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Nr. 71 Ministerrat, Wien, 19. April 1872

RS. und bA.; P. Weber; VS. Auersperg; BdE. und anw. (Auersperg 19. 4.); Lasser 22. 4., Banhans 23. 4., Stremayr, Glaser, Unger, Chlumecký 26. 4., Pretis, Horst 28. 4.

KZ. 1389 – MRZ. 56

|| || Protokoll des zu Wien am 19. April 1872 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Durchlaucht des Herrn Ministerpräsidenten Fürsten Auersperg.

I. Mitteilungen des Ministerpräsidenten über die heutige Audienz bei Sr. Majestät

I. ℹ️Der Ministerpräsident eröffnet, er habe sich in der ihm heute zu Teil gewordenen Audienz bei Sr. Majestät die ehrerbietigste Freiheit genommen, ℹ️um die Ag. Erlaubnis zum korporativen || || Erscheinen des Ministerrats sowohl bei Ihren Majestäten als auch bei dem durchlauchtigsten Brautpaar behufs Darbringung der ehrfurchtsvollsten Glückwünsche aus Anlass der Verlobung Ihrer kaiserlichen Hoheit der Frau Erzherzogin Gisela die au. Bitte zu stellen. Se. Majestät habe Ag. zugesagt, den diesfälligen Ah. Bescheid dem Ministerpräsidenten zukommen lassen zu wollen.1

ℹ️Der Ministerpräsident hat sich weiter erlaubt, Sr. Majestät zur Kenntnis zu bringen, dass nach der heute eingelangten rektifizierten Wählerliste des böhmischen Großgrundbesitzes das voraussichtliche Resultat der am 22. d. M. stattfindenden Wahlen sich im Allodbesitz als sehr günstig herausstellt, da von 498 Wahlberechtigten 264 Stimmen, also mehr als die absolute Majorität aller Wahlberechtigten, als der Regierung gesichert anzusehen sind während 30 Stimmen ruhen und || || 204 der Gegenpartei zufallen.2

ℹ️Im Fideikomisswahlkörper dagegen, ist nach einem lebhaften Kampfe, in welchem die voraussichtliche Majorität dreimal erobert und wieder verloren wurde, in diesem Augenblicke infolge der Wortbrüchigkeit des Ritter v. Chanovský und der Fahnenflucht des durch einen Branddrohbrief ängstlich gewordenen Grafen Jaroslav Sternberg Stimmengleichheit vorhanden,3 und beruht die einzige Aussicht auf den Sieg der Regierung in diesem Wahlkörper nur noch darauf, dass vielleicht Fürst Adolph Schwarzenberg durch ein Wort von einer hohen maßgebenden Persönlichkeit zu bewegen wäre, seine Stimme für die Regierung abzugeben, zumal Fürst Schwarzenberg aus Anlass des die fürstliche Familie gegen die Angriffe der Blätter in Schutz nehmenden Artikels der „Wiener Abendpost“ dem Ministerpräsidenten nicht nur den lebhaftesten Dank sondern || || auch seine volle Übereinstimmung mit der Regierung ausgesprochen hat.4 Der Sieg der Regierung im Fideikomisswahlkörper, aus welchem 16 Landtagsabgeordnete hervorgehen, wäre umso erwünschter, als dadurch dem konservativen Element eine sehr beträchtliche Kräftigung zuwachsen, und durch die Vollzähligkeit der Großgrundbesitzerkurie ein ausgiebiges Gegengewicht gegen extreme Richtungen der äußersten Linken geschaffen würde, während der Gegenpartei diese 16 Abgeordneten keinen Nutzen gewähren, nachdem im Allodkörper, welcher 54 Abgeordnete liefert, der Verfassungspartei die Majorität nunmehr gesichert ist.5

ℹ️ Der Ministerpräsident hat ferner dem Unterrichtsminister den Ah. Wunsch bekannt zu geben, es möge die Angelegenheit in Betreff der galizischen Schulbücher auf das Strengste untersucht und Sr. Majestät || || ein umständlicher Vortrag darüber erstattet werden. Der Unterrichtsminister bemerkt, dass er dem Statthalter zu seine Äußerung, den Termin bis zum 20. April l. J. gestellt, und zugleich die Vorlage sämtlicher auf die Angelegenheit bezüglichen Akten verlangt hat, um eine Grundlage für ein selbstständiges Urteil zu erlangen.6

