Digitale EditionDie Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie, digitale EditionMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian Monarchy, digital editionDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Abteilung IDie Ministerien des Revolutionsjahres 1848Band 1März 1848–21. November 1848Sitzung 112WienThomasKletečkaProjektverantwortung: Research Unit Digital Historiography and Editions, Institute for Habsburg and Balkan Studies (IHB), Austrian Academy of SciencesDigitalisierung der gedruckten Quellen Verlag der Österreichischen Akademie der WissenschaftenConversion to TEI-conformant markup StephanKurzIHBÖsterreichische Akademie der WissenschaftenLizenziert unter CC-BY-4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de)https://zenodo.org/badge/latestdoi/342235542Edition der Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen Monarchie online (MRP)Die Ministerratsprotokolle Österreichs und der österreichisch-ungarischen MonarchieMinutes of Ministers’ Councils of Austria and the Austro-Hungarian MonarchyDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867Bearbeitet und herausgegeben an der Österreichischen Akademie der WissenschaftenTextverantwortungbei den jeweiligen Bandbearbeitern und Herausgebern der Serie und ihrer BändeHauptbearbeiter Digitale VersionStephan Kurz
28 Bände Retrodigitalisate, vgl. den Editionsplan und die Bandübersicht unter
https://mrp.oeaw.ac.at/pages/volumes.html. Vollständige bibliographische Referenzen zur Gesamtedition siehe https://www.zotero.org/groups/2042149/mrp-bib/collections/TR58LL9A.
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The XML data mentioned in the note is available through both http://doi.org/10.5281/zenodo.3580414 and http://hw.oeaw.ac.at/ministerrat/ThomasKletečkaDie Protokolle des österreichischen Ministerrates 1848–1867, Abteilung I Die Ministerien des Revolutionsjahres 1848, Band 1 März 1848–21. November 1848WienÖBV19842061
Protokoll in Reinschrift überliefertWien
Quellbestand: AT-OeStA/HHSTA KA KK ÖMR-Prot Österreichische Ministerratsprotokolle, 1848-1866 (Teilbestand)
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Nr. 112Ministerrat, Wien, 26. August 1848
RS.
Reinschrift;
P.
Protokoll Wacek;
VS.
Vorsitz Wessenberg;
BdE.
Bestätigung der Einsicht 27. 8. und
anw.
anwesend Doblhoff, Latour, Krauß. Bach, Hornbostel, Schwarzer, Wessenberg;
BdE.
Bestätigung der Einsicht Franz Karl (29. 8.).
2061
Protokoll der Ministerratssitzung vom 26. August 1848 unter dem Vorsitze des Conseilspräsidenten, Ministers des Hauses und des Äußern Freiherrn v. Wessenberg.
Scheitern der Magyarisierung aller Regimenter in Ungarn; Bemühungen um einen friedlichen Ausgleich zwischen Kroaten und Ungarn
Der Kriegsminister teilte dem Ministerrate einen von Sr. kaiserlichen Hoheit dem Herrn Erzherzoge Stephan, Palatin von Ungarn, erhaltenen Brief mitDieser Brief konnte unter den Beständen des KA., HKR., KM., Präs., nicht gefunden werden., worin derselbe meldet, daß die Opposition beim ungarischen Reichstage mit der beabsichtigten Magyarisierung aller Regimenter durchgefallen istGemeint ist die Debatte v. 21. 8. 1848 über die Auffüllung der dritten Bataillone der Linien-Infanterieregimenter, siehe dazu Kováts, Revolution 231f., und Deák, Lawful Revolution 153..
Der Erzherzog mache hievon dem Kriegsminister die schleunige Mitteilung, weil er wisse, wieviel ihm an der Erhaltung der Einigkeit bei dem Militär gelegen ist. Er habe seine Stellung für diesen Erfolg, und wie es sich zeigt, nicht umsonst eingesetzt. Auch habe der Erzherzog einen Erlaß an den Ban von Kroatien, Freiherrn v. Jellačić, wegen friedlicher Ausgleichung der zwischen diesem Lande und Ungarn schwebenden Wirren gerichtet, er hoffe einen günstigen Erfolg davon, wünsche aber, daß auch der Kriegsminister das Seinige beitrage, um den Baron Jellačić von Feindseligkeiten gegen Ungarn abzuhalten.
