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Nr. 50 Ministerrat, Wien, 23. Februar 1872

RS. und bA.; P. Weber; VS. Auersperg; BdE. und anw. (Auersperg 23. 2.), Lasser 26. 2., Banhans 27. 2., Stremayr (bei III), Glaser, Unger, Chlumecký 28. 2., Pretis, Horst 6. 3.

KZ. 390 – MRZ. 35

Protokoll des zu Wien am 23. Februar 1872 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Durchlaucht des Herrn Ministerpräsidenten Fürsten Auersperg.

I. Gesetzentwurf betreffend die Sicherstellung der galizischen Strecke der Eisenbahnlinie Tarnów–Eperies nebst einer Abzweigung von Grybów nach Zagórz

I.a ℹ️ Der Handelsminister referiert über die zur Sicherstellung der galizischen Strecke der Eisenbahnlinie Tarnów–Eperies nebst einer Abzweigung von Grybów nach Zagórz einzubringende Gesetzvorlage.1

Nachdem er die in militärischer und politischer Rücksicht begründete Dringlichkeit der Linie TarnówEperies betont, teilt er den Inhalt des vorbereiteten au. Vortrags mit, welchen er Behufs Erwirkung der Ah. Erlaubnis zur Einbringung der Vorlage im Reichsrate zu erstatten gedenkt: Die Gesamtlänge der projektierten Hauptbahn beträgt 18,7 Meilen, jene der Zweigbahn 15,4 Meilen. Die effektiven Bau- und Ausrüstungskosten einschließlich der Betriebsvorauslagen wurden von der Generalinspektion bei eingeleisiger Ausführung und bei Herstellung definitiver Objekte für die Hauptbahn auf 13,342.000 fr. (7.821 fr. per Meile) veranschlagt. Aufgrund dieses Kostenbetrages ergibt sich mit Hinzu[rechnung] der bei einem Emissions[] von 80% entfallenden Geld[] [scha]ffungskosten, so wie für die [der] zweieinhalbjährigen Bauzeit entsprechend mit 6,3% angenommenen Interkalarzinsen für die Hauptbahn ein Nominalkapital von 17,991.000 fr. oder 959.847 fr. per Meile und für die Zweigbahn ein Nominalkapital von 15,383.000 fr. oder 961.462 fr. per Meile. Nach Artikel I des Gesetzentwurfes ist die Ausführung der Lokomotiveisenbahn von Tarnów im Anschlusse an die Carl-Ludwig-Bahn über Grybów nach Neu Sandez an die galizisch-ungarische Grenze bei Leluchów in Verbindung mit dem ungarischen Eisenbahnnetze in der Richtung gegen Eperies, nebst einer von dieser Hauptlinie bei Grybów ausgehenden Zweigbahn über Gorlice, Zmigród und Sanok nach Zagóra zum Anschluss an die erste ungarisch-galizische Eisenbahn im Wege der Konzessionserteilung in Aussicht genommen, und soll in diesem Falle nach Artikel II die Staatsgarantie für ein jährliches Reinerträgnis mit Inbegriff der Tilgungsquote in der Maximalsumme von 48.000 fr. in Silber per Meile, welche Ziffer einer 5% Verzinsung des Nominalkapitals von durchschnittlich 960.000 per Meile entspricht, zugesichert werden können. Die bezüglichen der Modalitäten der Garantieleistung der sonstigen Begünstigungen, dann der Bauausführung in den Artikeln II bis VII beantragten Bestimmungen entsprechen den in den letzten Jahren sanktionierten ähnlichen Gesetzen, mit der speziellen Applikation, dass die Garantie für die vor der Betriebsübergabe des ganzen Komplexes eröffneten Teilstrecken nicht früher in Wirksamkeit zu treten hat, als bis durch die eröffneten Strecken eine ununterbrochene Schienenverbindung von Tarnów über Grybów entweder mit dem ungarischen Eisenbahnnetze, oder mit der galizischen Strecke [] ungarisch-galizischen [] hergestellt ist, indem [] durch die Eröffnung einer [der] beiden alternativ angeführten Linien der angestrebte Hauptzweck der militärischen Benützbarkeit gesichert wird, und dass ferner der Bautermin auf zweieinhalb Jahre vom Tage der Konzessionserteilung festgestellt werden soll. Dem Konzessionär soll ferner die Verpflichtung auferlegt werden, im Falle der im verfassungsmäßigen Wege zu bewirkenden entsprechenden Erhöhung des garantierten Reinerträgnisses, eine Zweigbahn von Neu-Sandez oder einem andern geeigneten Punkt der Hauptbahn an die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn in der Richtung BielitzDzietzitz und eventuell an die galizisch-ungarische Landesgrenze zum Anschlusse an die Kaschau-Oderberger Eisenbahn auszuführen.2 Die gleichzeitige prinzipielle Feststellung der erwähnten Bahnlinien erscheine deshalb wünschenswert, um dem Gedanken der Zusammengehörigkeit dieser Bahnstrecken, deren Vereinigung zu einem größeren Unternehmen allein den finanziellen und handelspolitischen Erfolg der südgalizischen Transversallinie zu sichern vermag, verpflichtenden Ausdruck zu geben. Durch die dem Artikel II gegebene Fassung, welche dem Konzessionär der Hauptbahn eine Verpflichtung auferlegt, ohne ihm ein Recht einzuräumen, bleibe die Möglichkeit offen, falls seinerzeit die Sicherstellung der Linie SandezBielitz und eventuell zur ungarisch-galizischen Grenze im andern Wege als mittels Staatsgarantie sich vorteilhafter erweisen sollte, einen andern Modus der Sicherstellung zu wählen. Diese Frage aber heute definitiv zu lösen, sei nicht an der Zeit, weil das Projekt für die Linie SandezBielitz nicht vollendet ist. Im Artikel VIII des Gesetzentwurfes ist eventuell die [] [Auf]nahme des Baues [] [Staat]skosten vorbehalten.