ℹ️ Schließlich teilt der Ministerpräsident mit, dass Se. Majestät Ah. Sich mit den Anträgen in Betreff des Extraordinariums der Hofstaatsdotation noch nicht einverstanden erklärten, vielmehr die Absicht kundgaben, einen Abstrich an der beantragten Ziffer vorzunehmen.7

Der Ministerpräsident habe jedoch au. gebeten, Se. Majestät geruhe dies nicht zu tun, da sich das Ministerium durch die bei dem Ersten Obersthofmeister Sr. Majestät abgehaltene || || Komiteeberatung die Überzeugung verschafft hat, dass nichts Überflüssiges angestrebt wird, sondern die angesprochene Summe für die würdige Repräsentation des Ah. Hofes bei einem Anlass, wie es die Weltausstellung ist, in der Tat notwendig erscheint. Der Finanzminister bemerkt, er könne nur bestätigen, dass ihm bei der Besprechung mit dem Fürsten Hohenlohe alle einzelnen Posten dargelegt worden sind, und er die Überzeugung geschöpft habe, dass durchwegs nur solche Ansprüche gestellt wurden, welche durch Rücksichten einer dem Range des Ah. Hofes entsprechenden Repräsentation gerechtfertigt sind, und die zu vertreten er vollständig in der Lage ist. Der Handelsminister erachtet die dringende Bitte stellen zu sollen, Se. Majestät möge die beantragte || || Ziffer Ag. belassen, da er gleichfalls der Ansicht ist, dass mit einem geringeren Betrag das Auslangen nicht wird gefunden werden können.8

II. Eventueller Vorgang in Betreff des böhmischen Landtages – Vorschlag für den Posten des Oberstlandmarschalls

II. ℹ️ Der Minister des Innern erklärt, er sehe sich durch die erfreuliche Mitteilung, dass die Regierung im Allodgrundbesitz Böhmens nahezu mit Gewissheit auf den Sieg rechnen könne, von der Notwendigkeit einer Antragstellung enthoben, die er für den Fall des Nichtreüssierens beabsichtigt hatte.9

Nichtsdestoweniger wolle er konstatieren, dass er für diesen, nunmehr voraussichtlich beseitigten Fall den Entwurf eines den böhmischen Landtag vertagenden kaiserlichen Patentes vorbereitet hatte, welches am 23. d. M. auszufertigen und an demselben Tag nach Prag zu telegrafieren gewesen wäre, damit der Zusammentritt des Landtages am [] d. M. nicht stattfinde. || || Dieser Schritt würde sich deshalb als notwendig herausgestellt haben, weil durch den Zusammentritt des Landtages die durch direkte Wahlen in den Reichsrat gesendeten böhmischen Abgeordneten ihres Mandats verlustig geworden wären. Der Fall der Vertagung von Landtagen vor ihrem Zusammentritt sei bereits einmal, und zwar im Dezember 1862 vorgekommen. Damals waren die Landtage auf einen bestimmten Tag des Monats Dezember einberufen, in der Voraussetzung, dass bis dahin das Budget genehmigt sein wird. Da aber letzteres rechtzeitig nicht erfolgte, musste die Vertagung der Landtage ausgesprochen werden, und geschah dies in derselben Form, welche er für den gegenwärtig in Rede stehenden Fall vorzuschlagen sich erlaubt hätte.10

Für dieselbe Eventualität, nämlich des Nichtdurchdringens der Regierung im Großgrundbesitze, wäre auch die || || Frage wegen Ernennung des Oberstlandmarschalls näher gerückt, welcher bekanntlich nicht bloß im Landtage (der dann beschlussfähig gar nicht zustande gekommen wäre), sondern auch im Landesausschuss den Vorsitz zu führen berufen ist. Der Minister des Innern ist der Meinung, dass in dem mehrerwähnten Falle, die Vertagung des Landtages für die Ernennung des Oberstlandmarschalls und für die Übernahme des Vorsitzes im Landesausschuss durch denselben kein Hindernis bereitet haben würde. Die Art und Weise, wie der Oberstlandmarschall zum Antritt seiner Funktion gelangt, ist zwar im Gesetze nicht näher bezeichnet, aber schon im Jahre 1861 wurde in Betreff der Methode, wie der Landmarschall sein die Stelle des Eides vertretendes Angelöbnis leistet, mittelst Ah. Entschließung vorgezeichnet, dass der von Sr. Majestät || || ernannte Landmarschall (Landeshauptmann) die Angelobung in die Hände des Statthalters abzulegen hat.11 In letzterer Beziehung besteht eine verschiedene Praxis. In der Regel leistet wohl der Landeshauptmann erst im Landtage selbst das Gelöbnis in die Hände des Statthalters. Allein auch diese Praxis ist keine durchgängige, vielmehr teilt z. B. in Steiermark bei Beginn der ersten Sitzung der Statthalter dem Landtage die erfolgte Ernennung des Landeshauptmanns und dessen Stellvertreters mit dem Beifügen mit, dass dieselben die Angelobung in die Hände des Statthalters bereits abgelegt haben.

