Digitale EditionDie Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie, digitale EditionMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian Monarchy, digital editionDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Abteilung IIDas Ministerium SchwarzenbergBand 2Jänner 1850–30. April 1850Sitzung 269WienThomasKletečkaAnatolSchmied-KowarzikProjektverantwortung: Research Unit Digital Historiography and Editions, Institute for Habsburg and Balkan Studies (IHB), Austrian Academy of SciencesDigitalisierung der gedruckten Quellen Verlag der Österreichischen Akademie der WissenschaftenConversion to TEI-conformant markup StephanKurzIHBÖsterreichische Akademie der WissenschaftenLizenziert unter CC-BY-4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de)https://zenodo.org/badge/latestdoi/342235542Edition der Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie online (MRP)Die Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen MonarchieMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian MonarchyDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Bearbeitet und herausgegeben an der Österreichischen Akademie der WissenschaftenTextverantwortungbei den jeweiligen Bandbearbeitern und Herausgebern der Serie und ihrer BändeHauptbearbeiter Digitale VersionStephan Kurz
28 Bände Retrodigitalisate, vgl. den Editionsplan und die Bandübersicht unter
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The XML data mentioned in the note is available through both http://doi.org/10.5281/zenodo.3580414 and http://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/ThomasKletečkaAnatolSchmied-KowarzikDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867, Abteilung II Das Ministerium Schwarzenberg, Band 2 Jänner 1850–30. April 1850WienÖBV2005473404
Protokoll in Reinschrift überliefertWien
Quellbestand: AT-OeStA/HHSTA KA KK ÖMR-Prot Österreichische Ministerratsprotokolle, 1848-1866 (Teilbestand)
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Protokoll der am 1. Februar 1850 in Wien abgehaltenen Ministerratssitzung unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten, dann Ministers des Äußern und des Hauses Fürsten Felix v. Schwarzenberg. Der Justizminister Ritter v. Schmerling referierte zwei Todesurteile mit dem Antrage auf Nachsicht der Todesstrafe und Umwandlung derselben in eine angemessene Kerkerstrafe, und zwar
Todesurteil gegen Maria Balandzink
wider die Maria Balandzink aus Galizien wegen des Mordes ihres fünfjährigen Knaben. Die Inquisitin ist 37 Jahre alt, ledig, vermögenslos und wurde früher niemals gerichtlich abgestraft. Im April 1843 gebar sei einen Knaben, nach welcher Zeit sie nicht mehr als Magd in einem Dienste eintreten konnte. Im Winter 1847 litt sie besonders viel Not und Hunger und faßte den Entschluß, sich ihres Kindes zu entledigen, welchen Entschluß sie aber erst im April 1848 dadurch zur Ausführung brachte, daß sie dieses Kind in einem Teiche ertränkte. Die Leiche wurde gleich den anderen Tag entdeckt. Die Inquisitin gestand die Tat außergerichtlich und vor dem Lemberger Kriminalgerichte, wurde wegen dieses Mordes zur Todesstrafe verurteilt und dieses Urteil sowohl von dem galizischen Kriminalobergerichte als auch vom Obersten Gerichtshofe einhellig bestätigt. Beide Oberbehörden verbanden aber damit, in Rücksicht der für die Balandzink sprechenden Milderungsumstände (früherer tadelloser Lebenswandel, gänzlicher Mangel an Erziehung und Entwicklung des moralischen Gefühls, ihr sogleiches Bekenntnis der Schuld und ihre Notlage) den einhelligen Antrag, daß ihr die Todesstrafe aus Ah. Gnade nachgesehen werden möge, in welchem Falle die oberste Justizstelle ihre zeitliche Strafe mit zehnjährigem Kerker bemessen würde.
Der Justizminister und der Ministerrat erklärten sich mit diesem Antrage einverstanden, in welchem Sinne nun der au. Vortrag erstattet werden wirdAuf Vortrag Schmerlings v. 1. 2. 1850 wurde mit Ah. E. v. 9. 2. 1850 die Todesstrafe gegen Maria Balandzink aufgehoben und der Oberste Gerichtshof angewiesen, eine angemessene zeitliche Strafe zu verhängen, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 505/1850..
