Protokoll in Reinschrift überliefert
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
.
Hierauf ergriff der
Minister des kaiserlichen Hauses und des Äußern
das Wort, um die Notwendigkeit darzustellen, daß den in in- und ausländischen Zeitungen verbreiteten Gerüchten über Uneinigkeit des Ministeriums durch einen offiziösen Zeitungsartikel entgegengetreten werde
Der
Staatsminister
bemerkte zwar: Die heutige Versammlung des Ministerrates unter dem höchsten Vorsitze Sr. k. k. Hoheit und Teilnahme der bisherigen sowie der neuen Minister sei die tatsächliche Widerlegung jener Gerüchte und beweise zur Genüge, daß entscheidende Differenzen im Ministerium nicht bestehen können. Nachdem jedoch die Mehrheit der Stimmen, obwohl sie sich von einem Zeitungsartikel eine besondere Wirkung nicht verspräche, die Widerlegung jener Gerüchte eben durch Berufung auf die angeführte Tatsache für angemessen erkannt hatte, vereinigte man sich in dem Beschlusse, einen solchen Artikel erscheinen zu lassen. Auf die Frage, in welchem Blatte und in welcher Form, entschied sich die Majorität für den nichtämtlichen Teil der Wiener Zeitung und für die einfache Erwähnung der stattgehabten Sitzung und der sich hieraus ergebenden Schlußfolgerung, daß sich hierdurch die Gerüchte widerlegen, als ob im Ministerium grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten bestünden — während der Finanzminister sich für das Unterbleiben jedes offiziellen Artikels aussprach und bemerkte, daß die Schlußfolgerung aus dem Faktum der Abhaltung einer gemeinschaftlichen Konferenzsitzung auf vollkommene Gesinnungsübereinstimmung der Mitglieder wohl eine unrichtige sei und als solche auch vom Publikum erkannt und kritisiert werden wird. Es gab schon sehr viele Sitzungen und doch auch in denselben die größte Disparität der Meinungen
Der
Staatsminister
referierte über den Entwurf der Landes- und Landtagswahlordnung.
A) Für Salzburg (Beilage 1 und 2
Nachdem ein Bedenken des
Ministers des Äußern
gegen das Verhältnis der Abgeordneten der I. und III. Gruppe (§ 3), zusammen 13 gegen 12 der städtischen (Gruppe II), durch die Bemerkung des
B) Für Galizien und Krakau (Beilage 3 und 4
Zu § 3, lit. a, der Landesordnung äußerte der
Minister des Äußern
das Bedenken, ob es angehe, den Bischof von Krakau von der Teilnahme an der Landesvertretung auszuschließen. Es ist zwar dieser Bischofssitz gegenwärtig unbesetzt, weil wegen des Besetzungsrechtes zwischen Österreich und Rußland Verhandlungen
Hiermit waren auch alle übrigen Votanten einverstanden
Zu lit. c desselben Paragraphes bemerkte
Minister v. Lasser
über das Verhältnis der Abgeordneten der I. und II. Gruppe: 44 + 29 = 73 zur III. Gruppe mit 68, daß dadurch dem polnischen Elemente ein bedenkliches Übergewicht eingeräumt sei. Denn es würden nebst 44 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, welcher vornehmlich dieses Element repräsentiert, höchstwahrscheinlich auch in der II. Gruppe, von den Städten, auch nur Edelleute oder Juden oder Polenfreunde gewählt werden, so daß das mehr konservative bäuerliche Element, welches der Regierung zugetan ist, in der Minderheit wäre. Er erachtete daher, daß die Zahl der Abgeordneten der I. und II. Gruppe in dem Maße vermindert werden sollte, daß sie zusammen wenigstens nicht mehr als 68 Abgeordnete, wie die III. Gruppe, zu wählen hätten. In der Hauptsache erkannten alle Stimmführer die Richtigkeit dieser Bemerkungen an. Der
Hiermit waren sofort alle Stimmführer einverstanden.
