Protokoll in Reinschrift überliefert
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
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Der
Minister des Äußern
eröffnete, daß im Wege der hiesigen russischen Gesandtschaft von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland an mehrere k.k. Generäle und Stabsoffiziere Orden eingesendet worden sind (an FZM. Rukavina der St. Georgs-Orden, an FZM. Baron Haynau das St.Andreas-Großkreuz in Diamanten, an FML. Grafen Schlik der Alexander-Newsky-Orden, 32 Ordensdekorationen für k.k. Generäle etc.). Diese Orden werden infolge Ah. Auftrages an Baron Haynau zur entsprechenden Verteilung gesendet
Mir demnächst ein nominatives Verzeichnis aller jener [zu] unterbreiten, die sich dieser ehrenvollen Auszeichnung im Verlauf des Feldzuges würdig gemacht haben,
Der Minister Fürst Schwarzenberg teilte weiter mit, daß am 18. d.M. die unter Bem gestandenen Truppen sich bei Deva ergeben haben. Dieser Notiz fügte der
Kriegsminister Graf Gyulai
bei, daß nach einer ihm zugekommenen Meldung ein Teil dieser Insurgenten sich wieder entzogen habe und nach Dobra zurückgekehrt sei
Nach einem dem
Minister des Äußern
aus Pillnitz zugekommenen Schreiben wird der Prinz Georg von Sachsen, zweiter Sohn des Prinzen Johann, morgen oder übermorgen in Wien eintreffen, um Sr. Majestät Glückwünsche des sächsischen Hofes wegen Besiegung der ungarischen Rebellion darzubringen
Ferner bemerkte Fürst Schwarzenberg, daß nach Nachrichten aus Bukarest vom 17. August Perczel an den türkischen Kommandanten in der Walachei geschrieben und bei
Der
Minister des Inneren Dr. Bach
meint, daß man bei der fortbestehenden Gefahr, welche Österreich von dem nahen Aufenthalte der Insurgenten in der Türkei droht, ihre Expulsion oder wenigstens Internierung von der Türkei verlangen könne. Da wir und Rußland diesfalls ein gleiches Interesse haben, so wäre eine entschiedene Sprache bei der Pforte zu führen und die Erfüllung der Traktate mit Bestimmtheit zu verlangen. Die polnischen und andere Revolutionstendenzen, welche im Jahre 1848 mißglückt sind, konzentrieren sich jetzt alle in der ungarischen Revolution, und das Theater dazu sei die Türkei. Hieraus ergebe sich die Notwendigkeit, die Grenzen strenge zu überwachen, und selbst Agentien in das Innere des Landes zur Komplettierung der mangelhaften türkischen Polizei zu senden. Der Minister Bach beschäftige sich mit dieser Angelegenheit und werde darüber nächstens seine Anträge erstatten
Schließlich erwähnte der
Minister des Äußern
eines neuen Projektes des Reichsministeriums in der deutschen Frage, welches nach Preußen geschickt worden ist. Preußen sei dagegen unterm 20. d.M. mit einem dritten Projekte vorgetreten, wobei bemerkt wurde, dies sei noch nicht sein letztes Wort
Hierauf nahm der
Minister des Inneren Dr. Bach
mit der Bemerkung das Wort, daß, da die militärischen Operationen in Ungarn bald ihr Ende erreicht haben werden, es nun an der Zeit sein dürfte, die politische Organisation in Angriff zu nehmen. Die wichtigsten Fragen diesfalls sind die serbische Woiwodschaft
Der Ban hat den Wunsch ausgesprochen, daß über die serbische Woiwodschaft bald entschieden werden möge, und bat, zu diesem Ende nach Wien berufen zu werden, um diese Angelegenheit hier zu beraten. Der Minister Dr. Bach unterstützte diese Bitte und erbat sich die Ah. Ermächtigung, den Ban zu dem gedachten Zwecke einberufen zu dürfen, welche Ermächtigung Se. Majestät zu erteilen geruhten. Die Anwesenheit des Banus wird auch dazu benützt werden, um die Verhältnisse von Kroatien und Slawonien zu besprechen, rücksichtlich welcher die Meinung vorherrscht, daß, wenn die Regierung bei ihrem gefaßten Plane beharrt, alles gut gehen werde. Dem Banus wäre bei der Einberufung zugleich anzudeuten, daß Se. Majestät die Anträge desselben über die im Prinzipe bereits genehmigte Reorganisierung der Grenze erwarten. Auch wäre Baron Geringer von Ofen einzuberufen, um bei den diesfälligen Besprechungen mit dem Ban gegenwärtig zu sein und seine Meinung abzugeben.