In der Geschäftsordnung des böhmischen Landtags ist keine Bestimmung enthalten, die diesem Modus entgegenstünde.12 Allerdings war es Übung in Böhmen, dass der Oberstlandmarschall, dessen Ernennung bei dem Zusammentritte des Landtages mitgeteilt wurde, seine Funktion sofort || || übernahm, und erst nach Agnoszierung der Wahlen die Angelobung leistete. Im letzten Landtage geschah dies aber nicht, sondern nahm der Statthalter gleich nach Mitteilung der Ernennung dem Oberstlandmarschall das Gelöbnis ab. Aus allem dem sei zu ersehen, dass die Ablegung des Gelöbnisses vor dem Zusammentritt des Landtages gesetzlich zulässig ist, und somit in der Vertagung des Landtages kein Hindernis läge, dass sich der Statthalter oder ein von ihm designierter Kommissär in den Landesausschuss begibt, und den neu ernannten Oberstlandmarschall in sein Amt einführt. Wahrscheinlich hätte dies die Resignation der andern Landesausschussmitglieder zur Folge gehabt, und wäre auf diese Art der gegenwärtige Landesauschuss beseitigt gewesen. Der Minister bemerkt, er habe dies nur vorgebracht, um seiner Ansicht Ausdruck zu geben, welcher Vorgang || || einzuschlagen gewesen wäre, wenn die Regierung sich auf eine Niederlage bei der Wahl im Großgrundbesitze hätte gefasst machen müssen. Was nun die Ernennung des Oberstlandmarschalls und dessen Stellvertreter betrifft, so sei er, da der Vorschlag des Statthalters noch aussteht heute noch nicht in der Lage, bestimmte Persönlichkeiten in Antrag zu bringen, würde es aber der Dringlichkeit wegen für zweckmäßig halten, wenn ihn die Konferenz ermächtigen wollte, sobald der Verschlag des Statthalters einlangt, denselben einverständlich mit dem Ministerpräsidenten, so ferne gegen die Vorgeschlagenen kein Bedenken gefunden wird, Sr. Majestät zur Ah. Genehmigung au. zu unterbreiten.

Der Ministerpräsident macht die Mitteilung, dass für eine weitere Aktion des Landtages der Graf Mannsfeld als Oberstlandmarschall in Aussicht || || genommen ist, welche Wahl sich deshalb empfiehlt, weil Graf Mannsfeld sich noch in keiner Richtung exponiert hat, versöhnlichen, dabei aber doch energischen Charakters, und beider Landessprachen vollkommen mächtig ist. Derselbe erreiche jedoch erst im Juli l. J. das 30. Lebensjahr, und könnte daher erst von diesem Zeitpunkte an eintreten.13 Die Schwierigkeit lag nun darin, dass sich nicht leicht jemand findet, der das Opfer bringt, den Posten des Oberstlandmarschalls nur für einige Tage anzunehmen, und sodann wieder niederzulegen. Einen solchen Antrag könne man niemanden stellen, wenn er sich nicht selbst hiezu bereit erklärt. Nachdem nun Fürst Carlos Auersperg14 seine Bereitwilligkeit ausgesprochen hat, für die bevorstehende kurze Session das Amt zu übernehmen, dann die Geschäfte des Landesausschusses dem ältesten Landesausschussmitglied (voraussichtlich Dr. Schmeykal)15 zu übertragen, und die Ernennung eines neuen Oberstlandmarschalls || || abzuwarten, so wäre diese Schwierigkeit behoben. Ein Abgeordneter des Großgrundbesitzes (und zwar Graf Johann Salm)16 würde dann austreten, um den Eintritt des Grafen Mannsfeld mittelst Ersatzwahl zu ermöglichen. Der Ministerpräsident fügt bei, dass er von diesem Projekte Se. Majestät au. in Kenntnis zu setzen sich erlaubt hat.

