Digitale EditionDie Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie, digitale EditionMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian Monarchy, digital editionDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Abteilung IVDas Ministerium RechbergBand 2März 1860–16. Oktober 1860Sitzung 205WienStefanMalfèrProjektverantwortung: Research Unit Digital Historiography and Editions, Institute for Habsburg and Balkan Studies (IHB), Austrian Academy of SciencesDigitalisierung der gedruckten Quellen Verlag der Österreichischen Akademie der WissenschaftenConversion to TEI-conformant markup StephanKurzIHBÖsterreichische Akademie der WissenschaftenLizenziert unter CC-BY-4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de)https://zenodo.org/badge/latestdoi/342235542Edition der Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie online (MRP)Die Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen MonarchieMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian MonarchyDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Bearbeitet und herausgegeben an der Österreichischen Akademie der WissenschaftenTextverantwortungbei den jeweiligen Bandbearbeitern und Herausgebern der Serie und ihrer BändeHauptbearbeiter Digitale VersionStephan Kurz
28 Bände Retrodigitalisate, vgl. den Editionsplan und die Bandübersicht unter
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The XML data mentioned in the note is available through both http://doi.org/10.5281/zenodo.3580414 and http://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/StefanMalfèrDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867, Abteilung IV Das Ministerium Rechberg, Band 2 März 1860–16. Oktober 1860WienÖBV20075782800
Protokoll in Reinschrift überliefertWien
Quellbestand: AT-OeStA/HHSTA KA KK ÖMR-Prot Österreichische Ministerratsprotokolle, 1848-1866 (Teilbestand)
https://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=946Quelle für diese TEI-Datei ist die im notesStmt beschriebene Druckedition.RS.; P. Marherr; VS. Rechberg; BdE. und anw. (Rechberg 23./28. 8.), Thun 25. 8., Nádasdy 26. 8., Thierry 26. 8., Plener 26. 8., FML. Schmerling 27. 8.; abw. Gołuchowski.MarherrRechbergRechbergBdE. ThunBdE. 25. 8.NádasdyBdE. 26. 8.ThierryBdE. 26. 8.PlenerBdE. 26. 8.FML. SchmerlingBdE. 27. 8.GołuchowskiVorschläge Dalmatien betreffendPetition des griechisch-nichtunierten Patriarchen in KarlowitzEntfernung des „Elysiums“ aus dem Sankt-Anna-Gebäude in Wienfont-weight:bold;vertical-align:super;font-size:.7em;text-decoration:line-through;text-decoration:underline;text-decoration:line-through;text-decoration-style:double;display:block;text-align:right;letter-spacing:0.15em;
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Nr. 205Ministerkonferenz, Wien, 23. August 1860
RS.
Reinschrift;
P.
Protokoll Marherr;
VS.
Vorsitz Rechberg;
BdE.
Bestätigung der Einsicht und
anw.
anwesend (Rechberg 23./28. 8.), Thun 25. 8., Nádasdy 26. 8., Thierry 26. 8., Plener 26. 8., FML. Schmerling 27. 8.;
abw.
abwesend Gołuchowski.
2800
Protokoll der zu Wien am 23. August 1860 abgehaltenen Ministerkonferenz unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, Ministers des kaiserlichen Hauses etc. Grafen v. Rechberg.
Vorschläge Dalmatien betreffend
Der Ministerpräsident brachte einige Vorschläge des zeitlichen Reichsrates C[onte] Borelli zur Kenntnis der KonferenzFrancesco Nobile Borelli Conte di Frana, außerordentlicher Reichsrat für Dalmatien.. Sie betreffen die Aufrufung der Landesverteidigung in Dalmatien; die Schleifung der dortigen Festungen, die mehr gegen das Land als gegen die See gerichtet seien; die Zulassung der Errichtung zweier Fakultäten, der philosophischen und juridischen, in Zara zur Hebung der Stimmung; endlich die Mitteilung über die unter den Bewohnern der Bocche di Cattaro herrschende üble Stimmung.