Der Finanzminister bemerkt, die Wichtigkeit der Linie EperiesTarnów stehe außer aller Frage. Volkswirtschaftlich sei dieselbe vielleicht eine der besten in Galizien. Er stimme daher der, die Sicherstellung dieser Bahn bezielenden Vorlage umso mehr bei, als ihm bekannt ist, welcher Wert auf die Herstellung der gedachten Bahn aus militärischen Rücksichten gelegt wird. Ebenso könne er die damit in Verbindung gebrachte Herstellung der Rockirlinie als des einzigen mit der Carl-Ludwigs-Bahn parallel laufenden Schienenwegs nur mit Vergnügen begrüßen. Die nach dem Gesetzentwurf dem Konzessionär zuzusichernde jährliche Erträgnisgarantie per 48.000 fr. scheine ihm allerdings etwas hoch zu sein. Die Ursache, dass die bisher vom Staate garantierten Bahnen einen so enormen Kostenaufwand verursachten, und Garantiekapitalien zugestanden wurden, die das Maß des effektiven Bedarfs weit übersteigen, sei wesentlich darin zu suchen, dass man bei der Berechnung und Feststellung der Garantieziffer aufgrund von – sei es von den Konzessionären oder von der Generalinspektion verfassten – kostspieligen Projekten vorging, welche bei der Bauausführung nicht eingehalten wurden. Der Gewinn hieraus floss neben jenem aus der Geldbeschaffung den Konzessionären zu. Er brauche in dieser Beziehung nur auf die Czernowitzer und auf die Rudolfsbahn hinzuweisen.3 Dagegen gebe es nur das eine Mittel, dass die Ausführung des Baues nicht eher, als bis die Baukosten durch staatliche Organe genau festgestellt sind, gestattet, [auf]grund dieser Fest[stellung] eine Konkurrenz[] [Bau]unternehmer ausge[schrie]ben, hiernach unter Zuschlag eines angemessenen Gewinns die Garantiesumme berechnet, und eine strenge Überwachung des Baues eingeleitet wird. Der in dem vorliegenden Gesetzentwurfe angesetzten Ziffer von jährlichen 48.000 fr. wolle er für jetzt als einer hypothetischen, das Maximum des garantierten Betrages fixierenden zustimmen. Bevor jedoch die Konzession an eine bestimmte Person verliehen wird, wären die von ihm bezeichneten Vorsichten zu beobachten. Er müsse weiter bitten, dass von nun an die Garantiebestimmungen in den bezüglichen Gesetzen eine solche Stilisierung erhalten, dass kein Zweifel darüber aufkommen kann, der Staat habe in keinem Falle mehr als die bestimmte Maximalziffer zu leisten, und nicht etwa auch die Regiekosten zu decken. Bei der CzernowitzSuczawa-Bahn werde die Frage herantreten, ob der Staat nicht mehr, als garantiert wurde, zu leisten haben wird.4 Er sei entschieden negativer Ansicht. Man schaffe Transportsmittel in der Idee, dass sie der Hebung des Verkehrs und der Industrie von Nutzen sein werden. Der Staat lasse sich, da die Entwicklung nur allmählig vorschreitet, und der landesübliche Zinsenertrag nicht gleich in der ersten Zeit erzielt werden kann, zur Ausgleichung des Minus herbei. Unter der Voraussetzung aber, dass eine Bahn gar kein Erträgnis abwirft, würde es gar nicht möglich sein, in eine Garantie einzugehen. Dann haben die Aktionäre eine falsche Berechnung gemacht, und müssen es sich gefallen lassen, diesen Ausfall auf sich zu nehmen.

