Protokoll in Reinschrift überliefert
Ausführliche Editionsrichtlinien sind vermerkt in den Einleitungen zur Gesamtedition (Rumpler, MRP-1-0-00-0-00000000-edition.xml) sowie in den Dokumenten bzw. Abschnitten Probleme der Edition
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Der
Minister des Inneren
eröffnete die Sitzung mit Verlesung eines von ihm an Se. Majestät zu stellen beabsichtigten Vortrages, welcher die Bildung einer eigenen Kommission für die Reorganisation des Landes Ungarn zum Gegenstande hat
Der
Minister Baron Kulmer
zollte zwar der Gesinnung und den administrativen Kenntnissen der drei genannten Kommissionsglieder volle Anerkennung, glaubte aber doch, daß, wenn diese Wahl in Ungarn bekannt würde, dies bei der magyarischen Bevölkerung einen sehr ungünstigen Eindruck hervorbringen und Mißtrauen gegen die Beschlüsse oder Anträge einer Kommission erzeugen würde, welche keinen dem ungarischen Volksstamm angehörigen und mit der gegenwärtigen Lage des Landes vertrauten Mann in ihrer Mitte hat. Nil pro nobis sine nobis! Dies ist jetzt der Wahlspruch der Nationen.
Die Richtigkeit dieser Bemerkungen wurde von dem Ministerrate anerkannt, und Baron Kulmer übernahm es, sich demnächst mit Baron Jósika und Graf Apponyi in der angedeuteten Absicht in Berührung zu setzen. Einstweilen wird Graf Stadion die Ansichten des Freiherrn v. Kübeck, dann Purkharts und Rosenfelds bloß im konfidentiellen Wege einholen
Was die vom
Minister des Inneren
weiters angeregte Absendung eines höheren Zivilbeamten, allenfalls des Sektionschefs im Finanzministerium Freiherrn v. Münch, um an der Seite des Feldmarschalls Fürst Windischgrätz die zu schaffende provisorische Administration in Ungarn in einer den Interessen der Gesamtmonarchie und ihrer inneren Einheit günstigen Richtung zu erhalten, wurde beschlossen, diesen Gegenstand vorderhand (da eben kein ganz geeignetes Individuum dazu disponibel ist) umso mehr auf sich beruhen zu lassen, als Fürst Windischgrätz das Organisierungsgeschäft der militärischen Landesverwaltung dem General Rousseau und dem Hofrat Torkos übertragen hat, welche beide in Absicht auf spezielle Kenntnis und Gesinnung volles Vertrauen verdienen
Da endlich der
Ministerpräsident
unter Zustimmung des Ministerrates sich über die Notwendigkeit aussprach, das Kabinett durch Beiziehung eines Ministers ungarischer Nation zu ergänzen, so übernahm es
Auf die Bemerkung des letztgedachten Ministers, daß, bevor man Schritte zur Gewinnung von Kommissionsmitgliedern oder zur Auswahl eines ungarischen Ministers mache, der bestimmte Ausspruch notwendig sei, nach welchen Hauptgrundsätzen das österreichische Ministerium die inneren Verhältnisse Ungarns und seine Stellung zur Zentralregierung zu gestalten beabsichtigte, beschloß der Ministerrat, Baron Kulmer habe auf Befragen zu erklären, daß von einer Fortdauer der im März 1848 erwirkten Konzessionen keine Rede sein könne
Über die vom Minister Baron Kulmer erhaltene Mitteilung, daß Kossuth den ungarischen Reichstag nach Debreczin verlegt und auch die ungarische Armee dahin instradiert habe, von wo aus Graf Schlik in Nordungarn und Baron Puchner in Siebenbürgen durch die an Zahl sehr überlegene magyarische Macht hart bedrängt werden dürften, wurde beschlossen, dem Kommandierenden General in Galizien durch einen sofort ex consilio an ihn erlassenen Auftrag anzuweisen, den beiden Korpskommandanten Graf Schlik und Baron Puchner ohne Verzug Verstärkungen zuzusenden
Über Vorschlag des Ministers Baron Kulmer wurde beschlossen, den Fürsten Windischgrätz anzuweisen, daß er die geeigneten Maßregeln ergreife, damit der Besitz der höchst wichtigen Festung Peterwardein den k.k. Truppen vorbehalten bleibe, und dieser Platz nicht von den Serben besetzt werde
Der
Minister Baron Kulmer
äußerte, er beabsichtige bei Sr. Majestät um die Beigebung eines Hilfsarbeiters in der Person des zum Ministerialsekretär zu ernennenden v. Daubachy au. einzuschreiten.