Nach der Ansicht des Ministerpräsidenten [sei] der erste Vorschlag unter den gegenwärtigen Verhältnissen allerdings sehr berücksichtigungswert; die Initiative jedoch müsse dem Gouverneur überlassen werden. Gegen die Schleifung der Festungen erklärte sich FML. Ritter v. Schmerling, da selbe in neuerer Zeit auch gegen die See hin besser verwahrt wurden. Ebenso bemerkte der Unterrichtsminister, daß ein früherer Antrag wegen Errichtung einer Rechtsakademie wenig Anklang im Lande gefunden habe; auch sei nicht abzusehen, was davon für die Volksstimmung zu erwarten wäre. Für die Aufrechthaltung der Ruhe in den Bocche endlich dürfte durch den Kommandanten in Cattaro gesorgt werden.
Die Konferenz fand daher in diese Andeutungen des Proponenten nicht weiter einzugehenEin Schriftverkehr mit Borelli konnte in HHSTA., Kabinettsarchiv und PA., Nachlaß Rechberg, nicht gefunden werden..
Petition des griechisch-nichtunierten Patriarchen in Karlowitz
Der Minister für Kultus und Unterricht referierte über ein Majestätsgesuch des griechisch-nichtunierten Patriarchen in Karlowitz, worin zwölf Bitten im Interesse der griechisch-nichtunierten Kirche und der serbischen und romanischen Nation gestellt wurdenDas Majestätsgesuch des serbisch-orthodoxen Patriarchen Joseph Rajacsich und des serbisch-orthodoxen Bischofs von Temsvár Samuel Maschirevics v. 7. 7. 1860 war mit Handschreiben v. 23. 7. 1860 dem Minister für Kultus und Unterricht zur Begutachtung weitergeleitet worden, beide AVA, CUM., Neuer Kultus, akatholisch (griechisch-orientalisch), Z. 14589/1860..
Indem der Minister sich vorbehielt, die Bitten 1–5 in einem abgesonderten Vortrage zu würdigenSiehe dazu MK. v. 20. 9. 1860/V. Auch die im folgenden besprochenen Bitten 6 bis 12 wurden am 20. 9. noch einmal erörtert., glaubte er über die folgenden [Bitten 6–12] nachstehende Anträge stellen zu sollen:
6. Errichtung einer eigenen Abteilung im Kultus- und Unterrichtsministerium für die griechisch-nichtunierten Kirchen und Schulangelegenheiten, besetzt mit nationalen Glaubensgenossen, nach Art der für die Evangelischen getroffenen EinrichtungDie Abteilung für die Evangelischen im Kultusministerium war mit Ah. E. v. 22. 4. 1860 auf den Vortrag Thuns v. 22. 1. 1860, Präs. 99, errichtet worden, HHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 1298/1960; siehe dazu Gottas, Die Geschichte des Protestantismus in der Habsburgermonarchie. In: Wandruszka – Urbanitsch, Habsburgermonarchie 4, 555; Schwarz, Kultusangelegenheiten..
Dieses Begehren fände der Kultusminister zur Gewährung nicht geeignet, denn die Analogie mit den Evangelischen besteht nicht; diese haben keine so feste kirchliche Gliederung wie eine bischöfliche Kirche, bei welcher alle an die Regierung gelangenden kirchlichen Angelegenheiten nur im Einvernehmen mit den Bischöfen verhandelt werden müssen. Auch praktische Schwierigkeiten ergeben sich gegen die Erfüllung des Wunsches. Bei der notorischen Ignoranz des größten Teils des griechisch-nichtunierten Klerus würde es schwer sein, geeignete Individuen für das beabsichtigte Ministerialdepartement zu finden. Fände sich wirklich einer, so würde ihn der Minister zwar nicht ausschließen, jedoch besorgen, daß durch dessen Aufnahme die zwischen den Glaubensgenossen der serbischen und romanischen Nation bestehende Spaltung noch vergrößert werden würde, indem, wäre dieses Individuum ein Serbe, die Romanen, wäre es ein Romane, die Serben sich für beeinträchtigt halten würden.
Der Kultusminister gedächte daher Sr. Majestät den Antrag zu machen, daß diesem Begehren zwar keine Folge gegeben, aber erklärt werde, die Agenda der griechisch-nichtunierten Kirche werde von den Regierungsbehörden so verhandelt werden, wie es die Stellung der bischöflichen Kirche erfordert.
