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Nr. 5 Ministerrat, Wien, 5. Dezember 1871

RS. und bA.; P. Weber; VS. Lasser; BdE. und anw. (Lasser 5. 12.); Holzgethan 12. 12., Banhans10. 12., Stremayr, Glaser 11.12., Unger 11.12.; abw. Auersperg, Chlumecký

KZ. 3794 – MRZ. 130

|| || Protokoll des zu Wien am 5. Dezember 1871 abgehaltenen Ministerrates unter dem Vorsitze Sr. Exzellenz des Herrn Ministers des Innern Freiherrn von Lasser.

I. Vertrauensadresse der Stadtgemeinde Troppau

I. ℹ️ Der Minister des Innern macht Mitteilung von einer Adresse des Troppauer Gemeinderates, worin der Regierung das vollste Vertrauen und das bereitwilligste Entgegen|| || kommen versichert wird.1

II. Ratifikation des Telegrafenvertrags zwischen Österreich und Deutschland und vorläufige Einführung des vereinbarten Tarifs in Österreich

II. ℹ️ Der Handelsminister bringt folgende dringende Angelegenheit zum Vortrag: Am 5. Oktober 1871 ist in Bern zwischen Bevollmächtigten Österreichs und Deutschlands ein internationaler Telegrafenvertrag abgeschlossen worden, welcher mit 1. Jänner 1872 ins Leben treten soll.2

Da dieser Vertrag zur Einholung der Ah. Ratifikation der vorherigen Zustimmung der beiderseitigen Legislativen bedarf, die Erwirkung der Zustimmung des Reichsrats aber vor Ende Dezember l. J. kaum tunlich sein wird, so ersucht das Ministerium des Äußern um die Wohlmeinung, in welcher Weise unbeschadet der legislativen Behandlung, der obwaltenden Dringlichkeit Rücksicht getragen werden könnte. Der Handelsminister ist der Ansicht, dass sich hiefür zwei Wege ergeben. || || [] Anwendung [] [Gr]undgesetzes [] [Rei]chsvertretung. Die[se] würde er aber nicht [] einerseits, weil das Zusammentreten des Reichsrates bevorsteht, und andererseits, weil er es überhaupt für [rät]lich hält, vom § 14 den möglichst seltensten Gebrauch zu machen.3 Zweckmäßiger erscheine [ihm ein] zweiter Modus, den er [sich] in Vorschlag zu bringen erlaubt. Dieser bestünde darin, dass die Regierung sich bereit erklärt, ihrerseits vom 1. Jänner 1872 an, so lange der Vertrag von den gesetzgebenden Körperschaften nicht etwa verworfen wird, nach den Tarifsbestimmungen desselben vorzugehen, und sich zugleich verpflichtet, die Vorlage an den Reichsrat sofort nach dessen Zusammentreten zu veranlassen.

Die Zustimmung des Reichsrates werde voraussichtlich anstandslos zu erzielen sein. Bis zum 1. Jänner 1872 aber sei dies ohne große Pression nicht leicht möglich. Durch den Vertrag werde dem || || Staate keine Leistung auferlegt, das Ärar in keiner Weise in Anspruch genommen. Nur die Tarife werden vereinbart, welche vom 1. Jänner 1872 an im internationalen Telegrafenverkehr eingehoben werden sollen. Eine Verfügung sei aber unbedingt notwendig, denn sonst bestünde vom 1. Jänner 1872 an gar kein Tarif, da der alte Vertrag mit Ende Dezember 1871 erlischt.4 Wenn die hohe Konferenz seinem Antrage beipflichtet, würde er in diesem Sinne die Anfrage des Ministeriums des Äußern beantworten, sich sofort mit dem ungarischen Handelsminister ins Einvernehmen setzen, und alles vorkehren, damit die Vorlage des Vertrags an den Reichsrat unmittelbar nach dessen Zusammentritt erfolge.