Der Kriegsminister bemerkte, daß Baron Jellačić sich durch ihn nicht würde abhalten lassen, wie die Ungarn sich durch nichts abhalten lassen, feindselig gegen Kroatien vorzugehenFortsetzung des Gegenstandes über den Bürgerkrieg in Ungarn in MR. v. 23. 9. 1848/V..
Ansuchen Jellačić' um Geld zur Auszahlung der Truppe
Derselbe Minister eröffnete, daß der Ban von Kroatien eine Vorstellung an ihn gerichtet habeSchreiben Jellačić’ v. 22. 8. 1848KA., HKR., K.M., Präs. 4526 et 5427/1848., worin er meldet, daß er seinen Truppen wegen Vorenthaltens der Dotation aus Ungarn vom 1. September keine Löhnungen und keine Gage werde auszahlen können, und um Hilfe in dieser dringenden Angelegenheit, wie sie ihm schon früher zuteil wurdeZur direkten Aushilfsfinanzierung der kroatischen Truppen durch das österreichische Ministerium siehe MR. v. 3. 7. 1848/VI., bittet.
Der Kriegsminister bemerkt, daß die nächste Folge dieses Zustandes die Auflösung aller Disziplin wäre und daß Baron Jellačić, um seine Truppen zu erhalten, entweder losschlagen oder sich den Ungarn in die Arme werfen müßte. Nun sei aber bereits früher in unserem Interesse als notwendig erkannt worden, daß Baron Jellačić noch eine Zeit lang temporisiere; damit er aber dies imstande sei, stellte der Kriegsminister die Anfrage, ob nicht dem Ban zur Auszahlung der Löhnungen abermals eine Geldunterstützung zugewendet werden wolle. Hierüber wurde erinnert, daß man in dieser Sache sehr vorsichtig sein müsse. Wie wir den Kroaten Geld schicken, schreien gleich die Ungarn, daß wir die Partei der Kroaten ergreifen. Bei den früheren Geldanweisungen (von 100.000f. und 50.000f.) war die Lage der Dinge eine andere. Damals war der Erzherzog Johann, Vermittler zwischen Ungarn und Kroatien, hier anwesend, und die erwähnten Anweisungen sind mit seiner Zustimmung geschehen, was jetzt nicht der Fall wäreDer mit der Vermittlung zwischen Ungarn und Kroatien mit Kabinettschreiben v. 19. 6. 1848, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 1274/1848, beauftragte Erzherzog Johann war nach seiner Berufung zum deutschen Reichsverweser nach Frankfurt abgereist, siehe dazu MR. v. 11. 8. 1848/IV.. Geratener schiene es daher, noch einmal an das ungarische Ministerium zu schreiben (denn auf das vom Kriegsminister vor 14 Tagen dahin gerichtete Schreiben ist noch keine Antwort erfolgtGemeint ist offenbar das Schreiben (K.) Latours an Esterházy v. 23. 7. 1848, KA., 1 HKR., KM., Präs. 3421 et 3547/1848.) und ihm zu eröffnen, daß man von Kroatien in der erwähnten dringenden Angelegenheit um Hilfe angegangen wurde, und wenn nicht im Laufe der künftigen Woche eine befriedigende Antwort auf das frühere Schreiben erfolgt, dem Ministerium nichts anderes erübrigen werde, als dem Ban Geld zu schicken, um ihn nicht in die traurige Notwendigkeit zu versetzen, angreifend vorzugehen, und um auch deutsche Truppen, Artillerie und Pensionisten in Kroatien nicht darben zu lassen.
Der Kriegsminister wird diese kathegorische Zuschrift an das ungarische Ministerium sogleich erlassen und dieser Sache auch Öffentlichkeit gebenFortsetzung des Gegenstandes in MR. v. 27. 8. 1848/II..