Todesurteil gegen Nikolaus Weber
Das zweite Todesurteil betrifft einen sicheren Nikolaus Weber, von Krems in Niederösterreich gebürtig, 31 Jahre alt, ledig, gewesener Kutscher, wegen des Verbrechens des räuberischen Totschlags. Weber hat den ledigen Tuchscherergesellen Eduard Rose, mit dem er in einem Wirtshause zusammenkam, bei der weiteren Reise in einen Graben geworfen und mit Messerstichen angeblich in der Absicht verwundet, um sich seines Passes und seiner Barschaft zu bemächtigen. Rose starb am 11. Tage an den Folgen der erhaltenen Wunden. Das Untersuchungsgericht (Grünbichl zu KilbBis zum 25. 6. 1850 befand sich in Grünbichl zu Kilb das Landesgericht dieses Bezirkes, Puhr, Marktgemeinde Kilb 41.) hat den Inquisiten zum Tode verurteilt, das niederösterreichische Appellations- und Kriminalobergericht hat dieses Urteil einhellig bestätigt und auf Umwandlung der Todesstrafe in 15jährigen Kerker und der Oberste Gerichtshof mit acht Stimmen gegen zwei auf Nachsicht der Todesstrafe und Umwandlung derselben in 20jährige schwere Kerkerstrafe angetragen.
Der Justizminister und mit ihm der Ministerrat erklärten sich mit diesem letzteren Antrage einverstanden, demgemäß nun der au. Vortrag an Se. Majestät erstattet werden wirdAuf Vortrag Schmerlings v. 1. 2. 1850 wurde mit Ah. E. v. 9. 2. 1850 die Todesstrafe gegen Nikolaus Weber aufgehoben und der Oberste Gerichsthof angewisesen, eine angemessene zeitliche Strafe zu verhängen, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 506/1850..
Ankauf des Wiener Kriminalgerichtshauses
Hierauf brachte der Justizminister den baldigen Ankauf des hiesigen Kriminalgerichtshauses in AnregungFortsetzung des MR. v. 16. 11. 1849/IV, ÖMR. II/1, Nr. 211. Zu dem 1831 bis 1839 erbauten Kriminalgerichtsgebäude – heute Landesgerichtsgebäude – siehe Czeike, Historisches Lexikon Wien 3, 670 und Geissler, Geschichte des „Grauen Hauses“.. Das Gebäude ist von der betreffenden Kommission auf eine Million bewertet; es soll aber auch das daran befindliche Schützengebäude um 46.000 f. gleichzeitig angekauft werden, um seinerzeit das Kriminalgerichtshaus ausdehnen und Gefängnisse zubauen zu können. Ritter v. Schmerling meint, daß man sich herbeilassen werde, beide Objekte um den Betrag eine Million herzugeben und die 46.000 f. für das Schützengebäude dareingehen zu lassen; nur müßten die diesfälligen Verhandlungen beschleuniget werden, um sie noch bei dem Bestande des gegenwärtigen Gemeinderates zum Abschluß zu bringen.
Der Minister des Handels und der öffentlichen Bauten Freiherr v. Bruck bemerkte, die diesfälligen Akten morgen an das Finanzministerium leiten zu wollenMit Schreiben (K.) v. 2. 2. 1850 übermittelte Bruck Krauß den Bericht der eingesetzten Kommission zum Ankauf des Kriminalgebäudes, AVA., HM., Präs. 380/1850; der entsprechende Akt mit dem Bericht, FA., FM., Präs. 1606/1850, ist nicht mehr vorhanden. Fortsetzung des Gegenstandes in MR. v. 5. 6. 1850/VII..
Stipendien für Seidenkulturunterricht
In Steiermark besteht ein Seidenbauverein, der eine Seidenspinnerei (Filanda) errichtet hat und zum Behufe der Aufnahme der Seidenzucht daselbst bereits viele Maulbeerbäume verteilt hat. Dieser Verein fände es, wie der Minister der Landeskultur bemerkt, wünschenswert, wenn junge Leute Unterricht in der Seidenkultur erhielten, wäre bereit, diesen Unterricht zu erteilen, nur wären auf etwa 15 Stipendien für zehn Jahre jährlich 500 f. zu bewilligen.
Der Minister Ritter v. Thinnfeld unterstützt diesen Antrag mit der Beschränkung, daß die Bewilligung der erwähnten 500 f. nur für die Zeit von drei Jahren zu geschehen hätte, womit sich der Ministerrat einverstanden erklärte. Der Minister wird sich nun hierzu die Ah. Bewilligung Sr. Majestät erbittenDer Kaiser bewilligte mit Ah. E. v. 13. 2. 1850 auf Vortrag Thinnfelds v. 23. 1. 1850 dem steiermärkischen Seidenbauverein jährlich eine Dotation von 500 fl. auf drei Jahre, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 569/1850..
