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Nr. 6 Ministerrat, Wien, 7. Dezember 1871

RS. und bA.; P. Stransky; VS. Auersperg; BdE. und anw. Auersperg (7. 12.); Lasser 13. 12., Holzgethan 14. 12., Banhans 14. 12., Stremayr 14. 12., Glaser 16. 12., Unger 16. 12., Chlumecký 17. 12.

KZ. 3795 – MRZ. 131

Protokoll des zu Wien am 7. Dezember 1871 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Durchlaucht des Herrn Ministerpräsidenten Fürsten Auersperg.

I. Mitteilung rücksichtlich der Nichtbeteiligung Sr. Majestät an dem Landtagswahlakte

I. ℹ️ Der Ministerpräsident teilt der Konferenz mit, Se. Majestät habe die Gnade gehabt, ihm die Ah. Anordnung mitteilen zu lassen, welche Se. Majestät an Grafen Wrbna in der Richtung zu erlassen geruhten, dass Se. Majestät Ah. Sich von nun an und künftighin an Wahlakten für Landtage nicht zu beteiligen beschlossen haben.1

Der Ministerpräsident habe die Bitte gestellt, dass diese über seinen au. Antrag erflossene Ah. Schlussfassung nicht vor dem 10. publiziert werde, damit sie nicht schon längere Zeit vor den Wahlen von gegnerischer Seite zu Agitationen für ihre Parteizwecke missbraucht werde. Er konstatiere, dass durch Telegramme der Feudalen der Öffentlichkeit schon die Mitteilung gemacht wurde, dass Se. Majestät Sich zwar der Wahl enthalten werden, aber nicht für immer. Sie knüpfen daran in ihren Journalen von ihrem Standpunkte Betrachtungen und Folgerungen. Nachdem bisher nicht einmal der bezügliche Ah. Beschluss hinausgegeben wurde, und somit jede Indiskretion unbedingt ausgeschlossen erscheint, so beruhen diese [] Minister Dr. Unger bemerkt [] Mitteilungen [] über die [] Sr. Majestät [] [Landta]gswahlakten le[] spontane Rückschlag [] Telegramme ist, und [] eine Indiskretion seitens irgendeines Amtes durchaus nicht stattgefunden hat.2

II. Mährisches Landesbudget

II. ℹ️ Der Minister des Innern erhält die einhellige Zustimmung der Konferenz, den Beschluss des mährischen Landtages in Betreff des Landesbudgets der Markgrafschaft Mähren pro 1872 Sr. Majestät mit dem Antrage auf Nichterteilung der Ah. Sanktion au. zu unterbreiten, weil durch diesen, für Umlagen rücksichtlich der Auslagen zu Zwecken der Volksschulen, nicht die gesetzmäßige Vorsorge getroffen ist.3

III. Au. Adresse des krainerischen Landtages

III. ℹ️ Der Minister des Innern erhält die einhellige Zustimmung der Konferenz, die vom krainerischen Landtage in der Sitzung vom 14. Oktober 1871 beschlossene au. Adresse zur Ah. Kenntnisnahme Sr. Majestät, jedoch mit der Bitte zu unterbreiten, dass mit Hinblick auf die Ah. verfügte Auflösung des krainerischen Landtages, eine weitere Erledigung an denselben nicht einzutreten hätte.4

IV. Besetzung des Polizeidirektorpostens in Lemberg

IV. ℹ️ Der Minister des Innern trägt vor: Durch die Versetzung des Polizeidirektors in Lemberg, Hofrat Hammer, in den Ruhestand, ist die Stelle des Polizeidirektors in Lemberg in Erledigung gekommen.