Dem Minister Dr. Unger scheint der vorgeschlagene Vorgang juristisch nicht ganz unbedenklich. Die Regierung wolle sich, obwohl die Zustimmung aller Paziszenten zum Abschluss des Vertrages noch nicht vorliegt, || || [] bereits erteilt [] antizipiere die nach [] des Staatsgrundgesetzes [] die Reichsvertretung nö[tige] Genehmigung des Reichs[rates]. Würde nach dem Antrage des Handelsministers vorgegangen, [so] könnte der Fall eintreten, dass – gesetzt die Vorlage an den Reichsrat erfolgte nicht – die Staatsverwaltung etwa ein Jahr lang ohne Zustimmung des Reichsrates einen de facto geschlossenen Vertrag in Ausführung brächte, welcher juristisch gar nicht besteht. Er glaubt, dass nichts anderes erübrige, als entweder, wenn man sich dazu gedrängt fühlt, vom § 14 Gebrauch zu machen, oder die Sache auf sich beruhen zu lassen. Der Justizminister macht auf den Unterschied aufmerksam, der zwischen einem Vertragsabschluss und dem vom Handelsminister vorgeschlagenen Vorgang liegt. || || Der Vertragsabschluss gibt dem andern Paziszenten das Recht, in ein dauerndes, nicht bloß vorübergehendes Verhältnis zu treten. Dies beabsichtige der Handelsminister nicht. Eine Ratifikation, also ein förmlicher Abschluss des Vertrages vor der Zustimmung des Reichsrates soll nicht stattfinden, sondern bloß ein tatsächlicher Zustand hergestellt werden. Letzteres zu tun sei die Administration berechtigt. Die Bestimmung des § 11 lit. a) habe den Zweck zu verhindern, dass der Staat nicht gegenüber auswärtigen Mächten in rechtliche Verpflichtungen verwickelt werden kann, welche die Gesetzgebung anerkennen müsste, ohne dass sie von ihr gutgeheißen wurden. Diese Eventualität werde aber hier nicht eintreten, weil ausdrücklich der Vorbehalt gemacht wird, dass das Übereinkommen nicht bindend sein soll, wenn die reichsrätliche Zustimmung verweigert würde. Er habe daher gegen den Antrag des Handelsministers gar kein Bedenken. || || [Min]ister unter[] den Vorschlag des [Justizmini]sters. Es handle sich um [die Fra]ge, ob der Handelsminister []cht hat, im Wege einer Verordnung provisorisch die Ver[fügung] zu treffen, dass sich vom 1. Jänner 1872 Parteien und Beamte nach den im Vertragsentwurfe enthaltenen Tarifsätzen zu halten haben. Diese Frage müsse er bejahen. Der Handelsminister treffe die Verfügung kraft seiner Amtsgewalt, und nicht gebunden durch den Staatsvertrag, welcher erst perfekt werden kann durch die auf Grund der Beschlüsse des Reichsrates zu erwirkende Ah. Ratifikation. Eine Umgehung des § 11 liege darin nicht. Das Recht der Regierung, provisorische Verordnungen und Verordnungen überhaupt zu erlassen, bestehe unbestritten. Auch das Recht Tarifsätze zu bestimmen, habe der Handelsminister, und nicht dazu, sondern nur zum Eingehen von Verpflichtungen gegen einen fremden Staat bedürfe es der Zustimmung des Hauses. Er finde das Auskunftsmittel ganz ent|| || sprechend. Die bezügliche Verordnung werde aber bald im Reichsgesetzblatt erscheinen müssen.

Der Handelsminister bemerkt, dass nach bisherigen analogen Vorgängen eine im Reichsgesetzblatt kundzumachende Verordnung nicht notwendig sei. Es genüge ein Auftrag an die Telegrafenämter, bei Bemessung der Gebühren nach dem neuen Tarif vorzugehen. Auch der Finanzminister hat kein verfassungsmäßiges Bedenken gegen den vom Handelsminister vorgeschlagenen Vorgang, mit dem er sich einverstanden erklärt. Die Staatsgrundgesetze über die Reichsvertretung und über die Vollzugsgewalt enthalten nur die Bestimmung, dass Verträge unter gewissen Voraussetzungen der Genehmigung der Reichsvertretung bedürfen. Keine Bestimmung normiere aber den Zeitpunkt, mit welchem die Vorlage des Vertrages zu geschehen hätte. Nirgends sei ausgesprochen, || || [] des Vertrages könne, [] Genehmigung der [Reichsvertr]etung erfolgt ist. Die [] habe das Recht, Verträge mit Vorbehalt der reichsrätlichen Genehmigung abzuschließen und sie in Wirksamkeit treten zu lassen. Letzteres ändere nur die Verantwortlichkeit der Regierung; dieselbe werde größer, wenn die Stipulationen des Vertrages vor der Genehmigung aktiviert worden sind. Auch damit erkläre er sich einverstanden, dass keine Verordnung in das Reichsgesetzblatt eingerückt, sondern der Tarif etwa mittelst Affigierung bei den Telegrafenämtern zur Geltung gebracht werde.