Wiederanstellung von wegen Hochverrates in Untersuchung gestandenen und dann amnestierten Geistlichen in Galizien
Aus Anlaß, daß in Galizien ein in die Hochverratsuntersuchung vom Jahre 1846 verflochterner, verurteilter, im Jahre 1848 aber amnestierter Priester, ein früherer Feldkaplan, auf einer Herrschaft des Fürsten Czartoryski als Pfarrer angestellt wurde, fand sich der Minister des Kultus und Unterrichtes Graf Thun veranlaßt zu bemerken, daß nach dem Antrage des gewesenen Hofkommissärs Grafen Stadion in Folge der Revolution vom Jahre 1846 die Präsentation für geistliche Pfründen dahin beschränkt wurdeKorrektur a–a Thuns aus der gewesene galizische Gouverneur Graf Stadion in Folge der Revolution vom Jahre 1848 die Präsentation für geistliche Pfründen dahin beschränkte., daß die Patrone nur unter den drei vom Bischofe Vorgeschlagenen wählen dürfen und daß die amnestierten Geistlichen nicht anzustellen seien. Im März 1848 haben aber Se. Majestät eine allgemeine Amnestie mit dem Beisatze zu erlassen geruhet, daß alle Folgen der Verurteilung aufgehoben sein sollen; nur in Ansehung des geistlichen Standes wurde die Wiederanstellung von der Zustimmung des Ordinariates abhängig gemachtZur Amnestie v. 20. 3. 1848 für Galizien und Lombardo-Venetien siehe MR. v. 8. 4. 1848/I, Anm. 1, ÖMR. I, Nr. 7.. Graf Gołuchowski meint, Se. Majestät möchten diese Konzession der Art beschränken, daß kein wegen des Hochverrates in Untersuchung gestandener und sodann amnestierter Geistlicher in Galizien ohne Zustimmung des Statthalters wieder angestellt werden dürfe.
Der Minister Graf Thun gedenket diesen Antrag bei Sr. Majestät zu unterstützen, wogegen sich keine Erinnerung ergabAuf Vortrag Thuns v. 30. 1. 1850 entschied der Kaiser mit Ah. E. v. 11. 2. 1850, daß die Zulassung amnestierter Priester in der Seelsorge auch von der vorläufigen Zustimmung des Landeschefs abhängig gemacht werden sollte, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 533/1850; siehe dazu auch den Akt AVA., CUM., Kultus, Präs. MC. 31/1850. Der hier angedeutete Schriftwechsel zwischen Thun und Gołuchowski ist in diesem Bestand nicht zu finden..
Anstellung des Carl Gustav Jakob Jacobi
Der Minister des Kultus und Unterrichtes Graf Thun brachte hierauf die Berufung des Dr. Jacobi, wirklichen Mitgliedes der Berliner königlichen Akademie der Wissenschaften, als ordentlichen Professor der Mathematik an die Wiener Universität zur SpracheZu Carl Gustav Jakob Jacobi siehe Neue Deutsche Biographie 10, 233 f..
Die Bedingungen, unter welchen Jacobi diese Stelle annehmen würde, sind: a) Charakter und Rang eines ordentlichen Professors der Wiener Universität mit einem Gehalte von 4000 f. und 150 f. Quartiergeldbeitrag, b) Befreiung von der sonst gesetzlichen 33% Diensttaxe für diese Anstellung, c) Anweisung eines Übersiedlungspauschals von 800 f. Konventionsmünze, d) die Zugutrechnung einer 20jährigen Dienstzeit bei seinem Eintritte in den österreichischen Staatsdienst und e) soll seiner Frau und Familie im Falle seines Ablebens in dieser Anstellung mindestens diejenige Pensionsbehandlung zuteil werden, auf welche nach den österreichischen Pensionsvorschriften die Familie eines wirklichen Regierungsrates Anspruch hat.