[Minister] Dr. Unger [] Vorsicht bei der []ung, damit nicht etwa [] dem Umstande der [Än]derung der Verpflichtung des Staates zu einer Mehrleistung rücksichtlich früher garantierter Bahnen deduziert werden könnte, womit sich der Finanzminister einverstanden erklärt. Der Leiter des Landesverteidigungsministeriums bezeichnet es vom militärischen Standpunkte gegenüber der außerordentlichen Fortschritte des Bahnbaues in Russland als ein dringendes Bedürfnis, dass sowohl die Zahl der direkten Eisenbahnverbindungen zwischen Ungarn und Galizien vermehrt, als auch die Parallellinie zur Carl-Ludwig-Bahn zustande gebracht werde. Er könne diese Parallelbahn vom strategischen Gesichtspunkte nicht bloß als eine rückwärtige Rockirlinie ansehen, sondern zugleich als eine Bahn, welche mit Rücksicht darauf, dass die bestehende Bahnverbindung zwischen dem Westen dieser Reichshälfte und Galizien so leicht unterbunden werden kann, möglicherweise die einzige Schienenverbindung sein wird, mittelst welcher es möglich ist, Streitkräfte aus den westlichen Provinzen nach Galizien zu werfen. Diese Linie habe somit einen doppelten strategischen Wert. Er könne das baldigste Zustandekommen sowohl der vermehrten Verbindungen zwischen Ungarn und Galizien als der Rockirlinie nur als höchst erwünscht erklären. Der Handelsminister stimmt mit den vom Finanzminister in Betreff der Baubegebung und Überwachung des Baues gemachten Bemerkungen vollkommen überein. Er habe Gelegenheit gehabt, sich in gleichem Sinne auszusprechen, als aus Anlass der Salzburger [] [Finanz]ausschusse, die [] ihn gerichtet wurde[n] [] er den Unterschleifen vorzubeugen glaube, [die] bisher bei Bahnbauten [auf der] Tagesordnung waren. Seine Äußerung ging dahin, er sehe die geeigneten Mittel in der genauen Prüfung der Projekte, Ermittlung der Minimalsumme, mit welcher der Bau bewerkstelligt, und unter welche nicht herabgegangen werden kann, in der Ausschreibung einer Baukonkurrenz und schließlich in der Konkurrenz rücksichtlich der Geldbeschaffung. Was die vom Finanzminister angeregte Frage betrifft, ob der Staate verpflichtet ist, die Garantie bis zum Ersatz der Betriebskosten auszudehnen, so sei dieselbe streitig. Er werde glücklich sein, wenn eine Stilisierung gefunden wird, die diesem Streitpunkt abhilft. Wiederholt habe er darüber Beratungen in seinem Ministerium eingeleitet, sei aber schließlich vom Referenten dringend gebeten worden, im vorliegenden Falle die Textierung der Garantiebestimmungen nicht zu ändern, bis der Prozess mit der Czernowitzer Bahn ausgetragen sein wird, um durch eine Textänderung nicht ein nachteiliges Präjudiz zu schaffen. Auch ihm scheine es klüger, sich vorläufig bei dieser Bahn in eine Modifizierung der Garantiebestimmungen nicht einzulassen. Könnte eine Stilisierung gefunden werden, die jedes schädliche Präjudiz ausschließt, so sei er gerne bereit sie zu akzeptieren. Die Berechnung der Garantieziffer beruhe auf einer sehr sorgfältigen Projektierung und Überprüfung der effektiven Baukosten seitens der Generalinspektion. Die Genauigkeit, die er sich in dieser Beziehung zur Pflicht gemacht, sei der Grund, dass er mit Bahnvorlagen [] vor das Haus trete, [] mit der minder [] Einbringung der [] etwa versäumt [] werde dadurch hereingebracht werden, dass auf Grund solcher Projekte eine raschere Sicherstellung und Durchführung erzielbar sein wird. Die Czernowitzer Bahn, auf welche hingewiesen wurde, sei allerdings ein reines Geldgeschäft gewesen, und habe kaum Anspruch auf den Namen einer Bahnunternehmung. Er habe die Vorkehrung getroffen, dass ein Inspektor die Verhältnisse eindringlich studiert, und die Ergebnisse vorlegt, dass ferner die Betriebsrechnung pro 1871, sobald sie abgeschlossen ist, gleichfalls ihm, dem Handelsminister vorgelegt, und nicht bloß der Ziffer nach, sondern auch mit Rücksicht auf die Tarife und die Administration gründlich geprüft werde. Er gehe mit dem Gedanken um, für die unter Zinsengarantie gebauten Bahnen statt der bisherigen Einrichtung, nach welcher auf Grund der Prüfung eines Beamten der Inspektion, die Garantiesumme angewiesen wird, eine eigenen Rechnungsabteilung in der Generalinspektion zu errichten, an deren Spitze ein gewiegter Techniker zu stehen hätte. Eine Vermehrung der im Handelsministerium vorhandenen Arbeitskräfte wäre hiezu nicht notwendig. Diese Abteilung hätte die Aufgabe, nicht nur die Rechnungen zu prüfen, sondern auch in die Gebarung selbst Einsicht zu nehmen. Er werde überhaupt in Eisenbahnsachen mit der größten Sorgfalt vorgehen, und seine Erfahrungen dürften ihm hiebei zur Seite stehen. In der kurzen Zeit aber, seit welcher er im Amte ist, war es wohl unmöglich, für alles Vorsorge zu treffen. Was die Bestimmung in dem vorliegenden Gesetzentwurfe [] [unter] Kontrolle []verwaltung vorzu[] Baubegebung an[] so behalte er sich [] präziserer Formulierung derselben vor, jene Fassung aufnehmen zu dürfen, welche er im Ausschusse, der heute Abend eine Sitzung hält, vereinbaren wird.