Der Minister des Innern fasst den vorgeschlagenen Vorgang als eine rein interne Amtsverfügung des Ressortministers auf. Die abzugebende Erklärung sei eine in jedem Augenblicke revokable. Das dem Reichsrate vorbehaltene Recht || || bleibe ganz intakt.

Minister Dr. Unger anerkennt das Recht des Handelsministers, innerhalb des österreichischen Territoriums Tarife zu bestimmen. Da aber die Garantie für die Durchführung der Tarifbestimmungen seitens des auswärtigen Staates doch nur durch die Annahme der interimistischen Verfügung gegeben werden kann, so gelange der Handelsminister zu einem Vor- oder Zwischenvertrag, somit doch zu einem Vertrag mit einem auswärtigen Staat, welcher der reichsrätlichen Genehmigung bedarf. Der Handelsminister bestreitet, dass dem von ihm beabsichtigten Arrangement der Charakter eines Staatsvertrages zukommt. Hier handle es sich um ein vorübergehendes Übereinkommen zwischen Regierung und Regierung, während der dauernde Vertrag vom Monarchen zum Monarchen geschlossen wird.

|| || [] den Antrag des Handelsministers [] Majorität der Konferenz angenommen.5

III. Ratifikation des Postvertrages mit dem österreichischen Lloyd und einstweiliges Arrangement über die Fortsetzung der Lloyd-Postfahrten

III. ℹ️ Der Handelsminister referiert über den zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und der Dampfschifffahrtsgesellschaft „österreichischer Lloyd“ bestehenden Postvertrag.6

Der im Jahre 1865 auf Grund eines Gesetzes abgeschlossene Vertrag, wornach der Lloyd verpflichtet war, 17 Linien im In- und Auslande gegen eine fixe Subvention zu unterhalten, geht mit Schluss des l. J. zu Ende. Vom 1. Jänner 1872 an hat der Lloyd, wenn der Vertrag bis hin nicht erneuert wird, keine weitere Verpflichtung zur Unterhaltung von Postfahrten für die Regierung, und würde eine Anzahl derselben entschieden einstellen, da sie nichts weniger als rentabel sind. Die Abschließung eines neuen Vertrages || || hat dadurch eine Verzögerung erlitten, dass unter den früheren Regierungen die Meinung bestand, der Vertrag könne vom Ministerium des Äußern unter Zustimmung der beiderseitigen Landesministerien ohne Ingerenz der Legislative abgeschlossen werden, wogegen auch der ungarische Handelsminister, da von den Ungarn die vor dem Ausgleich erlassenen Gesetze als für sie nicht bestehend betrachtet wurden, nichts einzuwenden hatte. Die Delegationen waren aber anderer Meinung, und erklärten, dass nachdem der Vertrag vom Jahre 1865 auf Grund eines Gesetzes zu Stande gekommen ist, auch die Vertragserneuerung nur im legislativen Wege vor sich gehen kann. Die seither geführten Verhandlungen sind so weit gediehen, dass der neue Vertrag unter Zustimmung der beiderseitigen Regierungen vom Ministerium des Äußern Sr. apost. Majestät vorgelegt werden konnte, und das letzterwähnte Ministerium mit aller, || || [] [Erm]ächtigung [] im Wege [] Handelsminister [] legislativen Behandlung [] führen.7