Der Finanzminister, mit welchem diesfalls Rücksprache gepflogen wurde, erklärte sich mit diesen Bedingungen im wesentlichen einverstanden, nur meinte derselbe, daß hinsichtlich der Pensionierung des Jacobi bei seinem Eintritte in die österreichische Dienstleistung die Zugutrechnung einer zehnjährigen Dienstzeit genügen dürfte, da bei der Annahme von 20 Jahren derselbe schon nach fünf Dienstjahren den Anspruch auf die Hälfte seines Gehaltes, d.i. auf 2000 f. hätte, was ihm überschwenglich zu sein scheine. Nachdem jedoch der Unterrichtsminister bemerkte, daß der zuletzt erwähnte Fall der Pensionierung bei Jacobi nicht wohl zu besorgen sei und daß zwischen ihm und dem Jacobi hinsichtlich dieser Bedingungen gleichsam ein Vertrag bestehe, so fand der Finanzminister nichts weiter zu erinnern.
Graf Thun wird sonach diesen Antrag mit Zustimmung des Ministerrates der Ah. Genehmigung Sr. Majestät unterziehenAuf Vortrag Thuns v. 29. 1. 1850 wurde Jacobi mit Ah. E. v. 5. 2. 1850 unter den im Ministerrat beschlossenen Bedingungen zum ordentlichen Professor der Mathematik an der Wiener Universität bestellt, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 417/1850..
Belohnung für Franz Nessel
Hierauf erwirkte der Minister des Kultus und Unterrichtes die Zustimmung des Ministerrates, dem Zahnarzte NesselZu Franz Nessel siehe Wurzbach, Biographisches Lexikon 20, 194 ff. in Prag, der bereits seit 21 Jahren Dozent an der dortigen Universität ist, eine jährliche Remuneration von 400 f. zu bewilligen. Solche Remunerationen scheinen notwendig, um übermäßige Systemisierungen von Lehrkanzeln zu beseitigen, verdienstvollen Privatdozenten eine Anerkennung zu gewähren und es ihnen möglich zu machen, sich für ordentliche Lehrkanzeln auszubilden. Anderwärts seien schon solche für die Person bleibende jährliche Remunerationen (Quasigehalte) bewilliget worden.
Der Finanzminister würde es in Aufrechthaltung des Prinzips vorziehen, dem Dozenten Nessel jährlich eine angemessene Remuneration zu bewilligenAuf Vortrag Thuns v. 15. 1. 1850 wurde Nessel mit Ah. E. v. 6. 2. 1850 ein Jahresgehalt von 400 fl. bewilligt, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 414/1850..
Auszeichnung für Gottfried v. Giuliani
Der Handelsminister Freiherr v. Bruck machte hierauf auf den hiesigen Oberpostverwalter Giuliani, der bereits 36 Jahre mit Auszeichnung dient, aus Italien auf den hiesigen wichtigen Posten versetzt wurde und schon während seines kurzen hiesigen Wirkens die Postanstalt bedeutend verbessert hat, aufmerksam. Da Giuliani, um dem hiesigen Posten nicht entzogen zu werden, bei den Beförderungen in Italien nicht berücksichtigt werden konnte, wodurch er sich zurückgesetzt fühlt, so glaubte der Minister Freiherr v. Bruck, daß, um den Giuliani aufzurichten, auf eine Ag. Auszeichnung desselben (mit dem Orden der eisernen Krone dritter Klasse) anzutragen wäre.
Nach dem Beschlusse des Ministerrate wurde der Antrag genehmigt, aber es sei dieser Gegenstand bis zu dem Zeitpunkte, wo der Franz-Joseph-Orden in Wirksamkeit tritt, zu vertagenKorrektur b–b Brucks aus ist dieser Gegenstand bis zu dem Zeitpunkte, wo der Franz-Joseph-Orden in Wirksamkeit tritt, zu vertagen und sodann wieder in Anregung zu bringen..Auf Vortrag Brucks v. 17. 4. 1850 erhielt Gottfried v. Giuliani mit Ah. E. v. 26. 6. 1850 das Kleinkreuz des Franz-Joseph-Ordens, ebd., MRZ. 1547/1850.
Auszeichnung für Joseph Maria v. Lutterotti
Dasselbe hat auch in Ansehung des Lutterotti in Triest (für welchen nach der Bemerkung des Kriegsministers Grafen v. Gyulai nebst anderen schon früher auf eine Auszeichnung angetragen wurde, der sie aber bis jetzt nicht erhielt, obwohl andere mit ihm gleichzeitig Genannte schon ausgezeichnet worden sind, wie z.B. ToppoAlexander Toppo hatte mit Ah. E. v. 10. 12. 1849 auf Vortrag Brucks v. 2. 12. 1849 den Orden der Eisernen Krone III. Klasse erhalten, ebd., MRZ. 4448/1849. Mit derselben Ah. E. war Lutteroti lediglich die Ah. Zufriedenheit ausgesprochen worden.) zu geschehenZum Antrag auf Auszeichnung für Lutterotti siehe MR. v. 24. 12. 1849/VII, ÖMR. I, Nr. 236. Fortsetzung des Gegenstandes in MR. v. 1. 4. 1850/II..