Der Statthalter bringt den gegenwärtigen Leiter der Lemberger Polizeidirektion Polizeirat Franz von Snidki-Snidowicz in Vorschlag. Der Statthalter bemerkt hiebei, dass der Krakauer Polizei[] mit besseren [] statteten Po[] in Lemberg [] doch könnte [] er Anerkennung [] []lichen Dienstleistung [] in Krakau aus Dien[] für die Berufung [] auf den Lemberger Polizeidirektorsposten nicht aussprechen, da dem Regierungsrate Englisch die Verhältnisse in Lemberg nicht bekannt sind, und er die Kenntnis derselben sich erst nach längerer Zeit erwerben könnte. Um daher den berechtigten Ansprüchen des Polizeidirektors Englisch in Krakau gerecht zu werden, und andererseits den Dienstesinteressen Rechnung zu tragen, stellt der Statthalter den Antrag, dass dem Englisch, der mit Ah. Entschließung vom 28. April 1869 für den Lemberger Polizeidirektorsposten systemisierte höhere Gehalt von 3.000 fl. samt Funktionszulage von [500] fl. verliehen, dagegen der Polizeirat Franz von Snidki-Snidowicz zum Regierungsrate und Polizeidirektor in Lemberg mit dem Jahresgehalte von 2.625 fl. und der Funktionslage von 525 fl. (welche Bezüge für den Krakauer Polizeidirektorsposten systemisiert sind, und in deren Genusse Regierungsrat von Englisch bisher sich befindet) ernannt werde. Der Minister des Innern ist mit diesen Ausführungen und Anträgen des Statthalters einverstanden und nachdem auch gegen die Modalität der Gehaltsverleihung weder vom Budgetsstandpunkte Bedenken obwalten, noch dadurch allfälligen späteren Dispositionen mit den galizischen Polizeidirektoren präjudiziert wird, beabsichtigt er diese Anträge des Statthalters Sr. Majestät zur Ah. Genehmigung zu unterbreiten.

Der Minister des Innern erhält die bezügliche einstimmige Zustimmung der Konferenz.5

V. Der vom niederösterreichischen Landtage beschlossene Entwurf eines Gesetzes, mit welchem der § 12 der Landtagsordnung abgeändert wird

V. ℹ️ [] Zustimmung [] den vom niederösterreichischen Landtage beschlossenen Entwurf eines Gesetzes mit welchem der § 12 der Landtagsordnung abgeändert wird, [] mit dem au. Antrage auf [Genehmigung] zu unterbreiten.6

VI. Rekurseingabe rücksichtlich der Einbeziehung der Olmützer Dignitäre in die Wählerliste des Großgrundbesitzes

VI. ℹ️ Der Minister des Innern trägt vor: Die Wahlberechtigten aus dem zweiten Wahlkörper des Großgrundbesitzes in Mähren haben gegen die Einbeziehung der Dignitäre des Olmützer Domkapitels, und zwar des Arthur Freiherrn von Königsbrunn, Wilhelm Freiherrn von Schneeburg und Robert Grafen Lichnowsky als Besitzer von Schlapponiz, Nenakowicz und Hrubschiz, dann gegen die Einbeziehung des Domherrn Gustav Grafen Belrupt als Vertreter des Olmützer Metropolitandomkapitels und des Domdechanten Andreas Hammermüller als Vertreter des Brünner Domkapitels in die Wählerliste des zweiten Wahlkörpers des Großgrundbesitzes für die bevorstehenden Landtagswahlen eine Reklamation bei der Statthalterei überreicht, und stellen darin die Bitte, dass falls dieser Reklamation von Seite der Statthalterei keine Folge gegeben werden sollte, dieselbe als Rekurs dem Ministerium des Innern zur Entscheidung vorzulegen.7

Der Statthalter legt die fragliche Reklamation mit dem Beifügen vor, dass, was den ersten Teil der vorliegenden Reklamation, nämlich die Einbeziehung der Olmützer Domkapitularherren Freiherrn von Königsbrunn, Freiherrn von Schneeburg und Grafen Lichnowsky in die Wählerliste betrifft, er mit Rücksicht auf die Ministerialentscheidung vom 25. August 1871, Zahl 1965, nicht in der Lage sei, der Reklamation Folge zu geben.8