In diesem Stadium fand der Handelsminister bei seinem Amtsantritt die Angelegenheit des Lloyd. Bei näherer Prüfung des Vertrages zeigt sich, dass gegenüber dem früheren Übereinkommen drei Linien mehr aufgenommen wurden, und zwar zum Teil deshalb, weil von ungarischer Seite Wert daraufgelegt wurde, dass der Lloyd auch von und nach Fiume einzelne Fahrten unterhalte.8 In letzter Zeit ist überdies Gewicht daraufgelegt worden, dass auch nach außen hin neue Verbindungen angeknüpft werden, wobei man insbesondere die beiden für den österreichischen Handel hochwichtigen Linien TriestBombay und TriestBrasilien ins Auge fasste. Die Lloydgesellschaft hat bereits auf eigene Gefahr Schiffe || || nach Bombay entsendet, [wobei] sich zeigte, dass dieselben die Hinfahrt mit geringer Last machen mussten, dagegen jederzeit mit voller Ladung zurückkehrten. Nichtsdestoweniger ergab sich ein derartiger Ausfall, dass die Gesellschaft erklärte, in Hinkunft ohne Subvention diese Fahrten nicht fortsetzen zu können.9 Die beiden Linien nach Brasilien und Bombay sind aber im Vertrage nicht aufgenommen. Dies vorausgeschickt, glaubt der Handelsminister seinen Vortrag in zwei Teile zerlegen zu sollen, deren erster den Vorgang in Betreff des vorliegenden Vertragsentwurfes und der zweite die beiden erwähnten zwei neuen Linien betrifft:

ad 1) bemerkt der Handelsminister, es sei nicht anzunehmen, dass der Reichsrat dem Vertrage sofort ohne eingehende Prüfung die Zustimmung erteilen wird, daher auf die Ratifizierung desselben vor dem 1. Jänner 1872 nicht gehofft werden kann. Das Ministerium des Äußern habe deshalb an das Handelsministerium || || []minister ist der [] in diesem [] in der Angelegenheit [] Staatstelegrafen [] mit Deutschland – das []ministerium unbeschadet des Rechtes der Legislative, den Vertrag zu genehmigen oder zu verwerfen, es auf sich nehmen muss, bis dahin ein interimistisches Abkommen mit dem Lloyd zu treffen, um gegen die im Entwurfe stipulierten Beträge pro rata temporis die Fortsetzung der Fahrten vom Jänner 1872 an zu sichern. Er setzt die schweren Nachteile auseinander, welchen das Reich durch die Unterlassung einer solchen Vorkehrung ausgesetzt wäre, erklärt, dass er die Verantwortung für die Folgen nicht auf sich nehmen könnte, und ersucht um die Ermächtigung, [das] angedeutete Übereinkommen || || mit dem Lloyd einleiten zu dürfen.

Der Finanzminister ist mit dem Antrage des Handelsministers einverstanden. Wenn in Betreff des Staatstelegrafenvertrages mit Deutschland die Anwendung des § 14 als nicht nötig erkannt wurde10, stelle sich hier die Anrufung dieser Paragrafen als nicht zulässig dar, da die Vertragsbestimmungen eine Belastung des Staatsschatzes mit sich führen. Die Regierung stehe hier vor einem jener Fälle, in welchen die Staatsnotwendigkeit entscheidet, eine rechtzeitige verfassungsmäßige Abwicklung absolut nicht tunlich ist, und die Regierung daher auf ihre Verantwortung handeln muss. Was der referierende Minister beantragt, sei ein Minimum dessen, das man zu tun sich veranlasst finden könnte. Es könnte nämlich auch weiter gegangen, und der Vertrag überhaupt interimistisch in Wirksamkeit gesetzt werden. Doch sei es nicht seine Absicht, über den Vor- || || [] [minister] sieht in [] der Leistung des [] Handelsmini[] einen administra[tiven] [] Berechtigung [] jedem Zweifel steht. Ein [] Ein [] unterscheide sich we[sentlich] von dem Vertragsabschlusse der nur auf verfassungsmäßigem Wege perfekt werden kann. Die Deckung der Auslage müsse allerdings im budgetmäßigen Wege angesprochen werden. Der Justizminister findet schon darin eine Beruhigung, dass der Betrag im Budget pro 1872 eingestellt ist. Sollte der Reichsrat den Vertrag nicht genehmigen, so werde der Handelsminister selbstverständlich das Übereinkommen zurückziehen. Erfolgt aber die Genehmigung, so sei eine doppelte verfassungsmäßige Grundlage [über] das Vorgehen des Handelsministers vorhanden, der Vertrag || || und das Budget. Er erblicke daher nicht die geringste Gefahr und stimme dem Handelsminister bei.