Die Konferenz erteilt dem Minister des Innern einhellig die beantragte Ermächtigung.17

III. Einstellung der wegen Löschung eines behördlich eingetragenen Eheaktes in der Proßnitzer Matrik eingeleiteten strafgerichtlichen Untersuchung

III. ℹ️ Der Justizminister bringt das Ergebnis der strafgerichtlichen Untersuchung bezüglich der von dem Proßnitzer Pfarrer vorgenommenen Löschung eines vom Bezirkshauptmann in die Traumatrik eingetragenen Zivileheaktes zur Kenntnis. Er erinnert, dass im Ministerrate beschlossen wurde, der Untersuchung ihren Lauf zu lassen.18

Dieselbe wurde eingeleitet und || || hat zur Vernehmung mehrerer Personen, darunter, zwar nicht auch des Erzbischofs, wohl aber des Domherrn Baron Königsbrunn19 geführt. Nachdem die Untersuchung den Sachverhalt ziemlich klargestellt hatte, entstand die Frage, ob der zu dem Tatbestand des im § 101 des Strafgesetzes verzeichneten Verbrechens des Amtsmissbrauches,20 beziehungsweise der Mitschuld an demselben, gehörige böse Vorsatz, jemandem einen Schaden zuzufügen, vorauszusetzen sei. Für die Annahme, dass der Tatbestand des § 101 vorhanden ist, liegt allerdings vor, dass die Eintragung der Zivilehe, welche der Bezirkshauptmann kraft des ihm zustehenden Aufsichtsrechtes über die ordnungsmäßige Führung der Matriken zur zwangsweisen Durchführung der bezüglichen Anordnung des Gesetzes vom 1. Juli 186821 in der Proßnitzer Traumatrik vornahm, ein legaler und mit den Wirkungen einer öffentlichen Urkunde bekleideter Akt war, und dass daher der Pfarrer Nowak, indem er || || bei der ihm von der Staatsgewalt übertragenen Führung der Matriken – obgleich über Auftrag seines kirchlichen Vorgesetzen – sich die Löschung dieser Eintragung erlaubte, seine Amtsgewalt missbraucht, und das Recht des Staates auf die Evidenz der fraglichen Zivilehe in der Traumatrik verletzt hat.22 Wenn aber auch bei der Löschung die Absicht auf die Verletzung dieses Rechts gerichtet war, so erscheint hiedurch der Tatbestand des § 101 noch nicht erschöpft, da zu dem gedachten Verbrechen weiter auch der böse Vorsatz, jemandem einen Schaden zuzufügen, erforderlich ist. Baron Königsbrunn hat zur Rechtfertigung geltend gemacht, dass man ja gewusst habe, es sei noch eine andere Matrik, nämlich das staatliche Zivileheregister vorhanden, daher ein Schaden nicht erwachsen, somit auch die Absicht, einen Schaden zuzufügen, nicht vorhanden sein konnte. Das Gericht hat sich dieser Auffassung in der Wesenheit angeeignet und über Antrag || || des Staatsanwaltes die Einstellung der Untersuchung beschlossen. Eine Berufung, die übrigens auch kein anderes Resultat haben würde, sei nicht zu erwarten, da der Oberstaatsanwalt derselben Ansicht ist und in dieser Richtung den Staatsanwalt instruiert hat. Der Justizminister bemerkt, dass er gleich ursprünglich die Ansicht vertreten habe, der böse Vorsatz werde nicht konstatiert werden können. Nichtsdestoweniger sei durch die eingeleitete Untersuchung der Vorteil erzielt worden, dass manifestiert wurde, wie ernst es mit der Achtung des Gesetzes genommen wird.

Die Konferenz nimmt diese Mitteilung zur Kenntnis.23

IV. Gesetzentwurf betreffend die Bildung der Geschwornenlisten

IV. ℹ️ Der Justizminister referiert über den beiliegenden Gesetzentwurf betreffend die Bildung der Geschwornenlistena, zu dessen Vorberatung ihm ein Komitee zur Seite gegeben war.24