Bestellung eines Bevollmächtigten bei der Zentralgewalt In Deutschland
Der Ministerpräsident und Minister der auswärtigen Angelegenheiten Freiherr v. Wessenberg bemerkte, daß man mit der Ernennung eines Bevollmächtigten von Seite Österreichs bei der Zentralgewalt Deutschlands nicht weiter zuwarten könne, indem die anderen Mächte ihre Bevollmächtigten bereits ernannt habenIm § 14 des vom Frankfurter Parlament am 28. 6. 1848 beschlossenen Reichsgesetzes über die Einführung einer provisorischen Zentralgewalt für Deutschland waren Bevollmächtigte der Landesregierungen gefordert worden, Huber, Verfassungsgeschichte 2, 626. Aus dem Rundschreiben des Reichsverwesers Erzherzog Johann über die Stellung der Landesbevollmächtigten bei der Zentralgewalt am 30. 8. 1848 geht hervor, daß beinahe alle Bevollmächtigte bereits ernannt worden waren, DERS., Dokumente 1, Nr. 92, 347.. Die Wahl für diesen wichtigen Posten sei zwar schwer, aber nicht unmöglich. Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Reichsverweser haben sich für den Herren v. Bruck ausgesprochenVgl. dazu den Vortrag Wessenbergs v. 2. 9. 1848, HHSTA., Kab. Kanzlei, MRZ. 1929/1848., welchen sie für geeignet halten, den übrigen Koriphäen bei der deutschen Zentralgewalt an der Seite zu stehen und Stich zu halten.
Der Minister des Äußern müsse sich nach eigener Überzeugung gleichfalls für den v. Bruck erklären.
Die Ausmaß der Besoldung für denselben, die jedoch nur eine monatliche sein müßte, weil das ganze nur ein Provisorium und vielleicht nur von kurzer Dauer ist, würde er ein anderesmal zum Vortrage bringen, nachdem er nähere Erkundigungen eingezogen haben wird, was die Bevollmächtigten anderer Regierungen an Besoldung etc. erhalten.
Der Ministerrat fand gegen diesen Antrag nichts zu erinnernAuf Vortrag Wessenbergs v. 2. 9. 1848ebd., wurde Bruck als österreichischer Bevollmächtigter mit Ah. E. v. 8. 9. 1848 bestätigt, ebd., MRZ. 1930/1848..
Probleme bei öffentlichen Arbeiten; Frage der Arbeiterunterstützung
Der Minister der öffentlichen Arbeiten brachte zur Kenntnis des Ministerrates, daß nach den ihm vorliegenden Ausweisen seit dem Monate Mai d. J. an außerordentlicher Dotation für Arbeiter 572.000f. flüssig gemacht worden sind, welche für Arbeiten verwendet wurden, die alle hätten verschoben werden können, wenn nicht Arbeiter zu unterstützen gewesen wärenFortsetzung des MR. v. 20. 8. 1848/XI. Zum Beschäftigtenstand bei den Notstandsarbeiten vgl. Häusler, Massenarmut 249 ff., zu den täglichen Kosten ebd., Anm. 27.. Wenn so fortgefahren wird, so werde man bis zum Frühjahre noch über eine Million benötigen. Er meinte, ob es nicht besser wäre, auf Arbeiten, die dem Staate so teuer zu stehen kommen, zu verzichten, und einen Teil der Arbeiter (die alten, gebrechlichen und unfähigen) lieber durch Gemeinden auf Staatskosten unterstützen zu lassen, was für das Ärar nur vorteilhaft wäre.
Zu solchen Unterstützungen wären etwa 6000 Arbeiter auszuscheiden, und andere 6000 könnten noch ferner bei den öffentlichen Arbeiten verwendet werden. Die Unterstützungen hätten in 8 und 6 Kreuzern nebst Beteilungen mit Suppen zu bestehen. Vorteile dieser Maßregel wären, daß die öffentlichen Arbeiten mit Nutzen des Staates beschränkt werden könnten, und daß sich künftig, bei so einer Beteilung, die Menschen zu den öffentlichen Arbeiten nicht so drängen würden, wie es jetzt geschieht, wo alles nur den sogenannten großen Werkstätten zuströmt.