Minister Dr. Unger findet den Fall viel weniger schwierig, als den früheren, betreffend den Telegrafenvertrag. In dem früheren Falle handelte es sich um ein Arrangement mit einem auswärtigen Staat, zu dessen Sanierung man nur die Widerruflichkeit geltend machen kann, hier aber handle es sich um ein einstweiliges Abkommen zwischen dem Lloyd und dem Handelsminister in Absicht auf die Besorgung von Angelegenheiten, die in sein Ressort fallen. Dass der Vertrag sofort den beiden Häusern des Reichsrates zur Prüfung vorgelegt wird, stelle den ernstlichen Willen der Regierung, nicht in fraudem zu handeln, ganz außer Zweifel. Er tritt somit gleichfalls dem Antrage des Handelsministers bei. Auch der Unterrichtsminister || || [] Er halte [] Vertrag [] beide Häuser [] zu bringen, [] [besch]lossen, wenn, [] ernstlich darauf [] die Regierung [] sie sonst von dem [] Wege abweichen müsste, [] größer sei die Hoffnung, dass die Zustimmung ohne viele Debatten erfolgt. Die Regierung sollte nach seinem Erachten das Möglichste anwenden, damit der Vertrag rechtzeitig perfekt werde. Der Handelsminister erklärt sich seinerseits hiezu bereit. Minister Dr. Unger glaubt, dass insbesondere über die durch den § 24 des Vertragsentwurfes zur Lösung zu bringende Kontroverse, ob die Einkommensteuer lediglich dieser Reichshälfte[, oder] aber den gemeinsamen [] zu Gute kommt, eine || || längere Debatte entstehen dürfe, während der Finanzminister diesfalls keine wesentlichen Anstände besorgt.

ad 2) bemerkt der Handelsminister, dass auf die Postfahrt nach Brasilien von ungarischer Seite ein großer Wert gelegt wird. Jene nach Bombay halte er für Österreich von der größten Wichtigkeit. Von der ungarischen Regierung wurde anfangs gegen beide Linien kein Hindernis erhoben, schließlich aber erklärte der ungarische Handelsminister11, er könne für die Linie nach Bombay nicht stimmen, weil er von der Linken eine zu starke Opposition zu erwarten habe, und für die Annahme im Reichstag nicht einstehen könne. Infolgedessen kam man überein, beide Linien auszulassen. Nach Rücksprache mit dem Minister des Äußern sei er aber ermächtigt mitzuteilen, dass auch Graf Andrássy auf die Wiederaufnahme beider Linien ein großes || || [Gewicht legt]. [] die [] dass von [] Zustimmung []minister glaubt, [] abgesonder[ten] [] möglich sein wird, [] den gedachten [] [Lin]ien zu sichern. [] [hä]tte dann 22 sehr [] [Lin]ien, und würde [für die]selben noch immer weniger zahlen, als für die bisherigen 17 Linien. Er bittet um die Zustimmung, diesfalls mit dem Lloyd in eine neue Verhandlung einzutreten, wenn diese von Erfolg begleitet sein wird, sofort das weitere Vernehmen mit dem ungarischen Ministerium pflegen, und für die Einbringung des neuen Vertrages in ähnlicher Weise wie für den schon vorliegenden die Ah. Genehmigung Sr. Majestät er[bitten] zu dürfen. Der Finanzminister ist in Betreff der Sache und des modus || || procedendi einverstanden und bemerkt nur, dass selbstverständlich das eventuelle Abkommen mit dem Lloyd über die zwei neuen Linien einen Gegenstand der Konferenz Behandlung bilden werde. Der Handelsminister sagt die Vorlage des Vertrages an den Ministerrat zu.

