. k. k. Hoheit, weil nur ein Mitglied des Ministeriums, hier also der Minister des Äußern, die Interpellation zu beantworten hat.
Nachsicht des diritto d’alboraggio für slawonische Eisenbahnschwellen
Die Anwesenheit des Kontreadmirals benützend, nahm der Handelsminister seinen Antrag wegen Befreiung der von der Staatseisenbahngesellschaft aus Slawonien bezogenen, zum Verkauf im Auslande bestimmten, in Triest lagernden Eichenschwellhölzer (Konferenzprotokoll vom 8. Juni 1861, Z. 865, ad IX) von der Entrichtung des diritto d’alboraggio wieder auf, indem er bemerklich machte, daß seit der Einführung dieser Abgabe (Verordnung vom 11. November 1851, RGBl. Nr. 242) die Verhältnisse des inländischen Schiffbaus und Verkehrs sich so geändert haben, daß aus den überwiegenden volkswirtschaftlichen Rücksichten, die schon damals von ihm geltend gemacht worden sind, jede Erleichterung der Ausfuhr solcher Hölzer als wünschenswert sich darstellen dürfte, nachdem der Bedarf der Kriegsmarine, welche nur große Hölzer verwendet, dadurch nicht beeinträchtigt wird, die Produktion in den Wäldern aber, wo bisher das Holz aus Mangel an Absatz verfaulte, sich in dem Maße heben würde, in welchem ihr ein größerer, vorteilhafter Absatz gesichert wirdDazu siehe MR. v. 8. 6. 1861/IX, Anm. 30..
Wohl bedarf die k. k. Marine — bemerkte der Admiral — meist nur großes Eichenholz. Allein die Handelsmarine bedarf und verwendet auch das kleinere, und wenn man die Ausfuhr des letzteren zu sehr begünstigt, so wird alles ausgeschlagen, so daß weder kleines noch großes mehr vorhanden sein wird. Die angetragene Begünstigung würde in Triest böses Blut machen, denn solange die Verkehrsmittel im Innern so beschränkt bleiben wie jetzt, so daß selbst die k. k. Kriegsmarine ihren Bedarf lieber aus dem Auslande bezieht, erscheint der Fortbestand der fraglichen Gebühr als gerechtfertigt. Allein nach der Ansicht des Finanzministers handelt es sich im vorliegenden Falle nicht sowohl um eine Begünstigung oder Ausnahme von der Verordnung vom 11. November 1851, als vielmehr um deren Anwendung auf den vorliegenden Fall. Es heißt nämlich darin: a) für Eichenstämme von 30 ZollMüßte richtig heißen von mindestens dreißig Wiener Fuß Länge und 12 Zoll Dicke am dickeren Ende, RGBL. Nr. 242/1851. werden 20 fr. [abgenommen], b) für alles übrige Holz, das eine solche Bearbeitung, die dasselbe zur Verwendung für den Schiffbau ungeeignet macht, nicht erhalten hat, sind 10 fr. Gebühr abzunehmen. Also ist Eichenholz, das eine solche Bearbeitung erhalten hat, die es zum Schiffbau ungeeignet macht, von dieser Abgabe frei. Inwiefern außer Faßdauben, die hier nicht taxativ, sondern beispielsweise aufgeführt werden, auch die in Rede stehenden Schwellen unter die Kategorie der zum Schiffbau nicht verwendbaren, also gebührenfreien Hölzer gehören, hätten die Seebehörden zu entscheiden. Er seinerseits würde für deren gesetzliche Befreiung stimmen, trotzdem daß — nach der Bemerkung des Handelsministers — zwei Erkenntnisse vorliegen, wornach auch diese Schwellen zum Schiffbau möglicherweiseEinfügung Pleners. verwendet werden könntenDamit sind zwei von der Zentralseebehörde vorgelegte Expertengutachten gemeint, die in AVA., MHVW., Allgemein 559/1861, zitiert werden, aber nicht mehr beiliegen.. Als Schiffbauholz im gewöhnlichen Sinne können Eisenbahnschwellen nach einer gesunden Beurteilung wohl nirgends kategorisiert werden.Einfügung c–c Pleners. Aber auch Faßdauben, bemerkte der Polizeiminister, könnten vielleicht dazu gebraucht werden, und doch sind sie abgabenfrei, und da es sich — wie Graf Szécsen hinzusetzte — bei der Anwendung eines positiven Gesetzes auf einen konkreten Fall, wenn sie nicht vollkommen klar [ist], um die mehr oder minder liberale Auffassung handelt, so würde er hier um so mehr für die liberalere, also für die Ansicht des Finanzministers stimmen, als die zu Eisenbahnschwellen verarbeiteten Hölzer, wenn sie auch nicht absolut untauglich für den Schiffbau sein sollten, doch unzweifelhaft nicht mehr in die Kategorie des „Schiffbauholzes“ gehören.