Kriegskontribution der ungarischen Juden
Der Minister des Inneren Dr. Bach brachte hierauf abermals die Strafkontribution der ungarischen Juden zur SpracheFortsetzung des MR. v. 28. 1. 1850/VIII.. Er bemerkte, daß ein Komitee zu dem Ende aufgestellt wurde, um die Verteilung der Strafgelder vorzunehmen, daß aber bis jetzt nicht bekannt sei, was dieses Komitee getan hat. Bei diesem Komitee sollte es sich herausstellen, wenn eine oder die andere Judengemeinde, ohne daß ihr ein Verschulden zur Last fällt, zur Beitragsleistung beigezogen worden wäre, in welchem Falle das Komitee Ausnahmen in Antrag zu bringen berechtiget ist. Die Einbringung der Strafkontribution sei übrigens bis 1. März d.J. sistiertEin Hinweis auf die Sistierung der Strafkontribution bis 1. 3. 1850 ließ sich in den Akten der Abteilung MOL., D 51 und denen des MHL., III. AK., Eln. nicht finden..
Der Minister Dr. Bach wird, wozu die Zustimmung des Ministerrates erfolgte, dem Baron Geringer schreiben, damit dieser von dem Komitee die Äußerung abfordere, was in dieser Angelegenheit mittlerweile geschehen und ob es sich herausstelle, daß eine oder die andere Judengemeinde nicht schuldig sei. Die Maßregel selbst bleibt indessen in statu quoDer Kommissionsbericht lag Geringer am 11. 2. 1850 vor, er wurde aber am 23. 2. 1850 ad acta gelegt, da der Ministerrat inzwischen die sog. Judenkontribution an sich in Frage gestellt hatte, MOL., D 51, 2289/G 1850, fol. 1–5. Bach teilte am 15. 2. 1850 Haynau mit, daß alle Juden von den Kontributionszahlungen auszunehmen seien, die sich an der Revolution nicht beteiligt hätten, und überhaupt bis auf weiteres die Eintreibung der Kontribution einzustellen sei, MHL., III. AK., Eln. 1850, Karton 2 (1–239), 73. Mit den Schreiben v. 27. 2. 1850 an Bach, Gyulai und Schwarzenberg lehnte Haynau die Durchführung von Bachs Anordnungen ab, ebd. Diese Ablehnung Haynaus war der Anlaß für die erneute Behandlung der Judenkontribution in MR. v. 4. 3. 1850/II, dessen Protokoll aber fehlt. Fortsetzung des Gegenstandes in MR. v. 6. 3. 1850/IV..
Grundentlastung in Niederösterreich
Schließlich referierte der Minister des Inneren über die Ausführung der Entlastung in Niederösterreich.
Diese Angelegenheit wurde mit den Vertretern der Berechtigten und der Verpflichteten besprochen und sodann mit den Ministern der Finanzen und der Justiz verhandelt. Diese Maßregel ist auf das Gesetz vom 4. März 1849 basiert, und die materiellen Bestimmungen sowohl als die Durchführung sollen den in den anderen Provinzen bereits angenommenen Grundsätzen entsprechenDie prinzipielle Durchführung der Grundentlastung regelte das kaiserliche Patent v. 4. 3. 1849, RGBL. Nr. 152/149. Zu den Durchführungsbestimmungen der Grundentlastung in Böhmen, Mähren und Schlesien siehe MR. v. 15. 6. 1849/VIII, ÖMR. II/1, Nr. 97, zu jenen in Tirol MR. v. 6. 8. 1849/I, ebd., Nr. 138, und zu jenen in Oberösterreich MR. v. 25. 9. 1849/VI, ebd., Nr. 173.. In jedem Bezirke soll eine Entlastungskommission aufgestellt werden, und zur Verminderung der Kosten soll das Personale der Bezirkshauptmannschaften und der Bezirksgerichte dabei benützt werden.
Der Minister besprach hierauf die Differenzpunkte, welche sich bei dieser Verhandlung herausgestellt haben.