Der Finanzminister hat dagegen nichts einzuwenden. Der Justizminister bemerkt, dass der Staat, soferne er auf die Baubegebung und den Bau Einfluss nimmt, sich den Konsequenzen der Einflussnahme nicht werde entziehen können, daher dann auch ein Risiko auf sich nehmen müsse. In der Richtung, dass die Garantie eine gewisse Höhe nicht übersteigen darf, sei eine Sicherung der Staatsverwaltung leicht durchführbar. Wenn aber ein gewisser Reinertrag per Meile garantiert ist, so bleibe nichts anderes übrig, als dass das Minus vom Staate ergänzt wird, dass somit auch die Mehrkosten, die aus der ursprünglich schlechten Bauart resultieren, vom Staate getragen werden. Der Finanzminister erwidert, es sei notwendig, das Interesse der Aktionäre an die Administration der Bahn zu fesseln, was heute nicht der Fall ist. Der Aktionär sehe sich gesichert, und niemand sei da, der ein merkantiles Interesse an der Bahn hat. Dies könne dadurch erzielt werden, dass man den Aktionär der Gefahr aussetzt, die Zinsen nicht vollständig zu erhalten, ihn dagegen, sobald sich eine Superdividende ergibt, sofort daran partizipieren lässt, indem sich die Regierung mit der Hälfte der Superdividende begnügt. Der Staat hätte einen bestimmten Betrag per Meile, nicht aber ein bestimmtes Reinerträgnis zu garantieren.