Über den zweiten Teil der Reklamation, behält sich der Statthalter vor nach Ein[] zwar [] zwar [] das [] als im [] Wahlordnung [] demnach [] Olmützer Metropolitan, Brünner Dom[] der zu streichen[]nten Vertreter [] wird. [] Minister des Innern [] nach, dass die Güter Schlappaniz, Nenakowiz und Hrubschiz nicht als solche betrachtet werden können, welche nach § 12 des Gesetzes vom 1. Mai 1870 betreffend die Änderungen der Landtagswahlordnung für die Markgrafschaft Mähren für sich ein selbstständiges Landtagswahlrecht im Großgrundbesitze begründen können, indem diese Güter nicht als Besitz oder Eigentum der einzelnen Dignitäre, sondern als Eigentum des gesamten Domkapitels zu betrachten sind.9 Zur Begründung dieser seiner Ansicht beruft er sich auf das Hofdekret vom 14. Jänner 179310, auf das Zeugnis des Brünner Landesgerichtes vom 15. Jänner 1867, wornach die Güter Schlappaniz, Nenakowiz und Hrubschiz in der Landtafel als zum Olmützer Metropolitankapitel gehörig eingetragen erscheinen, dann auf die Statuten des Kapitels Cap. XV § 1, Cap. II B. § 9 Seite 19 und Cap. III. Er beabsichtigt daher nachstehende aus der Beilage ersichtliche Entscheidung hinauszugeben.a 11

Die Konferenz beschließt einstimmig die vom Minister des Innern in Antrag gebrachte Erledigung.12

Minister Dr. Unger und der Justizminister machten schließlich die Mitteilung, dass die heutigen Morgenblätter die Nachricht brachten, als wäre über die Frage rücksichtlich der Wahlen der Domherren bereits im gestrigen Ministerrate Beschluss gefasst worden. Sie wollten dies nur deshalb konstatieren, um lediglich den Beweis zu führen, dass hiebei keine Indiskretion [] Ministerrates [].13

VII. Petition beziehungsweise Vorstellung des Bürgermeisters von Enns und mehrerer dortiger Landtagswahlberechtigten um Ausschließung der Ortschaften Sirninghofen und Neuzeug vom Industrialorte Enns

VII. ℹ️ [Der] Minister des Innern [] [teilt mit die oberös]terreichische Statthalterei [] dem unterm 8. [] 1861, Z. 1275, an das Bezirksamt Steyr hinausgegebenen Erlasse verfügt, dass die Ortschaften Sirninghofen und Neuzeug unter dem im § 2 der Landtagswahlordnung lit. m. genannten Industrialort einzubeziehen sind, wobei bemerkt wird, dass die Ortsgemeinde Sirning, aus den Ortschaften Sirning, Sirninghofen, Neuzeug, Pichlern, Hilbern und Gründberg zusammengesetzt ist, und dass sonach die drei letztgenannten Ortschaften aus dem Industrialwahlorte Sirning ausgeschieden wurden.14