Der Justizminister fände es dagegen aus politischen Rücksichten sehr wünschenswert, wenn dem billigen Wunsche des Patriarchen wenigstens einige Berücksichtigung zuteil würde. Auch dem Kultusministerium selbst müsse es erwünscht sein, wenn es sich bei Bearbeitung der griechisch-nichtunierten Kirchenangelegenheiten einer damit bereits vertrauten Person bedienen kann. Hat doch, setzte der Ministerpräsident hinzu, in protestantischen Ländern die katholische Kirche ihre Vertreter im Ministerium; mit eben dem Rechte können wohl auch bei uns die griechischen Christen eine solche Vertretung ansprechen. Wird sie ihnen verweigert, so werfen sie sich vollends in die Arme der Russen. Diese und die übrigen Votanten waren daher der Ansicht, daß dem Patriarchen die Zusicherung erteilt werde, es werde im Ministerio für Kultus und Unterricht wenigstens ein Beamter bestellt sein, welcher der griechisch-nichtunierten Kirche angehörtFortsetzung MK. v. 20. 9. 21860/V g..
7. Unentgeltliche Überlassung eines Bauplatzes in Wien und Gestattung einer Sammlung in der ganzen Monarchie für eine griechisch-nichtunierte Kirche und Schule für die slawische Nation. Der Kultusminister würde für die Gewährung der Sammlung stimmen, über die unentgeltliche Überlassung des Bauplatzes aber erst dann absprechen können, wenn nähere Nachweisungen über die Anzahl der in Wien wohnenden griechisch-nichtunierten Slawen, also über das Maß ihrer diesfälligen Bedürfnisse vorliegen werdenFortsetzung ebd. b..
8. Errichtung zweier orientalischer orthodoxen Hochschulen, einer für Serben, einer für Romanen. Die Unzulässigkeit dieses Begehrens bedarf wohl keiner ferneren ErörterungFortsetzung ebd. c..
9. Abstellung der Proselytenmacherei für die Union. Hierwegen wäre auf die bestehenden Vorschriften zu verweisen. Wird dagegen verstoßen, so mögen die Beteiligten sich um Abhilfe an die Behörden wenden. Hierwegen befindet sich auch ein Vortrag von 1858 in Ah. HändenFortsetzung ebd. d; es handelt sich um den Vortrag Thuns v. 9. 3. 1858, Präs. 291, mit dem Entwurf einer kaiserlichen Verordnung betreffend die Übertritte zwischen der griechisch-unierten und der giechisch-nichtunierten Kirche, HHSTA., Kab. Kanzlei, MCZ. 992/1858. Der Vortrag wurde 1868 unerledigt dem Kultusministerium zurückgestellt..
10. Gewährung der Steuerfreiheit für die griechisch-nichtunierten Klöster. Hierüber ist eine besondere Verhandlung im ZugeFortsetzung MK. v. 20. 9. 1860/V e..
11. Änderung des Namens des „walachisch-banater“ in „serbisch-banater“ Grenzregiment. Dieses Begehren wird der Kultusminister an das Armeeoberkommando zur Erledigung abtretenFortsetzung ebd. f..
12. Erteilung der Rechte eines öffentlichen GymnasiumsKorrektur a–a Thuns aus: Staatsgymnasiums. an die Gymnasien zu Karlowitz und Neusatz. Solange die gegenwärtige Studieneinrichtung besteht, können diesen Gymnasien die Rechte der Staatsgymnasien nur dann erteilt werden, wenn sie sich jenen Vorschriften konformieren, während beide Gymnasien, von denen übrigens jenes zu Karlowitz in der Militärgrenze liegt, in einem ganz ungenügenden Zustande sich befindenKorrektur b–b Thuns aus: für Karlowitz, welches sehr schlecht bestellt ist, dürfte kaum etwas zu erwarten sein. Besser ist jenes in Neusatz, aber es bedarf der Nachhilfe von Seite der Staatsverwaltung.. Der Unterrichtsminister würde sich jedoch, um der Bildung der griechisch-nichtunierten Serben und Romanen zu Hilfe zu kommen,Korrektur c–c Thuns aus: daher. die Ah. Ermächtigung erbitten, eine Verhandlung darüber einleiten zu dürfen, daß das gedachte Gymnasium zu NeusatzEinfügung d–d Thuns. und jenes zu Kronstadt (damit auch für die Romanen gesorgt sei) in die Hände der Regierung übergeben und durch die erforderliche Unterstützung aus Staatsmitteln in einen guten Zustand gesetzt würdeKorrektur e–e Thuns aus: zu Staatsgymnasien erhoben werden..Fortsetzung ebd. c.