Sämtliche Minister waren mit diesem Antrage einverstanden
Der
Ministerpräsident
besprach den vom Minister des Inneren in seinem Vortrage vom 28. Dezember v.J. gestellten Antrag auf Ah. Gestattung, daß künftig die Klausel in betreff der Nichtteilnahme an geheimen Gesellschaften aus der Eidesformel der Buchhaltungsbeamten auszulassen sei und es von der Abforderung des diesfälligen Reverses abzukommen habe
Graf Stadion
verkannte nicht die Richtigkeit dieser Bemerkung und äußerte, er habe sich zu dem fraglichen Antrage wie auch zu der gleichen Modifikation der Eidesformel bei den politischen Beamten hauptsächlich dadurch bestimmt gefunden, daß die Klausel wegen der geheimen Gesellschaften aus den Eidesformeln der Justizbeamten durch eine bereits unter dem Ministerium Pillersdorf erflossene Vorschrift ausgeschieden worden sei.
Der Ministerrat beschloß hierauf, daß an der Eidesformel für Buchhaltungsbeamte dermal keine Änderung vorzunehmen sei
Der
Ministerpräsident
äußerte, er habe sich von der Notwendigkeit überzeugt, die Schriftführer des Ministerrates mit einer genauen Instruktion über die Verfassung der Ministerratsprotokolle zu versehen, damit diese wichtigen Urkunden ihrem Zwecke völlig entsprächen und weder zu wenig enthalten, noch allzu umfangreich ausfallen.
Der im Ministerrate verlesene Entwurf der Instruktion wurde einstimmig gutgeheißen
Der Minister des Äußern setzte den Ministerrat von dem Stande jener Verhandlungen in Kenntnis, welche in England wegen Ankauf des Schiffes „Caledonia“ und in Holland wegen Gewinnung eines höheren Seeoffiziers für unsere Kriegsmarine angeknüpft wurden
Der
Finanzminister
eröffnete, er habe sich bereits mit dem Minister des Inneren in Verbindung gesetzt, damit der von Sr. Majestät den durch die letzten Ereignisse verarmten Bürgern Wiens bestimmte Unterstützungsbeitrag von 200.000 f. seiner Bestimmung zugeführt werde. Er wird darüber einen au. Vortrag erstatten
Nachdem die für Krakau in Aussicht gestellte Rekrutierung in dieser Stadt eine bedeutende Aufregung hervorgebracht hat, welche dem dortigen Hofkommissär Hofrat v. Ettmayer Besorgnisse erregt, zumal er keine hinlängliche Militärmacht besitzt, um einen Aufstand sofort mit voller Sicherheit zu unterdrücken
Einen Gegenstand der Besprechung bildete auch die vom Gouverneur Baron Welden angeregte Frage, ob die Vornahme der Ergänzungswahlen für den noch immer genug zahlreichen Gemeinderat während des Belagerungszustandes nicht einzustellen wäre
Der
Minister Graf Stadion
entwickelte seine Ansichten über die höchst nötige Reorganisierung der Leitung des Medizinalwesens bei dem Ministerium des Inneren
Über die Bemerkung des
Baron Krauß
, es dürfte für den Dienst erwünschter sein, wenn sechs statt drei Individuen zu diesem Kollegium berufen würden, entgegnete
Sonst wurde gegen die Anträge des Grafen Stadion, welche auch mit keinem Mehraufwand verbunden sind, von keiner Seite eine Erinnerung erhoben
Über die zukünftige Gestaltung Österreichs in politisch-administrativer Beziehung und das Verhältnis der Provinzialregierungen zur Zentralregierung sind drei Entwürfe (der Abgeordneten Mayer, Palacký und Gobbi) teils vollendet, teils der Vollendung nahe
Der Minister des Inneren verlas den Entwurf Mayers, der zu mancherlei Bemerkungen Anlaß gab, und zwar namentlich der dort aufgestellte Grundsatz, daß in der ganzen Monarchie ein gleiches bürgerliches Gesetzbuch einzuführen wäre
Ferner vereinigte man sich zur Ansicht, man solle dahin streben, a) daß die Giltigkeit der Staatsverträge mit fremden Staaten nicht von der Zustimmung des Reichstages abhängig gemacht würde, b) daß Gesetzvorschläge bei beiden Kammern eingebracht werden können und c) daß die Reichstagsmitglieder für die außer der Kammer vorgebrachten Äußerungen verantwortlich seien
Was die Stellung des Staates und der katholischen Kirche zueinander betrifft, vereinigte man sich mit dem vom Ministerpräsidenten gemachten Vorschlage, die Lösung dieser sehr schwierigen Aufgabe auf die Art zu vereinfachen, daß vorderhand nur das Prinzip im Gesetze ausgesprochen und der Regierung überlassen werde, die Details im Wege der Unterhandlung mit Rom nach dem angenommenen Prinzipe zu regeln