Hiernach erklärten sich auch die übrigen Votanten für die Ansicht des Finanzministers, Minister v. Lasser insbesondere noch darum, weil nach dem Eingeständnis des Vertreters der k. k. Kriegsmarine selbst für letztere kein slawonisches Holz bezogen wirdRandvermerk Marherrs: Nach diesem Vortrage trat Kontreadmiral Baron Wüllerstorf ab., Ebd. auch das Schreiben des Handelsministers an die Zentralseebehörde v. 9. 7. 1861, in dem sie angewiesen wird, die Alboraggiogebühr für die Eisenbahnschwellen nicht einzuheben, und eine Mitteilung desselben Inhalts an Bontoux..
Indiskretion des „Fortschritts“ über eine Ministerratssitzung
Graf Szécsen machte auf einen Artikel des „Fortschritts“ aufmerksam, der über die letzte Konferenz unter Ah. Vorsitze in ungrischen Angelegenheiten solche Details enthält, die nur einem dabei anwesend Gewesenen bekannt sein konntenDer Fortschritt v. 1. 7. 1861 unter dem Titel Die ungarische Angelegenheit; gemeint ist der MR. v. 27., 28. und 30. 6. 1861 ( = Sammelprotokoll Nr. 89).. Es schien ihm eine Untersuchung darüber einzuleiten nötig, wie das Blatt zur Kenntnis dieser Details kam. Der Staatsminister behielt sich vor, den Redakteur hierwegen zu vernehmenZur Frage von Indiskretionen über Ministerratssitzungen siehe MR. v. 27. 6. 1861 (im Sammelprotokoll Nr. 89), MR. v. 24. 8. 1861/II, MR. v. 12. 10. 1861/V, MR. v. 27. 10. 1861/I und Rumpler, ÖMR., Einleitungsband 69 f..
Haltung des „Sürgöny“; Frage, warum einige deutsche Minister nicht zur Schlußberatung über die ungarische Landtagsadresse beigezogen wurden
Der Polizeiminister teilte den Inhalt der Telegramme über die heutige Verlesung des königlichen Reskripts im ungrischen Landtage mitDas königliche Reskript v. 30. 6. 1861, vgl. MR. v. 27., 28. und 30. 6. 1861 ( =Sammelprotokoll Nr. 89), wurde am 1. 7. 1861 um 1 Uhr nachmittags im Unterhaus verlesen. und äußerte den Wunsch, daß nunmehr das als Regierungszeitung geltende ungrische Blatt „Sürgöny“ aufzufordern wäre, seinen bisherigen Dualismus, womit es einerseits die Ansichten der Regierung vertritt, andererseits, wie z. B. über Steuereintreibung, sich von der im Lande herrschenden Strömung fortreißen läßt, aufzugeben und eine einheitliche Haltung anzunehmen. Minister Graf Szécsen billigte die bisherige Haltung des „Sürgöny“ nicht, bemerkteKorrektur Szécsens aus bat. aber, daß auch jene hiesigen Blätter, welche für Regierungsjournale gelten, angewiesen werden, keine Ungern betreffenden Artikel zu bringen, ohne sich früher mit Mitgliedern der ungrischen Regierung darüber ins Einvernehmen gesetzt zu haben. Bisher bestand der Dualismus auch im Rate der Krone zwischen ungrischen und deutschen Räten. Jetzt ist der Moment der Lösung gekommen: Schenken Se. Majestät den ungrischen Räten das Vertrauen und sind die deutschen bereit, es zu teilen, so besteht ferner kein Dualismus mehr und hört dann auch in den Zeitungen auf. Im entgegengesetzten Falle müßte der eine oder der andere Teil der Räte der Krone austreten.
