Protokoll in Reinschrift überliefert
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
.
Der
Ministerpräsident
teilte dem Ministerrate den Inhalt eines an ihn gelangten Ah. Kabinettschreibens vom 13. d. M. mit, nach welchem Se. Majestät folgende Individuen zu Reichsräten zu ernennen geruhet haben: den gewesenen Präsidenten des galizischen Guberniums Freiherrn v. Krieg, den Sektionschef im Finanzministerium Ritter v. Baumgartner, den Vizepräsidenten des tirolisch-vorarlbergischen Appellationsgerichtes Salvotti, den zweiten Vizekanzler der gewesenen ungarischen Hofkanzlei Grafen Szőgyény, den gewesenen ungarischen Landeskommissär Grafen Zichy, den gewesenen Staatsrat Norbert v. Purkhart, den Sektionschef im Ministerium des Inneren Freiherrn v. Buol und den Fürsten Salm-Reifferscheid-Krautheim
Der
Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten Freiherr v. Bruck
machte die Mitteilung, daß die fürstlich Thurn und Taxischen Posten in den allgemeinen deutschen Postverein aufgenommen, die diesfälligen Verabredungen getroffen und die erforderlichen Bestimmungen festgestellt worden sind
Derselbe Minister brachte hierauf noch die Reklamation des Avesani, gewesenen Inspektors der lombardisch-venezianischen Eisenbahnen, wegen seiner Bezüge zur Sprache
Der Minister Freiherr v. Bruck wird in diesem Sinne den au. Vortrag an Se. Majestät erstatten
Der
Kriegsminister Freiherr v. Csorich
referierte, es sei ihm von dem Minister des Inneren ein Bericht der kaiserlichen Gesandtschaft in Athen und des österreichischen Konsulates in Patras zugekommen, in welchen die drangvolle Lage der geflüchteten Offiziere der österreichischen Marine, die sich daselbst befinden, geschildert und der Wunsch nach ihrer Befreiung aus diesem Zustande ausgesprochen wird
Der Kriegsminister bemerkte, es sei der Feldmarschall Graf Radetzky um seine Äußerung darüber angegangen worden, welcher sich mit Beziehung auf seinen früheren Bericht vom November 1849 dahin ausgesprochen habe, daß er mit Ausnahme von etwa drei Individuen für die Rückkehr der ehemaligen Offiziere der österreichischen Marine (45 an der Zahl) nicht stimmen könne, weil die Marine die erste war, welche abgefallen ist, und man die Rücksicht der Strenge gegen die Rebellen der treuen österreichischen Armee schuldig sei
Der Kriegsminister teilte die Ansicht des Feldmarschalls Grafen Radetzky und erbat sich die Weisung des Ministerrates, ob nicht vielleicht bei dem einen oder dem andern, bei denen besonders rücksichtswürdige Umstände eintreten, weitere Erhebungen rücksichtlich der Gestattung ihrer Rückkehr nach Österreich oder einer sonstigen Erleichterung ihrer Lage gepflogen werden dürften. Der Ministerrat hat aber beschlossen, in dieser Angelegenheit vorderhand nichts zu tun, weil, wie bekannt, die Marine zuerst abgefallen ist, und dieser Verrat Strenge erheischt. Kommt eine gelegenere Zeit, so wird vielleicht für den einen oder den anderen etwas geschehen können.
Der Kriegsminister brachte weiter ein ihm zugekommenes, der Ah. Bezeichnung gewürdigtes Gesuch des Baron Bruckenthal zur Sprache, worin dieser bittet, daß ihm für seinen abgebrannten Meierhof bei Hermannstadt eine Entschädigung von 12.000 f. bewilliget werde. In diesem Meierhofe waren gefangene Insurgenten untergebracht, es kam darin Feuer aus und äscherte den ganzen Meierhof ein. Durch die gepflogenen Erhebungen konnte nicht sichergestellt werden, daß die kriegsgefangenen Insurgenten die Ursache der Feuersbrunst waren, obgleich es nicht unwahrscheinlich ist, daß ihre Fahrlässigkeit diesen Brand veranlaßt habe.
Der dem Baron Bruckenthal durch diesen Brand zugegangene Schaden wird auf 9530 f. beziffert, und es wird von den Landesautoritäten angetragen, ihm eine Entschädigung dafür von 7000 f. zukommen zu machen.
