Protokoll in Reinschrift überliefert
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
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Der
Ministerpräsident
entwickelte in einem längeren Vortrage die verschiedenen Phasen der Verhandlungen mit der Pforte wegen Auslieferung der geflüchteten ungarischen und polnischen Rebellen
Diese Unterhandlungen haben zu dem Endresultate geführt, daß die Pforte die Auslieferung zwar nicht zugestehen zu können erklärt, aber dagegen bereit ist, die Rebellen durch ein Jahr, bis Ende 1850, in das Innere des Reiches zu konfinieren und sie erst nach Verlauf desselben mit Zustimmung Österreichs freilassen will. Dieser Antrag enthält allerdings nicht die bestimmte Erklärung, daß die Pforte, wenn die Zustimmung Österreichs nicht erfolgt, sie noch länger konfinieren wird. Österreichischerseits hatte man die Festsetzung einer dreijährigen Konfinierung begehrt. Es fragt sich nun, ob man den türkischerseits gemachten Vorschlag annehmen und auf dessen Grundlage ein Übereinkommen schließen soll, oder ob auf die Erfüllung der diesseitigen Begehren gedrungen werden soll.
Der k.k. Internuntius äußerte, daß, wenn man das letztere beabsichtigt, kein anderer Weg erübrige, als eine drohende Sprache zu führen und ernste Maßregeln in Aussicht zu stellen. Graf Stürmer fügt bei, daß, wofern man zu einem solchen Schritte, dessen Erfolg keineswegs verbürgt werden kann, nicht geneigt wäre, es am rätlichsten sein dürfte, das Übereinkommen ohne Festsetzung eines bestimmten Konfinierungstermins abzuschließen und die Zustimmung Österreichs zur Freilassung der Rebellen im allgemeinen vorzubehalten
Der Ministerpräsident wies vor allem nach, daß Österreich durch die unerwartete Nachgiebigkeit Rußlands in der Flüchtlingsfrage sich in einer ungünstigen isolierten Stellung befinde, zumal die Pforte wohl weiß, daß die kaiserliche Regierung wegen dieser Angelegenheit keinen Krieg eröffnen wird. Andererseits unterliegt es keinem Zweifel, daß bei der Unterbrechung aller Handels- und Verkehrsverbindungen zwischen Österreich und der Türkei der bei weitem größere Nachteil auf unserer Seite sein und dies für England, Frankreich, Belgien ein sehr erwünschter Anlaß sein würde, dem österreichischen Handel,
In Erwägung dieser Verhältnisse, dann des Umstandes, daß der bei weitem größte Teil der Flüchtlinge für die Ruhe Österreichs nicht sehr gefährlich werden kann und man denselben eine allzugroße Wichtigkeit beilegen würde, wenn deren Konfinierung zu einer Hauptfrage der österreichischen Politik erhoben werden sollte, vereinigte sich der Ministerrat einstimmig mit dem Antrage des Ministerpräsidenten, und Se. Majestät geruhten demselben auch sofort die Ah. Genehmigung zu erteilen.
Fürst Schwarzenberg wird daher eine Depesche an den k.k. Internuntius in diesem Sinn erlassen und dabei in sehr entschiedenen Ausdrücken die gegründeten Ansprüche Österreichs verwahren
Der Ministerpräsident eröffnete hierauf, es sei ihm auf ganz konfidentiellem Wege eine Aufforderung zugekommen, daß die Festung Ulm durch österreichische Truppen besetzt werde, doch solle diese Maßregel als ein motu proprio Österreichs erscheinen
Minister v. Schmerling
darauf hindeutete, daß vielleicht eine Aufforderung zu diesem Schritte
Der
Stellvertreter des Kriegsministers
brachte die in Ungarn stattfindenden kriegsrechtlichen Behandlungen derjenigen Rebellen zur Sprache, welche aus dem Militärpensionsstande in das revolutionäre Heer eingetreten sind oder welche ohne Charakter quittierte k.k. Offiziers waren. Der Justizsenat des Kriegsministeriums halte die kriegsrechtliche Behandlung solcher Individuen mit Hinblick auf die in der Ah. Entschließung vom
Der
Minister des Inneren
, hiermit völlig einverstanden, bemerkte noch, daß der Revers der ohne Militärcharakter quittierten Offiziers im Grunde keine andere und größere Verpflichtung auferlege, als die jeder Staatsbürger als solcher hat, nämlich nicht gegen sein Vaterland zu dienen. Die Unterzeichnung eines solchen Reverses könne daher nicht als ein besonderes Strafmotiv betrachtet werden.
Se. Majestät der Kaiser geruhten die Erstattung eines Vortrages in dieser Angelegenheit anzubefehlen
Der
Stellvertreter des Kriegsministers
eröffnete, daß bei der stets wachsenden Zahl von Sträflingen in den Militärstrafanstalten nichts erübrigen werde, als eine Kaserne in einer böhmischen Festung für die Aufnahme von Festungsarrestanten zu adaptieren
Dagegen ergab sich keine Erinnerung, und
Se. Majestät
geruhten aus diesem Anlasse den Auftrag zu erteilen, daß ein Verzeichnis aller Sträflinge, nach Kategorien gesondert, verfaßt werde, um den Stand besser zu überblicken und hinsichtlich der Aufbewahrung der einzelnen angemessene Beschlüsse fassen zu können
Der
Minister des Unterrichts
brachte die Frage über die Zulässigkeit der Errichtung einer Universität in Hermannstadt zur Sprache
In Erwägung jedoch, daß die nationalen und konfessionellen Verschiedenheiten der Konzentrierung aller höheren Studien für Siebenbürgen in einer Stadt wesentliche Schwierigkeiten in [den] Weg stellen, daß die Aufhebung der verschiedenen Akademien zahlreiche Interessen verletzen und die Wahl Hermannstadt ebenfalls bei Ungarn und Romanen einen ungünstigen Eindruck hervorbringen würde, wurde beschlossen, dem nach Siebenbürgen vom Unterrichtsministerium abzusendenden Kommissär bloß im allgemeinen den Auftrag zu erteilen, zu erheben, ob und wie daselbst eine Vereinigung der höheren Studien zu einer Universität zu erzielen wäre