Der Minister des Innern verliest den bezüglichen Statthaltereierlass. Weiters verliest der Minister des Innern den § 2 der [Landtags]wahlordnung welcher lautet: „Für die Wahl des Abgeordneten der Städte und Industrialorte bilden Enns, Weyer, Sirning, Hall, Kremsmünster, St. Florian, Neuhofen zusammen einen Wahlbezirk.“15 Der Landesausschuss hat bereits im Jahre 1870 die Wahl des Abgeordneten Kornseis aus dem Industrialorte beanständet, weil in der Landtagswahlordnung Sirninghofen und Neuzeug als Industrialorte nicht ausdrücklich aufgezählt sind und weil diese Ortschaften mit einbezogen wurden. Der Landtag hat im Jahre 1870 zwar die Wahl des Kornseis als giltlig anerkannt, jedoch den Beschluss gefasst, die Regierung aufzufordern bei künftigen Wahlen im Industrialbezirke Enns die Ortschaften Neuzeug und Sirning insolange von der Wahl auszuschließen, bis sie nicht im Wege des Gesetzes als berechtigte Wahlorte erklärt sind.16 Der Statthalter hat infolge [], dass [] Sirning[] nicht als In[] [be]handeln seien, [] [gewes]ene Minister des [Innern] Hohenwart, der [] schon als oberöster[reichischer] [Statt]halter sich in einem [] das Ministerium [des Innern] vom 15. Juli 1870, Z. 1799, für die Aufnahme der Ortschaften Sirninghofen und Neuzeug in den Industrialbezirk Enns aussprach17, hat dem Ansuchen der Gemeindevorstehung Sirning und der Vorsteher der Industrialgenossenschaften in den Ortschaften Sirninghofen und Neuzeug Folge gegeben und die Einbeziehung der Ortschaften Sirninghofen und Neuzeug in die Wählerliste des Industrialortes Sirning verfügt. Der gegenwärtige Statthalter hat diese Ministerialentscheidung für die bevorstehenden Landtagswahlen als maßgebend betrachtet, bezüglich welcher die Einbeziehung der genannten beiden Ortschaften in den Industrialort Sirning angeordnet wurde.18 Der Bürgermeister in Enns und mehrere dortige Landtagswähler haben nun aufgrund des Landtagsbeschlusses vom 22. August 1870 eine Petition wegen Ausschließung der Ortschaften Sirninghofen und Neuzeug vom Industrialort Sirning überreicht.19 Der Statthalter hat diese Petition dem Ministerium zur Entscheidung vorgelegt, nachdem er sich mit Hinblick auf die erwähnte Ministerialentscheidung nicht für kompetent erachtet von derselben abzugehen.

Der Minister des Innern bemerkt hiebei, dass falls unter den im § 2 lit. m) bezeichneten Ort Sirning die Ortsgemeinde Sirning interpretiert werden wollte, so müssten nicht bloß die Ortschaften Sirninghofen und Neuzeug sondern auch gleichfalls die zur Ortsgemeinde Sirning gehörenden Ortschaften Pichlern, Hilbern und Gründberg im Industrialwahlbezirke einbezogen werden. [] sind, indem [] Ortschaft und [] Ortsgemeinde[n] []niert, sondern [] schaffen haben, näm[lich] [] doch nicht mit allen [] mit einigen dazu [Ort]tschaften. [Im] Hinblick auf den Wortlaut des § 2 lit. m) der Landtagswahlordnung, worin bloß Sirning als Ortschaft und nicht die Ortsgemeinde Sirning aufgezählt erscheint, und mit Hinblick auf den Beschluss des Landtages ex 1870, welchen er zur Interpretation für mehr kompetent hält als die Behörden, stellt er den Antrag der vorliegenden Petition beziehungsweise Vorstellung Folge zu geben und an den Statthalter die Weisung hinauszugeben, dass Neuzeug und Sirninghofen nicht zum Orte Sirning zu rechnen sind.

Der vorliegende Antrag des Ministers des Innern wird einstimmig zum Beschlusse erhoben.20

VIII. Rekurs des Ritters v. Pessler und mehrerer anderer Landtagswahlberechtigten wider die Abweisung der Reklamation betreffend die Aufnahme der Pfarrhöfe, Dechanteien und Propsteien in die Wählerliste des Großgrundbesitzes in Oberösterreich