Das Helfertsche Amendement zu dem Entwurfe der Grundrechte wurde einer eindringlichen Erörterung in allen Punkten unterzogen, und der Justizminister behielt sich vor, bei der reichstäglichen Beratung der Grundrechte auf die von den Ministern Fürst Schwarzenberg und Baron Cordon als wünschenswert bezeichneten Modifikationen des Textes nach Tunlichkeit hinzuwirkenebd., 369
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Der
Minister Ritter v. Bruck
entwickelte seine Meinung über die Rätlichkeit, den Reichstag in dem gegenwärtigen Augenblicke aufzulösen. Seiner Überzeugung nach würde diese Maßregel, welche von so vielen Seiten gewünscht wird, die Möglichkeit
Auch der
Minister Baron Kulmer
sprach die Meinung aus, daß eine oktroyierte Verfassung als Ausfluß der Krone in Ungarn weit bereitwilliger aufgenommen werden würde als eine mit dem „deutschen Reichstage“ vereinbarte. Die Minister Baron Krauß, Graf Stadion und Dr. Bach, obgleich die Meinung von der schlechten Zusammensetzung des dermaligen Reichstages vollkommen teilend, glaubten sich doch auf das bestimmteste gegen die Auflösung desselben in dem gegenwärtigen Augenblick aussprechen zu sollen, wo kein von dieser Versammlung ausgegangener illegaler Akt, kein Eingriff in die Rechte der Exekutivgewalt, kein die unantastbaren Rechte der Krone gefährdender Beschluß hiezu einen hinreichenden Anlaß gewährt. Nach den Vorgängen im Oktober hätte die Reichsversammlung mit vollem Rechte aufgelöst werden können; man hat es nicht getan; man hat sich mit der Prorogierung und Versetzung an einen andern Ort getan. Se. Majestät haben bei Ah. Ihrer Thronbesteigung dem Reichstage die Förderung des Verfassungswerkes aufgetragen
ebd., 56. Sitzung v..2. 12. 1848
Die übrigen Minister, mit Ausnahme des Ritters v. Bruck, vereinigten sich zu dem Beschlusse, daß die Auflösung des Reichstages gegenwärtig nicht an der Zeit sei, und der Justizminister wurde ermächtigt, mit den Abgeordneten Mayer, Pinkas, Lasser, Gobbi und Feifalik über die Konstituierung nach dem Sinne des Ministeriums in konfidentielle Verhandlung zu treten
Der
Finanzminister
eröffnete, er habe über die Entschädigung für die aufgehobenen Urbarialgefälle mit dem bezüglichen Reichstagsausschusse Rücksprache gepflogen und die Überzeugung gewonnen, daß mit einem bloßen Provisorium in dieser ebenso dringenden als wichtigen Angelegenheit nichts gewonnen sei, und daß alle Beteiligten eine definitive Regelung der Sache wünschen
Nachdem sich der Ministerrat mit diesem Antrage einverstanden erklärt hatte, verlas Baron Krauß die Grundsätze, nach welchen er den Gesetzentwurf zu bearbeiten gedenkt, und brachte dabei folgende Punkte zur Abstimmung des Ministerrates
a) ob auch der geistliche Zehent als durch das Patent vom 7. September aufgehoben zu betrachten und ob somit für die Entschädigung der geistlichen Zehentherren vorzudenken sei, wurde einstimmig bejaht, b) bei der Entschädigung sind die Bodenfrüchte nach den Katastralpreisen anzuschlagen, c) dem Grundherrn ist höchstens ein Dritteil der ausgemittelten Entschädigung abzuschlagen als Äquivalent für die ihm abgenommenen Lasten der Regie-, Konkurrenzauslagen etc.; nur die früher von den Dominien hie und da geleisteten, sogenannten „Robotergötzlichkeiten“ sind abgesondert zu berücksichtigen, d) das Drittel der Entschädigung, welches der Staat leistet, wäre nur als Vorschuß gegen Ersatz von Seite der betreffenden Länder aus ihren eigenen Mitteln zu behandeln, e) ein Dritteil der Entschädigung trägt der emanzipierte Untertan oder Zehenthold, f) zur Entschädigung für die Aufhebung des Laudemiums hätte der Untertan nichts beizutragen, sondern es würde ganz dem Staate zur Last fallen, der sich jedoch durch die einzuführende Registrierungsgebühr dafür decken wird, g) für aufgehobene Leistungen aus einem Vertrage, einer Stiftung etc. wird von Seite des Staates gar keine Entschädigung geleistet, h) bei den Rückständen des Jahres 1848, insoweit sie vor dem Patent vom 7. September bereits fällig waren, findet kein Nachlaß zugunsten der Zahlungspflichtigen etc. statt, i) die Servituten des Holz- und Weiderechts sind nicht als schon ex lege erloschen zu betrachten.