Diesen Anlaß ergriff der Finanzminister, um seine Empfindlichkeit darüber zu Protokoll zu geben, daß er und noch einige seiner deutschen Kollegen der Schlußberatung über eine so wichtige Angelegenheit, wie [es] die über die ungrische Landtagsadresse war, beigezogen zu werden nicht gewürdigt worden und [daß sie] die Ah. Entscheidung darüber nicht anders als wie das gemeine Zeitungspublikum nur aus Tagsblättern erfahren sollen. Es schien ihm dies mit der Stellung und Würde eines Rates Sr. Majestät nicht wohl verträglich zu seinLasser, Wickenburg, Pratobevera und Lichtenfels hatten zwar am MR. v. 27. 6. 1861 teilgenommen, nicht aber am 28. und 30. 6. 1861; Plener selbst war am 27. und 28. 6. 1861 anwesend; vgl. das betreffende Sammelprotokoll.. Se. k. k. Hoheit bemerkten dagegen, daß an der prinzipiellen BeratungKorrektur f–f Erzherzog Rainers aus Hauptberatung. über jene Angelegenheit alle Minister teilgenommen haben, daß es jedoch Sr. Majestät jederzeit freistehe, dann noch das Gutachten einiger seiner Räte einzuholenKorrektur g–g Erzherzog Rainers aus und daß Se. Majestät nur bezüglich einiger Details noch die Vernehmung einiger Ihrer Räte angemessen zu finden geruhten..
Mitteilung an den Reichsrat über den Ah. Beschluß zur ungarischen Landtagsadresse
Der Staatsminister las den Entwurf der Mitteilung, welche er im Abgeordneten-, Graf Rechberg im Herrenhause auf Ah. Befehl über die ungrische Adreßangelegenheit zu machen haben wird. Selbe gab zu keiner Erinnerung AnlaßSiehe Prot. Reichsrat, AH. 1861/62,407 (19. Sitzung/2. 7. 1861), und ebd., HH. 1861/62, 125 (13 v. 2. 7. 1861). Die Mitteilung wurde in beiden Häusern mit einer Loyalitätserklärung beantwortet. Während das Herrenhaus eine Delegation an den Kaiser sandte, um diese Erklärung mündlich abzugeben, ebd., HH. 1861/62, 126—128 (13/2. 7. 1861) und 129 (14/3. 7. 1861), beschloß das Abgeordnetenhaus, die Loyalitätserklärung ins Protokoll aufzunehmen, ebd., AH. 1861/62, 422 (19/2. 7. 1861), allerdings rief diese Erklärung im Abgeordnetenhaus auch eine lebhafte Debatte über die Kompetenz frage hervor, ebd., 423—427 (20/4. 7. 1861); siehe auch Ungarischer Verfassungsstreit Nr. XXXIII..
Absendung eines Offiziers zu spanischen Manövern
Der Kriegsminister hat von dem k. k. Gesandten in Madrid die Einladung erhalten, zu den dort stattfindenden TirailleurübungenTirailleur = Schütze, Angehöriger einer in gelockerter Linie kämpfenden Truppe, auch Scharfschütze. einen k. k. Jägeroffizier zu senden. Nachdem weder militärischerseits ein besonderer Wert auf die mit nicht unbedeutenden Kosten verbundene Absendung und Teilnahme eines k. k. Offiziers an jenen Übungen gelegt wird, noch auch — wie der Minister des Äußern bemerkte — ein diplomatisches Interesse dafür spricht, so wird der Kriegsminister diesen Antrag ablehnen, gegen den sich der Finanzminister ohnehin verwahren müßteDer betreffende Akt im KM. ist skartiert..