VIII. ℹ️ Die oberösterreichische Statthalterei hat mit Erlass vom [] Dezember 1871, Z. 2593, der [Rekla]mation des Ritter von Pessler und mehrerer anderer Wahlberechtigten gegen die Aufnahme der Pfarrhöfe, Dechanteien und Probsteien in die Landtagswählerliste des Großgrundbesitzes keine Folge gegeben und diese Abweisung dahin motiviert, dass diese Reklamation eine prinzipielle Frage über das mit dem Besitze der betreffenden landtäflichen Güter verbundenen Wahlrecht zum Landtage involviert, deren Lösung eine verfassungsmäßige Interpretation der bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen voraussetzt, daher solange eine solche im Sinne der gedachten Reklamation nicht erfolgt ist, der Statthalter mit Rücksicht auf den seit dem Bestande der Landesverfassung bezüglich der landtäflichen erwähnten Güter eingehaltenen durch Einverständnis der Regierung und des Landtages gebilligten Vorgang, nicht in der Lage sei, der Reklamation Folge zu geben.21

[] aber jetzt [] [gegenw]ärtige Land[tag] [] lediglich um []von 17 solcher [] handelt, indem [] Pfarrhofes Hofkirchen [] Reklamation des [] Pessler seitens der [] Folge gegeben wurde, [] Pfarrpfründe Hofkirchen gegenwärtig durch Todesfall erledigt und deren Besetzung infolge Exszindierungverhandlungen nicht sobald zu gewärtigen ist. Er bemerkt weiter, dass es Tatsache sei, dass diese Pfarrhöfe, Dechanteien und Probsteien seit dem Jahre 1861 das Wahlrecht immer ausgeübt haben und dass darüber bis zum Jahre 1867 auch nicht ein Wort verloren wurde.22 Im Jahre 1867 hat der Landesausschuss die Frage über die Berechtigung zur Übernahme von Vollmachten bei den Wahlen des Großgrundbesitzes von Seite solcher Personen denen ein persönliches Wahlrecht in der Wähl[erklasse] nicht zusteht, aufgeworfen. [Der] Landtag hat darüber beschlossen, es sei die Lösung der Frage über die Berechtigung zur Übernahme von Vollmachten bei der Wahl des Großgrundbesitzes von Seite solcher Personen, denen ein persönliches Wahlrecht in der Wählerklasse nicht zusteht, der Revision der Landes- und Landtagswahlordnung vorzubehalten. Im Jahre 1868 ist gleichfalls die Frage der Berechtigung zur Übernahme von Vollmachten bei den Wahlen des Großgrundbesitzes bezüglich der Repräsentanten der Pfarrhöfe, Dechanteien und Propsteien aufgeworfen worden. Die Wahlkommission entschied mit vier gegen drei Stimmen, für die Zulässigkeit dieser Vollmachtgeber. Im Jahre 1869 haben drei Vertreter geistlicher Pfründen auch als Be[] gegeben [] er sich []chen hat, [] vollmächtig[]recht schon für [] [geistliche] Pfründe [] [h]aben, in deren [] sie stehen. Sie [] ein Wahlbe[rechtigtes] Objekt bereits vertreten und können daher einen zweiten Wahlberechtigten nicht mehr vertreten. Im Jahre 1870 hat der Landesauschuss das erste Mal in Antrag gestellt, dass diesen Pfarrhöfen, Dechanteien und Propsteien die Wahlberechtigung abgesprochen werde. Der Landtag hat jedoch über die Wahlberechtigung derselben keinen Beschluss gefasst. Im Jahre 1871 hat der Landesauschuss gleichfalls den Antrag gestellt, dass die von Pfründennutznießern abgegebenen Stimmen [als] ungiltig anzusehen seien, weil die Pfarrer nicht [als] Besitzer des landtäflichen Pfarrhofes erscheinen. Der Landtag ist jedoch in diesen Antrag nicht eingegangen.23 Aus diesem ergibt sich, dass die bezüglichen Pfarrhöfe, Dechanteien und Propsteien, seit dem Jahre 1861 ununterbrochen das Wahlrecht ausgeübt haben. Auch muss hier bemerkt werden, dass hier nicht ein analoges Verhältnis eintrete, wie bei den vorher besprochenen Olmützer Domherren,24 indem rücksichtlich der in Oberösterreich in die Wählerklasse des Großgrundbesitzes aufgenommenen Pfarrhöfe, Dechanteien und Propsteien in dem Besitzstande der landgräflichen Güter die betreffenden Pfarrhöfe etc. eingetragen erscheinen, während die anderen Güter als Eigentum des Olmützer Domkapitels eingetragen sind. [] [Pro]psteien [] des Groß[grundbesitzes] [] gesucht, und [] damit be[] weder nach [] nach dem § 11 [] [der] [Landtags]wahlordnung [] Pfründenbesitzern ein [] zusteht.