Nach dieser Diskussion [wird der] Handelsminister [zur] [Er]stattung des au. Vortrags [zur] Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfes im Reichsrate ermächtigt.5

II. Zeitpunkt der Einbringung des Separatvertrags mit dem Lloyd über die Bombaylinie

II. ℹ️ Der Handelsminister eröffnet, dass er, nachdem ihm im Wege des Ministerratspräsidiums die in beiden Häusern des Reichsrates erfolgte Annahme des Lloydvertrags ämtlich notifiziert wurde, nunmehr davon, wie auch von der dem Ministerium gewordenen Ah. Ermächtigung zur Einbringung des Separatgesetzentwurfes wegen Sicherstellung der Bombaylinie, dem Ministerium des Äußern Mitteilung zu machen gedenke.6

In letzterer Beziehung aber müsse er sich die Anfrage an den Ministerrat erlauben, welcher Zeitpunkt zur Einbringung des Gesetzentwurfes über die Bombaylinie als geeignet angesehen werde. Ungarischerseits sei der Lloydvertrag wohl im Reichstage eingebracht worden, die Annahme ist aber noch nicht erfolgt. Es frage sich, ob die diesseitige Einbringung des Separatgesetzes über die Bombaylinie nicht einen ungünstigen Einfluss auf die Stimmung des ungarischen Abgeordnetenhauses in Absicht auf die Zustimmung zum Lloydvertrag üben werde, und ob es daher nicht aus politischen Gründen geraten wäre, vorläufig mit der Vorlage des Separatgesetzes zu warten, bis der Lloydvertrag in Ungarn gesichert sein wird. Für diesen Fall würde er die ungarische Regierung drängen, auf die baldige Annahme des Lloydvertrags zu wirken.

Der Finanzminister hält es für besser, die Annahme des Lloydvertrages in Ungarn [] vielleicht seitens [Sr.] Durchlaucht des Minister[präsidenten] einzuwirken [] abzuwarten. Das Reichsfinanzministerium habe sich schon wegen vorschussweiser Abfuhr der Quote für den Lloyd an ihn gewendet. Diese sollte strenge genommen erst dann flüssig gemacht werden, wenn der Lloydvertrag im ungarischen Reichstag durchgegangen, und die betreffende Post von den Delegationen genehmigt sein wird. Die Zahlung an den Lloyd geschehe durch das gemeinsame Ministerium, und dieses könne formell nicht eher die Auszahlung verfügen, als bis die Delegationen die Post im gemeinsamen Budget eingestellt haben. Andererseits erfülle aber der Lloyd seine Verpflichtungen, und wäre daher auch dessen Entlohnung gerechtfertigt. Für unsern Teil könne es keinem Anstand unterliegen, die auf uns entfallende Quote vorschussweise zu bezahlen. Aber es könne möglicherweise der Fall eintreten, dass wenn Ungarn den Vertrag nicht akzeptiert, der Lloyd mit der andern Quote nicht befriedigt wird. Da es sich jedoch darum handelt, für wirklich vollzogene Leistungen die Zahlung zu leisten, so glaube er gegenüber dem Reichsrate vollkommen gedeckt zu sein, wenn der die auf die diesseitige Hälfte entfallende Quote vorschussweise anweist.

