Protokoll in Reinschrift überliefert
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
.
Der
Ministerpräsident
beleuchtete die gegenwärtige politische Lage im Inneren und zeigte, daß sich ganz offen bedenkliche Zustände vorbreiten, denen man entgegentreten muß. Die Parteien rüsten sich und suchen Teilnehmer unter den Massen zu gewinnen, um die extremen Ziele ihrer Wünsche zu ertrotzen. Dies könne nicht länger geduldet werden
Nachdem diese Bestrebungen sich teils durch wiederholte Demonstrationen und Exzesse in verschiedenen Kronländern, teils durch ein systematisches Vorgehen in der Presse kundtue, handelt es sich darum, dem Unfuge in diesen beiden Richtungen zu steuern. In bezug auf die Exzesse kann nur durch kräftigeres Einschreiten aller Behörden zur Unterdrückung jedes Versuches oder durch Bestrafung der gesetzwidrigen Vorgänge eine Besserung erzielt werden. In bezug auf die Presse gibt es drei Wege2: 1. der direkte gütliche Einfluß auf die Redaktionen durch Belehrung und Kapazitierung oder durch Gewährung materieller Vorteile. Hiezu sind vor allem aber geeignete Organe zu suchen. 2. Die gerichtliche Verfolgung wegen strafbarer Artikel. Leider ist jedoch von gerichtlichen Schritten, wie die Erfahrung zeigt, nicht nur kein Vorteil zu erwarten, sondern vielmehr Nachteil zu besorgen. 3. Die administrative Pression. Dieses ist ein sehr wirksames Mittel, wenn es mit solcher konsequenter Energie angewendet wird, wie wir es im Auslande brauchen sehen. Bei uns bewegt man sich aber immer nur im Stadium der Verwarnungen, ohne daß es jemals zur Suspension oder Unterdrückung eines Blattes kommt. Ein einziger Vorgang dieser Art würde einen heilsamen Schrecken unter die Redakteure verbreiten, weil sie sich mit großen materiellen Verlusten bedroht sähen.
Staatsminister
erinnerte, daß er sich immer in diesem Sinne ausgesprochen habe. Die jetzt ganz regellose österreichische Presse strebt mit allen Mitteln nach einem Konstitutionalismus, der mit Österreichs Gedeihen nicht vereinbarlich ist. Sie wendet ihre Angriffe zwar nicht direkt gegen die Ah. Person, aber gegen „die Regierung“, gegen die Minister, gegen die Patente und Statute. Jeden Tag geht man weiter. Die Regierung wird bald eine Unmöglichkeit werden, und Österreich ist verloren, wenn man nicht dem verderblichen Einflusse der Blätter auf die Massen durch das wirksamste Mittel einer kräftigen administrativen Pression steuert. Auch der vom Ministerpräsidenten unter 1. angedeutete gütliche Weg sei nicht so zu vernachlässigen, wie man es seit dem 20. Oktober getan hat. Insbesondere sei zu bedauern, daß vor Hinausgabe des Diploms man nicht bemüht gewesen sei, im geeigneten Wege die Redakteure der hervorragenden Blätter zu beeinflussen. Dermalen ist die Aufgabe schwieriger, zumal die Journalisten es schwer über sich nehmen dürften, den offen ausgesprochenen Prinzipien entgegenzutreten.
demonstriert.
Der
ungarische Hofkanzler
bestätigte, daß die schärfsten Artikel in den ungarischen Journalen aus Wiener Blättern entnommen sind. Die Redaktoren der ungarischen Presse
Nebenbei wären die gütlichen Mittel nicht zu unterlassen, wohin auch der persönliche Verkehr mit den Redaktoren und die Gewinnung bedeutender Kapazitäten gehört.
die Presse, sondern auch die Stimmung im ganzen Publikum eine.
zuwendet.
Der
Staatsminister
erklärte, der Vorwurf über eine Zögerung in der Ausführung der Landesstatute sei nicht begründet, da bekanntlich derselben die neue Gemeindeordnung hätte vorausgehen sollen. Erst vor zehn Tagen wurde Ah. beschlossen, es von der Hinausgabe der Gemeindeordnung abkommen und sofort neue Gemeindewahlen vornehmen zu lassen. Das muß jetzt vor allem geschehen!
Minister Graf Szécsen
machte aufmerksam, daß in der Presse die Thesis aufgestellt werde
sich in der Presse die Thesis aufstelle.
Der
Ministerpräsident
wies auf die Notwendigkeit hin, daß die ministeriellen Organe, denen die Leitung der Presse übergeben werden soll, eine genaue Instruktion über den von ihnen einzuhaltenden Gang erhalten. Die Entwerfung einer solchen Instruktion sei daher sofort in Angriff zu nehmen, und Graf Rechberg würde sich diesfalls mit den Ministern Grafen Gołuchowski und Szécsen und Freiherrn v. Mecséry ins Vernehmen setzen. Die genannten Minister erklärten sich mit diesem Antrage völlig einverstanden.
Se. Majestät der Kaiser
geruhten zu erinnern, daß nebst der besseren und kräftigeren Preßleitung nach Maßgabe der zu beratenden Instruktion und mit Anwendung der nötigen Geldmittel auch noch die Aufrechthaltung der materiellen Ordnung den Demonstrationen und Ausschreitungen gegenüber sehr nötig sei. Den Statthaltern fehle es häufig an Energie; auch habe man sein Augenmerk vorzüglich dahin zu richten, den Exzessen lieber vorzubeugen als die vollbrachten zu bestrafen.