|| || Der Gesetzentwurf wurde wiederholt, immer im Einvernehmen mit dem Komitee, der Umarbeitung unterzogen, und ist jetzt soweit gediehen, dass nur noch einige wenige Fragen, über welche divergierende Ansichten bestehen, zu lösen sind, um zur Einbringung der Vorlage im Reichsrate schreiten zu können. Im Allgemeinen war es die Aufgabe des Gesetzentwurfes, so viel als möglich an die Stelle des Lohns eine bewusste Auswahl und an die Stelle der kommunalen Elemente bei Verfassung der Geschworenenlisten Personen zu setzen, die teils dem Richterstand angehören, teils vom Richter gewählt werden. Den Schwerpunkt der Operation bildet die Anfertigung der Jahres- und der Dienstlisten. Der Gesetzentwurf legt dieselbe in die Hände einer Kommission, welche zu gleichen Teilen aus Richtern und Vertrauensmännern zusammengesetzt wird. Die Mitglieder beider Kate|| || gorien werden vom Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz bestimmt. In Betreff der Zahl dieser Mitglieder bestehen divergierende Ansichten. Nach dem vorliegenden Entwurfe soll die Kommission nebst dem Präsidenten oder dessen Stellvertreter als Vorsitzenden aus zwei Räten des Gerichtshofes, zwei Bezirksrichtern des Gerichtshofsprengels und aus vier Vertrauensmännern bestehen. Im Justizministerium wurde die Frage aufgeworfen, ob die Zahl von neun Mitgliedern für eine Kommission, welche vier- bis fünfmal des Jahres zusammentreten müsste, nicht zu hoch gegriffen sei, und ob nicht zwei Richter und zwei Vertrauensmänner, unter dem Vorsitze des Kreisgerichtspräsidenten oder dessen Stellvertreter genügen würden. Auch im Komitee des Ministerrates waren die Ansichten darüber geteilt, daher die Notwendigkeit der Schlussfassung des Ministerrates eintritt.

Der Justizminister anerkennt || || die Erleichterung des Geschäfts, welche für eine minder zahlreiche Kommission sprechen würde, muss aber andererseits aufmerksam machen, dass es sich wesentlich um Personalkenntnisse handelt, und dass es daher zumal in großen Gerichtssprengeln wünschenswert ist, Personen aus verschiedenen Teilen des Sprengels der Kommission beizuziehen. Der Justizminister würde aus diesem Grunde eine zahlreichere Kommission vorziehen. Der Ministerrat entscheidet sich über Antrag des Ministers des Innern und unter Beitritt des Justizministers für die Zusammensetzung der Kommission aus dem Vorsitzenden, drei Richtern, welche entweder den Räten des Gerichtshofes selbst oder den Bezirksrichtern des Sprengels angehören, und drei Vertrauensmännern. Ein weiterer Gegenstand, welchen das Komitee der Entscheidung des Ministerrates unterziehen zu sollen glaubte, ist || || die Sprachenfrage. Will man bei Bildung der Geschwornenlisten, was in dem bisherigen Gesetze merkwürdigerweise nicht der Fall war, die Sprachenverschiedenheit berücksichtigen, so kann dies geschehen, entweder indem man sich vergegenwärtigt, in welcher Sprache die Verhandlung stattfinden wird, und dafür sorgt, dass sämtliche Geschworne, die auf die Dienstliste kommen, dieser Sprache mächtig sind, oder dass man in weniger stringenter Weise bloß vorzeichnet, es sei bei Bildung der Listen auf die Eignung der Geschwornen, den Verhandlungen in den verschiedenen Sprachen ohne Verdolmetschung zu folgen, tunlichste Rücksicht zu nehmen. Die erste Alternative wird zu der Konsequenz führen, dass in gemischten Bezirken zwei verschiedene Listen gemacht werden müssen. Die zweite wird zur Folge haben, dass das deutsche Element von dem slawischen überwogen werden wird, weil in gemischten Gegen|| || den eher Slawen zu finden sein werden, die auch der deutschen, als Deutsche, die auch der slawischen Sprache mächtig sind. Andererseits hat die Formierung der Jury aus entschiedenen Sprachgenossen den Übelstand, das Parteirücksichten auf die Bildung der Listen Einfluss üben, ja sogar ein gesetzlicher Anhaltspunkt dafür geschaffen würde. Das Komitee hat sich daher für die laxere Bestimmung, die im Entwurfe bei § 18 links ersichtlich gemacht ist, entschieden. Der Justizminister hat sich dieser Anschauung angeschlossen.

Der Ministerrat tritt einhellig derselben Ansicht bei.

Der Justizminister hat nur noch zu bemerken, dass sich bei § 19 das Komitee unter Beitritt des Justizministers für die im Entwurfe links stehende Alternative entschieden hat.

|| || Die Konferenz spricht sich gleichfalls für diese Alternative aus. Hiernach wird der Justizminister ermächtigt, den Gesetzentwurf in der vereinbarten Fassung Sr. Majestät mit der au. Bitte zu unterbreiten, ihn als Regierungsvorlage im Reichsrate einbringen zu dürfen.25

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 29. April 1872. Franz Joseph.