Der Finanzminister entwickelte hierauf seine Anträge über die Einführung der Einkommensteuerebd., Nr. 126
. Diese Steuer bildete einen wesentlichen Punkt der vom Finanzminister angestrebten Steuerreformen, siehe dazu ausführlich
Es entspann sich hierüber eine umfassende Diskussion, worin überhaupt die politische Opportunität der Einführung neuer Steuern und namentlich der Einkommensteuer in reife Erwägung gezogen wurden. Nachdem jedoch Baron Krauß mit Bestimmtheit erklärt hatte, er müsse das Portefeuille der Finanzen niederlegen, wenn man ihm gegenüber des steigenden Staatsaufwandes und der um 100 Millionen zu erhöhenden Schuldenlast nicht gestatte, neue Einnahmsquellen aufzuschließen, erklärten die übrigen Minister, gegen die Einbringung der diesfälligen Gesetzvorschläge keine Erinnerung mehr erheben zu können. In bezug auf die Einkommensteuer vereinigte man sich dahin, daß das Perzent der untersten Klasse nur mit 3% zu bemessen, daß auf die Erwerbsteuer bis einschließig 10 fl. jährlich kein Einkommensteuerzuschlag zu legen sei, und daß das Steuergeschäft nicht von Gefälls-, sondern von den politischen Ämtern zu besorgen sei und alles Vexatorische möglichst zu entfernen sei. Auch wäre diese neue Steuer vorläufig nur auf ein Jahr einzuführen
Die Einbringung des vom Finanzminister Krauß vorbereiteten Gesetzesvorschlages wegen Zurückführung der in den verschiedenen Provinzen sehr ungleichen Grundsteuerperzente vom Reinertrag auf eine gleiche Ziffer wurde genehmigt. Die daraus hervorgehende beträchtliche Erhöhung des Perzents im Salzburgischen wird zur Schonung des Kontribuenten, auf mehrere Jahre verteilt, erst allmählich eintreten
Die beantragte Herabsetzung der Hauszinssteuer von 18 auf 16 Perzent des Zinsertrages wurde einstimmig genehmigt. Gegen den Gesetzvorschlag wegen weiterer Ausdehnung der Hauszinssteuer auf gewisse Kategorien von Gebäuden, die bisher bloß der Hausklassensteuer unterlagen, wird genehmigt. Das Steuerperzent wird niedrig gestellt, und die Erstattung der Hauszinsfassionen als für das Publikum lästig auf jedes sechste Jahr beschränkt
Schließlich besprach der Finanzminister noch die zu treffenden Kreditoperationen für die nächste Zukunft und deutete auf die Eröffnung eines Arrosement der noch nicht gezogenen, in Wiener Währung verzinslichen Staaatsschuldscheine als auf eine ebd., 261 f., 65. Sitzung
. Auf Vortrag Krauß’ v.
Dem Bezuge einer großen Partie Silber zur Vermehrung des Bankschatzes aus Petersburg wird entgegengesehen, und der
Handelsminister
spricht den Wunsch aus, es möge bei diesem Anlasse gelingen, das schwankende Verhältnis der Nationalbank zum Staate in allen Teilen auf eine bestimmte und für den Staat vorteilhafte Weise festzustellen