Der Kriegsminister findet den Baron Bruckenthal als einen verdienstvollen loyalen Mann aller Berücksichtigung würdig und würde einen Gnadenakt in diesem Falle für gerechtfertiget halten; kann jedoch schon der Folgerungen wegen und der Exemplifikation halber darauf nicht leicht einraten; wonächst auch die Minister des Inneren und der Finanzen erinnerten
Minister des Inneren
und der
Die übrigen Stimmführer des Ministerrates erklärten sich mit diesen Ansichten einverstanden
Nach den bestehenden Vorschriften werden von den Durchfuhrsgütern, welche von der Seeseite kommen, keine Transitzölle abgenommen, wohl aber von jenen Durchfuhrsgütern, welche zu Lande kommen. Für Tirol und Vorarlberg bestand jedoch die Begünstigung, daß die über die dortigen Grenzen eingehenden und über die venezianische und illyrische Seeküste
Grenze
.
Der
Finanzminister Freiherr v. Krauß
und der
Der
Finanzminister
hat den Entwurf der diesfälligen kaiserlichen Verordnung vorgelesen, wogegen sich keine Erinnerung ergab
Der
Minister des Inneren Dr. Bach
brachte hierauf die finanziellen Verhältnisse des Grafen de la Motte, Vizepräsidenten der Statthalterei in Pest, mit dem Bemerken zum Vortrage, daß seine ökonomische Lage früher geordnet und er nur durch seine ämtliche Stellung gezwungen war, sich einzurichten, ein Haus zu machen und zu diesem Ende Schulden zu kontrahieren, welche sich auf ungefähr 40.000 f. belaufen dürften
Der Minister des Inneren erbat sich unter Darstellung der Verdienste des Grafen de la Motte, welcher sich gleich beim Ausbruche der ungarischen Revolution zur Verfügung der Regierung stellte, vorläufig nur die Ermächtigung, die weiten Erhebungen hinsichtlich einer genügenden Garantie für einen dem Grafen de la Motte allenfalls zu bewilligenden Vorschuß zu dem gedachten Zwecke einleiten zu dürfen, wo er dann das Weitere mit dem Finanzminister verhandeln und zum Vortrage bringen würde.
Der Ministerrat hat den Referenten ermächtiget, in diesem Sinne vorzugehen
Der Minister des Inneren bemerkte weiter, daß er bereits in einer früheren Ministerratsitzung den Antrag gestellt habe, welcher auch angenommen wurde, unter dem Vorsitze des Statthalters von Venedig Ritter v. Toggenburg eine Kommission zur schleunigen Ausführung des der Stadt Venedig von Sr. Majestät Ah. gewährten Freihafenprivilegiums, d. i. Feststellung der Linie des Zollausschlusses unter Beiziehung der ihm von den betreffenden Ministerien (des Inneren, der Finanzen und des Handels) bekanntzugebenden
Dem Antrage desselben Ministers, zwei Gendarmen, welche sich bei der Einbringung des gefürchteten Deserteurs Guttenberger besonders hervorgetan haben, die von dem Generalgendarmeriedirektor befürwortete Auszeichnung, und zwar für Johann Haberl mit dem silbernen Verdienstkreuze und für Alois Meixner durch die Ah. Zufriedenheitsbezeugung von der Gnade Sr. Majestät zu erwirken, wurde von dem Ministerrate beigestimmt
Ebenso hat sich der Ministerrat mit folgenden Anträgen des Justizministers Ritters v. Krauß einverstanden erklärt, und zwar:
auf Nachsicht der Todesstrafe für den 22 Jahre alten blödsinnigen Mörder Sluga zu Cilli in Steiermark.
Der Schwurgerichts- und der Oberste Gerichtshof tragen statt der Todesstrafe, der erstere auf eine Kerkerstrafe von zwölf, der Oberste Gerichtshof von 15 Jahren an. Der Justizminister findet diesen letzteren Antrag zur Unterstützung bei Sr. Majestät geeignet
auf Nachsicht der Todesstrafe gegen den Banknotenverfälscher [Ignaz Engel].
