Protokoll in Reinschrift überliefert
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
.
Der
Minister des Inneren Dr. Alexander Bach
brachte zur Kenntnis des Ministerrates die eingelangte Nachricht, daß die Kommission zur Einhebung der außerordentlichen Kriegssteuer im lombardisch-venezianischen Königreiche spätestens mit Ende Jänner außer Wirksamkeit treten und daß keine neue Geldbuße mehr auferlegt werden wird
Derselbe Minister erwähnte hierauf, daß der General Mayerhofer die dringende Bitte aus Semlin eingesendet habe, es möchte die Grenzsperre gegen Serbien bei dem gegenwärtigen Zustande der Dinge aufgehoben werden, da die serbische Regierung Maßregeln ergriffen habe, welche das Einschwärzen der Rinderpest nicht besorgen lassen. Mayerhofer bittet demnach, daß dem gesunden Viehe der Eintritt gestattet und das diesfällige Verbot aufgehoben werden wolle
Der Minister des Inneren brachte nun eine aus Anlaß der Erledigung einer Damenstiftspräbende in Innsbruck gestellte Anfrage rücksichtlich der Ausübung des Besetzungsrechtes dieser Präbenden zum Vortrage
Er bemerkte, das Damenstift in Innsbruck sei von der Kaiserin Maria Theresia gegründet worden, und dieselbe habe den Statuten zufolge das Verleihungsrecht zu solchen Präbenden sich und nach ihrem Tode der jeweiligen regierenden Kaiserin vorbehaltenebd., 156–164
.ebd., 120
.
Durch die Abdikation Sr. Majestät des Kaisers Ferdinand habe die Kaiserin Maria Anna aufgehört, regierende Kaiserin zu sein, und das Recht der Präbendenverleihung ist nach der Ansicht des Ministers Dr. Bach an Se. Majestät den Kaiser übergegangen. Von der Ah. Bestimmung Sr. Majestät werde es nun abhängen, ob Allerhöchstdieselben das oberste Schutzrecht über jenes Damenstift vindizieren und das Verleihungsrecht zu den Präbenden desselben selbst auszuüben oder ob Allerhöchstdieselben das Verleihungsrecht bis zur einstigen Vermählung der Kaiserin Maria Anna belassen wollen. Der Minister Dr. Bach gedenket sich hierüber die Ah. Bestimmung Sr. Majestät zu erbitten.
Der Ministerrat erklärte sich sowohl mit den hier entwickelten Ansichten als mit der so an Se. Majestät zu stellenden au. Anfrage einverstanden
Der
Ministerpräsident
las hierauf einen von unserem Agenten in Rom eingelangten Bericht und den Entwurf der ihm darauf zu erteilenden Antwort vor
In dem Berichte sucht der Agent vorzüglich im Interesse der Agentie, also pro domo sua, die Nachteile herauszuheben und darzustellen, welche daraus sich ergeben, daß die italienischen Bischöfe, wie die Erfahrung der letzten Zeit gezeigt habe, sich nur in wenigen Fällen der Ehedispensen etc. nach Rom wenden und meinen, durch die der Kirche gewährte Freiheit seien die Dispensen in entfernteren Graden freigegeben. Nach seiner Ansicht wäre den Bischöfen der italienischen Provinzen zur Pflicht zu machen, sich wie früher in Ehedispensen auch von entfernteren Graden nach Rom zu wenden, während die übrigen Bischöfe es, wie bis jetzt, nur in den zwei ersten Graden zu tun hätten, und daß sich die Bischöfe keiner anderen Mittelsperson hierbei als der Agentie zu bedienen hätten.
In der hierauf zu erteilenden Antwort wird auf den § 2 der Grundrechte hingewiesen
Die beabsichtigte Antwort wurde aber noch vorläufig dem Kardinal Fürsterzbischofe Fürsten v. Schwarzenberg und dem Fürstbischofe Rauscher zur Äußerung hierüber mitgeteiltdaß sie sich seiner in Parteisachen aus eigener Wahl auch künftighin bedienen
, siehe dazu MR. v.
Der
Minister des Kultus und des öffentlichen Unterrichtes Graf Thun
setzte hierauf die gestern abgebrochene Deliberation über die Einbgabe der im vorigen Jahre hier abgehaltenen Versammlung der katholischen Bischöfe und zwar ad XI. 1., Regierung und Verwaltung der Kirche, fort
Die versammelten Bischöfe setzen nach ihrer Eingabe voraus, daß durch den § 2 der Grundrechte die Hemmnisse, welche ihrem Verkehre mit dem Heiligen Stuhle bisher im Wege standen, vollständig gehoben seien und weder für sie noch für die ihnen unterstehenden Gläubigen fernerhin eine Schwierigkeit obwalten werde, sich in geistlichen Dingen an den Papst zu wenden oder die Entscheidungen und Anordnungen desselben zu empfangen, daß also das zwar hier nicht ausdrücklich erwähnte Placetum regium in solchen Fällen künftig entfalle.
Graf Thun erklärte sich aus den bereits geltend gemachten Gründen für die gänzliche Aufhebung des Placetum regium. Nach seiner Ansicht ist es nicht hinreichend
Der
Minister des Inneren
bemerkte, daß allerdings in rein geistlichen Dingen das Placetum im allgemeinen wegzufallen habe, daß es aber geistliche Sachen gemischter Natur gebe, bei welchen die Regierung sich die Zensur gegen eine auswärtige, von Österreich unabhängige Macht vorbehalten müsse, was ein Recht der Souveränität sei. In Privatsachen und wo Taxen damit verbunden sind, sei der Weg der Agentie einzuschlagen.
Ein Beschluß über diesen Gegenstand in merito wurde nicht gefaßt, so wie auch nicht über den weiter vom Grafen Thun besprochenen Punkt XIII der Eingabe der Bischöfe die geistliche Gerichtsbarkeit betreffend, worin die Bischöfe verlangen, daß ihnen die Bestrafung der Laien und der Geistlichen ohne Mitwirkung der politischen Behörde überlassen werde und in allen Fällen, wo die Appellation zulässig ist, die Berufung von dem bischöflichen Gerichte an das Metropolitangericht und von dem Metropolitangerichte an den Heiligen Stuhl zu gehen hätte, welcher sein Recht, in höchster Instanz zu entscheiden, an Ort und Stelle durch von ihm ermächtigte Richter übt.
Der Ministerrat fand es wünschenswert, daß über die vorliegende Eingabe der Bischöfe ein systematisch geordnetes Referat mit einer bestimmten Redaktion der Resolutionsentwürfe sowohl über die notwendig erscheinenden dispositiven Verfügungen als über das einzelne, was aufgehoben werden soll (mit Beibringung der aufzuhebenden Vorschriften) ausgearbeitet und der Beratung des Ministerrates zum Grunde gelegt werde, und der Minister Graf Thun erklärte sich bereit, ein solches Referat schriftlich zu verfassen, es lithographieren zu lassen und dasselbe dann den Ministern mitzuteilen, worauf dann die Beschlüsse des Ministerrates mit abgesonderten Vorträgen zur Ah. Schlußfassung Sr. Majestät werden vorgelegt werden