Die Konferenz stimmt bei.7

III. Stand der Frage über die Erhöhung der Hofstaatsdotation

III. ℹ️ Der Finanzminister erlaubt sich, an Se. Durchlaucht den Ministerpräsidenten die Frage zu richten, ob bezüglich der Erhöhung der Hofstaatsdotation die Antwort der ungarischen Regierung bereits eingelangt ist.8

Er habe kürzlich mit dem Ersten Obersthofmeister Sr. Majestät zu sprechen Gelegenheit gehabt, und dieser habe ihm neuer[lich die] Dringlichkeit der Er[höhung dar]gestellt. Der Finanzminister habe ihm den Stand [der Sache] mitgeteilt. Vertrau[lich] sei dem Finanzminister bekannt geworden, doch könne er für die Richtigkeit nicht einstehen, Graf Lónyay habe sich geäußert, er könne die Angelegenheit jetzt nicht vor den Reichstag bringen, dazu reiche die Zeit nicht mehr aus. Der Finanzminister sieht die Sache von folgendem Gesichtspunkte an. Dem diesseitigen Ministerium sei daran gelegen, von der ungarischen Regierung die prinzipielle Zusicherung zu erhalten, dass sie die Zustimmung des ungarischen Reichstags erwirken wolle. Ob dies jetzt geschieht, bleibe für die diesseitige Regierung ziemlich indifferent. Es würde die Aufgabe des diesseitigen Ministeriums sein, vom Reichsrate die Erhöhung, soweit sie die diesseitige Reichshälfte trifft, in Anspruch zu nehmen, die ungarische Hälfte könnte immerhin erst im Herbst flüssig werden.

Der Ministerpräsident erwidert, er habe, dem Beschluss der Konferenz entsprechend, sofort die Zuschrift an den ungarischen Ministerpräsidenten gerichtet, die Dringlichkeit der Angelegenheit betont, und um möglichst baldige bestimmte Antwort ersucht.b Nachdem eine geraume Zeit verflossen war, ohne dass eine Antwort eingelangt wäre, habe er vor ungefähr sechs bis acht Tagen sein Ersuchen mit erhöhter Betonung der Dringlichkeit erneuert, zu seinem Staunen aber bis heute keine Antwort erhalten. Es war seine Absicht, in einigen Tagen im telegrafischen Wege zu urgieren. Ihm komme es vor, als ob man ungarischerseits den Gegenstand todschweigen, und die diesseitige Regierung mit der Nichtbeantwortung in die Lage setzten wollte, dass die Vertagung des Reichsrates eintritt, ohne dass die Regierung den Gegentand im [Reichsrat] zur Sprache bringen [könnte]. Es scheine ihm unbegreiflich, [dass] eine solche Frage im ungarischen Reichstage und sei es selbst im letzten Stadium, auf einen Anstand stoßen könnte. Er werde, wenn der Ministerrat einverstanden ist, sich heute noch im telegrafischen Wege vom ungarischen Ministerpräsidenten die schleunige und dezidierte Beantwortung der Note erbitten.

Die Konferenz ist einverstanden.9

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Ofen, 10. März 1872. Franz Joseph.