Die Konferenz genehmigt einhellig den Antrag des Handelsministers sowohl ad 1) als ad 2).12

IV. Erwirkung des Franz-Joseph-Ordens für den portugiesischen Grund- und Schiffbesitzer Carvalho Figueira

IV. ℹ️ Dem Handelsminister liegt ein Bericht der Seebehörde in Triest vor, worin selbe die angelegentliche Bitte stellt, dass für den portugiesischen Grund- und Schiffbesitzer Carvalho Figueira, großbritannischen Vizekonsul und französischen Konsularagenten in Peniche, welcher sich, als österreichischer Staatsbürger an der portugiesischen Küste verunglückten, um deren || || [] nötigen [] in die [] hat, eine durch Ver[] [Ritte]rkreuzes vom [Franz-Joseph-Orden] erwirkt wer[den.]

[] [Handels]minister hat an[lässlich des] Besuches bei dem Minister [des] Äußern Gelegen[heit] gehabt, sich von der bereitwilligsten Geneigtheit desselben zu überzeugen, im Falle der Zustimmung des Ministerrates den Antrag bei Sr. Majestät zu unterstützen. Der Handelsminister ersucht demnach um die Zustimmung der Konferenz, im Wege des Ministeriums des Äußern für den genannten Portugiesen die Ag. Verleihung des Franz-Joseph-Ordens in Anregung bringen zu dürfen.

Die Konferenz erteilt diese Zustimmung.13

V. Entwurf eines Reichsgesetzes über die Stempel- und Gebührenfreiheit für Amtshandlungen zur Berichtigung der Bergbücher

|| || V. ℹ️ Der Finanzminister verliest und erläutert den Entwurf eines Reichsgesetzes, betreffend die Stempel- und Gebührenfreiheit für Amtshandlungen zur Berichtigung der Bergbücher, und erhält die Ermächtigung der Konferenz, von Sr. Majestät die Ah. Bewilligung zur Einbringung dieses Gesetzentwurfes als Regierungsvorlage zu erbitten.14

VI. Entwurf eines Reichsgesetzes über die Stempel- und Gebührenfreiheit der Verhandlungen zur Grundentlastung bezüglich der Giebigkeiten für Kirchen, Pfarren, Schulen und Messnereien in Kärnten

VI. ℹ️Der Finanzminister wird ermächtig, für die Einbringung eines Reichsgesetzentwurfes wegen Stempel- und Gebührenfreiheit der Grundentlastungsverhandlungen in Bezug auf Kirchen-, Pfarr-, Schul- und Messnergiebigkeiten in Kärnten die Ah. Bewilligung einzuholen.15

VII. Antrag auf Nichtsanktionierung der vom Vorarlberger Landtage beschlossenen Abänderungen der Volksschulgesetze

VII. ℹ️ Der Unterrichtsminister ist in der Lage, im Einklange mit dem Antrage des Statthalters von Tirol auf die Nichtsanktio|| || [nierung] [] [Ini]tiative []würfe [] betreffend []sichtsgesetzes, über die Er[richtung] und Erhaltung öf[fentlicher] Volksschulen, [] [Ge]setzes zur Regelung [] [der Rechts]verhältnisse der Volksschullehrer.16

Die diesen Abänderungsgesetzen zu Grunde liegenden Beschlüsse gehen von Voraussetzungen aus, welche einen Antrag auf die Ah. Sanktionierung geradezu unmöglich machen. Nach dem Entwurfe ad 1) soll das staatliche Aufsichtsrecht beseitigt, und an dessen Stelle in einem viel ausgedehnterem Maße als nach der alten politischen Schulverfassung die Aufsicht der geistlichen Behörden treten. Die beiden anderen Entwürfe stehen teils mit dem ersten in so nahem Zusammenhange, teils enthalten sie selbstständige Bestimmungen solcher Art, dass || || auch auf ihre Genehmigung nicht angetragen werden kann. Der Entwurf ad 3) sei überdies infolge überstürzter Beschlüsse in der Form so vernachlässigt, dass die einzelnen Bestimmungen unter sich in einem inneren Widerspruche stehen.