Der Minister des Innern würde vom juristischen Standpunkte gegen die Ausschließung der Pfarrhöfe, Dechanteien und Propsteien aus der Wählerliste des Großgrundbesitzes kein Bedenken tragen, und zwar mit Hinblick auf die §§ 9 und 11 der Landtagswahlordnung, da solche Pfarrhöfe, Dechanteien und Propsteien weder unter die physischen Personen noch unter die Korporationen gezählt werden können. Bei Ausschließung derselben würde der verfassungstreuen Partei zur Majorität bei den Wahlen verholfen werden. Allein [dessen] ungeachtet muss er die [Zu]lassung der Pfarrhöfe, Dechanteien und Propsteien zu den Wahlen beantragen, und zwar aus folgenden Gründen: Vor allem spricht dafür der bestandete Gebrauch, dass sie vom Beginne des Verfassungslebens stets das Wahlrecht ausgeübt haben. Es könnte daher die Ausschließung derselben in der gegenwärtigen Zeit als eine gegen die Geistlichkeit ausgeübte Gehässigkeit gedeutet werden. Ferner ist in den übrigen Ländern gegen die Zulassung der besagten Pfründenbesitzer zu den Wahlen kein Anstand erhoben worden, und dem Bischofe in St. Pölten ist nicht aus dem Titel des Bistums, sondern in einer ganz anderen Richtung die Wahlberechtigung im Großgrundbesitze abgesprochen worden,25 und es liegt kein Grund vor, diese Pfründenbesitzer in Oberösterreich [] Besitzer [] gleichfalls [] die Klasse [] zu ver[]. []sschließung der[] dem Wahlrechte, [] Anlass genommen []en, die Legalität [des] Landtages zu bestreiten. Diese nach seiner Ansicht sehr gewichtigen Opportunitätsgründe bestimmen ihn, die Belassung des Wahlrechtes den Besitzern der fraglichen geistlichen Pfründen, und die Zurückweisung des vorliegenden Rekurses in Antrag zu bringen.