Der erste betraf die Wertermittlung bei der Naturalarbeit (Robot) (§ 11 des Patentes vom 4. März 1849). In dieser Beziehung wurde bei dem Umstande, daß sich der Wert der Zwangsarbeit zu der freien Arbeit in Niederösterreich geringer als anderwärts darstellt, der Antrag gestellt, daß in Niederösterreich der Wert der Robot mit der Hälfte des Wertes der freien Arbeit nach der Katastralbestimmung angenommen werden solle.
Das Finanzministerium und die Berechtigten haben sich nach längerer Beratung in der erwähnten Maßregel geeiniget, und der Minister Dr. Bach findet sie billig, gerecht und schonend zugleich.
Der zweite Differenzpunkt betraf die Frage, wie die Entschädigung für Laudemien auszumitteln seiDas Laudemium war jene Gebühr, die bei der Erstellung eines neuen Pacht- oder Nutzungsvertrages an den Lehensherrn zu bezahlen war, siehe dazu allgemein Mischler/Ulbrich, Staatswörterbuch 1, 55.. Nach dem § 14 des Patents vom 4. März 1849 soll, nach Abzug der Lasten, der 30jährige Durchschnitt der Veränderungsgebühren zur Basis der Entschädigung angenommen werden. Die Berechtigten stellten vor, daß der 30jährige Durchschnitt schwer zu ermitteln und daß insbesondere die Ausmittlung der Lasten großen Schwierigkeiten unterworfen sei. Sie meinten, daß das Patent dort aufrecht zu erhalten sei, wo die Nachweisung geliefert werden könne, wo dies aber nicht der Fall sei, sollen die Lasten mit einem Drittel als Pauschale in Abzug gebracht werden.
Der Finanzminister erklärte sich dagegen, weil durch eine solche Pauschalierung der Staat zum Nachteile käme, indem die Parteien dort, wo sie fänden, daß nach dem 30jährigen Durchschnitt sie unter dem Drittel bleiben, sich dieses zahlen ließen; auch spreche das Patent gegen eine solche Annahme, und der evidente Nachteil bei jenen Herrschaften, die bloß Grundbuch haben und die sich gewiß nur das Drittel abziehen ließen.
Der Minister Dr. Bach meint, daß das Patent vom 4. März 1849 beziehungsweise der 30jährige Durchschnitt aufrecht zu erhalten wäre. Fände die Landeskommission eine Abweichung unerläßlich, so hätte sie ihre Vorschläge dem Ministerium behufs der Erlassung eines Regulativs zu erstatten.
Der dritte Differenzpunkt betraf die Bemessung der Vorschüsse, in Ansehung welcher angetragen wurde, sie mit der doppelten im Jahre 1847 entrichteten Urbarial- und Zehentsteuer anzunehmen. Der Minister Dr. Bach meint einverständlich mit dem Finanzministerium, daß so wie für die anderen Provinzen eineinhalb dieser Steuer festzusetzen wäreBach legte mit Vortrag v. 6. 2. 1850 den Entwurf der Verordnung zur Durchführung der Grundentlastung in Niederösterreich, in dem das im Ministerrat Beschlossene berücksichtigt war, dem Kaiser vor, der ihn mit Ah. E. v. 11. 2. 1850 auch genehmigte, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 464/1850. Die Verordnung des Innenministeriums v. 13. 2. 1850 über die Durchführung der Grundentlastung in Niederösterreich publiziert als LBGL. Nr. 14/1850 für Niederösterreich..
Schließlich brachte Dr. Bach noch eine für alle Provinzen zu erlassende Bestimmung in Antrag. Nach dem Patente vom 4. März 1849 unterliegen nämlich alle Giebigkeiten für Schulen, Kirchen und Pfarren der zwangsweisen AblösungDas war der § 6 des Patentes.. Diesfalls sollte nach seiner Ansicht die zwangsweise Ablösung nur dort eintreten, wo sie von den Besitzberechtigten oder von den Verpflichteten begehrt wird, nicht aber von Amts wegen verfügt werden.
Der Ministerrat erklärte sich in allen Punkten mit den Anträgen des Ministers Dr. Bach einverstandenDer entsprechende Erlaß des Innenministers v. 2. 2. 1850 wurde als RGBL. Nr. 42/1850 publiziert..
Wien, den 2. Februar 1850. Schwarzenberg.Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. Franz Joseph. Wien, den 7. Februar 1850.