Nachdem der Unterrichtsminister den wesentlichsten Inhalt der gedachten drei Gesetzentwürfe und des bezüglichen au. Vortrages hervorgehoben, erteilt die Konferenz ohne Debatte ihre Zustimmung zu dem Antrage des Unterrichtsministers.17

VIII. Erhöhung der Beamtengehalte

VIII. ℹ️ Der Justizminister sieht sich veranlasst, die in Folge der bevorstehenden Weltausstellung18, deren Wirkungen jetzt schon in der fühlbarsten Weise hervortreten, steigende Notlage der niederen Beamtenkategorien zur Sprache zu bringen.19

Schon während der kurzen Zeit seiner Amtsführung seien in dieser Beziehung von verschiedenen Seiten Anzeigen an ihn gelangt, und er selbst || || [] die [] [Bea]mten [] Justizpflege [] der unte[ren] [], dass er [] den weiteren [] [durch] die Weltaus[stellung] [] geführten Preis[] entgegensehe. [] nicht verkennt, dass [] auf die Justizbranche beschränkter Antrag nicht am Platze wäre, zumal ähnliche Übelstände auch in den andern Ressorts angehörigen Beamtenstande bestehen,20 so habe er es, um die Angelegenheit in Gang zu bringen, für den geeignetsten Weg erachtet, selbe im Ministerrate in Anregung zu bringen. Er denke sich, ohne damit noch einen konkreten Antrag stellen zu wollen, eine Maßregel, wornach allen Kategorien, die etwa unter der Gehaltsstufe von 1.600 fl. stehen, für die durch die Wirkungen der Weltausstellung unmittelbar berührten Jahre 1872–73 und [] irgendeine Teuerungszulage || || und beziehungsweise Aufbesserung der Diurnen gewährt würde. Nähere Anträge müsste er dem Finanzminister, der die resultierenden Summen und die Einwirkung auf die Finanzlage besser zu übersehen in der Lage ist, anheimstellen.

Der Handelsminister begrüßt die Anregung dieses Gedankens, indem er es in der Tat für eine der dringendsten und wichtigsten Aufgaben der Regierung hält, die Lage ihrer Organe, insbesondere jener der geringern Kategorien, zu verbessern. Er erwähnt zur Illustration eines ihm erst gestern zugekommenen Briefes eines Beamten, welcher mit Bezugnahme auf die Worte des ministeriellen Programmes, das mit starker Hand regiert werden soll, unter Betätigung des besten Willens, die Regierung zu unterstützen, die lähmende Notlage der Beamten in der allergrellsten Weise schildert. Er erlebe in seinem Ressort tagtäglich die traurigsten Beweise || || [] halte [] Regierung [] [exi]stenzfähig [] [er]wägen, [] [Sr.] Majestät [] [die Ag.] Erlaub[nis] [] [w]äre, die Absicht []ms, für eine Ver[] Looses der Beam[ten] []agen zu wollen, [] in das Programm [] [aufnehmen] zu dürfen. Der Minister des Innern würde es nicht für gerechtfertigt halten, die Lage der Beamten bloß mit Rücksicht auf die Eventualität der Weltausstellung ins Auge zu fassen, und die Aufbesserung der Bezüge bloß auf Wien und einen Rayon um Wien, dessen Grenze übrigens sehr schwer zu bestimmen wäre, zu beschränken. Seines Erachtens wäre die Frage vom allgemeinen Standpunkt in Angriff zu nehmen. Der Justizminister würde einer Generalisierung der Maßregel mit Freuden zustimmen, || || so ferne dieselbe mit Schnelligkeit durchgeführt werden könnte. Er besorgt aber, dass darüber bei dem allerbesten Willen viel Zeit verfließen dürfte. In Wien kommen zu der allgemeinen Notlage noch spezielle lokale Rücksichten. Die Weltausstellung habe abgesehen von der Steigerung der Lebensmittelpreise eine rapide und unerhörte Erhöhung der Wohnzinse hervorgerufen. Er glaube, dass wenn eine allgemeine Verfügung nicht sehr schnell erfolgen könnte, Wien mit Umgebung jedenfalls in erster Linie ins Auge zu fassen wäre.