Minister Graf Szécsen
hielt es für nötig, daß jeder ungesetzliche Vorgang, jedes unberechtigte oder terroristische Auftreten von Studenten, Korporationen oder einzelnen Individuen mit aller Strenge unterdrückt werde.
Staatsminister
wird an diejenigen Statthalter, welche sich einen Mangel an Energie zuschulden kommen ließen (Böhmen, Galizien und Kroatien), die diesfälligen Weisungen ergehen lassen, nahm jedoch hievon Anlaß, die baldige Ah. Ernennung des Grafen Forgách zum Statthalter von Böhmen motiviert in Antrag zu bringen
Der
Ministerpräsident
beleuchtete hierauf die Gründe, welche die Majorität der Ministerkonferenz zu dem Antrage bestimmt hatten, die Ernennung des Grafen Forgách noch bis zur Publizierung des Landesstatuts für Böhmen und Ernennung der Landesoffiziere aufzuschieben
Der
Polizeiminister
äußerte, daß er unter den gegenwärtigen Verhältnissen keinen großen Wert mehr auf einen weiteren Aufschub bis zur Ah. Ernennung der vier böhmischen Landesoffiziere legen könne
ebd., Anm. 1; die
Hierauf wurde die Ernennung des Leiters der siebenbürgischen Hofkanzlei besprochen
Baron Vay
bezeichnete den Baron Franz Kemény als den geeignetsten für diesen Posten, und es spreche nur der Umstand dagegen, daß derselbe seinerzeit wieder der geeignetste wäre, um im Landtage die Regierung zu vertreten.
Graf Rechberg
glaubte, daß ein Auskunftsmittel darin liegen würde, ihn zu jener Zeit zum Statthalter von Siebenbürgen zu machen, womit Baron Vay vollkommen einverstanden war
Minister Ritter v. Lasser
brachte in Anregung, ob die in dem Ah. Handschreiben vom
nichtvon Szécsen gestrichen.
werde.
Der
ungarische Hofkanzler
glaubte sich für deren Abhaltung in Siebenbürgen selbst aussprechen zu sollen, zumal man auch dort – in Hermannstadt oder Kronstadt – einen völlig ruhigen Beratungsort finden könne
Der ungarische Hofkanzler las über Ah. Auftrag zwei Artikel des von ihm verfaßten Entwurfes einer Instruktion für die Obergespäne[Der Obergespan wird] wegen der Errichtung der Komitatshaiduken und -husaren das Nötige einleiten und über die Entfernung der Gendarmerie seinen Bericht der k. ungarischen Statthalterei unterbreiten.
1. Die Bestimmung, wonach die Obergespäne wegen Entfernung der Gendarmerie aus den Komitaten ihre Anträge zu erstatten haben würden, wofern dieses Institut in die unternommene Regelung der Verhältnisse nicht paßt. Einstweilen habe die Gendarmerie in Wirksamkeit zu bleiben.
Der
Polizeiminister
bemerkt, daß man nicht von oben aus die Beseitigung des einzigen Instituts provozieren sollte, welches dort unter den gegenwärtigen Untergangszuständen noch hält und gute Dienste leistet.
Nachdem dieser Passus der Instruktion die Stellung der Gendarmerie schwächt, während es im Interesse der öffentlichen Ordnung gelegen ist, ihre Autorität möglichst lang zu sichern, geruhten
Se. Majestät der Kaiser
die Beseitigung des bezüglichen Satzes zu befehlen.
2. Die Bestimmung, wonach zur Bestreitung der Besoldung für die gewählten Komitatsbeamten ein Pauschale aus dem Staatsschatze zu beheben ist
Se. k. k. apost. Majestät geruhten die Frage zu stellen, ob es der Konsequenzen wegen nicht zweckmäßiger wäre, dieses Pauschale aus dem Landesfonds anzuweisen.
Der
ungarische Hofkanzler
und der
Der
Leiter des Finanzministeriums
stellte die Anfrage, in welcher Art die Instruktion das Verhältnis der Obergespäne zu den Finanzbehörden regelt.
Die Staatskassen und Steuerämter werden vorläufig bis zum künftigen Landtage in ihrem bisherigen Stande, jedoch unter der Oberaufsicht des Obergespans, belassen; indessen kann hinsichtlich der etwaigen Veränderung des Dienstpersonales der Obergespan im Wege der k. ungarischen Statthalterei seinen Vortrag erstatten.
werden dürften
.
ungarische Hofkanzler
teilte ganz diese Ansicht und behielt sich vor, brevi manu mit Reichsrat v. Plener eine entsprechendere Textierung des Artikels zu vereinbaren.
Gemäß der sogleich nach der Konferenz getroffenen Vereinbarung hätte der Artikel zu lauten: „Die Obergespäne treten in bezug auf die Angelegenheiten des Dienstes der direkten Besteuerung zu den Finanzbehörden und deren Organe in das Verhältnis der bisher bestandenen Komitatsvorstände.“
Minister Graf Szécsen
referierte, daß von Seite des Unterstaatssekretärs Baron Helfert gegen die Erfolgung der Akten über Angelegenheiten des Unterrichts in Ungarn an die ungarische Hofkanzlei deswegen Anstände erhoben werden, weil die Attribute des Unterrichtsrates noch nicht Ah. normiert worden seien und das Unterrichtsministerium somit einstweilen noch ungarische Unterrichtssachen meritorisch zu erledigen haben werde
Se. Majestät der Kaiser
geruhten den Hofkanzler Baron Vay Ah. zu beauftragen, hierüber einen Vortrag zu erstatten