Diese Einleitungen haben Se. Majestät gleichfalls Ah. zu genehmigen geruhet
In Absicht auf den von dem neuernannten Primas von Ungarn in die Hände Sr. Majestät abzulegenden Eid bemerkte der Minister Dr. Bach, daß es wichtig und angemessen wäre, daß er diesen Eid in Gegenwart des versammelten Ministerrates ablege
Der Minister Dr. Bach teilte ferner den Revers mit, den die Honvedoffiziere, welche entlassen werden, auszustellen haben
Nach der Ansicht dieses Ministers wäre dem FML. Baron Wohlgemuth ein beruhigendes Schreiben zuzufertigen, daß die Romanen ein gleichberechtigtes Volk wie die übrigen sein und in Siebenbürgen als Nation organisiert werden sollen, in welcher Beziehung er seine Anträge zu erstatten hätte
Mit Ah. Gestattung Sr. Majestät wird der Minister Dr. Bach einen au. Vortrag wegen Beförderung des Feldkriegssekretärs Glanz zum Sektionsrate im Ministerium des Inneren erstatten. Es soll demselben die Leitung der kommissariatischen Angelegenheiten in diesem Ministerium übertragen werden
Nachdem nunmehr der Krieg in Ungarn als beendet angesehen werden kann, wornach die Notwendigkeit der Aufstellung der angetragenen böhmischen Freikorps von selbst entfällt, so wird mit Ah. Genehmigung Sr. Majestät dem Grafen Nostiz erwidert werden, daß die für diese Korps gesammelten Gelder zu einem anderen Zwecke verwendet werden können
Der
Justizminister Ritter v. Schmerling
bemerkte schließlich, daß dem Ah. Befehle Sr. Majestät gemäß an Baron Haynau wegen Behandlung der Gefangenen geschrieben und am Schlusse des Schreibens der Vorschlag von ihm abgefordert worden sei, nach welchen Kategorien die Individuen, die nicht straflos ausgehen, zu unterscheiden wären
Nach der mit dem Ministerialrate Komers gepflogenen Besprechung einigte man sich darin, daß die Proklamation des Baron Haynau für alle künftigen Übertretungsfälle als Norm aufrechtzuerhalten wäre
In Absicht auf das Zivile wären bei der Unmöglichkeit, die vielen tausende der Straffälligen der Untersuchung zu unterziehen, vier Kategorien als die strafbarsten zu bestimmen, welche der ganzen Strenge des Gesetzes anheimfielen. Diese vier Kategorien wären: a) die Mitglieder der provisorischen Regierung, b) die Mitglieder des provisorischen Landesausschusses, c) die Teilnehmer an dem Beschlusse vom 14. April und d) die Kommissionäre der revolutionären Regierung. Da aber außer den hier erwähnten vier Kategorien sich einige Individuen aus dem Zivile gegen die Regierung Sr. Majestät schwer vergangen haben können, so wäre noch die allgemeine Bestimmung festzusetzen, daß alle Zivilangestellten und Seelsorger, welche nach dem 14. April eine vorragende Wirksamkeit für die rebellische Regierung entwickelt haben, der Strenge der Vorschriften anheimfallen.
In Absicht auf das Militär haben Se. Majestät die Ah. Gnade bereits dahin ausgedehnt, daß alle Offiziere vom Hauptmann abwärts, wenn sie nicht früher als Offiziere in der k.k. Armee gedient haben, zu entlassen sind. Ausgenommen hievon sind ohne Ausnahme alle Generäle und Stabsoffiziere. Der Justizminister und die von ihm Einvernommenen glauben, daß der Ah. Gnade auch hier eine weitere Ausdehnung zu geben wäre. Wenn alle ausgenommenen Offiziere untersucht werden sollten, so würden sich die Untersuchungen auf mehr als 500 belaufen, und es wäre physisch unmöglich, ihnen allen zu genügen. Es wäre demnach auch hier, um die Schuldigeren der Strafe nicht entgehen zu machen, wie oben bei den Zivilangestellten die allgemeine Bestimmung zu treffen, daß jene, welche im Dienste oder zugunsten der revolutionären Regierung eine hervorragende Tätigkeit entwickelt haben, der verdienten Strafe verfallen. Dieser Strafe wären auch ausnahmslos alle Generäle und Offiziere zu unterziehen, welche früher in der österreichischen Armee gedient haben und zu den Rebellen übergegangen sind.
Die schwierigste Frage sei, ob die ganze Strenge des Gesetzes, die Todesstrafe, bei allen Untersuchten einzutreten habe, oder ob die minder Gravierten statt der Todesstrafe eine andere Strafe zu erleiden hätten. Hier wäre im allgemeinen festzusetzen, daß die am meisten Gravierten dem Gesetze zu verfallen haben; in Ansehung der minder Gravierten wäre dem FZM. Baron Haynau zu überlassen, eine andere Strafe zu bestimmen. So sei es auch bezüglich des lombardisch-venezianischen Königreiches geschehen, wo 85 als die meist Gravierten bezeichnet worden sind
Dagegen ergab sich keine Erinnerung, nur bemerkte der
Minister Dr. Bach
, daß dem FZM. Baron eine gewisse Gewalt überlassen werden müsse, um, woran es gelegen sei, schnell die verdiente Strafe eintreten lassen zu können
Der
Minister Freiherr v. Kulmer
teilte hier die erhaltene Nachricht mit, daß Baron Haynau den Hruby (den Adjutanten des Görgey) bereits habe erschießen lassen.