Gegen die Anträge des Kultusministers ad 7. bis 12. fand die Konferenz nichts zu erinnern.
Entfernung des „Elysiums“ aus dem Sankt-Anna-Gebäude in Wien
Der Unterrichtsminister referierte über die Entfernung des sogenannten „Elysiums“ aus dem St.-Anna-Gebäude in WienDas 1840 eröffnete Neue Elysium (griechisch: Ort der Seligen) war ein berühmtes und beliebtes Vergnügungslokal in den weitläufigen Räumlichkeiten des sogenannten Sankt-Anna-Gebäudes, Johannesgasse 4 – Annagasse 3. Die Einrichtung der Räumlichkeiten orientierte sich an den vier Kontinenten Afrika, Asien, Amerika und Europa. Der Gebäudekomplex hatte seit 1582 dem Jesuitenorden gehört und war mit der Ordensaufhebung 1773 in den Besitz des Staates (Studienfonds) übergegangen und für Schulzwecke verwendet worden. Seit 1786 beherbergte er die Akademie der bildenden Künste. Nach der Übersiedlung der Akademie auf den Schillerplatz 1877 wurde das Haus mit Ausnahme der Annakirche abgebrochen. Heute befindet sich auf dem Areal u. a. ein Kino und das Konservatorium der Stadt Wien. Zur Geschichte des Gebäudekomplexes siehe Czeike, Historisches Lexikon Wien unter den Stichwörtern Akademie der bildenden Künste, Annakirche, Annakloster, Annenhof, Annakeller, Jesuitengebäude, Konservatorium der Stadt Wien, Rundfunk und Pilgrimhaus. Zum Elysium ebd. 1, 618 (Joseph Georg Daum, Gastwirt, Cafetier und Gründer des Elysiums) und 2, 177; Kisch, Die alten Straßen und Plätze Wien’s 345 und 506–510..
Sein Verbleiben daselbst über die bereits abgelaufene Pachtzeit ist infolge Ah. Entschließung vom 8. Dezember 1859 auf Vortrag des Finanzministers auf unbestimmte Zeit, jedoch gegen wechselseitige halbjährige Kündigung zugestanden wordenHHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 4093/1859.. Der Unterrichtsminister hat nun die Übelstände, welche ihn bestimmten, schon beim Ablauf der Pachtzeit auf die Entfernung des Elysiums aus diesem Studienfondsgebäude zu dringen, neuerlich durch Vernehmung des Schulenoberaufsehers, des Direktors der Akademie der bildenden Künste und des Inspektors des anstoßenden Malteserhauses konstatieren lassen, und auf Grundlage der vorgelesenen Äußerungen derselben, welche jene Übelstände für die Moralität und Gesundheit der schulbesuchenden Jugend auf das schlagendste dartun, beabsichtigt er die Auflösung des Bestandverhältnisses für den Georgstermin 1861 herbeizuführen23. April.. Um jedoch gegen Einsprachen des UnternehmersJoseph Georg Daum war 1854 an Cholera gestorben. Sein Sohn führte das Etablissement weiter (in den Akten: Franz Daum; bei Czeike, Historisches Lexikon Wien 1, 618: Joseph Daum). gesichert zu sein, behielt er sich vor, dieses Vorhaben zur Ah. Kenntnis zu bringen und zu bitten, Se. Majestät geruhen zu befehlen, daß solchen Einsprachen keine Folge gegeben werden dürfe.
Die Konferenz fand dagegen nichts zu erinnernVortrag Thuns v. 20. 8. 1860, Präs. 854, CUM., Unterricht, Präs. 96/1861 (RS.); Gutachten des Reichsrates HHSTA., RR., GA. 633/1860 und GA. 665/1860. Auf Anraten des Reichsrates wurde der Innenminister aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Polizeiminister den Vortrag Thuns zu begutachten, Handschreiben an Gołuchowski v. 9. 9. 1860, HHSTA., Kab. Kanzlei, KZ. 2751/1860; daraufhin Vortrag Gołuchowskis v. 31. 10. 1860, Präs. StM. 3817, mit Antrag auf Beibehaltung des Elysiums; dazu Gutachten des Reichsrates HHSTA., RR., GA. 758/1860 und GA. 57/1861; Fortsetzung MK. v. 11. 1. 1861/I..
Wien, am 23./28. August 1860. Rechberg.Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Schönbrunn, 31. August 1860.