Minister Dr. Unger tritt auch dem Antrage des Ministers des Innern bei, jedoch aus dem Grunde, weil er in juridischer Beziehung die Frage, ob den fraglichen Besitzern der geistlichen Pfründe nach den bestehenden Gesetzen ein Wahlrecht zustehe, für [] zweifelhaft hält, und weil [] [die] Lösung dieser Frage mit [der] weiteren nach dem Kirchenrechte zu lösenden Frage im Zusammenhange steht, wem das Eigentum der geistlichen Pfründengüter zukomme, dass aber bei dieser in juridischer Beziehung sehr zweifelhaften und schwierigen Frage, der bestandene Status quo, nach welchem die bezüglichen Pfründenbesitzer das Wahlrecht ausübten, zu belassen wäre, zumal bis nun zu die Behörden durch die Aufnahme dergleichen Besitzer in die Wählerlisten, ihr Wahlrecht faktisch anerkannten, dies in andern Ländern auch jetzt nicht beanständet wird, daher ihm sein Gewissen gebietet für die Belassung dieses Wahlrechtes zu stimmen, wenngleich Votant im Voraus überzeugt ist, dass hiefür kein Dank von Seite der Betreffenden geerntet werden wird. Der Minister für Kultus und Unterricht [] werden [] als Richter [] so würde [] Zulassung [] geistlichen [] zu den Wahlen [] die Regierung [] Frage sich heute [] [erste] Mal beschäftigt, und für dieselbe kein Präjudiz in dieser Richtung noch besteht, so wäre es zu erwägen, ob es angedeutet erscheint, zugunsten einer Partei, welche die Verfassung nicht anerkennen will, eine solche Wahlberechtigung auszusprechen. Schließlich erklärt Votant, in Anbetracht dessen, dass bis nunzu diese Wahlberechtigung nicht beanständet worden ist, dem Antrage des Ministers des Innern nicht entgegentreten zu wollen. Hierauf erwidert der Minister Dr. Unger, dass [wie] er schon früher bemerkt hat, diese Frage vom juridischen Standpunkte als sehr zweifelhaft ansieht, und dass nach seiner Ansicht, die Regierung von dem obersten Prinzipe des Status quo hier ausgehen sollte, und er daher bei seinem Antrage beharrt. Der Handelsminister bemerkt hierauf, dass er vom juridischen Standpunkte die bezüglichen geistlichen Pfründner nicht für wahlberechtigt hielte, da nach seiner Ansicht der Pfarrer nie als Besitzer des Pfarrhofes angesehen werden kann, und Votant in die weitere Frage wer als Besitzer der Pfarrgüter zu betrachten wäre, einzugehen hier keinen Grund findet. In dem speziellen Falle, welcher jetzt zur Entscheidung vorliegt, erachtet er den Status quo unberührt zu belassen [], was [] es nur [] den haben [] Votant eben[] [A]ntrage des [Ministers] des Innern an[].

Minister Dr. Unger er[klärt] hierauf, dass die Frage, wer der Besitzer der Pfarrgüter sei, jedenfalls gelöst werden müsste, wenn man den Pfründnern den Besitz absprechen wollte, dass in dieser Richtung der Herr Minister für Kultus und Unterricht die Verhandlungen pflegen und die entsprechenden Vorlagen machen könnte. Votant bleibt bei seiner früher ausgesprochenen Ansicht, wünscht jedoch, dass in dem rücksichtlich des vorliegenden Rekurses an den Statthalter hinauszugebenden Erlasse ausdrücklich angedeutet werde, dass die vorliegende Frage sehr [zweifel]haft ist und dass die Regierung bloß von dem obersten Grundsatze, den Status quo womöglich zu erhalten geleitet, sich zu dieser Entscheidung bewogen gefunden habe. Der Justizminister stimmt den Anschauungen des Ministers Dr. Unger zu, und bemerkt hiebei, dass ein Abgehen von dem bisherigen Status quo bei der Zweifelhaftigkeit des Falles nur im legislativen Wege ausgesprochen werden könnte. Der Ackerbauminister stimmt den Anschauungen der Minister Dr. Unger und Dr. Glaser bei, und dies umso mehr, als ein Abgehen von der bisherigen Gepflogenheit, wie dies unter dem Ministerium Hohenwart stattfand, wo den drei Olmützer Domherren das Wahlrecht eingeräumt wurde, eine große [] zu ei[] Anlaß [] der Fall [][ana]log ist, stimmt [] die Belassung [] Wahlberechtig[] die fraglichen [] [Be]sitzer. Der Finanzminister stimmt dem Antrage des Ministers des Innern bei, jedoch nicht aus Opportunitätsgründen, sondern deshalb, weil nach seiner Anschauung den fraglichen geistlichen Pfründnern nach der Landtagswahlordnung im Zusammenhalt mit dem § 309 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, das Wahlrecht nicht bestritten werden kann.

Hierauf konstatiert der Ministerpräsident, dass der Antrag des Ministers des Innern einstimmig zum Beschlusse erhoben wurde, wobei der Minister des Innern bemerkt, dass er den diesfalls an den Statthalter hinauszugebenden Erlass vor der Expedition noch dem Minister Dr. Unger zu Einsicht mitteilen werde.26

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 23. Dezember 1871. Franz Joseph.