Offiziersgage für den Attaché Peter Baron Pirquet
FZM. Baron Pirquet ist um Anweisung der Offiziersgebühren (1100 fr.) für seinen als Gesandtschaftsattaché angestellten Sohn eingeschrittenDessen Ernennung zum unbesoldeten Gesandtschaftsattaché HHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 1706/1861.. Der Kriegsminister erklärte, seinerseits darauf nicht antragen zu können, und auch der um seine Ansicht hierüber angegangene Minister des Äußern sprach sich gegen eine Ingerenz von seiner Seite in dieser Sache aus, weil Attachés systemmäßig nicht nur unentgeltlich dienen, sondern sogar eine jährliche Sustentationssumme von mindestens 3000 fr. erhalten müssen, welche Pirquets Vater ihm zu erfolgen sich verpflichtet hat. Noch mehr verwahrte sich der Finanzminister gegen jeden etwaigen außerordentlichen Anspruch. Der Kriegsminister wird daher das Gesuch abweisen.
Landeshauptmannstelle in Kärnten
Für die Landeshauptmannstelle in Kärnten, von deren Bekleidung Graf Thurn wegen seiner Anwesenheit als Reichsrat in Wien enthoben werden will und soll, schlug der Staatsminister den nach Thurn secundo loco genannten Graf Goess als einen der größten Grundbesitzer im Lande vor, wogegen nichts eingewendet wurdeGeorg Graf Thurn-Valsassina wurde mit Ah. E. v. 7. 7. 1861 auf den Vortrag des Staatsministers v. 3. 7. 1861 in Gnaden seines Postens enthoben und an seiner Stelle Anton Graf Goess zum Landeshauptmann von Kärnten ernannt, ebd., KZ. 2122/1861..
Vizepräsidentenstelle im Herrenhaus
Zur Wiederbesetzung der durch den Tod des Philipp Freiherrn v. KraußPhilipp Freiherr v. Krauß, ehemaliger Finanzminister, langjähriges Mitglied des Reichsrates, Präsident der Obersten Rechnungskontrollbehörde und schließlich Vizepräsident des Herrenhauses, war am 26. 6. 1861 gestorben. erledigten Vizepräsidentenstelle hat der Staatsminister im Einvernehmen mit dem Präsidenten des HerrenhausesCarl Wilhelm Fürst Auersperg. das Augenmerk auf die beiden Reichsräte Baron Baumgartner und v. Pipitz geworfen und, da letzterer wegen seiner Zurückhaltung minder beliebt sein dürfte, den ersteren als hierzu vollkommen geeignet in Vorschlag bringen zu sollen geglaubt. Allein nachdem Graf Szécsenin betreff desselbenKorrektur h–h Szécsens aus demselben [vorwirft]. den Abgang aller konventionellen Umgangsformen erwähntEinfügung Szécsens., Freiherr v. Pratobevera aber nur anEinfügung j–j Pratobeveras. dessen niederösterreichische Mundart bei öffentlichen Vorträgen erinnertKorrektur k–k Pratobeveras aus vorgeworfen., wird der Staatsminister, da außer jenen beiden noch die Grafen Kuefstein, Larisch und Thurn (Hartig lehnt ab) in Betracht kommen dürften, sich vorläufig über eine andere Wahl mit dem Präsidenten des Herrenhauses ins Einvernehmen setzenSiehe MR. v. 4. 7. 1861/II..
Wien, am 1. Julius 1861. Erzherzog Rainer.Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Laxenburg, den 10. Juli 1861.Empfangen 11. Juli 1861. Erzherzog Rainer.