Auf die Frage Sr.
k. k. Hoheit
, ob nicht über die Sprache, in der die Landtagsverhandlung zu führen sei, eine Bestimmung aufzunehmen wäre, glaubte der
Zur Erläuterung der §§ 11—13 der Wahlordnung bemerkte der Staatsminister, daß, da in Galizien das Gemeindegesetz von 1849
Polizeiminister
darauf aufmerksam, daß es statt „Die Wahlmänner jeder Gemeinde“ heißen muß „Die Wahlmänner jeder Landgemeinde“
außer dem Gemeindeverband befindlichen.
C) Für die Bukowina (Beilage 5 und 6
Zum § 2 der Wahlordnung bemerkte der
Finanzminister
: Die drei Klostervorsteher, welche mit dem Konsistorium als Repräsentanten des großen Grundbesitzes zwei Vertreter zu wählen haben sollen, repräsentieren seines Erachtens diesen großen Grundbesitz des Bukowinaer Religionsfonds nicht. Dieser letztere selbst ist der eigentliche Besitzer, aus ihm werden die an sich nicht bedeutenden drei Klöster dotiert, und, da dessen bedeutendes Besitztum in der Verwaltung des Ärars steht und zum höchsten Vorteil des Fonds administriert wird, so sollte der Verwalter dieses ausgedehnten Besitztums, d. i. der Finanzbezirksdirektor, mit der Vertretung auf dem Landtage persönlich betraut werden. Sowenig wie für einen besonderen Vertreter des Salinenärars bei Österreich ob der Enns könnte
Es hat sich sohin die Mehrheit der Konferenz mit der Meinung des Staatsministers vereinigt.
D) Für Steiermark (Beilage 7
Handelsminister
bemerkte: Es hat in Steiermark einen üblen Eindruck gemacht, daß in dem unterm 20. Oktober publizierten Statute
ebd., Beilage II f.
Zum § 3 der Wahlordnung
Minister v. Lasser
, daß ihm die Einreihung von Wildon in den Wahlbezirk von Frohnleiten nicht zweckmäßig zu sein scheine
Leibnitz, Ehrenhausen etc. zweckmäßiger zu sein scheine.
für Wildon als Hauptort und Wahlort mit Leibnitz, Ehrenhausen und [St.] Georgen ein eigener Wahlbezirk gebildet werde.
Sonst ergab sich gegen die Bestimmungen dieser Landesordnungen keine Einwendung.
In Rom wird gegenwärtig zum Besten der dortigen Armen eine mit Kunstwerken dotierte Lotterie veranstaltet, wovon der Kardinal Erzbischof von Prag Lose im Privatwege abzusetzen beabsichtigt. Da der Verkauf auswärtiger Lotterielose in Österreich bei Strafe des fünfzigfachen Betrags verboten ist, so hat der Statthalter beim Finanzminister angefragt, ob in diesem besonderen Falle eine Ausnahme zu gestatten sei. Der
Finanzminister
fände keinen Grund dazu: Unsere Armen bedürfen ebenfalls der Unterstützung, [und] es ist nicht wünschenswert, daß auf den mit Lottopapieren ohnehin überschwemmten Geldmarkt eine neue Gattung derselben gebracht werde, für welche noch dazu das bare Geld ins Ausland flösse, und es würde die öffentliche Ankündigung dieser Lotterie, welche nicht umgangen werden könnte, da sonst die Finanzorgane gegen die Losbesitzer einschreiten müßten, unter den gegenwärtigen Verhältnissen und bei ihrer Bestimmung für einen rein lokalen Zweck einer auswärtigen Stadt kaum einen guten Eindruck machen. Der Finanzminister wird daher nach allseitig erteilter Zustimmung dieses Ansinnen ablehnen
gemäß des Referates mit der Andeutung, daß die Besitzer der Lose vor etwaigen Beanstandungen nicht gesichert seien. In diesem Sinne erging dann am