Dagegen wurde erinnert, daß eine solche Beteilung mit den Armeninstituten in Wien kollidieren würde. Bei diesen besteht die halbe Portion in 4 Kreuzern, die Dreiviertelportion in 6 Kreuzern und die ganze Portion in 8 Kreuzern. Kinder, wenn ihrer vier sind, bekommen 2 Kreuzer. Vier Kreuzer werden den Armen bis zu 60 Jahren gezahlt, und die Beträge steigen dann nach der Dauer der Unterstützungszeit. Die obige Beteilung würde verursachen, daß die Pfründner dieselbe Unterstützung verlangen, auch würden die so unterstützten Arbeiter bleiben und nicht wegzubringen sein, auch wohl die Beteilung fortbeziehen, wenn sie auch eine Arbeit hätten, weil eine Kontrolle hierbei, wie die Erfahrung lehrt, sehr schwierig ist.
Es wurde demnach beschlossen, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten sich über dieses Projekt noch vorläufig mit der Stadtgemeinde ins Einvernehmen setzen wolleEine direkte diesbezügliche Korrespondenz zwischen dem Ministerium und der Wiener Stadtgemeinde konnte nicht gefunden werden. Es gibt aber Hinweise darauf daß diesem Projekt kein Erfolg beschieden war. In dem Akt FA., Montan-Präsidial-Acten (AM. Präs.) 535/1848, beteuert der Gemeindeausschuß mit Schreiben an das Innenministerium v. 30. 8. 1848, er denke nicht daran, die Notstandsbauten einzustellen; gleichzeitig verweist er auf seine angespannte finanzielle Lage. Doblhoff, der dieses Schreiben mit Begleitbrief v. 1. 9. 1848 an Schwarzr übermittelte, meinte, auf die hilfreiche Hand der Staatsverwaltung der wärmsten Bedachtnahme des löblichen K. k. Ministeriums der öffentlichen Arbeiten angelegentlich zu empfehlen müssen. Woraufhin Schwarzer resignierend mit Datum v. 9. 9. 1848 hinzufügte, Hiernach erübrigt nichts als den Inhalt dieses Aktenstückes zur Kenntnis zu nehmen und dasselbe ad acta zu legen, ebd. Fortsetzung des Gegenstandes über die Beschäftigung der Arbeiter in MR. v. 1. 9. 1848/IX..
Verhalten der Arbeiter
Derselbe Minister eröffnete, daß ihm befriedigende Berichte von den Bauplätzen zugekommen seienVgl. dazu das Protokoll v. 24. 8. 1848, aufgenommen mit den Bauleitern der öffentlichen Bauplätze über die Ereignisse v. 21., 22. und 23. 8. 1848, FA., Montan-Präsidial-Acten (AM. Präs.) 495/1848.. Die Arbeiter sind sehr fleißig und haben nur die einzige Besorgnis, ob ihnen nicht Abzüge für die letzten unruhigen Tage gemacht werden, an denen nicht gearbeitet wurdeZu diesen Unruhen, die in der sog. Praterschlacht gipfelten, war es infolge von Tageslohnkürzungen für Arbeiter gekommen, siehe dazu Häusler, Massenarmut 303–307; Reschauer – Smets, Revolution 2, 488–494. Zur Kürzung der Arbeiterlöhne siehe MR. v. 18. 8. 1848/I und MR. v. 20.8. 1848/XI.. Der Minister hat die Bauleitung angewiesen, jenen Arbeitern, die sich ausweisen, ruhig gewesen zu sein, keinen Abzug zu machen, übrigens auch hierin im ganzen nachsichtig vorzugehenDer entsprechende Beschluß war in der am 22. 8. 1848 abgehaltenen Sitzung des Zentralkomitees in Arbeiterangelegenheiten gefaßt worden; Sitzungsprotokoll FA., Montan-Präsidial-Acten (AM. Präs.) 417/1848..
Drohung wegen Ausrücken der Nationalgarde
Der Minister des Inneren brachte endlich zur Kenntnis des Ministerrates einen an den Conseilspräsidenten gelangten Drohbrief, worin gegen das Ausrücken der Nationalgarde Verwahrung eingelegt wird, widrigenfalls die Arbeiter die Vorstädte verwüsten und alle Maschinen zerstören würdenDieser Brief konnte weder unter den Beständen des AVA., IM., Präs., noch unter denen des HHSTA., StK., gefunden werden..
Wien, den 26. August 1848.Ges. 29. August. Franz Karl. Vidi.