Der Finanzminister spricht sich nachstehend aus: Die Notlage der Beamten, namentlich jener der niedrigeren Kategorien, sei offen zu Tage liegend. In Wien trete sie allerdings am empfindlichsten hervor. Die Weltausstellung schaffe ein exzeptionelles Verhältnis, das sich im nächsten Jahre noch fühlbarer machen wird. In Bezug auf die Wohnungen sei zu besorgen, dass || || [] eine [] der [], welche [] Vororte [] wird. []den Büro[] wird, sei gar nicht eine Vorkeh[rung] getroffen werden [] aber die nöti[] schon in Wien [] Summen erheischt, wofür im Budget keine Vorsorge getroffen ist, so würde bei Generalisierung der Maßregel der Aufwand eine unser chronisches Defizit sehr belangreich vermehrende Summe erreichen. Die überwiegende Mehrzahl der Beamten bilde die Kategorie der gering Besoldeten. Mit einer Aufbesserung von einigen Perzenten sei nicht zu helfen. Soll die Hilfe wirksam sein, so müsse gleich zu einer Erhöhung um ein Viertel oder doch ein Fünftel der Gehalte geschritten werden. Vor allem müsste man sich über die Grenze verständigen, bis zu welcher zu gehen wäre. Er denke sich eine Einteilung der Beamten || || etwa nach drei Kategorien, und zwar die Beamten in Wien, dann jene, die in andern größern und anerkannt teuren Städten, und endlich jene, die in dem ganzen übrigen Territorium stationiert sind. Nach diesen Kategorien wären auch dreierlei Perzentansätze, etwa 40, 30 und 20 Perzent Zuschuss festzusetzen. Für bloße Teuerungsbeiträge wäre er nicht, sondern würde für eine bleibende Erhöhung der Gehalte plädieren, da die Rückkehr wohlfeiler Zeiten nicht mehr anzuhoffen ist. Da aber das durch die Weltausstellung herbeigeführte exzeptionelle Verhältnis nicht zu verkennen ist, so würde er es für angezeigt halten für die Dauer der Einwirkungen der Weltausstellung in Wien eine abgesonderte Aushilfe zu gewähren. Bei der Ermittlung der Grenze werde man in Anbetracht der nahe aneinander liegenden Gehaltsstufen auf die Schwierigkeit stoßen, dass in Folge der Erhöhung des als Grenze angenommenen Gehaltes der niedere Beamte besser gestellt sein wird || || [] nicht [] Moment [] betreffen [] [Fin]anzminister[ium] [] Budget und [] in Anspruch ge[nommen] []. [Minister] Dr. Unger würde, so [] der Überzeugung []rungen ist, dass in Wien die schnellste Hilfe nötig erscheint, von einer isolierten Maßregel für Wien aus politischen Klugheitsrücksichten entschieden abraten. Die teilweise gehässige Stimmung gegen Wien sei ja bekannt. Eine bloß die Wiener Beamten berücksichtigende Verfügung würde dem Ministerium zahlreiche Feinde im Beamtenstande schaffen, und von der Gegenpartei als Angriffswaffe gegen die Regierung benützt werden.

Bei der Dringlichkeit der Sache erlaube er sich zu beantragen, dass dieselbe von einem Komitee, bestehend aus denjenigen Ministern, || || deren Ressort hiedurch am meisten berührt wird, also aus dem Finanzminister, Justizminister und Handelsminister in Vorberatung gezogen, und die Anträge des Komitees dem Ministerrat vorgelegt werden. Die Konferenz akzeptiert diesen Vorschlag.

Der Handelsminister stellt an den Minister des Innern das Ersuchen, auch in seinem Ministerium Vorarbeiten zu veranlassen, denn die politischen Beamten seien verhältnismäßig am schlechtesten besoldet. Der Minister des Innern bemerkt, er habe immer die Gewährung von Lokalzulagen im Auge gehabt, die sich den Örtlichkeiten anpassen lassen, und die Pensionslast nicht vermehren. Eine förmliche Regulierung des Gehaltsschemas greife viel weiter. Doch habe er, wenn dies beabsichtigt wird, nichts dawider einzuwenden. || || [] zur Sprache [] er es sehr [] [ge]rechtfertigt, [] die Unzureichen[den] [] [Beamten]gehalte aner[kennt] [] doch mit Diensttaxen, [] Steuer- und Quittungs[] belastet werden. [] dafür die Beamtengehalte, wie es teilweise bei den Militärgagen der Fall ist, für steuer- und taxfrei zu erklären, wodurch die Administration vereinfacht und eine Unbilligkeit beseitigt würde.

Die Konferenz nimmt diesen Vorschlag anerkennend auf, worauf der Vorsitzende die Sitzung schließt.21

Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 15. Dezember 1871. Franz Joseph.