An diesem Verbrechen haben zwei Sachsen und der genannte Böhme teilgenommen. Die Sachsen wurden in ihrem Lande zu je sechs Jahren Kerkerstrafe, der Böhme aber bei uns zum Tode verurteilt. Der Oberste Gerichtshof trägt auf Begnadigung und auf Substituierung einer zeitlichen Strafe von sieben Jahren an, womit sich der Justizminister einverstanden erklärt
auf Ah. Bewilligung des Charakters eines Oberlandesgerichtsrats mit Nachsicht der Taxen für den ersten und ältesten Landsgerichtsrat in Österreich Freiherrn v. Werner, welcher von dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes sehr belobt und mit dem Beisatze für diese Auszeichnung warm empfohlen wird, daß Baron Werner schon früher und auch
An der Beratung des Punktes XIII nahm der Minister Baron Kulmer keinen Anteil
.
Gegen die §§ 58, 59 und 60 ergaben sich keine Bemerkungen.
Die Textierung des § 61 wurde in folgender Art vereinbart: „Wer die Ehrfurcht gegen den Kaiser verletzt, es geschehe dies durch persönliche Beleidigung, durch öffentlich oder vor mehreren Leuten vorgebrachte Schmähungen, Lästerungen oder Verspottungen, durch Druckwerke, Mitteilung oder Verbreitung bildlicher Darstellungen oder Schriften, macht sich des Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe schuldig.“
Was den in diesem Paragraphe von dem Justizminister noch angetragenen Zusatz anbelangt: „oder dessen (des Kaisers) Person für die Maßregeln der Regierung verantwortlich darzustellen sucht“, erklärten sich der Justizminister, dann die Minister Freiherr v. Csorich und Freiherr v. Krauß für die Beibehaltung dieses Satzes im Paragraphe, weil Se. Majestät immer und in jeder Beziehung unverletzlich und nicht verantwortlich ist, dieses heilige Recht geschützt werden muß und
Dagegen waren die Minister Dr. Bach, Graf Thun, Freiherr v. Bruck und der Ministerpräsident, also die Majora, für die Weglassung des gedachten Satzes, weil, wenn jemand den Kaiser als verantwortlich darstellen wollte (dessen Unverantwortlichkeit schon in der Reichsverfassung ausgesprochen ist), er dadurch und die allenfälligen anderen Umstände jedenfalls die dem Kaiser schuldige Ehrfurcht verletzen und daher schon unter den Paragraph selbst fallen würde.
Der § 62 hat nach dem Ministerratsbeschlusse so zu lauten: „Des Verbrechens der Störung der öffentlichen Ruhe macht sich ferner schuldig, wer durch öffentlich oder vor mehreren Leuten vorgebrachte Reden, in verbreiteten Schriften, Druckwerken oder bildlichen Darstellungen a) durch Schmähungen oder Verspottungen oder durch Anführung unwahrer oder entstellter Tatsachen zur Verachtung oder zum Hasse wider die Regierungsform, Staatsverfassung oder Staatsverwaltung aufzureizen sucht; b) zum Ungehorsame, zur Auflehnung oder zum Widerstande gegen Gesetze, Verordnungen, Erkenntnisse oder Verfügungen der Gerichte oder anderer öffentlicher Behörden oder zur Verweigerung
Hierauf wurde der analoge § 279 besprochen, für dessen Beibehaltung, wie er in dem lithographierten 15. Einlagsblatte zur Seite 47 dargestellt erscheint, sich ausgesprochen wurde.
Zu § 64 bemerkte der
Kriegsminister
, daß am Schlusse dieses Paragraphes statt des Wortes „Militärbehörden“ das Wort „Militärgerichten“ zu setzen wäre.
Zu diesem Paragraphe wurde ferner nach dem Antrage des Kriegsministers noch folgender Zusatz aufgenommen: „In gleicher Art sind auch andere Einverständnisse mit dem Feinde und sonstige Unternehmungen zu behandeln, welche beabsichtigen, der kaiserlich österreichischen Armee oder einem mit derselben verbündeten Heere einen Nachteil oder dem Feinde einen Vorteil zuzuwenden.“
Zum Schlusse fand sich der
Minister des Inneren
noch veranlaßt, auf die hohe Dringlichkeit aufmerksam zu machen, mit den Beratungen über das Strafgesetz unausgesetzt fortzufahren und diese Arbeit bald ihrem Ende zuzuführen. In den Provinzen werde die baldige Erlassung des Preßgesetzes sehnlichst gewünscht, und dieses Gesetz könne nicht früher erlassen werden, als bis das gegenwärtige in der Revision begriffene Strafgesetzbuch die Ah. Sanktion Sr. Majestät erhalten haben wird